Fast 40 Prozent der über 51jährigen Sinti und Roma in Deutschland haben niemals eine Grundschule besucht. Die alltägliche Diskriminierung und das kollektive Trauma, das die Verfolgung durch die Nationalsozialisten hinterlassen hat, verringern die Teilhabe an der Bildung für die Minderheit erheblich…
Die deutschen Sinti und Roma leiden unter einer Bildungsmisere – das ist das Fazit einer von der Organisation Romano Kher geleiteten Studie, in der Sinti und Roma ihre eigene Bildungssituation erforscht haben. Die Jungle World sprach mit Jane Schuch, Mitautorin der Untersuchung und Diplompädagogin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften der Humboldt-Universität Berlin.
Interview: Andreas Koob
Jungle World v. 9. Juni 2011
Einer der für die Studie Befragten, ein 20 Jahre alter Sinto, hörte nach seinen Angaben von seiner Hauptschullehrerin: »Der Hitler hat es manchmal richtig gemacht mit euch.« Machen Sinti und Roma häufig solche Erfahrungen an staatlichen Schulen?
Es gibt dramatische Erfahrungen von Sinti und Roma im bundesrepublikanischen Bildungssystem. Die Befragten hörten von Mitschülerinnen und Mitschülern Sätze wie: »Neben einem Zigeuner darf ich nicht sitzen.« Oder: »Zigeuner stinken.« Das ging bis hin zu der Aussage: »Dich hat man vergessen zu vergasen.« Noch schockierender waren für uns Aussprüche einzelner Lehrerinnen und Lehrer wie: »Du bist Zigeuner, aus dir wird sowieso nichts.« Bis hin zu dem von Ihnen zitierten Satz.
Allerdings kommt der so offen artikulierte Antiziganismus in der Schule und während der Ausbildung heute nicht mehr so häufig vor wie früher. Das Phänomen bleibt jedoch aktuell, äußert sich nun oft in einer subtileren Form von Ausgrenzung. Die Befragten beschreiben es als Gefühl von Ablehnung, Andersbehandlung oder Ignoranz.
Wie gehen die Kinder damit um?
Für die Kinder ist immer präsent, dass sie einer Minderheit angehören, die von einem gesellschaftlich noch immer nicht konsequent geächteten Antiziganismus betroffen ist. Konkreter: Wenn sie sich zu ihrer ethnischen Zugehörigkeit bekennen, werden sie fast immer als »Zigeuner« stigmatisiert. Ist ihre Zugehörigkeit nicht bekannt, berichten sie von starken inneren Konflikten. Denn das »Zigeuner«-Stereotyp gehört zumeist völlig unreflektiert immer noch zum bundesrepublikanischen Bildungskanon.
Die Studie weist ausdrücklich auf die soziale Vererbung von Bildungsarmut hin. Durch diese Weitergabe wäre die Situation von Sinti und Roma im deutschen Schulsystem aber keine Besonderheit.
Das Problem der Weitergabe von Bildungsdefiziten in die nächsten Generationen trifft selbstverständlich auch auf andere Gruppen zu. Aber die Gründe bei Sinti und Roma sind sehr spezifisch. In dem Geflecht von Ursachen für die Bildungsmisere lassen sich unter anderem die nicht ausreichende familiäre Unterstützung und vor allem die intergenerationellen Folgen der Verfolgung im Nationalsozialismus ausmachen, von der ausnahmslos alle 275 Befragten betroffen sind. Im Nationalsozialismus wurden Sinti- oder Roma-Kinder von der Schule ausgeschlossen oder direkt aus den Schulen heraus in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Dies lebt im kollektiven Gedächtnis der Minderheit weiter und führt zum Teil zu massiven Ängsten.
Sie haben die Studie der Kinderkommission des deutschen Bundestags übergeben. Wie fiel die Reaktion aus?
Aus meiner Sicht sehr positiv. Marlene Rupprecht, die Vorsitzende der Kommission, hat die Absicht der Kinderkommision und auch ihren persönlichen Willen bekundet, hier aktiv zu werden und politische Maßnahmen zur gleichberechtigten Teilhabe hin zur Chancengleichheit voranzutreiben.
