Die neuen Fernsehtipps

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Vom 01. bis 15. November 2018…

Sa, 3. Nov · 11:30-12:15 · NDR
Goldschmidts Kinder

Berlin 1935. Unter großen persönlichen Risiken gelingt es der Lehrerin Leonore Goldschmidt, mitten in Nazideutschland eine jüdische Schule zu gründen. In den nationalsozialistischen Schulgesetzen findet sie ein Schlupfloch und widersteht allen Repressalien durch die SA. Für viele jüdische Kinder Berlins wird die Goldschmidt-Schule zum letzten Zufluchtsort vor dem wachsenden Rassismus. Auf dem Lehrplan steht vor allem Englisch, als Voraussetzung für ein Leben im Exil. Nach der Pogromnacht 1938 eskaliert die Lage der Juden in Deutschland: Viele Goldschmidt-Schüler fliehen mit ihren Familien. Im September 1939 muss Leonore Goldschmidt die Schule schließen. Sie geht ins Exil nach England. Der Film erzählt die bislang weitgehend unbekannte Geschichte einer mutigen und listigen Frau, die für viele jüdische Kinder Berlins zum Schutzengel wurde. Vor allem aber lässt die Dokumentation nacherleben, wie Rassismus und Antisemitismus in die Gesellschaft einsickerten und die Seelen der jüdischen Kinder peinigten. Schüler, die überlebt haben, heute alle weit über 80 Jahre alt, berichten in berührenden Statements, wie sehr sie unter Ausgrenzung und Drangsalierungen litten. Aus allen Aussagen aber spricht tiefe Dankbarkeit für eine Frau, die eine „Oase inmitten der Hölle“ schuf und „ihre“ Kinder vorbereitete auf ein neues Leben im Exil. Für die Dokumentation hat die Familie Goldschmidt ihr Archiv mit zahlreichen Fotos, Briefen, Tagebüchern und anderen Dokumenten geöffnet. Leonore Goldschmidts Enkel David erzählt von seiner Großmutter, die 1983 verstorben ist. Außerdem können die Autoren auf einen Dokumentarfilm zurückgreifen, den der amerikanische Journalist Julien Bryan 1937 in der Goldschmidt-Schule gedreht und aus Deutschland herausgeschmuggelt hat. Er zeigt unter anderem die Zeitzeugen, die in der Dokumentation zu Wort kommen. So entsteht ein dichtes und emotionales Bild vom Leben in der Goldschmidt-Schule, einer einzigartigen Institution im Schatten des Naziterrors.

So, 4. Nov · 19:30-20:15 · ZDF
Terra X: Exodus? – Eine Geschichte der Juden in Europa

Der Historiker Christopher Clark begibt sich auf der Suche nach den Spuren jüdischer Geschichte auf eine Reise von Jerusalem zu den Zentren jüdischen Lebens in Europa. Nach der Zerstörung des jüdischen Tempels durch die Römer und dem Verlust der Heimat wird die Tora, die Heilige Schrift, zum Zentrum jüdischer Identität auf der Wanderschaft. Sie wird „zum portativen Vaterland“, wie Heinrich Heine sagte, eine Heimat zum Mitnehmen. Mit Christopher Clark unternimmt der Film eine Reise zu den Zentren jüdischen Lebens in Europa. Als das Römische Reich im 4. Jahrhundert christlich wird, siedeln Juden schon überall auf dem Kontinent. Vor allem in Sepharad, der Iberischen Halbinsel, und in Aschkenas – hebräisch für die deutschsprachigen Länder. Viele Herrscher, auch Karl der Große, stellen jüdische Bewohner als gleichwertige Bürger unter ihren Schutz. Zwei Dinge tragen dazu bei, dass diese Haltung im Verlauf des Mittelalters in offene Feindseligkeit umschlägt. Zum einen das Entstehen von christlichen Handwerkszünften, zu denen Juden nicht zugelassen sind. Zum anderen das Zinsverbot für Christen, das es untersagt, anderen Christen gegen Zinsen Geld zu verleihen. Aus den meisten Berufen per Gesetz verdrängt, nutzen Juden häufig diese Nische und werden Geldverleiher. So kommt das Feindbild vom „geldgierigen Juden“ in die Welt. Zur großen Zäsur für die Juden Europas werden die Kreuzzüge. Beim Durchzug der Kreuzfahrerheere kommt es zu schweren Judenverfolgungen in Frankreich und Deutschland. Es sind die ersten organisierten Pogrome des Abendlandes. Trotz aller Schutzbemühungen der Kaiser verschlimmert sich die Lage der Juden in Zentraleuropa. Gründe, die Juden zu verfolgen, gibt es aus christlicher Perspektive genug: Die Juden gelten als Christus-Mörder. Sie assimilieren sich nicht und halten stattdessen an ihrer Religion fest. Immer häufiger müssen sie als Blitzableiter für Krisensituationen herhalten. Vor allem, als 1347 die Pest ausbricht, die innerhalb von knapp zehn Jahren ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahinrafft. Angeblich haben Juden die Brunnen vergiftet. Ein tödliches Gerücht. Es hat die größte Verfolgungs- und Vernichtungsaktion in der Geschichte der Juden vor der Schoah zur Folge. 1492 werden die sephardischen Juden aus Spanien vertrieben. Sie ziehen unter anderem in den Maghreb und das Osmanische Reich. Die meisten Aschkenasim suchen in Polen Schutz, wo bald mehr als zwei Drittel aller europäischen Juden leben. In Krakau, Lublin, Lemberg, Vilnius gründen sie ihre Schtetl, in denen sich die typisch osteuropäisch-jüdische Kultur herausbildet. Aber die Mehrheit der Juden ist im 18. Jahrhundert arm. Die Ghettos sind überfüllt. Hoffnung auf Besserung für die Lage der jüdischen Mehrheit bringt die Französische Revolution mit ihren Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die alte Feudalgesellschaft und ihre Zunftzwänge lösen sich auf. Der große Dichter der Aufklärung, Gotthold Ephraim Lessing, wagt es 1783 zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Theaters, die Figur eines „edlen Juden“ auf die Bühne zu stellen: Nathan der Weise. Auch das Judentum selbst wird von den Idealen der Aufklärung erfasst, wie das Beispiel des Philosophen Moses Mendelssohn zeigt. Den einen gilt er als Vorreiter einer jüdischen Emanzipation, den anderen als Verräter an der Religion und traditionellen Lebensweise. Damals kommt es zu einer Aufspaltung des Judentums. In Abgrenzung zu den „Reformjuden“ leben Orthodoxe weiter ein Leben, in dessen Zentrum die Tora steht. Bis heute leben in der ganzen Welt Nachkommen dieser auf Tradition und die Ursprünge hin orientierten orthodoxen Juden. Die Emanzipation der Juden, das heißt, die Abschaffung antijüdischer Gesetze, die sich nach den Napoleonischen Kriegen auch in Deutschland langsam durchsetzt, erzeugt neue Konflikte. Viele Bürger fürchten die Konkurrenz durch die Juden, die jetzt erstmals Zugang zu allen Berufen und Ämtern haben. Zudem fördert der aufkeimende Nationalismus antisemitische Tendenzen. Die Zugehörigkeit zur Nation wird weniger kulturell als völkisch interpretiert, als eine Sache des „Blutes“. Dadurch werden Juden aufs Neue ausgegrenzt. Das muss auch der junge Theodor Herzl, Sohn einer säkularisierten jüdischen Familie aus Ungarn, erfahren. Von 1894 bis 1895 berichtet er als Korrespondent einer Wiener Zeitung über den Prozess gegen den jüdischen Hauptmann Dreyfus, der unschuldig wegen Landesverrats zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Die antisemitische Hetze und Ausschreitungen gegen Juden, die den Prozess begleiten, lassen Herzl zu dem Schluss kommen, dass Vernunft und Assimilation gegen Judenhass wirkungslos sind. Nur in einer jüdischen Nation können sie unbehelligt leben. Der Zionismus ist geboren. Die Mehrzahl der deutschen Juden steht dem Zionismus skeptisch gegenüber. Sie wollen lieber in ihrem Deutschland bleiben. Sie sind der festen Überzeugung, dass es möglich ist, einfach Deutscher zu sein – und Jude. Ein Traum, der für sie im deutschen Kaiserreich nahezu in Erfüllung gehen wird. Teil zwei, „Exodus? – Antisemitismus in Europa“, wird am Dienstag, 6. November 2018, um 20:15 Uhr ausgestrahlt.

So, 4. Nov · 22:00-22:30 · RBB
Die rbb Reporter – Feindbild Jude

Gefühlt passiert es gerade fast jeden Tag: Ein Kind wird in der Schule von Mitschülern verprügelt, weil es jüdisch ist. Ein Mann wird auf offener Straße attackiert, weil er eine Kippa trägt. Die rbb Reporter gehen der Frage nach dem Lebens- und Sicherheitsgefühl von Juden und Israelis nach, die in Berlin ihr Zuhause gefunden haben oder schon immer hier leben. Eine Frau wird in der S-Bahn angegriffen und beschimpft, weil ein Davidstern an ihrer Halskette hängt. Als Reaktion auf solche Übergriffe rät der Zentralrat der Juden inzwischen davon ab, sich öffentlich als Jude zu erkennen zu geben. Es sei zu gefährlich geworden. Allein für das erste Halbjahr 2018 geht die Polizei von rund 80 antisemitischen Straftaten in Berlin aus. Yorai Feinberg lebt schon seit sechs Jahren in Berlin. Der israelische Restaurantbesitzer erhält bis heute Morddrohungen, weil seine Freunde ein Video eines antisemitischen Übergriffs auf ihn in den sozialen Netzwerken veröffentlichten. Der 37-Jährige lebt damit, dass die Polizei alle zwei Stunden vor seinem Restaurant parkt, um Präsenz zu zeigen. Rebecca de Vries lebt nicht offen jüdisch. Doch auch sie hat bereits Judenfeindlichkeit zu spüren bekommen. Die rbb Reporter begleiten die junge Frau zu ihrer Großmutter, einer Holocaust-Überlebenden. Beide Generationen erzählen von ihren Antisemitismus-Erfahrungen in den frühen 30er Jahren und heute, die sich zum Teil nur wenig voneinander unterscheiden.

