Obama im Auge des Sturms

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Am dritten Tag des Besuchs von US Präsident Barack Obama wurde es stürmisch, im wörtlichen Sinn des Wortes. Der Rundfunk rief Alte, Kinder und Lungenkranke auf, sich wegen ungewöhnlich hoher Luftverschmutzung nicht vor die Haustür zu begeben. Sandstaub aus Ägypten färbte den Himmel hellgelb, während heftige Sturmböen die Sicherheitsverantwortlichen nervös machten…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 22. März 2013

Schon wurde beraten, ob Obama lieber mit dem Auto von Jerusalem zum Flughafen bei Tel Aviv fahren sollte und nicht mit dem Hubschrauber fliegen. Ebenso gab es übereilte Planungen, die feierliche Abschiedszeremonie in eine Halle zu verlegen, weil aufgestellte Flaggenständer neben dem roten Teppich vor seiner Air Force One umgestürzt waren. Plastikstühle flogen durch die Luft und ein Baum ist umgeknickt. Am Nachmittag fliegt Obama nach Jordanien zu einem Treffen mit König Abdullah.

Ein Luftfahrtexperte, Neri Jakobi, sagte, dass eine Sicht von 1.200 Metern auf dem Flughafen und bis zu 60 Stundenkilometer starke Windstöße kein Problem für große Flugzeuge und nicht einmal für Hubschrauber bedeuteten, zu starten oder zu landen. Obama könne also nach Bethlehem zu einem kurzen Besuch in der Geburtskirche in Bethlehem fliegen, wo er nach einem kurzen Gebet ein weiteres Gespräch mit Präsident Abbas führen werde. Nach Kranzniederlegungen am Grab des „Erfinders“ des „Judenstaates“ Theodor Herzl, am Grab des ermordeten Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin und in der Holocaust Gedenkstätte Jad Vaschem hatte Obama zuvor noch ein letztes politisches Gespräch mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu geführt.

In Ramallah wurde zuvor die Stimmung bei der Pressekonferenz nach einem zweistündigen Gespräch mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas „frostig“ beschrieben. US-Präsident Barack Obama hatte gegen Tabus verstoßen. Als er vor der palästinensischen Regierung und der Presse aus aller Welt die Palästinenser aufforderte, nachgiebig und kompromissbereit zu sein, musste Abbas seinen Schlipps lockern. Obama hat gnadenlos und eindringlich palästinensischen Terror und den Raketenbeschuss Israels wenige Stunden zuvor aus dem palästinensischen Gazastreifen verurteilt. Angeblich hatte Abbas das zuvor im Kämmerlein auch getan. Doch öffentlich wollte er diese Verurteilung nicht wiederholen. Schließlich hatte er erst vor wenigen Tagen verkündet, dass die Hamas sein „Partner“ sei und dass er keine Meinungsverschiedenheiten mit der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Organisation habe.

Obama hatte bei seinem Besuch die israelischen Siedlungen bestenfalls als „kontraproduktiv“ bezeichnet und die Formulierung „illegal“ vermieden. Das hatte Obama in der Kairoer Rede 2009 gesagt. Abbas benutzte diese Formel, um „auf einen hohen Baum zu klettern“, nämlich ein Ende des Siedlungsbaus im Westjordanland und in Ostjerusalem zur Bedingung für eine Fortsetzung der Friedensgespräche mit Israel zu machen. „Obama ist gekommen und hat die Leiter weggezogen, mit der Abbas von dem Baum wieder herabsteigen könnte“, sagte ein israelischer Reporter. Der amerikanische Präsident habe den Palästinensern signalisiert, mit ihrer Verweigerungspolitik ganz alleine dazustehen, während er den Israelis erklärte, „Ihr seid nicht allein“.

Nach der Pressekonferenz sagten verärgerte palästinensische Minister zu Reportern: „Keine Sorge, wir halten an dem Grundsatz fest, dass es ohne einen Baustopp in den Siedlungen keine Verhandlungen geben wird.“

Bei der Pressekonferenz hatte Obama den Palästinensern zuvor vorgeworfen, sich durch solche Bedingungen dem Frieden zu verweigern, Israel nicht als jüdischen Staat anerkannt zu haben und vieles mehr.