In den Verhandlungen um eine Rahmenstrategie für Sinti und Roma hat die Bundesregierung aber abgeblockt: Roma seien in Deutschland gut integriert, deshalb seien verbindliche Maßnahmen nicht notwendig.
Vor dem Hintergrund unserer Studie hat die Regierung starke Probleme, diesen Standpunkt weiter zu vertreten. Relativ gesehen, ist die gesellschaftliche Situation besser als in Rumänien oder der Slowakei, und momentan hat der Antiziganismus nicht die Dimensionen wie in Italien oder Frankreich. Trotzdem kann man gesellschaftliche Zustände nicht einfach gegeneinander ausspielen. Die Herstellung von Chancengleichheit ist ein Grundrecht, das jedem Menschen zusteht, auch im deutschen Bildungssystem.
In Anführungszeichen widmet sich die Studie dem »Auf Reise Gehen« und fragt, ob die Nichtsesshaftigkeit nicht Einfluss auf den Misserfolg in der Schule nehme.
Greift die Untersuchung damit nicht selbst eine überkommene und nur noch stereotyp zugewiesene Fragestellung auf?
Neben den familiären und individuellen Bildungswegen der Befragten wurden auch Aspekte der Lebenswelt von Sinti und Roma thematisiert. Dazu gehört oder gehörte für viele Familien das Ausüben eines mobilen Gewerbes. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht ist von Interesse, ob und wie sich diese Lebenstatsache auf die Bildungssituation der Familien auswirkte und auswirkt. Und von Bedeutung ist das gerade deshalb, weil es ein oft geäußertes Vorurteil im Hinblick auf den Schulerfolg der Betroffenen ist. Wir konnten jedoch keine evidenten, bildungsbiographischen Zusammenhänge feststellen. Hier plagt sich vor allem die Mehrheitsgesellschaft mit ihren Klischees.
Welche Maßnahmen könnten die von Ihnen festgestellte Bildungsmisere abwenden?
Wichtig ist es, Sinti und Roma selbst einzubeziehen. Mit der Studie widmeten sich Teile der Minderheit diesem Thema selbstbestimmt und aktiv. Doch auch die Mehrheitsgesellschaft ist in der Pflicht. Eine nachhaltige Bildungsförderung von Sinti und Roma sollte auch eine Schulkultur etablieren, die professionell auf jegliche Form von Diskriminierung – und darin schließe ich ausdrücklich den alltäglichen Antiziganismus ein – reagiert und nicht zulässt, dass Kinder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit stigmatisiert werden.
Ungarn ist im Allgemeinen alles andere als ein Vorbild für die Bildungsteilhabe von Roma. Doch in der Stadt Pécs gibt es das Gandhi-Gymnasium, eine Elite-Schule für ausgewählte Roma-Kinder.
Wäre das auch ein wünschenswerter Ansatz für das deutsche Bildungssystem?
Diese Frage berührt eine heikle Thematik: Segregation versus Integration. Das ist bildungspolitisch ein heißes Eisen und minderheitenpolitisch sowieso. Unsere Studie hat auch Diskussionsprozesse innerhalb der Minderheit angestoßen, diese gilt es zunächst abzuwarten. Wichtig ist, dass die Chancengleichheit von Sinti und Roma auf die bildungspolitische Agenda gesetzt wird.
Und Sie wollen doch sicherlich nicht die damaligen Verhältnisse mit dem modernen Deutschland vergleichen, oder!
Daniel noch einmal: Es geht hier gar nicht um einen Vergleich. Jeder Mensch verdient Respekt und nur weil er ungebildet ist, heißt nicht, dass er minderwertig ist. Sie schreiben: Respekt ist kein naturgegebenes Grundrecht. Und wenn es so ist, was macht man dann mit denjenigen, die es nicht verdienen? Vergasen oder was?
