Gestapelte israelische Sicherheitskontrollen

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„Wieso stimmt das Namenschild an Ihrem Koffer nicht mit dem Namen in Ihrem Pass überein? Haben Sie den Koffer selber gepackt? War er ständig unter Ihrer Aufsicht? Was war der Grund Ihres Besuches in Israel? Haben Sie Palästinenser getroffen?“…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 4. Januar 2010

Die penetrante Befragung am Flughafen kann unangenehm sein. Einmal zog sich die Befragung anderthalb Stunden in die Länge. Die Sicherheitsbeamtin konnte nicht verstehen, weshalb ein deutscher Tourist fließend Hebräisch spricht. Am Ende erklärte ich ihr: „Als ich noch jung und schön war, hüpfte ich durch die Betten aller israelischen Frauen. So lernte ich Hebräisch in Nachtkursen.“ Die junge Frau bekam einen hochroten Kopf und rannte beleidigt zu ihrem Vorgesetzten. Der fragte mich höflich: „Do you speak Hebrew?“ (Sprechen Sie Hebräisch?) Ich log: „Not a word.“ (Kein Wort) . Er fragte, wieso ich seine Mitarbeiterin beleidigt hätte. „Weil ich keine vernünftigen Antworten mehr zu ihren dummen Fragen fand.“ Er war zufrieden und drückte den Sicherheits-Aufkleber auf meine Reisetasche. Auf Hebräisch fragte ich ihn, was denn das Theater sollte, zumal ich ihn angelogen hätte. Er lachte: „Wir prüfen, ob ein Passagier verunsichert ist oder Angst hat. Der ist für uns ein potentieller Terrorist.“ Das ist die komplette Philosophie der israelischen Sicherheitskontrollen. „Menschen machen Fehler. Sie verhalten sich unter Stress anders. Angst und Nervosität kann man ihnen ansehen“, sagt Rafi Ron, ehemaliger Sicherheitschef auf dem Ben Gurion Flughafen bei Tel Aviv.

Bei der Einfahrt zum Flughafen fragt ein Sicherheitsbeamter den Taxifahrer, woher er komme. Einige Meter weiter stehen Sicherheitsleute mit dem Finger am Abzug ihres Gewehrs. Beim leisesten arabischen Akzent des Taxifahrers wird sein Wagen auf eine Nebenspur befohlen. Alles wird durchsucht. Eine Nummer wird auf seine Windschutzscheibe geklebt. Ein Aufkleber mit der gleichen Nummer schmückt den Pass des Reisenden. Nach einigen hundert Metern parkt ein Auto mit gelben Blinklichtern, zwei Männern und laufendem Motor in einer Nebenstraße, jederzeit bereit, sich den Taxis in den Weg zu stellen. Vor der Eingangstür des Terminals stehen unauffällige Männer mit ausgebeulten Jacken. Sie werfen prüfende Blicke auf jeden Reisenden. Und drinnen folgt die Befragung.

„Sie kennen doch die Geschichte der Verlobten eines Palästinensers, die seine Familie im besetzten Gebiet besuchen wollte. Die hochschwangere Britin wusste nicht einmal, dass ihr Mann einen Plattenspieler mit Sprengstoff und Höhenmesser in ihren Koffer gepackt hatte.“ Diese Geschichte von 1986 hört man immer wieder, wenn sich die Sicherheitsleute für ihre penetranten Fragen entschuldigen.

