Laatzen: Jüdischer Gedenkstein geschändet

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Ein Gedenkstein an eine Synagoge in Laatzen (Region Hannover) ist Ziel eines offenbar antisemitisch motivierten Farbanschlags geworden. Am Montag waren dort noch Kränze anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht vor 71 Jahren niedergelegt worden…

indi-rex v. 12.11.2009

Entsetzt äußerte sich Laatzens Bürgermeister Thomas Prinz über die Tat im Ortsteil Gleidingen. Solche Ereignisse „zeigen aber auch einmal mehr, dass Veranstaltungen gegen das Vergessen von Gräueltaten der Menschheit nach wie vor wichtig sind“, so der Sozialdemokrat.

Der Stein erinnert an den Standort der ehemaligen Synagoge in Gleidingen, die während der Pogromnacht 1938 von Nazis niedergebrannt wurde. Wohl in der Nacht auf Donnerstag wurde der Gedenkstein mit weißer Farbe übergossen. Außerdem wurden die Kränze zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus’ umgeworfen und die Schleifen gestohlen.

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Der geschändete Gedenkstein in Laatzen. (Foto: Stadt Laatzen)

Am Montag hatten bei der Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht Mary Sofer vom niedersächsischen Landesverband der jüdischen Gemeinden und die stellvertretende Laatzener Bürgermeisterin Gabriela Neumann-Köhler die Kränze niedergelegt.

Die Stadt erstattete Anzeige nachdem Bürger am Donnerstagmorgen die Farbschmierereien entdeckt hatten. Die Polizei ermittelt.

Neonazi-Treffen in Laatzen

In Laatzen veranstaltete die NPD zusammen mit „Freien Kräften“ im Juni dieses Jahres den sogenannten „Stammtisch Nationaler Kräfte“. Bei dem Treffen, das in einer Gaststätte stattfand, handelt es sich um ein überregionales Vernetzungstreffen von Neonazis.

2 Kommentare

  1. Der Umgang mit jüdischem Kulturgut spottet jeder Beschreibung:
    Hier Castrop-Rauxel – Die Absis der ehemaligen Synagoge ist beschädigt und im Grundriss (zwischen Absis und Bagger ist noch die gelbe Umrandungslinie zu sehen) steht nicht nut ein Baucontainer, sondern sogar ein Dixiklo.
    http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/castrop-rauxel/2009/11/6/news-139880807/detail.html
    Wie hier eine Stadt im Ruhrgebiet mit ihrer Vergangenheit umgeht ist sehr befremdlich…
     

  2. Jüdisches Leben in Gleidingen/Laatzen beginnt (offiziell) mit dem Jahre 1719, als zwei Juden Schutzbriefe ausgestellt wurden. In den folgenden Jahren siedelten dort weitere jüdische Familien und schließlich wies die Gemeinde den Angehörigen der Minderheit einen Betraum zu. Von 1835 her datiert der Bau einer kleinen Synagoge nebst Schulstube. Etwa zwanzig Jahre später besaß die jüdische Gemeinde auch eine Elementar- und Religionsschule mit fest angestelltem Lehrer. Die Anlage eines jüdischen Friedhofs am Dammacker geht auf Mitte des 18. Jh. zurück. Haupterwerbsquelle der Juden noch bis ins 20. Jh. war der Viehhandel und andere Handelsgeschäfte. 1836 lebten 76 Juden in Gleidingen, 1885 – 65, 1905 – 31, 1933 – 18 und 1939 – 8.
    Es scheint, dass die Juden bis 1933 gut in das Gemeindeleben ihres Ortes integriert waren; dennoch mussten auch sie die Verwüstung ihrer Synagoge sowie eingeschlagene Scheiben bei Geschäften und Wohnungen 1938 durch örtliche SA hinnehmen. Die Synagoge wurde 1939/40 verkauft und bald nach Kriegsende abgerissen.
    Einigen Angehörigen der Minderheit gelang noch rechtzeitig die Emigration, während die übrigen deportiert wurden; mindestens acht fielen dem deutschen Genozid an den Juden zum Opfer.
     
    Der durch die aktuelle Schändung nun unleserlich gewordene Text des Mahnmals lautete vormals:
     
    Zur Erinnerung
    an die jüdische Gemeinde Gleidingen und an die Synagoge,
    die in der Thorstraße ihren Standort hatte
     
    Der Herr Bürgermeister Thomas Prinz täte gut daran ein Faltblatt in seinem Ort verteilen zu lassen, worin er ehrlich über die Geschichte der Juden in Gleidingen/Laatzen aufklärt. Aufgeklärte Bürger schänden keine Mahnmale und sie halten potentielle Täter von solchen Verbrechen, die uns allen Deutschen zu Schande gereichen, ab.
     
    RS

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