Bis zum Erstarken und der Machtübernahme der Nazis genossen Juden sehr wohl Respekt.
Sie kennen die Geschichte nicht so gut. Antisemitismus war in den 20er Jahren vollkommen ’normal‘ und immer präsent.
Sie sagen es selbst: Das mag jetzt zwar anstößig klingen in manchen Ohren. Das ist anstößig mein Lieber. Und rassistisch auch. Also noch einmal:
Halten Sie lieber den Mund!
Bis zum Erstarken und der Machtübernahme der Nazis genossen Juden sehr wohl Respekt.
Oder wie erklären sie sich die Herausbildung einer jüdisch-deutschen Elite deren Einfluß und Erfolg in Deutschland, Europa und der Welt selbst heute ihresgleichen sucht?
Und Sie wollen doch sicherlich nicht die damaligen Verhältnisse mit dem modernen Deutschland vergleichen, oder!
Nun ja, vielleicht wollen sie das ja, „Halten Sie den Mund“– Argumente zeugen von einer diktatorischen Grundhaltung.
Aber ändern werden sie an der Sachlage nichts. Jedes Kind in Deutschland, gleich welcher Abstammung hat die Pflicht zur Schule zu gehen.
Wenn diese Kinder nichts daraus machen, wenn es deren Eltern egal ist, dann ist das nicht unsere Schuld.
„Du kannst ein Pferd nur zum Wasser führen, saufen muß es schon selber!“
Diese Tatsache gilt für Roma-Kinder, für jüdische Kinder, für türkische Kinder und natürlich auch für deutsche Kinder.
Was kommt als Nächstes, wenn ein deutsches Kind in der Schule versagt sind das dann die Nachwirkungen vom Terrorbombing dem die Großeltern ausgesetzt waren?
Lächerlich, ne? Sehen Sie!
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…aber Respekt muß man sich verdienen! Durch harte Arbeit, in der Schule wie im Beruf. Geschenkt wird er auch den Roma/Sinti nicht.
Ach wirklich? Warum konnten dann die deutschen Juden in den 30er Jahren (und nicht nur)keinen Respekt verdienen? Warum hat man gegen integrierte, geschulte Menschen immer wieder Progromme geführt? Und was ist mit den blöden Deutschen, die kein Bock auf Ausbildung und Arbeiten haben, und gerne Hartz IV beantragen?
Halten Sie lieber ihren frechen Mund Daniel!!!
>>“Fast 40 Prozent der über 51jährigen Sinti und Roma in Deutschland haben niemals eine Grundschule besucht. Die alltägliche Diskriminierung und das kollektive Trauma, das die Verfolgung durch die Nationalsozialisten hinterlassen hat, verringern die Teilhabe an der Bildung für die Minderheit erheblich“<<
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Oh bitte, was ist denn das für ein Argument! Also langsam wird’s lächerlich.
Unzählige Menschen können von Ihren Großeltern dasselbe behaupten. Die Juden sind doch das beste Beispiel. Diese schaffen es sehr wohl schulisch erfolgreich zu sein, trotz alledem.
Was für ein hahnebüchener Unsinn!
Die Nazis sind bald ein Jahrhundert Vergangenheit. Wie lange wollen einige Leute diese Zeit eigentlich noch als Entschuldigung für alles Mögliche benutzen???
Mit…
„Die mögen uns nicht“, „Die sind ja alle verkappte Nazis hier!“, „Es sind immer die anderen Schuld wenn wir es nicht schaffen!“
…wird sich auch nichts ändern, da brauch ich nicht mal in meine Kristallkugel gucken!
Respekt ist kein naturgegebenes Grundrecht (allem Gutmenschentum zum Trotz). Sinti und Roma genießen nicht viel Respekt in der deutschen Öffentlichkeit, das ist wahr. Aber wofür denn auch?
Das mag jetzt zwar anstößig klingen in manchen Ohren aber Respekt muß man sich verdienen! Durch harte Arbeit, in der Schule wie im Beruf. Geschenkt wird er auch den Roma/Sinti nicht.
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