In Frankfurt darf man nicht einmal im aufgegebenen Koffer ein Küchenmesser mitführen. Die Schuhe werden separat durchleuchtet. Flüssigkeiten werden konfisziert. Das gibt es auf dem „sichersten Flughafen der Welt“ nicht. In Tel Aviv werden Koffer routinemäßig durchleuchtet, aber nur per Stichprobe genauer untersucht. „Das Leben der Passagiere ist uns wichtiger als deren Menschenwürde“, sagte ein Sicherheitsexperte nach dem versuchten Anschlag eines Nigerianers, sich an Weihnachten in einer Northwest Maschine zu sprengen. Während Amerikaner und Europäer glauben, mit Nacktscannern, Kofferkontrollen und Metalldetektoren die Sicherheit in Flugzeugen garantieren zu können, verlassen sich die Israelis vor allem auf die Psychologie. Ohne Scham werden 25 Jahre alte allein reisende Männer und besonders Araber oder Reisende mit Stempeln arabischer Länder im Pass separat und sehr genau geprüft, nach dem Motto „Nicht jeder Moslem ist ein Terrorist, aber (fast) jeder Terrorist ist ein Moslem.“ Der Nigerianer hätte es bei der israelischen Methode nicht an Bord des Flugzeugs geschafft, zumal die Namen der Israel-Passagiere schon nach dem Kauf des Tickets mit einschlägigen Listen abgeglichen werden. Derweil lacht man über die neueste Lehre aus jenem Vorfall: Passagiere dürfen sich eine halbe Stunde vor der Landung nicht mit Decken hüllen. „Dann sprengt der sich halt eine dreiviertel Stunde vor der Landung…“, sagte kopfschüttelnd eine Israeli.

Neben sichtbaren Sicherheitsmaßnahmen gibt es noch weitere Methoden. Bis zum 11. September 2001 durfte allein El AL mit einer Sondergenehmigung der IATA, die Pilotenkanzel während des Fluges verschlossen halten. Es wurde sogar eine zweitürige Sicherheitsschleuse eingebaut, damit der Pilot die Toilette aufsuchen könne. „Der 11.9. wäre mit unseren Maschinen nicht passiert“, sagte der El Al Sicherheitschef. „Das Problem ist das Konzept. Wir gingen davon aus, dass ein Flugzeugentführer nicht nur anderes Flugziel anpeilt.“

Beim Anflug in Istanbul standen Autos mit gelben Blinklichtern vor der Landebahn. Im separaten Terminal in Berlin Schönefeld überhörte ich einen hebräischen Funkspruch: „Schau mal, was sich im Gebüsch bewegt.“ Israelis fahren vor Start und Landung ihrer Maschinen im Patrouille rund um die Flughäfen im Ausland. Sie suchen nach Terroristen mit geschulterten Flakraketen. Im November 2002 scheiterte in Mombasa der Versuch, eine Arkia-Chartermaschine mit einer Rakete abzuschießen. Sie verpasste das startende Flugzeug nur knapp. Ein Freund von mir saß in jener Maschine und kannte den Piloten: „Der verriet, dass israelische Piloten auf gefährlich eingestuften Flugplätzen eigenwillig eine andere Startbahn benutzen, als vorgegeben. Diese Chutzpe hat uns in Mombasa das Leben gerettet.“

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

12 Kommentare

  1. Wie hätte denn so ein Flugzeug, wenn es einmal in der Luft ist, wohl noch die Startbahn gewechselt haben sollen?
    *double facepalm*
    Woher soll ich das wissen? Habe ich den Unsinn vom Startbahnwechsel verzapft oder der Freund vom Freund unseres rasenden Reporters Ulrich Sahm.
    Besonders lustig ist es noch, wenn Sie, der Sie ja schon Schwierigkeiten haben, einen Satz in einem simplen Zeitungsartikel zu erfassen, von Adorno schwärmen. Den würden Sie vermutlich noch nicht mal verstehen, wenn Ihr Leben davon abhinge.

  2. @ Koshiro
    Gut, Sie sind hier der Landebahn- und Flughafenexperte: Wie hätte denn so ein Flugzeug, wenn es einmal in der Luft ist, wohl noch die Startbahn gewechselt haben sollen?
    Die Frage nach der Anzahl der Startbahnen, die Sie aufbringen, ist doch völlig nebensächlich. Der Pilot hat überhaupt richtig gehandelt, geistesgegenwärtig und schnell. Da brauchte es zum Glück keine Notlandung.
    Aber für Sie steckt vermutlich auch dahinter irgendeine herbei halluzinierte  Weltverschwörung, und Ihnen ist es lieber, wenn 260 Menschen sterben, aus Rücksicht auf irgendwelche Verwaltungsvorschriften. Da haben Sie sich jetzt aber sehr eindeutig zum Ungeist des Nationalsozialismus bekannt, auch in der Auslegung von Verwaltungsvorschriften.
    @ Leser 140
    Danke für den Hinweis, ich hatte bei dem Typen von Anfang an den unguten Eindruck, mehr so zwischen den Zeilen. Kennen Sie Adornos Vortrag „Was ist Vergangenheitsbewältigung“? Sehr zu empfehlen, deckt sich mit Ihrem anderen Posting (Schuldumkehr, etc).
     