Sufian Abu Saida, ehemaliger „Minister für Gefangene in israelischen Gefängnissen“ erzählte im israelischen Rundfunk, dass es schon bei den  Vorbereitungen zu dem Besuch Missstimmung mit den Amerikanern gegeben habe. So wurde ein Treffen des Präsidenten mit Familienangehörigen von Palästinensern, die in israelischen Gefängnissen wegen Terroranschlägen und Mord an Israelis einsitzen, ausgeschlossen. „Ein Stich in unser Herz war auch die Weigerung der Amerikaner, Obama am Grab von Arafat einen Kranz niederlegen zu lassen, obgleich sich das Mausoleum doch beim Eingang zum Regierungssitz von Abbas befindet“, fügte Abu Saida noch hinzu. Das sei für die Palästinenser umso schmerzhafter gewesen, zumal Obama in Jerusalem sogar das Grab des Begründers des Zionismus, Theodor Herzl, besuche.

Wegen des Unwetters ist Obama heute von Jerusalem nach Bethlehem zur Geburtskirche mit seiner Autokolonne gefahren und nicht mit dem Hubschrauber geflogen, wie ursprünglich geplant. Die Polizei kündigte wegen der Wetterverhältnisse eine Schließung der Autobahn Jerusalem-Tel Aviv in beide Richtungen an, damit Obama ungehindert zum Flughafen gelangen könne.

Der rote Teppich und die Flaggengestänge vor seinem Flugzeug wurden weggeräumt, wegen der starken Windstöße. Das israelische Ministerpräsidentenamt verschickte an alle Journalisten und Ehrengäste eine Email mit der Aufforderung, nicht zum Flughafen zu kommen, weil die Abschiedszeremonie für Obama wetterbedingt abgesagt worden sei.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

12 Kommentare

  1. Ich möchte dem von mir sehr geschätzten Jörg Lau widersprechen.
    Obamas Israel-Besuch – immerhin die erste Auslandsreise nach seiner Wiederwahl – signalisiert einen Wechsel in der Verhandlungstaktik gegenüber Israels Regierung, nicht jedoch die Aufgabe des Ziels, Israelis und Palästinenser an den Verhandlungstisch zu bringen und die Verhandlungen mit dem Abschluss eines Friedens- und Teilungsabkommens während seines zweiten Mandats auch zum Erfolg zu führen. Wechsel in der Verhndlungstaktik insofern, als er viel Wert darauf gelegt hat, das völlig verfälschte Bild seiner Einstellungen und Absichten in der israelischen Öffentlichkeit auszuräumen und die israelische Zivilgesellschaft für die Unterstützung der neuen Verhandlungsoffensive zu mobilisieren.

    Das ist insofern klug, als die israelische Zivilgesellschaft im Sommer der Protestbewegung für soziale Gerechtigkeit wie auch bei den – allen Wahlprognosen spottenden – Ergebnissen der jüngsten Wahlen zur Knesset gezeigt hat, dass es ein starkes Bedürfnis nach Veränderung, nach dem Aufbrechen verkrusteter Strukturen und nach Gerechtigkeit gibt, und dass die israelische Zivilgesellschaft – auch dank Internet, Facebook une anderer Medien durchaus in der Lage ist, einen hohen Mobilisierungsgrad auch entgegen der „amtlichen“ Strichrichtung aufzubringen. Mit seiner Jerusalemer Rede hat es Obama vermocht, der israelischen Zivilgesellschaft genau das ans Herz zu legen, was die Friedensbewegung, Shalom Akhshav, Meretz bzw. Persönlichkeiten wie Uri Averny und andere seit Jahren tauben Ohren gepredigt haben (siehe Avnery, Obama: Die Rede die nicht gehalten wurde. – Oder doch ?) Auf diesen Rückenwind aufbauend – und im Angesicht der israelischen Erwartungen an amerikanische Unterstützung gegenüber der Bedrohungslage durch die iranische nukleare Aufrüstungspolitik – hatte Obama parallel zu seinem Besuch durch Senator Kerry die Vorarbeiten für das Zustandekommen eines Friedensabkommens bereits in Gestalt von Arbeitsgesprächen mit der PA, Jordanien, der arabischen Liga etc. aufgenommen, als noch einige Analysten dabei waren, ihre Abschiedsgesänge auf ein amerikanisches Engagement für die Befriedung des Konflikts um Israel und Palestina zu verfassen.

    Eine Bereinigung des Konflikts zwischen der Türkei und Israel wegen des Mavi Marmara- Vorfalls ist nach 2 -jähriger Verzögerung im Gange. Mahmoud Abbas hat seitdem auf der Konferenz der Arabischen Liga in Doha seine Bereitschaft erklärt, der Verhandlungsvorbereitung 3 – 4 Monate einzuräumen. In den nächsten Wochen wird eine Delegation der Arabischen Liga in Washington erwartet zu Gesprächen über Friedensverhandlungen. Bahrein hat die Hezbollah zur terroristischen Organisation erklärt und die anderen Golfstaaten aufgefordert, desgleichen zu tun. Morsi hat Unterstützung für Verhandlungen signalisiert, gleichzeitig gehen die ägyptischen Sicherheitsorgane seit einiger Zeit wieder verstärkt gegen Waffenbelieferungen von Gaza vor, Tunnel werden geschlossen, Schmuggler verhaftet, die ägyptische Justiz verweigert der Hamas Rechtsschutz gegen derartige Maßnahmen usw.

