Brandenburgs Landesregierung wird sich weiter aktiv allen Formen des Antisemitismus entgegenstellen. Das versicherte der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Martin Gorholt, heute bei der Übernahme der Studie „Problembeschreibung: Antisemitismus in Brandenburg“. Sie soll eine Grundlage für die politische Arbeit und der seit Mai arbeitenden „Fachstelle Antisemitismus Brandenburg“ am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien bilden sowie Anregungen zur Erfassung und Prävention von Antisemitismus bieten…
Die Studie wurde in Potsdam von Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) e.V. gemeinsam mit der Autorin der Erhebung, Dorina Feldmann, vorgestellt. Das Projekt, in dessen Rahmen regionale Ausprägungen antisemitischer Erscheinungsformen in einzelnen Bundesländern dargestellt werden, wird gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Die „Problembeschreibung: Antisemitismus in Brandenburg“ kann unter tiny.cc/PB_Brandenburg eingesehen werden.
In Brandenburg wurden in den vergangenen fünf Jahren 492 antisemitische Vorfälle bekannt, darunter 433 polizeilich registrierte Straftaten. Mit nur wenigen Ausnahmen ordnete die Polizei die antisemitischen Straftaten dem rechten Spektrum zu.
Steinitz sagte, die Studie zeige, „dass die Prävention von Antisemitismus in einem eher ländlich geprägten Bundesland wie Brandenburg vor ganz anderen Herausforderungen steht als beispielsweise in Berlin. Auch die spezifischen antisemitischen Ausdrucksformen unterscheiden sich. So sind in Brandenburg deutlich geringere Auswirkungen des Nahost-Konflikts sowohl bei den angezeigten Straftaten als auch in den Gesprächen mit jüdischen Gemeindemitgliedern festgestellt worden.“
Vielmehr berichten laut Studie Juden in Brandenburg, dass sie Antisemitismus insbesondere in subtiler Form wahrnähmen. Zwar werde die Lage im lokalen Umfeld im Vergleich zu anderen Ländern, Regionen und Städten als insgesamt ´recht positiv´ eingestuft. Gleichzeitig sähen sie sich jedoch mit einer ´beunruhigenden, Ressentiment geladenen Grundstimmung´ und mit ´latent antisemitischen Haltungen oder zumindest mit unsensiblen Umgang mit dem Judentum´ konfrontiert. Das führe dazu, dass sich einige aus Angst vor Anfeindungen öffentlich nicht als jüdisch zu erkennen geben oder sie zögen sich in nicht wenigen Fällen aus der Öffentlichkeit zurück.
Autorin Feldmann stellte fest: „Die Befragung zeigt, dass Antisemitismus, vor allem in subtilen Formen Jüdinnen und Juden alltäglich begegnet. Die Tatsache, dass es einige vermeiden, öffentlich erkannt zu werden, deutet zudem auf ein fehlendes Vertrauen in die Gesellschaft hin. Dieses Vertrauen müssen wir gemeinsam aufbauen.“
Staatssekretär Gorholt sagte: „Antisemitismus ist leider weiterhin ein hochaktuelles Phänomen, dem wir entschieden entgegentreten müssen. Das Monitoring, die Erfassung und Prävention von Antisemitismus sowie die Begleitung und Anregung interreligiöser Prozesse sind hierbei für uns von herausragender Bedeutung. Mein Dank gilt daher der Arbeit von RIAS, des Moses Mendelsohn Zentrums und der Fachstelle Antisemitismus.“
Auch Peter Schüler, Leiter der neuen „Fachstelle Antisemitismus Brandenburg“, betonte: „Die Studie bietet eine Grundlage für die künftige Arbeit. Unser Ziel wird es sein, einerseits die Betroffenen zu stärken, aber auch in Institutionen hinein zu wirken, Erfahrungen mit Antisemitismus sichtbar zu machen und die Verantwortlichen im Umgang damit zu sensibilisieren.“
Träger der Fachstelle ist das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ). Direktor Julius H. Schoeps bekräftigte: „Wir blicken auf 13 Jahre Antisemitismus- und Rechtsextremismus-Forschung am MMZ zurück und wollen dazu beitragen, dass es eine zivilgesellschaftliche Anlaufstelle gibt, an die sich sowohl jüdische und nichtjüdische Betroffene und Ratsuchende wenden können.“
Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) e.V. wurde im Oktober 2018 gegründet. Er verfolgt das Ziel, bundesweit eine einheitliche zivilgesellschaftliche Erfassung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle zu gewährleisten. Das Projekt RIAS – Bundesweite Koordination des Bundesverbands RIAS e.V. wird 2019 aus dem Haushalt des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus gefördert.