So, 4. Nov · 22:50-00:20 · RBB
Rabbi Wolff

Willy Wolff ist der Publikumsliebling aus „Im Himmel, unter der Erde“, dem Dokumentarfilm über den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee. Dort war der kleine Mann mit Hut eine Nebenfigur, aber er schaffte, was unmöglich schien: Er sprach witzig, klug und charmant über Tod, Trauer und die Vorstellungen vom Jenseits. Seinetwegen verließen die Zuschauer den Film in heiterer Stimmung. 1927 in einer jüdisch-orthodoxen Familie in Berlin geboren, lebt Willy Wolff seit seinem zwölften Lebensjahr in England. Bevor er mit über 50 Jahren Rabbiner wurde, war Willy Wolff Journalist. Als politischer Korrespondent verschiedener englischer Tageszeitungen begleitete er drei Jahrzehnte Weltpolitik aus nächster Nähe. So reiste er mit dem britischen Außenminister nach China, in die Sowjetunion oder traf sich mit den Regierungschefs aus ganz Europa. Dieses Leben gab er auf für seinen Traum: Rabbiner zu werden. Als Landesrabbiner von Mecklenburg-Vorpommern betreut Willy Wolff die jüdischen Gemeinden in Schwerin und Rostock, aber er wohnt in einem kleinen Haus bei London. Mitte der Woche fliegt er meist nach Hamburg, steigt dort in den Zug und pendelt zu seinen Einsatzorten im Nordosten Deutschlands. In der Regel tritt er samstags die Rückreise nach England an. Oder er ist unterwegs zu einer Hochzeit in Mailand, zu einem Ausflug nach Wien oder zu den regelmäßig tagenden Rabbinerkonferenzen irgendwo in Deutschland. Höhepunkte im Jahr sind für ihn das königliche Pferderennen von Ascot, das Weihnachtssingen in der Schlosskirche von Windsor und das Neujahrsfasten in Bad Pyrmont. Willy Wolff führt ein Jetset-Leben, das er sich eigentlich nicht leisten kann. Der Umgang mit Geld zählt nicht zu seinen Stärken, das führt gelegentlich zu ziemlich weltlichen Konflikten. Rabbi Wolff ist nicht nur unterhaltsam, er öffnet Türen. Mit Witz und Charme gibt er Einblick in die Welt des Judentums. Der Dokumentarfilm über Willy Wolff ist nicht nur das Porträt einer bezaubernden Persönlichkeit, es ist auch eine Reise zu uns selbst, inspirierend und sehr unterhaltsam.

So, 4. Nov · 23:45-00:30 · ZDF
ZDF-History: Verwüstet, zerstört, entrechtet: Das Novemberpogrom 1938

Die Pogrome gegen deutsche Juden vor 80 Jahren waren geprägt von Hass und Gewalt. Wie war ein solcher Zivilisationsbruch möglich? Was trieb die Täter – aus der Mitte der Gesellschaft – an? Tausende verwüsteter Geschäfte und niedergebrannter Synagogen, Hunderte Tote, Auftakt für die Zerstörung des jüdischen Lebens in Deutschland: „ZDF-History“ erzählt den Exzess der Gewalt im November 1938 aus der unmittelbaren Sicht von Betroffenen und Augenzeugen. Der Schauspieler Günter Lamprecht, legendär als Hauptdarsteller in „Berlin Alexanderplatz“ und „Tatort“-Kommissar, geriet als achtjähriger Schüler in Berlin selbst in den Strudel der Ereignisse. Er war Sohn eines überzeugten SA-Mannes. Ein Schulfreund stiftete ihn an, mit ihm das Geschäft eines Tabakhändlers in der Nachbarschaft zu plündern. Erst nach dem Krieg realisierte Lamprecht, in welch verkehrter Welt er aufwuchs, und scheut sich heute nicht, dazu auch öffentlich Stellung zu beziehen. Der bekannte Filmemacher Georg Stefan Troller erzählt, wie seine behütete Welt als 17-jähriger jüdischer Schüler in Wien völlig aus den Fugen geriet. Sein Vater wurde verschleppt, die Wohnung von Nachbarn ausgeräumt. Kurz darauf war Troller zur Flucht gezwungen. „Alles war auf einmal infrage gestellt“, erinnert er sich heute, „was man lebenslang für selbstverständlich gehalten hatte.“ Mit den Novemberpogromen vor 80 Jahren, später zynisch zur „Reichskristallnacht“ verharmlost, eröffneten die nationalsozialistischen Machthaber nach einem tödlichen Attentat auf einen deutschen Gesandten in Paris die Menschenjagd auf die zuvor schon entrechtete jüdische Minderheit. Eine bis dahin unvorstellbare Woge der Zerstörung, Brandstiftung, Plünderung bis hin zum Totschlag offenbarte den menschenverachtenden Charakter des Unrechtsregimes. Die Internierung von 30 000 jüdischen Männern in Konzentrationslagern zielte auf die systematische Vertreibung der deutschen Juden aus dem Land ab. Offene Zustimmung erntete das Regime nur gelegentlich, manche Nachbarn beteiligten sich allerdings an Plünderungen und Beutezügen. Die meisten Mitläufer reagierten teilnahmslos und untätig. Offener Widerspruch blieb die bemerkenswerte Ausnahme. Teils noch unveröffentlichte Filmfunde, etwa aus Speyer oder Esslingen, belegen, wie die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger damals im ganzen Land, am helllichten Tag, vor aller Augen geschah.

Mo, 5. Nov · 00:20-01:05 · RBB
Bubis – Das letzte Gespräch

Deutschland 1992. In Rostock-Lichtenhagen brennt das Sonnenblumenhaus, in dem vor allem Vietnamesen leben. Anwohner applaudieren und befeuern die rechtsradikalen Brandstifter. Als der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland den Tatort besucht, kann er seine innere Bewegung kaum verbergen. Ignatz Bubis ist schockiert und erschüttert angesichts der schieren Gewalt. Ein lokaler CDU-Politiker findet, dass Bubis hier nichts zu suchen habe, seine Heimat sei doch Israel. Wenige Monate vor seinem Tod gibt Ignatz Bubis im Jahre 1999 sein letztes Interview. Seine Lebensbilanz ist unüberhörbar: „Ich habe nichts oder fast nichts erreicht.“ Das Gespräch mit den beiden Journalisten Michael Stoessinger und Rafael Seligmann erscheint im Stern und entfacht eine heftige Debatte. Es wird ein Gespräch über Angst, Schuld, Deutschland und sein Leben als Jude in Deutschland. Bubis sinnt nach über die Macht des Zufalls und spricht über die Deutschen und ihren Umgang mit dem Holocaust. Bis heute gilt dieses Interview als Bubis‘ Vermächtnis. Die unmittelbare Erfahrung von Bubis‘ Desillusionierung und seine Einsamkeit, sie werden zum Ausgangspunkt der Erzählung. Für die Dokumentation, eine Zusammenarbeit von hr, rbb, NDR und AVE, wurde das letzte Interview mit dem Schauspieler Udo Samel als Ignatz Bubis so einfach wie eindrucksvoll in Szene gesetzt. Es bildet den Rahmen für die Dokumentation. Interviews mit Bubis‘ Tochter Naomi in Tel Aviv, den Journalisten Michael Stoessinger und Rafael Seligmann, mit Weggefährten – wie Salomon Korn, Michel Friedman und Daniel Cohn-Bendit – entwerfen ein intimes und umfassendes Porträt. Ihre Erinnerungen und sorgfältig ausgewählte Archiv-Sequenzen führen zurück in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich Ignatz Bubis als Immobilieninvestor in Frankfurt am Main etablierte und recht bald als „jüdischer Spekulant“ angegriffen wurde, zurück in die Jahre seines politischen Engagements als „deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“, als Brückenbauer, als Mahner und „moralische Autorität“ im Kampf gegen Fremdenhass und Antisemitismus. Entstanden ist dabei eine intensive bild- und wortgewaltige Annäherung an einen streitbaren, engagierten Deutschen – der die deutsche Gesellschaft, in der er lebte, zu Lebzeiten nicht in Ruhe ließ. Der unbequem war, der sich angesichts von ausländerfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Äußerungen, Ausschreitungen und rechtsradikalen Wahlerfolgen einmischte und seine Stimme erhob. Die Autorin Johanna Behre und der Regisseur Andreas Morell dokumentieren das Leben und Wirken von Ignatz Bubis in angespannten Zeiten. „Bubis – Das letzte Gespräch“ ist eine Annäherung an Ignatz Bubis und eine Auseinandersetzung mit diesem Land. Ein Nachdenken über das Ankommen und Weggehen, über Zugehörigkeit und Fremdsein. Bubis‘ damalige Bilanzen und Prognosen – der Hass und die Gewalt – das ist auch die Gegenwart: Deutschland im Jahr 2017.

Mo, 5. Nov · 03:15-04:00 · PHOENIX
Tomys letzte Reise

Mit Kindertransporten versuchten Helfer 1938, jüdische Kinder aus Deutschland und aus den von den Nazis besetzten Ländern nach England zu holen. Nach Hitlers Überfall auf Polen aber stoppten die Transporte, weil die Grenzen geschlossen worden waren. Im letzten Zug aus Prag hätte der elfjährige Tomy Prager reisen sollen, seine Schwester war schon in England. Einer der Initiatoren war der heute 105 Jahre alte Sir Nicholas Winton. Der Film erzählt die Geschichte des letzten verlorenen Zuges, aber auch der geglückten Transporte.

