Antisemitischer Angriff in Essen

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Angriff mit einer Steinplatte zerstört Fenster der Jüdischen Kultus-Gemeinde Essen am helllichten Tag…

Gegen 12:30 Uhr am Freitag, den 20. November, warf ein unbekannter Täter eine große Steinplatte auf ein Fenster der Jüdischen Kultus-Gemeinde Essen. Rabbiner Shmuel Aronov befand sich zur Tatzeit in den Räumlichkeiten der Kultus-Gemeinde, um sich auf den Schabbat vorzubereiten. Glücklicherweise kam durch den gezielten Angriff keine Person zu Schaden. Eine Aufzeichnung der Videoüberwachung der Gemeinde zeigt, wie das mehrere Kilo schwere Wurfgeschoss an der schusssicheren Fensterscheibe abprallt und diese komplett zersplittert. Die Überwachungskamera der Gemeinde zeigt den Täter, zudem dabei, wie er ungestört Anlauf nahm und nach der Tat wegrannte. Bereits Tage zuvor wurde ein Betonblock auf ein Fenster der Essener Kultus-Gemeinde geworfen und verursachte einen geringen Sachschaden.

„Wir sind schockiert über diese Tat. Der Vorfall reiht sich ein in eine besorgniserregende gesellschaftliche Entwicklung, die wir alle spüren. Dass der Täter am helllichten Tag, an einer vielbefahrenen Straße, die Zeit findet, einen sichtlich schweren Gegenstand ungestört gegen das Fenster der Kultus-Gemeinde zu schleudern und unerkannt zu entkommen, macht mich fassungslos und hat mich aber nicht überrascht.“ (Sophie Brüss, Referentin der Düsseldorfer Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit SABRA, die zur Jüdischen Gemeinde Düsseldorf gehört)

Vorstandsvorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein Dr. Oded Horowitz: „Wir sind in Gedanken bei den Mitgliedern der Jüdischen Kultusgemeinde Essen, bei Rabbiner Aronov, der den Anschlag miterlebte, sowie bei der Gemeindevertretung. Wir erwarten eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls sowie die Bestrafung des Angreifers. Darüber hinaus appellieren wir an die Landesregierung und die zuständigen Behörden, endlich für die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens zu sorgen, bevor es zu Schlimmerem kommt.“

Hierzu stellt Benjamin Steinitz (Geschäftsführer des Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V.) fest: „Jüdische Einrichtungen sind seit Jahrzehnten ständiges Ziel für gewaltbereite Antisemit_innen unterschiedlichster politischer Couleur. Neben der Bedrohung durch Rechtsextreme, werden die Angriffe auf Beter_innen, Bedrohungen und gezielte Sachbeschädigungen gegen die Gemeinden auch immer wieder mit Bezugnahmen auf den Islam oder den Nah-Ost-Konflikt kommentiert.“

Beide Angriffe auf die Jüdische Kultus-Gemeinde Essen reihen sich ein in eine Reihe von bekannt gewordenen antisemitischen Vorfällen in den vergangenen Wochen, die sich gegen Juden und Jüdinnen in ihrem Wohnumfeld richteten oder sich im direkten Umfeld von jüdischen Einrichtungen zutrugen.

Berlin, 30. September: Gemeindemitglieder entdeckten, dass ein_e unbekannte Täter_in auf die Mesusa am Eingang der Berliner Synagoge Tiferet Israel in Berlin ein Hakenkreuz geschmiert hatte.
Hamburg, 4. Oktober: Ein Militärkleidung tragender Mann griff einen jüdischen Studenten mit einem Klappspaten vor der Eimsbütteler Synagoge in Hamburg an und verletzte ihn schwer.
Erfurt (Thüringen), 09. Oktober: Ein Beifahrer eines vorbeifahrenden Autos rief den Teilnehmenden einer Solidaritäts- und Gedenkveranstaltung vor der Erfurter Synagoge zum Jahrestag des rechtsextremen Anschlags in Halle „Drecksjuden“ zu.
Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen), 01. November: Ein_e unbekannte Täter_in beschmierte den Davidstern im Eingangsbereich der Jüdischen Kultusgemeinde in Mönchengladbach mit einer klebrigen, gelben Substanz.
Dortmund (Nordrhein-Westfalen), 07. & 09. November: Ein_e unbekannte Täter_in beschmierte die Tür und einen Tisch ein Restaurants von jüdischen Inhaber_innen mit Hakenkreuzen sowie dem Schriftzug „Juden Gasthaus“.
Zeitz (Sachsen-Anhalt), 10. November: Ein_e Unbekannte_r schmierte in großen grünen Buchstaben das Wort „Juden“ an ein Mehrfamilienhaus. Einer der Bewohner ist durch das Tragen einer Kippa als Jude erkennbar und war bereits 2017 Betroffener eines Angriffs in der Stadt.
Göttingen (Niedersachsen), 15. November: Ein von der Polizei ermittelter Täter legte an dem so genannten Mitzvah Day auf dem Hof der Synagoge in Göttingen mehrere auf Blättern aufgezeichnete Hakenkreuze, sowie ein Drohschreiben ab, in dem er darauf verwies, dass die „Polizei die Menschen nicht schützen“ werde, ab.
München (Bayern), 20. November: Eine Frau stellte ihren Koffer absichtlich am St.-Jakobs-Platz in unmittelbarer Nähe zum Zentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern ab. In der Folge wurde ein Bombenalarm ausgelöst.

SABRA – Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemitismus wurde 2017 in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf gegründet und bietet Einzelfallberatung bei Fällen von Antisemitismus und rassistischer Diskriminierung an. Weiterhin leistet SABRA umfangreiche Präventions- und Bildungsarbeit zum Themenschwerpunkt Antisemitismus und arbeitet in verschiedenen lokalen, landes- und bundesweiten Netzwerken mit. SABRA ist Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft des Bundesverbands RIAS und bietet die Möglichkeit, antisemitische Vorfälle zu melden und zu dokumentieren.

Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) e.V. wurde im Oktober 2018 gegründet. Er verfolgt das Ziel, bundesweit eine einheitliche zivilgesellschaftliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten. Das Projekt RIAS – bundesweite Koordination des Bundesverbands RIAS e.V. wird seit 2020 durch das Programm „Demokratie Leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.