  3. Koshiro, wann bedanken Sie sich endlich bei Hagalil für die Gnade Ihres permanentes antisemitsches Dummeszeug jederzeit veröffentlichen zu dürfen? Sie kotzen mich langsam an. Was für einem perversen Soziotop sind Sie entsprüngen?

  4. @ Gerrit (einer oder mehrere?)
    Im Artikel wird nirgends behauptet, dass der eine andere Startbahn benutzt hätte. Da steht: “dass israelische Piloten auf gefährlich eingestuften Flugplätzen eigenwillig eine andere Startbahn benutzen, als vorgegeben”. Das bezieht sich  allgemein auf als gefährlich eingestufte Flugplätze.
    „Diese Chutzpe hat uns in Mombasa das Leben gerettet.“ Das ist der nächste Satz. Haben Sie den irgendwie nicht mitbekommen? Oder haben Sie noch eine nett-absurde Erklärung dafür, wie eine Verfahrensweise jemandem in einem Fall das Leben rettet, in dem sie gar nicht verwendet wurde?
    Außer einem soliden *facepalm* fällt einem da wirklich nichts mehr ein.

    Die Raketen wurden auf das Flugzeug kurz nach dem dem Take-off abgeschossen.
    Ja… und?
    Die Frage, auf welcher der beiden Landebahnen vom Moi eine Notlandung stattgefunden haben könnte,
    Mann, wovon reden Sie eigentlich? Es geht hier um keine Notlandung, sondern um oben angegebene Behauptung über das angebliche Verhalten israelischer Piloten beim Start. Was man möglicherweise auch schon aus dem Wort „Startbahn“ im Artikel hätte folgern können. Und dazu ist nur folgendes zu sagen:
    1. Israelische Piloten verwenden mit Sicherheit auf keinem Flughafen „eigenwillig eine andere Startbahn als vorgegeben“, weil das eine eklatante Missachtung internationaler Sicherheitsbestimmungen wäre und dazu führen würde, daß sich die Fluglinien um die Sicherheit auf diesen Flughäfen in Zukunft keine Sorgen mehr machen müßten.
    2. In Mombasa hat der Pilot darüber hinaus mit Sicherheit keine „andere Startbahn als vorgegeben“ benutzt, weil es nur eine Startbahn für Jets dieser Klasse gibt. Das gilt übrigens für eine ganze Menge Flughäfen.

  5. @ Koshiro
    Generell sollten Sie lesen, was dasteht:
    „Der Pilot hat also auf einem Flughafen, auf dem es nur eine benutzbare Startbahn gibt, angeblich eine andere Startbahn benutzt als vorgegeben.“
    Stimmt nicht. Im Artikel wird nirgends behauptet, dass der eine andere Startbahn benutzt hätte. Da steht: „dass israelische Piloten auf gefährlich eingestuften Flugplätzen eigenwillig eine andere Startbahn benutzen, als vorgegeben“. Das bezieht sich  allgemein auf als gefährlich eingestufte Flugplätze.
    Ihre ganze Aufregung wegen dem „Qualitätsjournalismus“ ist genauso am Thema vorbei wie die Frage nach der Anzahl von Startbahnen auf dem Flughafen von Mombasa.
    Worum es vielmehr geht, ist, dass es Ihnen anscheinend nicht passt, dass einer hier mal „einfach mal spontan“ nicht nach Schema F geflogen ist, weil er lieber 260 Leuten das Leben retten wollte.