Mo, 5. Nov · 05:50-06:20 · RBB
Mein Himmel ist voller Musik – Die israelische Komponistin Ella Milch-Sheriff

Ella Milch-Sheriff wuchs in Israel mit dem Schweigen ihres Vaters auf. Erst als sie sein Tagebuch liest, erfährt sie von seinem grausamen Geheimnis. „Der Himmel ist leer“ hatte Baruch Milch 1942 in Polen in sein Tagebuch gekritzelt, nachdem die Deutschen seine junge Frau und seinen kleinen Sohn ermordet hatten. Das Leben des erfolgreichen jungen Arztes in Ostpolen war zu Ende – er hat überlebt, nicht gelebt. Er wurde ein Anderer. Seine Tochter Ella übersetzt seine Geschichte in ihre Sprache: die Musik. „Mein Himmel ist nicht leer – er ist voller Musik“ erzählt sie der Filmemacherin Aneta Panek. Ein Porträt. Ein Schlager plätschert aus den Lautsprechern am Strand von Tel Aviv. Lachende, Ballspielende, flirtende junge Menschen. Eine mädchenhafte blonde Frau spaziert am Meer. Eine harsche Melodie verdrängt den Schlager. Es ist die Musik, die sie in ihrem Kopf hört. Es ist das Lied, das sie für ihren Vater geschrieben hat. „Der Himmel ist leer“ hatte der verzweifelte Baruch Milch in sein Tagebuch gekritzelt, 1942, nachdem die Deutschen seine junge Frau und seinen kleinen Sohn ermordet hatten. Das Leben des erfolgreichen jungen Arztes in Ostpolen war zu Ende – er hat überlebt, nicht gelebt. Er wurde ein Anderer. Dieser Überlebende gründete in Israel eine neue Familie. Aber er sprach nicht über das was geschehen war. Seine Tochter Ella wuchs mit seinem Schweigen und der vermeintlichen Kälte der Eltern auf, die sie nicht verstand, bis Dr. Milch seiner 13-jährigen Tochter sein Tagebuch in die Hand drückte. Ella erfährt von seiner ersten Familie und von dem unvorstellbaren Grauen, das er durchlebte. Sie erfährt von seinem Geheimnis und sie gibt schließlich diesem schwierigen, schweigenden Vater eine Stimme: in der Sprache, die die heute 56-Jährige am besten beherrscht: der Musik! Mit der Oper „Baruchs Schweigen“ hat sie seine Geschichte und ihre Kindheit verwoben und in Musik übersetzt. Die Filmemacherin Aneta Panek hat die Künstlerin begleitet: in Tel Aviv, nach Braunschweig zur Uraufführung von „Baruchs Schweigen“, nach Ostpolen, auf den Spuren ihres Vaters. Für die Geschichte der Musikerin hat sie assoziative und poetische Bilder gefunden, Film und Musik entfalten eine Sogwirkung. Ella Milch-Sheriff ist eine „Sabra“: Die in Israel Geborenen nennen sich nach der Kakteen-Frucht – außen stachelig und innen süß. In Israel ist die Musikerin und Komponistin von Konzerten, Kantaten, Opern, sehr bekannt. Sie hat u.a. in Berlin studiert, und Deutsch ist eine der vielen Sprachen, die sie spricht. Mit den jungen Sängerinnen und Sängern in Braunschweig probt sie die Szene, in der ihr Vater die „10 Gebote“ formuliert: So hat er sie in sein Tagebuch notiert, als er vom Massaker an seiner Familie erfuhr. Sie singen mit Geisterstimmen: „Du sollst keinen anderen Gott haben als dich selbst“, „Tu nur, was dir selbst nutzt“, „Vertraue keinem“ und: „Glaube nicht – der Himmel ist leer!“. Bei der Premiere verwandelt sich die Braunschweiger Bühne in das polnische Totenhaus von 1942. Was Historiker oder Publizisten häufig als „unfassbar“ beschreiben, hat an diesem Abend die Köpfe und Herzen der Zuschauer erreicht. „Mein Himmel ist nicht leer, mein Himmel ist voller Musik“, sagt Ella Milch-Sheriff in Tel Aviv, am Grab ihrer Eltern. Und lächelt. Versöhnt.

Mo, 5. Nov · 07:00-07:30 · PHOENIX
Jüdisches Leben – zwischen Alltag und Angst

„Heute werden wir mit Klarnamen im Internet beschimpft. Und aus Schulen hören wir, dass Jude wieder ein Schimpfwort auf den Schulhöfen ist“, erzählt Michael Rubinstein. Er ist Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden Nordrhein und erlebt, wie sich jüdisches Leben in Deutschland verändert. Autorin Lena Rumler hat Michael Rubinstein und andere Menschen für die WDR-Reportage „Unterwegs im Westen“ begleitet. Darunter: jüdische Kinder und Jugendliche, denen ihre Identität und der Zusammenhalt untereinander wichtig sind. Wie die zwölfjährige Yael, die auf das jüdische Gymnasium in Düsseldorf geht. Ihre Familie lebt den jüdischen Glauben, wenn auch nicht immer sehr streng. Auch am Shabbat dürfen Yael und ihre Geschwister zu Kindergeburtstagen gehen, obwohl das nicht den religiösen Vorschriften entspricht. Doch Yaels Eltern ist es wichtig, dass ihre Kinder auch nichtjüdische Freunde haben. Ein ganz normales Leben also? Einerseits ja, andererseits aber auch nicht. „Meine Mama sagt mir immer, sobald wir Angst haben, gehen wir“, meint Yael dazu. Weg aus Deutschland. Bislang fühlen sie und ihre Familie sich hier sicher und zuhause. Bedrohung vor allem vom rechten Rand der Gesellschaft Im Alltag verschweigen viele Juden in NRW ihre Religionszugehörigkeit aus Angst vor Anfeindungen. Die Bedrohung kommt vor allem vom rechten Rand der Gesellschaft. Seit einiger Zeit ist aber auch der Antisemitismus unter Muslimen ein öffentlich diskutiertes Thema. Michael Rubinstein will dem nachgehen und den Dialog zwischen Muslimen und Juden verstärken. Dafür fährt er nach Duisburg-Marxloh. Mit Mehmet Ösay, einem ehemaligen Vorsitzenden der örtlichen DITIB-Moschee, macht er ein Experiment. Sie wollen herausfinden, wie die Muslime in Marxloh reagieren, wenn Michael Rubinstein mit Kipa, der Kopfbedeckung männlicher Juden, durch das Viertel läuft. Die Reportage von Lena Rumler bietet einen seltenen Einblick in jüdisches Leben in NRW. Ein Leben mit vielen Sorgen und Ängsten, aber auch einem jüdischen Alltag frei und fernab von antisemitischer Bedrohung.

Mo, 5. Nov · 22:45-00:25 · BR
Lauf Junge lauf

Der neunjährige Srulik entflieht aus dem Warschauer Ghetto. In seinem täglichen Überlebenskampf begegnen ihm wohlgesinnte Helfer, aber auch solche, die sich als Verräter entpuppen. Um zu überleben, muss der Junge seine jüdische Identität geheim halten und sich als polnisch-katholisches Waisenkind ausgeben. Als er nach Kriegsende, mittlerweile mit seiner neuen Identität verschmolzen, ein neues Zuhause bei einer katholischen Familie findet, glaubt er sich am Ziel seiner Wünsche. Doch seine verdrängten Erinnerungen, Gefühle sowie seine wahre Identität holen ihn wieder ein.

Mo, 5. Nov · 23:20-00:05 · WDR
November ’38 – Als (auch) im Westen die Synagogen brannten

Am 9. November 2018 jährt sich zum achtzigsten Mal die Reichspogromnacht – die Nacht, in der im gesamten Deutschen Reich Synagogen brannten, in der Juden bedroht, misshandelt und getötet, ihre Wohnungen verwüstet und ihre Besitztümer zerstört wurden. In fast allen Städten und Dörfern zog ein Mob von SA-Trupps und willigen Mitläufern durch die Straßen, verwüstete Häuser, zerhackte Klaviere und warf Schränke und Sofas auf die Straße. Auch im Westen Deutschlands, von Köln mit der damals zweitgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands bis zum kleinsten Dorf in der Eifel oder im Münsterland. Was in der gleichgeschalteten Presse der Zeit als „spontane Entladung des Volkszornes“ dargestellt wurde, war in Wahrheit eine seit langem geplante und genau gesteuerte Aktion der Führung der NSDAP. Der Filmautor Carsten Günther erzählt diese Geschichte konsequent in regionaler Perspektive. Mit Erinnerungen von überlebenden Jüdinnen und Juden, die die Novemberpogrome als Kinder und Jugendliche erlebt haben, mit Erinnerungen von nicht-jüdischen Nachbarn, mit zeitgenössischen Augenzeugenberichten und Dokumenten rekonstruiert er die Ereignisse der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, aber auch ihre Vorgeschichte und die unmittelbaren Folgen. Wie war die Atmosphäre im Westen? Wie bedroht fühlten sich die hier lebenden Juden? Wie wurden die zeitgleichen Übergriffe organisiert? Wie verhielten sich Nachbarn und Zuschauer der Ereignisse? Gab es Protest gegen die gewalttätigen Ausschreitungen? Der Blick des Films richtet sich ebenso auf Köln und Essen, auf Bielefeld und Dortmund, wie auf Dörfer und kleinere Städte in der Eifel. So erinnert die Dokumentation daran, dass überall im Land in größeren und kleineren Gemeinden Juden lebten, und daran, was ihnen im November 38 hier widerfahren ist – wie aus Hetze und Verleumdung, Ausgrenzung und Verfolgung tödliche Gewalt wurde.

Mo, 5. Nov · 23:30-00:15 · Das Erste (ARD)
Geheimnisvolle Orte: Die Synagoge mit der goldenen Kuppel

Die „Neue Synagoge“ in Berlin ist immer mehr gewesen als ein Prachtbau mit goldener Kuppel – sie ist ein Symbol für die Hoffnung der jüdischen Gemeinschaft, in der deutschen Gesellschaft angekommen zu sein. Diese Hoffnung zerbricht vor 80 Jahren – in der Pogromnacht am 9. November 1938. Die Doku erzählt über die wechselvolle Geschichte und erweckt das Gebäude in all seiner Pracht zu neuem Leben. Als die „Neue Synagoge“ 1866 eingeweiht wurde, kam selbst der preußische Ministerpräsident und spätere Reichskanzler Bismarck und war beeindruckt vom Bau mit der goldenen Kuppel. Diese Synagoge erinnerte – ganz bewusst – an die spanische Alhambra. Ein Wunder der Baukunst und – der Politik. Die „Neue Synagoge“ war ein sichtbares Zeichen der Toleranz und Akzeptanz gegenüber Juden und gleichzeitig eine Provokation für Antisemiten: Sie war ein Symbol für das Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinschaft. Die Hoffnung, in der deutschen Gesellschaft angekommen zu sein, trug über sechs Jahrzehnte und zerbrach endgültig in der Pogromnacht vor 80 Jahren – am 9. November 1938. Ein preußischer Polizeibeamter rettete die „Neue Synagoge“ damals vor dem Feuer. Doch 1943 wurden große Teile des Gebäudes in einer Bombennacht zerstört. Erst in den 1990er Jahren wurde die Synagoge als „Centrum Judaicum“ mit restaurierter Fassade und neugebauter Kuppel wieder aufgebaut, doch ohne ihr Herzstück – die große Hauptsynagoge. Hinter den verglasten, konservierten Ruinenteilen verbergen sich noch immer rätselhafte, geheimnisvolle, auch unbekannte Geschichten, über die unter anderem der langjährige Direktor des Centrum Judaicum, Hermann Simon, und Ruth Winkelmann, ehemalige Schülerin der nahegelegenen Mädchenschule, berichten. Der Film erzählt von einer bis heute in vielen Teilen verschwundenen Kunstsammlung, von entdeckten Inschriften von NS-Gefangenen, von einer heimlichen Bar Mizwa unter den Augen der Nazis und von der Chuzpe ostdeutscher Juden und weitsichtiger SED-Genossen, die den vollständigen Abriss der Synagoge verhinderten. Die Schönheit dieses faszinierenden Baus ist heute nur noch zu erahnen und wird – exklusiv für diesen Film – durch einzigartige Animationen und Fotos wieder erlebbar.

