Die Synagoge im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim
Von Jim G. Tobias
Die jüdische Gemeinde Allersheim existiert schon lange nicht mehr. Vom Ende des 16. Jahrhunderts bis 1942 lebten Juden in dem kleinen unterfränkischen Dorf in der Nähe von Würzburg. Im März 1942 wurden die beiden letzten Juden, das Ehepaar Jenny und Heinrich Bauman, nach Izbica deportiert und dort ermordet. Die institutionalisierte jüdische Gemeinschaft hatte sich jedoch schon in den 1880er Jahren aufgelöst – nur das Gebäude der 1740 errichteten Synagoge zeugte bis vor einigen Jahren von der langen jüdischen Geschichte in Allersheim.
Das schlichte zweigeschossige, im Stile eines Bauernhauses errichtete Gebäude, mit einer Mikwe im Keller, der Rabbinerwohnung im Parterre und dem Betsaal im ersten Stock, wurde 1911 an einen christlichen Dorfbewohner verkauft. Es diente lange Zeit als Wohnhaus, bis es der Besitzer verfallen ließ, um es letztlich abreißen zu können. Das Schicksal einer der letzten typischen Landsynagogen in Franken war scheinbar besiegelt.
Da vor Ort kein Interesse an einer Erhaltung des einsturzgefährdeten Gebäudes bestand, entschloss sich das Fränkische Freilandmuseum in Bad Windsheim die Ruine zu übernehmen und begann ab 2014 mit dem Abbau des Gebäudes, um es auf dem Gelände des Freilandmuseums originalgetreu wieder aufzubauen.
Dieses einzigartige Museum unter freiem Himmel bietet eine Zeitreise durch 700 Jahre fränkische Alltagsgeschichte. Historische Bauernhöfe, Handwerkerhäuser, Mühlen, Brauereien, eine christliche Kapelle, ein Schulhaus sowie ein Adelsschlösschen, Scheunen und Ställe, laden ein zur Entdeckungsreise in die Vergangenheit und vermitteln, wie die ländliche Bevölkerung in Franken in früheren Zeiten gebaut, gearbeitet und gelebt hat.

Seit 2023 steht nun auch eine Synagoge auf dem Gelände und schließt damit eine bauliche Lücke. Denn Franken war lange Zeit ein Zentrum des Landjudentums – Kirchen und Synagogen standen in unmittelbarer Nähe in den kleinen Städten und Dörfern. Die Ausstellung in der Synagoge von Allersheim erzählt die vielfach vergessene und verdrängte Geschichte des jüdischen Lebens auf dem Land – anhand von Biografien und informiert an diversen Medienstation über die jüdische Religion und Kultur.
Die Reise in die Vergangenheit ist in den Sommermonaten täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr, in den Wintermonaten – außer montags – bis 16.00 Uhr möglich. Für die Besichtigung der weit über 100 historischen Gebäude auf dem 45 Hektar großen Museumsgelände sollte man schon einen ganzen Tag einplanen. Stärkungen und Erfrischungen bieten die vier historischen Gasthäuser, die regionale Speisen und Getränke anbieten.
Mehr unter https://freilandmuseum.de/
Literaturtipp:
14 Autoren beleuchten im Band Landsynagogen in Franken die Geschichte der jüdischen Gemeinde Allerheims sowie der Synagoge und bieten kompetente Informationen zum Landjudentum in Franken. Ein weiterer Schwerpunkt der Publikation liegt neben der Architektur und den Ausstattungen der jüdischen Gotteshäuser auf dem Umgang mit den ehemaligen Synagogen im Nachkriegsdeutschland.
Herbert May, Saskia Müller (Hg.), Landsynagogen in Franken. Das Beispiel der jüdischen Gemeinde Allersheim, Petersberg 2024, 448 Seiten, 183 Farb- und 51 SW-Abbildungen, 34,95 €, Bestellen?
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In dieser Artikelreihe stellen wir Relikte des fränkischen Landjudentums vor. Jahrhundertealte aufgelassene Friedhöfe, Gebäude, die einst als Synagogen dienten, aber auch andere steinerne Zeugnisse, wie etwa Inschriften oder Symbole. Das Landjudentum ist schon lange nicht mehr existent. Bereits im 19. Jahrhundert lösten sich zahlreiche der kleinen Gemeinden auf. Die restlichen wurden während des Nationalsozialismus liquidiert. Doch vereinzelt gab es nach 1945 erneut jüdisches Leben auf dem Land – davon zeugen die Hachscharot-Kibbuzim, Bauernschulen, in denen Überlebende der Shoa für ihre Zukunft in Erez Israel ausgebildet wurden.