  6. @ Koshiro
    Sie fordern hier so vollmundig den Qualitätsjournalismus ein und wissen selber nicht, wovon Sie reden. Die Raketen wurden auf das Flugzeug kurz nach dem dem Take-off abgeschossen.
    Gucken Sie’s nach, wenn Sie’s nicht glauben: http://en.wikipedia.org/wiki/Arkia_Israel_Airlines#Incidents_and_Accidents
    War schon schlimm genug, das Ganze, aber Ihre paranoiden, quasi verschwörungstheoretischen Anspielungen und Andeutungen (von wegen „wer’s glaubt wird selig“) machen es nicht besser.
    Die Frage, auf welcher der beiden Landebahnen vom Moi eine Notlandung stattgefunden haben könnte, die nicht stattgefunden hat, braucht jedenfalls keinen weiter interessieren.
    Anyway, ich persönlich werde den Eindruck nicht los, es wäre Ihnen lieber gewesen, es hätte nicht geklappt, 260 Leuten das Leben zu retten, natürlich nur aus Gründen der „Sicherheit“?

  7. Die Spreu vom Weizen trennen
    Von Gil Yaron
    Er gilt als einer der sichersten Flughäfen der Welt. Trotzdem ist im Flughafen von Tel Aviv ist nichts von der weltweiten Panikstimmung zu spüren. Im Gegenteil, in Umfragen unabhängiger Organisationen wurde Ben Gurion International zum besten Flughafen des Nahen Ostens gewählt. In seiner Größenklasse rangiert er weltweit auf Platz zwei. Ein Blick hinter die sorgsam gehüteten Kulissen an dem Ort, an dem Israel gleichzeitig für Sicherheit, Bequemlichkeit und Effizienz sorgt.
    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/die_spreu_vom_weizen_trennen/
     

  8. „In Mombasa ist etwas weniger Verkehr als in Frankfurt, London oder Chicago, und man fliegt dort nach Sicht.“
    Auf sowas habe ich gewartet, darum habe ich mir das lustigste noch aufgehoben. In Mombasa gibt es nämlich vor allem wie viele Startbahnen? Und davon sind wie viele für eine Boeing 757-300 auch nur annähernd lang genug? 😉
    Die Antworten lauten „zwei“ und „eine“, in dieser Reihenfolge. Der Pilot hat also auf einem Flughafen, auf dem es nur eine benutzbare Startbahn gibt, angeblich eine andere Startbahn benutzt als vorgegeben. Das ist Qualitätsjournalismus, wie wir ihn kennen und lieben.

  9. @Koshiro
    Ihr O-Ton: “Hach, wir nehmen einfach mal spontan einen anderen Runway als die Flugsicherung sagt.” Und das soll dann der Sicherheit dienen! Wer’s glaubt, wird selig.“
    In Mombasa ist etwas weniger Verkehr als in Frankfurt, London oder Chicago, und man fliegt dort nach Sicht. Es gibt natürlich auch Leute, die fahren den Bus lieber vor den Baum, als kurz vorher noch mal die Spur zu wechseln – zu denen würde ich mich von daher nicht mal ins Auto, geschweige denn ins Flugzeug setzen.
    Aber wo wir gerade bei Ihnen sind: Welcher Glaube macht Sie denn selig, wenn Sie schon so vielsagend in Andeutungen sprechen?

  10. „Ein Freund von mir saß in jener Maschine und kannte den Piloten: „Der verriet, dass israelische Piloten auf gefährlich eingestuften Flugplätzen eigenwillig eine andere Startbahn benutzen, als vorgegeben. Diese Chutzpe hat uns in Mombasa das Leben gerettet.““
    Sicher, sicher.  „Hach, wir nehmen einfach mal spontan einen anderen Runway als die Flugsicherung sagt.“ Und das soll dann der Sicherheit dienen! Wer’s glaubt, wird selig.

  11. Besser läßt sich vermutlich nicht erklären, warum ich mich bei Israelflügen mit Israir viiiiiel sicherer fühle als bei der noch etwas preiswerteren TUIfly – wobei ich die Interviews als grenzwertig lustige Notwendigkeit betrachte, seeehr hilfreich, die Stunden bis zum Abflug zu verkürzen… wobei ich nicht wirklich verstehe, was an in Israel gekauften Büchern israelischer Verlage soooo gefährlich ist (mit meinem 9er Opinel gab es keine Probleme) – aber selbst gelernte Psychologen ziehen vor den israelischen Kollegen und Kolleginnen an Flughäfen den Hut, selbst erlebt! 😉
     

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