Di, 6. Nov · 00:05-01:35 · WDR
Wiedersehen mit „Brundibar“

Mit den Novemberpogromen vor achtzig Jahren begann der Holocaust. Ein schwieriges, düsteres Kapitel der deutschen Geschichte. Doch die Annäherung daran kann absolut lebendig aussehen, persönlich, kreativ, berührend und sehr aktuell… Mit den Novemberpogromen vor achtzig Jahren begann der Holocaust. Ein schwieriges, düsteres Kapitel der deutschen Geschichte. Doch die Annäherung daran kann absolut lebendig aussehen, persönlich, kreativ, berührend und sehr aktuell… Sie heißen Annika, Ikra und David, und sie sind Mitglieder der Theatergruppe „Die Zwiefachen“ an der Berliner Schaubühne. Die 15-20jährigen, die zu dieser Gruppe gehören, kommen allesamt aus schwierigen Verhältnissen. Mit der Theaterpädagogin Uta Plate studieren sie die Kinderoper „Brundibár“ ein, die eine besondere Geschichte hat: „Brundibár“ wurde über fünfzig Mal im Ghetto Theresienstadt von deportierten jüdischen Kindern aufgeführt. Nur wenige der Kinder-Darsteller überlebten die Zeit im Ghetto, unter ihnen Greta Klingsberg. Sie spielte ab 1943 die Hauptrolle der Annika in „Brundibár“ und lebt heute in Israel. Sie erklärt sich bereit, die jungen Schauspieler der „Zwiefachen“ bei der Vorbereitung ihrer Aufführung zu unterstützen, mit ihnen gemeinsam nach Theresienstadt zu reisen und dort das ehemalige KZ zu besuchen. Der Filmemacher Douglas Wolfsperger hat das Projekt der „Zwiefachen“ begleitet und beobachtet. Er zeigt die jungen Darsteller bei den Proben in der Schaubühne, in ihrem Berliner Alltag und beim Erforschen des Familiengedächtnisses. Über das Erarbeiten von „Brundibár“ ändert sich ihr Blick auf die deutsche Geschichte, sie bilden sich eine eigene Meinung, persönlich und emotional. Ganz wesentlich dafür: die intensive Begegnung mit Greta Klingsberg, die den Jugendlichen ihre Erinnerungen ohne alle Bitterkeit erzählt und ihnen so die Scheu gegenüber ihrer Geschichte nimmt. Die Arbeit an der Kinderoper eröffnet für die Jugendlichen einen ganz neuen Zugang zur deutschen Vergangenheit. Engagierter als dies im Schulunterricht möglich wäre, setzen sie sich kreativ und persönlich mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust auseinander. Und spätestens als zur ausverkauften Premiere von „Brundibár“ auch Greta Klingsberg an die Berliner Schaubühne kommt, ist diese Kinderoper für die Jugendlichen auf der Bühne auch ein Stück ihres eigenen Lebens geworden.

Di, 6. Nov · 22:05-22:48 · MDR
Wir waren doch Nachbarn

„Ich denke, das war die Zäsur in der Behandlung der Juden in Deutschland und das war letzten Endes eine Zäsur die auch den Weg geebnet hat, die Juden Europas zu vernichten“, sagt Reinhard Schramm, Vorsitzender der jüdischen Landesgemeinde in Thüringen. Er meint die Reichspogromnacht am 9. November 1938, die sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt.   Die letzten noch lebenden jüdischen Augenzeugen, ihre Kinder und Enkel berichten, welche Bedeutung der 9. November 1938 für ihre Familien hatte. „Ich denke, das war die Zäsur in der Behandlung der Juden in Deutschland und das war letzten Endes eine Zäsur die auch den Weg geebnet hat, die Juden Europas zu vernichten“, sagt Reinhard Schramm, Vorsitzender der jüdischen Landesgemeinde in Thüringen. Er meint die Reichspogromnacht am 9. November 1938, die sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt. Jahrzehnte und Jahrhundertelang war das Zusammenleben von Juden und Nichtjuden in Dörfern und Städten Mitteldeutschlands äußerst wechselhaft. Die Nachbarschaft kennzeichneten mittelalterliche Pogrome, Ausgrenzungen, aber auch lange Phasen friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens. Die eindrückliche Dokumentation von Uli Wendelmann und Denis Kliewer beleuchtet auf exemplarische Weise den Ablauf und die Auswirkungen der Reichspogromnacht in Deutschland. Denn es war nicht nur eine Nacht, vielerorts dauerten das Wüten, der Mob, der Terror über eine Woche. Wer waren Täter und Opfer vor Ort, wer Helfer und Zuschauer? Wie lief die Reichspogromnacht auf dem Dorf, in Kleinstädten wie Themar ab? Selbst dort, wo es manchmal nur einen jüdischen Kaufladen oder ein kleines Textil- oder Schuhgeschäft gab, wurden Menschen, die bis dato die Nachbarn waren gejagt, wurden Haus und Wohnung geplündert. Nicht nur in Leipzig, Dresden, Erfurt brannten die Synagogen. Die letzten noch lebenden jüdischen Augenzeugen, ihre Kinder und Enkel berichten, welche Bedeutung der 9. November 1938 für ihre Familien hatte. Zeitgenossen, wie der Kabarettist Bernd-Lutz Lange, erzählen von ihrem Interesse an diesem Teil deutscher Geschichte zu DDR-Zeiten, und wie sie auf Unverständnis oder Schweigen stießen. Bislang völlig unbekannte Fotos, Dokumente und bewegende Filmstreifen veranschaulichen, was geschah.

Di, 6. Nov · 23:15-23:45 · BR
nacht:sicht: Der Rabbiner Dr. Henry G. Brandt

In der nacht:sicht spricht Andreas Bönte mit dem Rabbiner Dr. Henry G. Brandt über die Flucht nach Palästina, die Aufbruchsstimmung bei der Staatsgründung Israels und was ihn motivierte, 1983 nach Deutschland zurückzukehren. Er ist ein Zeuge der Geschichte: Henry G. Brandt war hautnah und im Einsatz als Hagana-Kämpfer dabei, als der Staat Israel vor 70 Jahren gegründet wurde. Der heute 90jährige Gemeinderabbiner der IKG Augsburg-Schwaben wurde 1929 in München geboren und musste mit seinen Eltern kurz vor Kriegsausbruch über England nach Tel Aviv emigrieren. Rabbiner Dr. Henry G. Brandt prägte wie kaum ein anderer die Wiederbelebung des liberalen Judentums im Nachkriegseuropa und wurde für seine Leistungen im interreligiösen Dialog vielfach ausgezeichnet. Heinz Georg Brandt wuchs in Schwabing auf – seine Eltern besaßen zwei Schuhgeschäfte und er besuchte gerne mit seinem Vater und Bruder die liberale Hauptsynagoge in München. 1938 wurde diese von Nationalsozialisten zerstört, es folgten immer repressiver werdende Auflagen und Angriffe von Nationalsozialisten, bis schließlich die Reichspogromnacht folgte, in der sein Vater nachts in das Konzentrationslager in Dachau gebracht wurde. Kurz vor Kriegsausbruch 1939 schaffte es die Familie nach Palästina auszureisen.

Mi, 7. Nov · 00:00-01:00 · NDR
Aus dem Hinterhalt – Die alltägliche Bedrohung gegen Politiker

Angst, Angriffe, Anschläge: Politiker sehen sich in Deutschland einer stetig wachsenden Bedrohung ausgesetzt, vor allem von rechtsextremer Seite, aber auch von linksextremer. Ein Jahr lang haben Michael Heuer und sein Filmteam Menschen begleitet, die fürchten müssen, dass ihnen das politische Engagement das Leben kosten kann. Wie gehen sie mit dieser Gefahr um? Wie reagieren die Familienangehörigen? Soll man Rückgrat zeigen oder alles hinschmeißen? Eine Reise durch die Republik, in der die Mahnung „Wehret den Anfängen!“ wohl zu spät kommt. Der Hass aus dem Hinterhalt hat die Demokratie längst untergraben. Aus Volksvertretern sind „Volksverräter“ geworden. Das spürt auch Mirjam Blumenthal. „Die Nachtruhe ist im Moment so: jede Stunde wach werden und gucken, ob alles noch steht.“, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bezirk Berlin-Neukölln. Das Auto der Familie wurde angezündet, direkt vor ihrer Wohnung, vor den Augen der Kinder. Innerhalb von zwei Jahren gab es in ihrer Gegend über 40 Anschläge. Ein Täter wurde nie gefasst. Mirjam Blumenthal ist mit dem Widerstand gegen Nazis aufgewachsen, und das ist für sie auch in Zukunft Orientierung. Ihre eigentliche Angst sei nicht die vor dem „Terror der Antidemokraten“, sagt sie, sondern vor dem Verhalten vieler Mitmenschen: „Die Zivilbevölkerung schweigt oder macht sogar mit.“. Auch das Auto von Michael Richter stand in Flammen. „Danke an die Täter… So kann Widerstand aussehen. Ihr seid Helden in unserer Stadt.“, musste der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Partei „Die Linke“ im Freitaler Stadtrat in den Hass-Mails lesen. Diese „Helden“ waren Mitglieder der rechtsterroristischen „Gruppe Freital“, die inzwischen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden und in Revision gingen. Als die Täter mit neuen Anschlägen drohten, trat Michael Richter, der sich für die Aufnahme von Flüchtlingen in Freital eingesetzt hatte, von seinen Ämtern zurück. Er zog von Sachsen nach Bayern. Doch die grölenden Gesichter der rechten Demonstranten kann er auch dort nicht vergessen: „Ausländer raus, Richter raus, alle, die Freital nicht lieben, raus! Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ Ein Ruf, der auch auf AfD-Versammlungen immer häufiger zu hören ist. Was bleibt? Die leise ausgesprochene Hoffnung von Bürgermeister Andreas Hollstein: „Man soll ja nicht aufhören, an die Vernunft von Menschen zu glauben.“

Do, 8. Nov · 03:45-04:30 · ZDF
Wie antisemitisch ist Deutschland?