    Wer wollte da noch behaupten, dass all dies nichts mit dem amerikanischen Drängen auf Verhandlungen und eine Friedenslösung zu tun hätte, dass die USA sich einem neuen Isolationismus verschrieben hätten ?

  2. Obama kommt mit leeren Händen aus dem Land Michael Savages ( aka Michael Weiner). Dieser Herr ist uns hier in Deutschland kaum bekannt- leider. Gestatten Sie mir deshalb bitte, ihn hier vorzustellen.
    Das Urgestein der „White House Press Conference“ war lange Zeit die Journalistin Helen Thomas. In der Bush Ära war sie nur noch als Kolummnistin tätig, nicht mehr als Korrespontentin, was Bush den Vorwand lieferte, die kritische Liberale zu ignorieren.
    Schon während der ersten Amtszeit Obamas äußerte sie sich ablehnend zu den israelischen Siedlungen und wurde daraufhin angegangen, wohin denn die Juden (nicht Israelis!) gehen sollten, wenn sie das Westjordanland verlassen sollten. Sie antwortete „back home where they have come from“ und zählte dann Polen, Deutschland, die USA und Russland auf. Daraufhin brach ein Shitstorm über die Verräterin an der israelisch/jüdischen Sache los.
    Weiner, aka Savage, betreibt von San Franzisco aus einen Radiokanal, in dem er gegen alles und jeden hetzt, der nicht nach dem Geschmack der ultrarechten Amerikaner ist:Latinos, Europäer, Linke, Liberale, und, und, und.
    In Großbritannien hat er Einreiseverbot wegen seiner Hasskampagnen.
    Was er zu Frau Thomas zu sagen hat, kann man in dem Video „Michael Savage- Helen Thomas wants Jews in Israel to go back to Germany“ bei Youtube gut hören. So fordert er, dass jeder jüdische Journalist, der nicht auf sie losgehen sollte, wenn sie sich wieder ein Washington öffentlich zeigen sollte, sich auch auf der Seite der jüdischen Selbstverleugner und Selbsthasser einreihe. Stalinistischer geht es wohl kaum noch. Das ist 1984 in Reinform. Das ist ein Israellobby nach dem Geschmack Netanjahus und Liebermans.
    Wer nicht auf ihrer Seite steht, der ist eben „Hitler’s wife“ so „Savage“ über Thomas.
    Achtung: Das Anhören dieses Tondokuments ist geeignet, Vorurteile in traurige Erkenntnisse über besonders auserwählte Menschen zu verwandeln.

    • Ich hatte zu dem Thema noch etwas geschreiben, aber das wurde hier nicht veröffentlicht. Ich weiß nicht, was der Grund dafür war, denn ich konnte hier auch schon viel schärfere Formulierungen gebrauchen. War es doch der Hinweis darauf, dass besagter „Savage“ die Forderung erhob, man möge Helen Thomas ins Gesicht spucken, so wie es sich für eine „Nazi bitch“ gehöre?

    • Ich stellte die Ãœberlegung an, dass im Vergleich zu „Savage“ die Art und Weise, in der Friedman und Broder hierzulande mit Andersdenkenden umgehen, nur als moderat und überaus höflich und respektvoll gelten kann.

  3. Treffende Kommentierung von Jörg Lau:

    „Obamas erstaunlicher Besuch in Israel…

    Der amerikanische Präsident kam ohne einen Friedensplan, wie vorher angekündigt. Die Botschaft: Ich werde nicht meine zweite Amtszeit verschleißen mit einem weiteren Versuch, euch und eure Nachbarn zu eurem Glück zu zwingen…

    Ich kann euch nicht davon abhalten, euren Traum von einem demokratischen jüdischen Staat selber zu zerstören, indem ihr immer weiter siedelt und die Palästinenser permanent beherrscht….

    Wenn ihr selber etwas dagegen tun wollt, steht Amerika hinter euch. Wir sind uns einig über die Gefahr aus Iran. Wir sind uns einig über die Gefahr aus einer sich islamisierenden Region. Aber erstens seid ihr stärker als ihr glaubt, und zweitens habt ihr die stärkste Macht der Welt zum Freund: Also hört auf mit den faulen Ausreden, dass ihr die Zwei-Staaten-Lösung wollt, aber es jetzt gerade wieder mal nicht geht…..

