Auszeichnung für Holocaust (Pharrajimos) Überlebender Hugo Höllenreiner

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Am 2. Mai wurde der Zeitzeuge Hugo Höllenreiner, ein in München geborener Sinto, im Jüdischen Museum München mit dem Austrian Holocaust Memorial Award ausgezeichnet. Höllenreiner wurde 1943 in das Zigeunerlager Auschwitz-Birkenau deportiert. Über die Lager Ravensbrück und Mauthausen kam er nach Bergen Belsen, wo er 1945 von britischen Soldaten befreit wurde…

Hugo Höllenreiner wurde vom Verein Österreichischer Auslandsdienst für sein Lebenswerk, das er seit über 20 Jahren dem aktiven Wachhalten der Erinnerung an die Leiden der Sinti und Roma widmet, ausgewählt. „Ich kämpfe dafür, dass sich dieser grauenhafte Teil unserer Geschichte nicht mehr wiederholt und bin über diese Anerkennung mehr als überwältigt“, sagte er nach der Überreichung der Urkunde.

„Es ist wichtig sich das alles ins Gedächtnis zu rufen und auch darüber zu sprechen. Kein Buch oder Film kann ein Zeitzeugengespräch mit Hugo Höllenreiner ersetzen,“ betonte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und ergänzte „sein Leben und Überleben macht ihn zum lebendigen Denkmal“. In ihrer Laudatio hob sie auch hervor, dass „Diskriminierung nicht ein Problem der betroffenen Gruppen ist, sondern der Gesellschaft, die sie ausübt.“ Mit den Worten „unsere Freiheit und Demokratie lebt von Zivilcourage jedes Einzelnen und Hugo Höllenreiner nimmt das besonders ernst. Danke, dass sie nicht aufhören zu schweigen“, beendete sie ihre emotionale Ansprache. Knobloch ist kurzfristig für den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude eingesprungen, der sich auf Grund einer unvorhersehbaren Dienstreise für seine Abwesenheit entschuldigen ließ.

Der Initiator des Preises, Andreas Maislinger, würdigte bei seiner Begrüßungsrede dessen große Verdienste für die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus und zitierte Rudolf Sarközi „Roma und Sinti rücken in die Mitte der Gesellschaft und es ist höchste Zeit, dass wir mit dieser Ehrung dazu beitragen.“

Hugo Höllenreiner (Mitte) mit Charlotte Knobloch und Andreas Maislinger
Hugo Höllenreiner (Mitte) mit Charlotte Knobloch und Andreas Maislinger

Für musikalische Begleitung sorgte der junge österreichisch-rumänische Pianist Adrian Gaspar, selbst Sinto, gemeinsam mit dem Violinisten Florian Willeitner. Unterstützt wurden sie vom Jugendchor der Freien Walldorfschule Karlsruhe. Während des Abends wurde auch ein Filmausschnitt aus der Dokumentation „Dui Roma – Zwei Lebenskünstler“ von Iovanca Gaspar gezeigt. Ein persönliches Highlight für Höllenreiner war die Überreichung einer Zeichnung von seinem engen Freund Adrian Gaspar.

An der Ehrung, in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Jüdischen Museum, nahmen neben den Generalkonsuln von Israel, Kroatien, den Niederlanden, Österreich und Ungarn auch hohe VertreterInnen der Stadt München, Mitglieder des Bundestags, sowie weitere namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft teil.

Hugo Höllenreiner mit Familie und Adrian Gaspar
Hugo Höllenreiner mit Familie und Adrian Gaspar

Austrian Holocaust Memorial Award (AHMA)

Der 2006 vom Verein Österreichischer Auslandsdienst gestiftete Austrian Holocaust Memorial Award (AHMA) gilt als Symbol gegen Rechtsextremismus und als Zeichen für das Gedenken der Verbrechen des Nationalsozialismus. Alljährlich wird auf Anregung vom Vereinsvorstand eine Person oder Organisation, die sich durch spezielles Engagement im Bereich der Gedenkarbeit verdient gemacht hat, mit diesem Preis geehrt. „Gerade in einer Situation, wenn manche Stimmen diese Verbrechen historisieren und relativieren wollen, ist es ein wichtiges Signal, dass eine österreichische NGO einen derartigen Preis stiftet,“ sagte der Leiter der Kulturpolitischen Sektion des österreichischen Außenministeriums, Botschafter Emil Brix, anlässlich der ersten Preisverleihung 2006. ()

Pharraijmos – der Holocaust an Roma und Sinti

Das Romanes-Wort Porajmos (auch Porrajmos, deutsch: „das Verschlingen“) bezeichnet den Völkermord an den europäischen Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Dieser bildet den Höhepunkt einer langen Geschichte von Diskriminierung und Verfolgung. Die Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Nach unterschiedlichen Schätzungen ist sie bei einer großen Spannbreite jedoch sechsstellig. (de.wikipedia.org)

1 Kommentar

  1. „Knobloch ist kurzfristig für den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude eingesprungen, der sich auf Grund einer unvorhersehbaren Dienstreise für seine Abwesenheit entschuldigen ließ.“

    Es war nicht das erste Mal, dass der Münchener OB Ude die Münchner Sinti versetzte, erneut war ihm also ‚Wichtigeres‘ dazwischengekommen.

    Jedoch war dies ganz und gar kein Schaden für die Veranstaltung, im Gegenteil. Wer Frau Knobloch erleben durfte, konnte sich am Ende keine passendere oder einfühlsamere Laudatio vorstellen als die ihre. Der anhaltende Beifall und die über soviel (unerwartete) Solidarität und Sympathie sichtbar werdende Freude in den Gesichtern der anwesenden Sinti sprachen Bände.

    Frau Knobloch hat übrigens, und das spart der obige Beitrag leider aus, in ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Bayern schon vor dem Nationalsozialismus mit seiner Intoleranz gegenüber Minderheiten eine Sonderstellung in Deutschland eingenommen hat.

    Höchst erfreulich, das dies endlich auch eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens so deutlich und ohne Schnörksel eingesteht.

    Das bisherige, offensichtlich offiziell verordnete, Beschweigen solch unpopulärer Zustände bzw. Tatsachen rächte sich inzwischen mehrfach bitter: Die Friedrich-Ebert-Stiftung bescheinigte den Bayern in den letzten Jahren regelmäßig bundesweit Spitzenplätze in den Disziplinen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Verharmlosung des NS…
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    Es waren übrigens Österreicher, die Hugo Höllenreiner mit ihrer Auszeichnung in München ehrten.

    Warum waren die Ehrenden eigentlich keine Deutschen?
    Oder Bayern?

    Gemäß http://de.wikipedia.org/wiki/Hugo_H%C3%B6llenreiner hat weder Höllenreiners Freistaat Bayern noch dessen Heimatland Deutschland ihn je einer offiziellen Ehrung für würdig befunden.

    Sollte man dies nicht schleunigst nachholen?

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