Es brennen wieder israelische Flaggen, Gedenksteine an den Holocaust werden geschändet, auf vielen Schulhöfen ist „Du Jude!“ als Schimpfwort allgegenwärtig. Das Innenministerium verzeichnete für das Jahr 2017 1453 antisemitische Straftaten – Tendenz steigend. Wie antisemitisch ist Deutschland wirklich? Und wer sind die Täter? Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin, sucht nach Antworten. Kosky trifft dabei auf Menschen, die unter antisemitischen Anfeindungen leiden, auf Menschen, die Antisemitismus bekämpfen, und jene, die ihn im Internet schüren. Dabei schreckt er auch nicht vor Konfrontationen zurück. Barrie Kosky ist Jude, stammt aus Australien und hat vor rund einem Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Der gefeierte Opernregisseur betrachtet die aktuelle Situation deshalb mit den Augen eines Neubürgers. Wie drückt sich Antisemitismus im Alltag der jüdischen Bevölkerung in Deutschland aus? Sind radikale Muslime oder Rechtsextreme die größere Bedrohung? Wie tief ist Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt? Was kann man dagegen tun? Wie kann man sich dagegen wehren?

Do, 8. Nov · 21:00-21:45 · ARD-alpha
Schatten über München – Der Aufstieg Adolf Hitlers

Bereits in den 20er Jahren zeichnen sich in München jene Strömungen ab, die später zum Dritten Reich und in den Zweiten Weltkrieg führen. Lange bevor Hitler in Berlin die Macht „ergreift“, findet er an der Isar den perfekten Nährboden für seine persönliche Weiterentwicklung und auch für seine „Bewegung“. Vor allem in der Zeit nach der Räterepublik und während der Weimarer Republik verändert sich das Klima in München fundamental von einer weltoffenen, liberalen Grundhaltung zu einer immer reaktionärer werdenden, konservativen Gesellschaft, die mehr und mehr nach einer starken, führenden Kraft verlangt. Bereits in den 20er Jahren zeichnen sich in München jene Strömungen ab, die später zum Dritten Reich und in den Zweiten Weltkrieg führen. Lange bevor Hitler in Berlin die Macht ergreift, findet er an der Isar den perfekten Nährboden für seine persönliche Weiterentwicklung und auch für seine „Bewegung“. Vor allem in der Zeit nach der Räterepublik und während der Weimarer Republik verändert sich das Klima in München fundamental von einer weltoffenen, liberalen Grundhaltung zu einer immer reaktionärer werdenden, konservativen Gesellschaft, die mehr und mehr nach einer starken, führenden Kraft verlangt. Reaktionäre Kräfte gewinnen mehr und mehr an Einfluss und Macht, die rechten Schlägertrupps verbreiten Angst und Schrecken. Gleichzeitig werden Hitler und seine Ideen für eine breite Schicht salonfähig. Zunehmend werden auch jüdische Mitbürger zu Ausgegrenzten und Verfolgten, darunter auch der Nobelpreisträger Richard Willstätter, der Anwalt Max Hirschberg und der Schriftsteller Lion Feuchtwanger, der in seinem Roman „Erfolg“ sehr eindrucksvoll schildert, wie die Stimmung im München der 1920er Jahre kippt. Angelehnt an reale Personen und Ereignisse beschreibt Feuchtwanger die Veränderungen im jüdischen Leben in München in den Jahren vor der Machtergreifung Hitlers.

Do, 8. Nov · 21:45-22:15 · ARD-alpha
alpha-thema Gespräch: 8./9. November

Seit Juden mit den Römern nach Mitteleuropa kamen, wurden sie zumeist verleumdet, unterdrückt, verfolgt oder ermordet. Der NS-Terror bedeutete fast ihre Vernichtung. Nach dessen Ende schien es zunächst kaum mehr möglich, dass Juden Deutschland noch als Heimat betrachten können. Und doch entstanden nach dem Krieg wieder jüdische Gemeinden – in Bayern gibt es dreizehn. Wir stellen Geschichte und Gegenwart von Juden in Bayern vor.

Do, 8. Nov · 23:15-00:00 · HR
Der Antisemitismus-Report

Das jüdische Restaurant „Schalom“ in Chemnitz wird Ende August von einer Gruppe Neonazis überfallen, der Eigentümer leicht verletzt. Judenfeindliche Pöbeleien, Beleidigungen, Schmierereien – das kennt er seit vielen Jahren. Sie sind für ihn Alltag. Ein Angriff mit Steinen, Flaschen und einem Rohr aber ist eine neue Gefahr. Laut einer Umfrage halten die meisten Antisemitismus heute vor allem für ein Problem von Muslimen und Rechtsextremen. Stimmt das? Und wo schlägt politische Kritik am jüdischen Staat Israel um in Judenfeindschaft? Brisante Fragen, denen der Film mit Zahlen, Daten und Begegnungen mit Betroffenen nachgeht. Das jüdische Restaurant „Schalom“ in Chemnitz wird Ende August von einer Gruppe Neonazis überfallen, der Eigentümer leicht verletzt. Judenfeindliche Pöbeleien, Beleidigungen, Schmierereien – das kennt er seit vielen Jahren. Sie sind, so erzählt er, für ihn Alltag. Ein Angriff mit Steinen, Flaschen und einem Rohr aber ist eine neue Gefahr. Antisemitismus ist in Deutschland lauter und bösartiger geworden. Einerseits haben 78 Prozent der befragten Juden einer Untersuchung zufolge das Gefühl, Antisemitismus habe deutlich zugenommen. Offene Anfeindungen und Angriffe gingen dabei häufig von Muslimen aus. Andererseits zeigen Studien, dass der Anteil der Bevölkerung, der antisemitischen Vorurteilen anhängt, seit Jahren sinkt. Wird das Problem also nicht ausreichend oder wird es sogar zu stark thematisiert? Der Film „Der Antisemitismus-Report“, den der Hessische Rundfunk für Das Erste gedreht hat, sortiert Fakten und Einschätzungen. Filmautor Adrian Oeser besucht eine jüdische Familie in Frankfurt am Main, in der es nicht anders zugeht als in den meisten anderen deutschen Familien. „Wir leben nicht koscher“, sagt die Mutter, „wir essen alles, was uns schmeckt.“ Die drei Kinder berichten, dass sich die Stimmung aber sofort dreht, wenn im Alltag deutlich wird, dass sie Juden sind. So sei sie gefragt worden, ob Juden denn Steuern zahlen müssten, erzählt die kleine Tochter. Es ist diese Mischung aus Unkenntnis, Vorurteilen und zunehmend auch offener Aggression, die das Lebensgefühl beeinflusst, Vorsicht und Ängste auslöst. „Wir haben in der Familie diskutiert, ob wir vor die Kamera gehen oder nicht“, sagt die Mutter im Interview. „Vielleicht sollte nicht unbedingt jeder wissen, dass wir Juden sind. Man macht sich angreifbar.“ 80 Jahre nach dem Novemberpogrom der Nazis gegen Juden in Deutschland untersucht Filmautor Adrian Oeser aktuellen Antisemitismus in Deutschland. Er spricht mit Fachleuten und Betroffenen, besucht rechtsextreme Versammlungen, antiisraelische Veranstaltungen und Präventionsprojekte. Eine exklusive repräsentative Umfrage für den „Antisemitismus-Report“ mit überraschenden Ergebnissen lotet die Haltung der Bevölkerung aus. Danach halten die meisten Antisemitismus heute vor allem für ein Problem von Muslimen und Rechtsextremen. Stimmt das? Und wo schlägt politische Kritik am jüdischen Staat Israel um in Judenfeindschaft? Brisante Fragen, denen der Film mit Zahlen, Daten und Begegnungen mit Betroffenen nachgeht.

Fr, 9. Nov · 05:00-05:30 · SWR
Bekannt im Land – Synagogen-Geschichten

Viele hundert Synagogen wurden im Laufe der vergangenen tausend Jahre im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz gebaut. Oft sehr kunstvolle Gebäude – steinerne Zeugen der jüdischen Kultur. Bis zum 9. November 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November und in den folgenden Tagen zerstören die Nationalsozialisten fast alle Synagogen, zünden sie an oder plündern sie. Die jüdische Kultur wird vernichtet, die Juden werden vertrieben oder ermordet. Nach dem Zweiten Weltkrieg dauert es einige Jahre, bis die ersten Synagogen wieder aufgebaut werden. Viele sind heute Orte der Erinnerung und Begegnung. Viele hundert Synagogen wurden im Laufe der vergangenen tausend Jahre im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz gebaut. Oft sehr kunstvolle Gebäude – steinerne Zeugen der jüdischen Kultur. Bis zum 9. November 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November und in den folgenden Tagen zerstören die Nationalsozialisten fast alle Synagogen, zünden sie an oder plündern sie. In Worms genauso wie in Speyer, in Mainz oder in Dörfern wie Laufersweiler oder Niederzissen. Die jüdische Kultur wird vernichtet, die Juden werden vertrieben oder ermordet. Nach dem Zweiten Weltkrieg dauert es einige Jahre, bis die ersten Synagogen wieder aufgebaut werden. Viele sind heute Orte der Erinnerung und Begegnung. Manche Synagogen, die in der Reichspogromnacht nicht abgebrannt sind, dienen seit 80 Jahren einem ganz anderen Zweck – als Wohnhäuser zum Beispiel. Wieder andere Synagogen sind komplett verschwunden. An ihren ehemaligen Standorten machen nur noch Gedenksteine auf die jüdische Geschichte aufmerksam. Und an wieder anderen Orten entstanden neue Synagogen und – mit ihnen sehr zaghaft – neues jüdisches Leben.