    „So peace is necessary. But peace is also just. Peace is also just…

    Put yourself in their shoes. Look at the world through their eyes. It is not fair that a Palestinian child cannot grow up in a state of their own. Living their entire lives with the presence of a foreign army that controls the movements not just of those young people but their parents, their grandparents, every single day. It’s not just when settler violence against Palestinians goes unpunished. It’s not right to prevent Palestinians from farming their lands; or restricting a student’s ability to move around the West Bank; or displace Palestinian families from their homes. Neither occupation nor expulsion is the answer. Just as Israelis built a state in their homeland, Palestinians have a right to be a free people in their own land….

    Now, only you can determine what kind of democracy you will have. But remember that as you make these decisions, you will define not simply the future of your relationship with the Palestinians — you will define the future of Israel as well…

    Now, Israel cannot be expected to negotiate with anyone who is dedicated to its destruction. But while I know you have had differences with the Palestinian Authority, I genuinely believe that you do have a true partner in President Abbas and Prime Minister Fayyad. I believe that. And they have a track record to prove it. Over the last few years, they have built institutions and maintained security on the West Bank in ways that few could have imagined just a few years ago. So many Palestinians — including young people — have rejected violence as a means of achieving their aspirations…“

    Das joviale Scherzen mit Netanjahu auf dem Flughafen konnte darüber nicht hinwegtäuschen. Obama glaubt nicht, dass es Sinn hat, mit dieser Regierung über die entscheidende Lebensfrage des Staates Israel zu reden. Und hat er nicht Recht? Netanjahu hat soeben das Wohnungsbauministerium an die radikalen Siedler gegeben….

    ….In gewisser Weise ist Obamas Besuch für mich darum nicht ein verspäteter Antrittsbesuch, sondern ein Abschiedsbesuch: Ich gebe euch hiermit den Nahostkonflikt zurück. Er ist eure Sache. Für die Simulation eines “Friedensprozesses”, der immer nur mehr Siedlungen bringt und eine Zwei-Staaten-Lösung verunmöglicht, stehen wir nicht mehr zur Verfügung. Für alles andere: sofort.

    http://blog.zeit.de/joerglau/2013/03/24/obamas-erstaunlicher-besuch-in-israel_5955

    • Ach wäre es doch so, was Herr Lau hier meint. Keine US-Zwangsbeglückung mehr für Netanjahu, Lieberman und Co. aber auch keine 3 Milliarden Dollar Militärhilfe pro Jahr, über die der Congress ebensowenig entscheiden darf wie weiland der preußische Landtag über die Heeresreform, keine Rücksichtnahme auf das Gezettere und Gekeife des AIPAC, keine Unterstützung beim geplanten Schlag gegen Teheran.

    • “ … setzt sich Sahara-Sand auch in Gebieten Europas ab und wirkt durch seine alkalischen Eigenschaften dem sauren Regen entgegen.“ Wikipedia

      „Warum wohl?“ Darum:

      „Wie zuverlässige Quellen berichten, hatte der Dreck die Aufgabe, Dr.Nagel und Konsorten die übelriechenden säuerlichen Schandmäuler zu stopfen und zu neutralisieren, wurde auf dem Weg über das östliche Mittelmer aber unglücklicherweise von dem Wirbel um den Staatsbesuch abgelenkt. (dba)“

  4. Obama ruft zu Verhandlungen trotz Siedlungsbau auf

    „US-Präsident Obama hat die Palästinenser zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen mit Israel auch bei weiterem Siedlungsbau aufgerufen. Palästinenserpräsident Abbas hält an Baustopp fest.“

    „Das wichtigste Ziel müsse es sein, Souveränität für die Palästinenser und Sicherheit für die Israelis herzustellen. „Wenn wir das hinbekommen, dann haben wir auch eine Lösung für die Siedlungsfrage“, meinte Obama.“

    „Mit seinen Äußerungen erinnerte Obama an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der die Palästinenser wiederholt aufgefordert hat, ihre „Vorbedingungen“ für eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen fallen zu lassen.“

    http://www.welt.de/politik/ausland/article114643315/Obama-ruft-zu-Verhandlungen-trotz-Siedlungsbau-auf.html

    die Verweigerungshaltung zu Friedensgespraechen der Palestinenser in den PA Gebieten unter Abbas ist fuer Israel nichts neues.

    Abbas muss jetzt Flagge zeigen ob er sich bei den Gemaessigten Palestinensern in den PA Gebieten durchsetzen kann oder ob er nur Schosshund der Hamas ist.

    John Karry wird nach Pessach wieder nach Israel kommen und auch nach Ramallah reisen um mit Abbas Tachles zu reden.

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