Fr, 9. Nov · 10:50-12:00 · ZDF
Gedenken an die Pogromnacht – Übertragung zum 80. Jahrestag

Am 9. November jährt sich zum 80. Mal die Reichspogromnacht. Die Nacht war das Signal zum größten Völkermord in der Geschichte der Menschheit. Damals brannten in Deutschland Synagogen, Gebetsräume und jüdische Versammlungsstätten – organisiert und gelenkt von den Nationalsozialisten. Um daran zu erinnern, veranstaltet der Zentralrat der Juden eine Gedenkfeier in der Synagoge Rykestraße in Berlin.

Fr, 9. Nov · 12:10-12:55 · BR
Es geschah vor aller Augen – Die „Reichskristallnacht“ in Bayern

Die „Reichskristallnacht“, wie das Pogrom später verharmlosend genannt wurde, war eines der vielen Ereignisse in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur, bei denen die deutsche Bevölkerung direkt mit dem gewaltvollen Antisemitismus und der zerstörerischen Judenverfolgung der Nationalsozialisten konfrontiert und teils auch involviert war. Eingeschlagene Fensterscheiben, zerstörte Geschäfte, Plünderungen, die Aufforderungen, jüdische Geschäfte zu meiden, all dies war nur unter Beteiligung von Teilen der Bevölkerung möglich. Die Filmautorin hinterfragt, was in der bayerischen Bevölkerung vorging in dieser Zeit des Pogroms. Am 7. November 1938 hatte der 17-jährige deutsch-polnische Jude Herzel Grynszpan in Paris ein Attentat auf den deutschen Legationsrat Ernst von Rath verübt. Dessen Hintergründe, teils politischer, teils persönlicher Art, konnten bis heute nicht restlos geklärt werden. Das Attentat, dem Ernst von Rath am Nachmittag des 9. November erlag, war der hoch willkommene Vorwand für eine Welle von lang geplanten Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung, die am Abend und in der Nacht mit aller Wucht über die deutschen Städte und Dörfer hereinbrachen. Die Weisung hierzu kam aus München. Dort traf sich an diesem Tag die NS-Führung mit alten Kämpfern der NSDAP im Bürgerbräukeller im Gedenken an den Hitlerputsch von 9. November 1923. Als angeblich spontanen Akt des Volkszornes und mit Billigung der Parteiführung legten die SA-Trupps Brände in Synagogen, zerstörten jüdische Geschäfte, demütigten, verhöhnten und misshandelten jüdische Bürger. Die „Reichskristallnacht“, wie das Pogrom später verharmlosend genannt wurde, war eines der vielen Ereignisse in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur, bei denen die deutsche Bevölkerung direkt mit dem gewaltvollen Antisemitismus und der zerstörerischen Judenverfolgung der Nationalsozialisten konfrontiert und teils auch involviert war. Eingeschlagene Fensterscheiben, zerstörte Geschäfte, Plünderungen, die Aufforderungen, jüdische Geschäfte zu meiden, all dies macht aus der heutigen Perspektive ein Wegschauen, ein „Nichtwissen“ unmöglich. Hier setzt der Film ein: Was ging vor in den bayerischen Städten und auch auf dem Land? Was ist wirklich passiert? Wie verliefen die „Aktionen“? Waren sie spontan, wer machte mit, schaute zu? Zeitzeugen kommen zu Wort, jüdische, vor allem aber nicht-jüdische, die die Reichskristallnacht miterlebt haben und sich daran erinnern, wie sie die Geschehnisse erlebten. Auch Aussagen, Erinnerungen aus Tagebüchern bereits verstorbener Zeitzeugen dokumentieren die unterschiedlichsten Erlebnisse. Ein differenzierteres Bild der damaligen Zeit und ihrer Menschen im Umgang mit diesem unerhörten Ereignis entsteht, das in der Rückschau wie das Startsignal für den beispiellosen Völkermord an den Juden gelten kann. Der Film macht verständlich, warum sich Menschen verhalten haben, wie sie sich verhielten.

Fr, 9. Nov · 21:00-21:45 · ARD-alpha
Synagogen – Monumente gegen das Vergessen

Die Geschichte der Synagogen und der jüdischen Gemeinden in Deutschland von den mittelalterlichen Pestpogromen bis zur sog. Reichspogromnacht 1938 veranschaulicht diese Doku anhand von Spielszenen, virtuellen Rekonstruktionen von Monumentalbauten jüdischer Gotteshäuser und Augenzeugenberichten. Die digitale Rekonstruktion unwiederbringlich zerstörter Synagogen in Deutschland ist ein Großprojekt der TU Darmstadt gegen das Vergessen und für die Rückkehr in das architekturhistorische Bewusstsein. Vor einhundert Jahren prägten Synagogen das Bild der großen deutschen Städte: jüdische Gotteshäuser im orientalischen, neoromanischen oder neogotischen Stil, gebaut zumeist von christlichen Stararchitekten. Sie waren Ausdruck des wachsenden Selbstbewusstseins der jüdischen Gemeinden, aber auch des toleranten Miteinanders zwischen Juden und Christen – nach mehr als 1.500 Jahren der Verfolgung und Diffamierung. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ändert sich alles. Hitler setzt eine gigantische Maschinerie der Hetze und des Hasses gegen die jüdische Bevölkerung in Gang und findet Millionen von Erfüllungsgehilfen. In einer einzigen Nacht im Jahre 1938 werden mehr als 1.700 Synagogen zerstört, wird fast die gesamte jüdische Kultur in Deutschland vernichtet. Der Architekturstudent Marc Grellert will sich damit nicht abfinden. Unterstützt von Professor Manfred Koob, Experte der virtuellen Konstruktion historischer Monumente, bauen Forscher und Studenten der TU Darmstadt zerstörte Großsynagogen im Rechner wieder auf. Augenzeugen erinnern sich, wie „ihre“ Synagoge ausgesehen hat. Der Film erzählt in eindrucksvollen Bildern und cineastischen Inszenierungen die Geschichte der Synagogen, aber auch der jüdischen Gemeinden in unserem Land – von den mittelalterlichen Pestpogromen bis zur Reichspogromnacht, dem Terrorakt nationalsozialistischer Willkür. Bewegende Augenzeugenberichte erinnern an diese Tage vor fast acht Jahrzehnten, die zu den dunkelsten in der Geschichte unseres Landes gehören.

Fr, 9. Nov · 22:30-23:15 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Fishel Rabinowicz

Fishel Rabinowicz wird 1924 im polnischen Sosnowiec geboren und wächst als drittes von zehn Kindern in einer traditionell jüdischen Familie auf. Schon früh wird sein Talent für Malerei entdeckt und vom Vater gefördert. Als am 1. September 1939 die deutsche Wehrmacht Polen überfällt und damit den Zweiten Weltkrieg auslöst, wird die nahe der deutschen Grenze liegende Stadt Sosnowiec bereits vier Tage nach dem Kriegsausbruch besetzt. Das Leben, das die Familie Rabinowicz bis dahin führt, wird gewaltsam unterbrochen. Der Großteil der Familie fällt dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. Fishel Rabinowicz wird 1924 im polnischen Sosnowiec geboren und wächst als drittes von zehn Kindern in einer traditionell jüdischen Familie auf. Schon früh wird sein Talent für Malerei entdeckt und vom Vater gefördert. Als am 1. September 1939 die deutsche Wehrmacht Polen überfällt und damit den Zweiten Weltkrieg auslöst, wird die nahe der deutschen Grenze liegende Stadt Sosnowiec bereits vier Tage nach dem Kriegsausbruch besetzt. Das Leben, das die Familie Rabinowicz bis dahin führt, wird gewaltsam unterbrochen. Der Großteil der Familie fällt dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. Fishel Rabinowicz und sein jüngerer Bruder überleben, weil sie während der Pogrome in der Stadt verhaftet und in ein Arbeitslager verschleppt werden. In Kittlitztreben, einem Außenlager von Groß-Rosen, wird Fishel Rabinowicz die Nummer 19037 in den Arm eintätowiert. „Ab diesem Moment war ich kein Mensch mehr, sondern nur noch eine Zahl“. Er wird einer Arbeitsgruppe zugeteilt, die Eisenbahnschienen verlegt, später wird er für Kommandos eingeteilt, die die Autobahn bauen. In diesen Kommandos sind die Sterblichkeitsraten besonders hoch, dass er selbst überlebt hat, schreibt Rabinowicz dem Glück zu. „Ich hatte feuerrotes Haar, weshalb mich die Deutschen «Rotkopf» nannten und leichtere Arbeiten als den anderen Gruppenmitgliedern gaben. Und ich ging nie verloren.“ Am 09.02.1945 wird das Lager Kittlitztreben aufgelöst, ungefähr 1000 Häftlinge werden ausgewählt, sich auf einen 325 Kilometer langen Todesmarsch Richtung Süden zum KZ Buchenwald aufzumachen. Fishel Rabinowicz ist einer von ihnen. Fast zwei Monate marschieren die vollkommen entkräfteten Häftlinge durch das Land, wer erschöpft zusammenbricht wird von der SS erschossen. Von weitem beobachtet Fishel Rabinowicz in dieser Zeit die Feuerhölle von Dresden. „Wenn man so viele Jahre unter so einem Regime im Lager war, bekommt man einen Instinkt. Einen tierischen Instinkt. Wir haben gefühlt, es geht zu Ende. Wir haben gesehen, dass Tier ist in den letzten Zuckungen. Für uns war es etwas Fantastisches.“ In Buchenwald angekommen, werden die Häftlinge sich selbst überlassen. Fishel Rabinowicz liegt dem Tode nahe im Delirium, als am 11. April 1945 Häftlinge des KZ Buchenwald die Leitung des Lagers übernehmen. Nach langen Aufenthalten in Schweizer Sanatorien, gelingt Fishel Rabinowicz eine Kariere als Graphiker und Dekorateur. Erst nach seiner Pensionierung beginnt er seine traumatische Lebensgeschichte durch die Kabala Malerei aufzuarbeiten. Seine Werke erlangen weltweite Berühmtheit. Bei seinem Besuch 2010 überreicht Benjamin Netanyahu eines der Werke von Fishel Rabinowicz, das den Titel „Der Holocaust“ trägt. Obwohl Fishel Rabinowcicz in seiner Kunst eine Möglichkeit gefunden hat, seine traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten, bleibt er – und jeder einzelne Überlebende – psychisch von den Erfahrungen des Holocausts gezeichnet.

Fr, 9. Nov · 23:15-00:00 · ARD-alpha
Zeugin der Zeit: Esther Bejarano

Der 9. November 1938. SA-Schlägerkommandos und SS-Trupps setzen jüdische Geschäfte und Synagogen in Brand. Tausende von Juden werden in dieser Nacht gequält, festgenommen, umgebracht. Esther Bejarano, die damals noch Loewy heißt, erlebt die Reichspogromnacht als 14-jährige. Von dieser Nacht an ist nichts mehr wie zuvor. Esther Loewy wird nach Auschwitz deportiert. Eine menschengemachte Hölle. Eine Hölle mit System. Ein „Ort ohne Klang“, wie die Musikerin sagt. In diesem bewegenden Zeitzeugenportrait erzählt Esther Bejarano von ihrem Martyrium während des Dritten Reiches, bezeugt die sadistischen Grausamkeiten der Nazis und berichtet, warum ihr die Musik im Vernichtungslager das Leben gerettet hat.

Sa, 10. Nov · 00:25-02:00 · MDR
Jakob der Lügner

Der jüdische Friseur Jakob Heym (Vlastimil Brodsky) lebt 1944 in einem Ghetto irgendwo im besetzten Polen. Wegen angeblicher Überschreitung der Ausgangsperre soll er sich eines Tages beim Gestapo-Revier melden, kommt jedoch wider Erwarten mit dem Leben davon. Der Zufall will es, dass Jakob bei der Gestapo aus dem Radio eine Nachricht über den Anmarsch der Russen aufschnappt. Diese Meldung wirkt für Jakob wie ein Lebenselixier und sie soll auch seinen Freunden neuen Lebensmut geben. Damit diese ihm einerseits die Nachricht glauben und andererseits nicht für einen Gestapo-Spitzel halten, wenn er erzählt, dass er die Nachricht bei der SS aufgeschnappt hat, muss Jakob lügen. Er gibt vor, ein Radio zu besitzen. Doch damit beginnt Jakobs tragikomischer Leidensweg. Tagtäglich wollen alle Neues von ihm wissen: Über den Frontverlauf, die Weltpolitik und vieles mehr. Selbst die kleine Lina (Manuela Simon), die er versteckt hält, ist neugierig. Hoffnung breitet sich im Ghetto aus, die Selbstmorde hören auf, Zukunftspläne über ein Leben ohne den gelben Stern werden geschmiedet. Und Jakob lügt weiter, ist doch die Hoffnung in ihrer Situation noch wichtiger als das Stück Brot. Doch allmählich wird die Illusion zum Selbstbetrug. Jakob erträgt die sich selbst aufgebürdete Last nicht mehr und vertraut sich seinem Freund Kowalski (Erwin Geschonneck) an. Der Hoffnung beraubt, nimmt sich dieser das Leben. Als für alle der Deportationsbefehl kommt, entdeckt auch Lina die Wahrheit. Dennoch war für sie eine kurze Weile die graue Ghetto-Wirklichkeit bunt geworden …

Sa, 10. Nov · 00:45-01:15 · ARD-alpha
Zeugin der Zeit: Ruth Melcer

Ruth Melcer überlebte als Kind das Unsagbare, das Unvorstellbare und im Vernichtungssystem der Nazis das nicht Vorhergesehene: Sie überlebte als Kind Auschwitz. Kann man solche Erlebnisse je überwinden und ein normales Leben führen? Ihre Familie stammt aus einer Kleinstadt in Polen und wird ab 1942 in Ghettos und schließlich in einem Arbeitslager zur Arbeit gezwungen wird. Auch die damals achtjährige Ruth wird Teil der Arbeitskolonnen. 1944 wird die Familie nach Auschwitz deportiert. Die heute 87-jährige erzählt zum ersten Mal öffentlich aus ihrer Vergangenheit und ihrem Trauma. Ruth Melcer überlebte als Kind das Unsagbare, das Unvorstellbare und im Vernichtungssystem der Nazis das nicht Vorhergesehene: Sie überlebte als Kind Auschwitz. Ihre Familie stammt aus einer Kleinstadt in Polen und wird ab 1942 in Ghettos und schließlich in einem Arbeitslager zur Arbeit gezwungen wird. Auch die damals achtjährige Ruth wird Teil der Arbeitskolonnen. Ihr jüngerer Bruder wird in einer Nacht und Nebel Aktion zusammen mit anderen Kleinkindern ermordet. 1944 wird die Familie nach Auschwitz deportiert. Ruth überlebt mit Hilfe einer Kapo, die sie bei den Selektionen unter ihrem Bett versteckt. Als Auschwitz aufgelöst wird, werden die Eltern in Todesmärsche gezwungen und die Kinder in Auschwitz-Birkenau zurückgelassen. Ruth Melcer beschreibt diese Zeit als Zeit des Dahinvegetierens. Zum Sterben verurteilt irgendwo im Wald gelassen. Ein paar Kinder, die noch laufen konnten, schleppen sich von Birkenau bis ins Stammlager, finden Essen und Kleidung. Ruth Melcer überlebt und wird schließlich von den Russen befreit. Kann man solche Erlebnisse je überwinden und ein normales Leben führen?

Sa, 10. Nov · 01:15-02:00 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Mano Höllenreiner

Mano Höllenreiner überlebte drei Konzentrationslager und schaffte es im April 1945, getrieben von der SS, dem Todesmarsch in Richtung Nordwesten zu entkommen. Er berichtet von den Gräueltaten der Nazis, die er als kleiner Junge erleben musste und die ihn auch heute noch nachts in Albträumen verfolgen. In diesem intensiven Interview spricht Mano Höllenreiner erstmals in dieser Ausführlichkeit darüber, was ihm als Junge durch das NS-Regime geschehen ist. An seiner Seite, Else Höllenreiner. Auch sie ist eine Zeugin. Mano Höllenreiner überlebte drei Konzentrationslager und schaffte es im April 1945, getrieben von der SS, dem Todesmarsch in Richtung Nordwesten zu entkommen. Er berichtet von den Gräueltaten der Nazis, die er als kleiner Junge erleben musste und die ihn auch heute noch nachts in Albträumen verfolgen. In diesem intensiven Interview spricht Mano Höllenreiner erstmals in dieser Ausführlichkeit darüber, was ihm als Junge durch das NS-Regime geschehen ist. An seiner Seite, Else Höllenreiner. Auch sie ist eine Zeugin. Seit 60 Jahren sind die beiden verheiratet und berichten auch über den zähen Kampf um Entschädigung, die fortgeführten Diskriminierungen gegen Sinti und Roma nach dem Krieg und ihre Wünsche an die nachkommenden Generationen.

Sa, 10. Nov · 02:00-02:18 · MDR
Sie heißt jetzt Lotte

Maria und Lea sind Anfang 20, schön, begabt und unzertrennliche Freundinnen. Lea glänzt in der Rolle der Julia am Prinzregententheater und wird als Publikumsliebling gefeiert, während Maria als Dienstmädchen vom Land von einer Schauspielkarriere nur träumen kann. Bis Hitler an die Macht kommt und Lea entlassen wird, weil sie Jüdin ist. Die Rolle der Julia soll ab jetzt Maria spielen. Doch tapfer unterstützt Lea ihre Freundin trotz der Demütigungen weiter. Endlich hat auch Marias Verehrer Hans eine Arbeit als Polizist gefunden und kann Maria heiraten. Er nutzt die neue politische Lage unter Hitlers Führung, um Karriere zu machen, tritt der NSDAP bei und steigt bald zum SS-Sturmbannführer auf. Trotz mehrfacher Drohungen von Hans schreiben sich die beiden Freundinnen weiter heimlich Briefe. Als im November 1942 Hans die erste Deportation der Münchner Juden leitet, verbietet er Maria endgültig den Kontakt zu Lea. Doch Maria hält es nicht mehr aus und geht zu ihr, um sie zu warnen. Von diesem Besuch kommt sie nicht allein nach Haus.

Sa, 10. Nov · 02:45-03:30 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Abba Naor

Abba Naor wird am 2. Mai 1945 auf dem Todesmarsch bei Waakirchen in der Nähe des oberbayerischen Bad Tölz befreit. Er ist 13 als die Deutschen seine Heimat Litauen besetzen. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941, zu der damals auch Litauen gehört, beginnt der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung, lange bevor „die Endlösung der Judenfrage“ auf der Wannseekonferenz 1942 beschlossen wird. Abba Naor erlebt 1941 die Massenexekutionen in den Festungen der Stadt Kaunas aus der Perspektive eines Heranwachsenden, der im Ghetto angesichts der alltäglichen Bedrohung zum Freund seiner Eltern wird. Abba Naor wird am 2. Mai 1945 auf dem Todesmarsch bei Waakirchen in der Nähe des oberbayerischen Bad Tölz befreit. Er ist 13 als die Deutschen seine Heimat Litauen besetzen. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941, zu der damals auch Litauen gehört, beginnt der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung, lange bevor „die Endlösung der Judenfrage“ auf der Wannseekonferenz 1942 beschlossen wird. Abba Naor erlebt 1941 die Massenexekutionen in den Festungen der Stadt Kaunas aus der Perspektive eines Heranwachsenden, der im Ghetto angesichts der alltäglichen Bedrohung zum Freund seiner Eltern wird. Er versucht, seinen kleinen Bruder vor den Selektionen der Deutschen im Ghetto zu beschützen, wenn die Eltern nicht da sind. Doch als sie in das erste Konzentrationslager Stutthof bei Danzig verschleppt werden, muss er kurz darauf durch den Zaun zusehen, wie seine Mutter mit dem kleinen Bruder in einen Transport nach Auschwitz abgesondert wird. Es ist das letzte Mal, dass er sie sieht. Bis heute schmerzt ihn dieses Bild, wenn man mit ihm darüber spricht. In einem langen Interview über sein Leben in dieser Zeit beschreibt er eindrücklich seine furchtbaren Erlebnisse und wie groß nach der Befreiung der Wunsch war, ein „normaler“ Mensch zu sein, und welche Fragen zum „Menschsein“ ihn deshalb bis heute beschäftigen. Abba Naor arbeitete später für den Mossad und ist heute Nachfolger des jüdischen Überlebenden Max Mannheimer im internationalen Dachau-Komitee und damit eine wichtige Stimme der Überlebenden.

Sa, 10. Nov · 03:30-04:15 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Max Volpert

Max Volpert wird 1931 in Kaunas, Litauen, in eine angesehene und freie jüdische Familie geboren. Alles ändert sich, als die Wehrmacht im Juni 1941 Litauen überfällt. Es finden grausame Pogrome an der jüdischen Bevölkerung statt. Mit der Wehrmacht zieht das Einsatzkommando 3 unter dem SS-Standartenführer Karl Jäger in das Gebiet und treibt die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung massiv voran. Max Volpert kommt mit seinem Vater in das Außenlager Kaufering und wird bei den Mollwerken am Bau des Bunkers für die Messerschmitt 262 nahe Landsberg gezwungen. Er wird nach einem Todesmarsch in Dachau befreit. Er ist 14 Jahre alt. Max Volpert wird 1931 in Kaunas, Litauen, in eine angesehene und freie jüdische Familie geboren. Alles ändert sich, als die Wehrmacht im Juni 1941 Litauen überfällt. Zu diesem Zeitpunkt ist Litauen seit einem Jahr von der Sowjetunion besetzt. Es finden grausame Pogrome an der jüdischen Bevölkerung statt. Mit der Wehrmacht zieht das Einsatzkommando 3 unter dem SS-Standartenführer Karl Jäger in das Gebiet und treibt die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung massiv voran. Max Volpert erlebt die folgende Zeit unzähliger Selektionen im Ghetto und weiterer Vernichtungsaktionen als Zehnjähriger Junge. In wenigen Monaten ermordet das Einsatzkommando 3 über 138 000 Juden in ganz Litauen und Karl Jäger rühmt sich in seinem Bericht: „Ich kann heute feststellen, dass das Ziel, das Judenproblem für Litauen zu lösen, vom EK. 3 erreicht worden ist. In Litauen gibt es keine Juden mehr, außer den Arbeitsjuden incl. ihrer Familien.“ Als sich 1944 die Rote Armee dem Gebiet nähert, beginnen gewaltsame Deportationen zu den Vernichtungslagern in Auschwitz und Deutschland. Max Volpert kommt mit seinem Vater in das Außenlager Kaufering und wird bei den sogenannten Mollwerken am Bau des Bunkers für die Messerschmitt 262 nahe Landsberg gezwungen. Er wird nach einem Todesmarsch in Dachau befreit. Er ist 14 Jahre alt. Sein Vater überlebte die unmenschlichen Bedingungen am Bau nicht. Erst Jahre später erfährt Max Volpert, dass seine Mutter und seine kleine Schwester in Auschwitz ermordet wurden. Regelmäßig erzählt Max Volpert in Israel, wo er heute lebt, und in Deutschland von seinen Erlebnissen: „Wir sind ja die letzten Zeitzeugen, die da sind. Wenn ihr Großeltern sein werdet, werdet ihr die Möglichkeit haben euren Enkel zu erzählen, dass ihr vor Jahren einen Häftling gesehen habt, der den ganzen Nazismus überlebte. Wenn das passiert ist, für mich ist das eine sehr wichtige Sache.“

Sa, 10. Nov · 04:15-05:00 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Heinz Kounio

„Jerusalem des Balkans“ – so nannte man Thessaloniki um die Jahrhundertwende. In der multikulturellen Stadt leben Christen, Muslime und Juden friedlich miteinander. Die jüdisch-sephardische Gemeinde macht damals ein Viertel der Bevölkerung aus und prägt die lebendige Kultur und das Wesen der Stadt entscheidend. 1941 besetzt die deutsche Wehrmacht Thessaloniki, kurz darauf führt die SS die Rassengesetze in Griechenland ein. Das Leben der Juden ändert sich schlagartig. Sie werden zuerst zur Arbeit gezwungen, in Ghettos umgesiedelt und 1943 schließlich nach Auschwitz deportiert. Betroffen ist fast die gesamte Gemeinde. Einer der wenigen Überlebenden ist Heinz Kounio, Sprachrohr der griechischen Holocaust-Opfer und Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes. Der damals 16-jährige Heinz, seine Eltern und seine Schwester überleben die Deportation und die Gefangenschaft in Auschwitz, weil sie Deutsch sprechen und der SS als Übersetzer bei den Selektionen an der Rampe dienen. Ein Zufall, ein Glücksmoment in einem gnadenlosen Vernichtungssystem. Nach seiner Rückkehr nach Thessaloniki schweigt Heinz Kounio nicht. Die Erlebnisse unmenschlichsten Bedingungen und Tod in Auschwitz, die Vernichtung nahezu einer ganzen Gemeinde, sollen nicht vergessen werden. In jahrzehntelanger Arbeit sammelt Heinz Kounio tausende Namen aus der jüdischen Gemeinde seiner Heimat, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. 2007 übergibt er schließlich seine Liste mit 37.724 Namen der Gemeinde in Thessaloniki und Yad Vashem in Jerusalem. Es ist sein Lebenswerk und sein Weg, das Trauma des Holocausts zu überwinden.

Sa, 10. Nov · 05:00-05:45 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Ernst Grube

Ernst Grube kommt 1932 in München auf die Welt. Seine Mutter Clementine ist Jüdin, sein Vater Franz evangelisch. Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 beginnt für Familie Grube die Zeit der Demütigung und Verfolgung. Die Familie bewohnt eine Wohnung der Israelitischen Kultusgemeinde in der Herzog-Max-Straße, in der auch die Hauptsynagoge steht. Nach deren Abriss im Juni 1938 müssen die Grubes ihr Wohnhaus verlassen. Die Familie wird aufgeteilt. Ernst, sein Bruder Werner und seine Schwester Ruth werden von den Eltern getrennt und in einem jüdischen Kinderheim in Schwabing in der Antonienstraße untergebracht. Als 8-jähriger muss Ernst den gelben Judenstern tragen, darf nicht mehr in die Schule und wird von seinen Altersgenossen außerhalb des Heims „bespuckt und beleidigt“. Die meisten Kinder und Erzieherinnen des Heims werden 1941 nach Litauen deportiert und ermordet, unter ihnen seine 9-jährige Freundin Anita. Weil sich sein Vater weigert, sich von seiner jüdischen Frau scheiden zu lassen, entgehen Ernst, seine Geschwister und seine Mutter der Deportation und damit der sicheren Vernichtung. Bis Februar 1945. Obwohl Auschwitz befreit ist, werden Ernst Grube, seine beiden Geschwister und seine Mutter mit dem letzten Transport aus München nach Theresienstadt deportiert. Am 8. Mai 1945 erlebt der 12-Jährige die Befreiung durch die Rote Armee. Zurück in München, wird Ernst Grube Malermeister, wie der Vater. Dann holt er das Abitur nach und wird Berufsschullehrer. Er ist gegen den Aufbau der Bundeswehr und die „Militarisierung der Bundesrepublik“ und engagiert sich in der Gewerkschaft und als Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. 1959 wird er zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, wegen Verstoßes gegen das KPD-Verbot. 1970 wird ihm ein Berufsverbot ausgesprochen, weil er DKP-Mitglied ist. Das Berufsverbot wird zurückgenommen, nachdem Grube dem Sachbearbeiter im Münchner Rathaus „meinen Judenstern auf den Schreibtisch legte“. Ernst Grube ist Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und im politischen Beirat des NS-Dokumentationszentrums der Stadt München. Als Zeitzeuge ist er immer wieder in Schulen aufgetreten. – Sich selbst bezeichnet Ernst Grube als Jude, Antifaschist und Kommunist.

So, 11. Nov · 02:20-03:50 · ZDF
Eine dunkle Begierde

Der Züricher Psychoanalytiker Carl Gustav Jung ist fasziniert von seiner Patientin Sabina Spielrein. Sie zeigt schnelle Heilungserfolge bei einer ganz neuartigen Gesprächstherapie. Die Therapie wurde von Sigmund Freud entwickelt, Jungs wissenschaftlichem Ziehvater, zu dem er ein schwieriges Verhältnis hat, besonders als er Sabina zu seiner Assistentin und schließlich auch zu seiner Geliebten macht. Top besetztes, erotisches Historiendrama. Zürich um 1904: Carl Gustav Jungs (Michael Fassbender) neue Patientin, Sabina Spielrein (Keira Knightley), schreit, verkrampft sich und spielt mit Dreck. Für Jung eine Gelegenheit, die neue Gesprächstherapie des Wiener Arztes Sigmund Freud auszuprobieren. Mittels der Psychoanalyse legt Jung bei Spielrein schon bald masochistische Begierden frei, die in ihrer Kindheit angelegt wurden. Die junge, intelligente Frau, eine jüdische Studentin aus gutem Hause, reagiert ungewöhnlich gut auf die neue Methode. Und auf ihre Bitte hin macht Jung sie schließlich zu seiner Assistentin. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patientin wird immer enger, bis der verheiratete Jung sich schließlich auf eine Affäre mit Spielrein einlässt. Als Jung seinen Mentor Freud (Viggo Mortensen) einweiht, ist dieser entsetzt. Er fürchtet um den ohnehin schon zweifelhaften Ruf der Psychoanalyse und deren potenziellen Missbrauch. Es kommt zum Bruch zwischen Freud und Jung um die schöne Sabina Spielrein.

So, 11. Nov · 18:30-19:00 · HR
Ein Jude und sein Dorf – Besuch in der Wetterau

Sie sind schon ganz aufgeregt in Wohnbach in der Wetterau, denn sie erwarten einen ganz besonderen Gast: Hans Bär besucht nach achtzig Jahren Exil in Argentinien zum ersten Mal sein Heimatdorf, in dem heute tausend Menschen leben. Mit 14 Jahren floh er mit der Mutter vor den Nazis. Nun kommt der 95-Jährige mit seinen Enkelinnen nach Wohnbach. Sie sind neugierig auf die alte Heimat ihres Großvaters, hatten diese Zeitreise angestoßen, und Hans Bär will voller Mut noch einmal einen Blick in die Vergangenheit wagen, ohne genau zu wissen, wie sehr dies die alten Wunden wieder aufreißen kann. Gespannt und voller Energie macht er sich auf den weiten Weg, aber als er ankommt, braucht er doch einen Moment, ehe er die Kraft hat, aus dem Auto zu steigen. Und was macht das mit dem Dorf, wenn einer zurückkehrt, der die Menschen an die Nazizeit erinnert, in der die jüdischen Mitbürger vertrieben oder ermordet wurden? An der Mauer unter der evangelischen Kirche hängt eine Gedenktafel für die jüdischen Opfer aus Wohnbach. Auch Großvater und Onkel von Hans Bär sind darauf erwähnt. Einige wenige Menschen von damals leben heute noch im Ort. Werden sie ihn noch erkennen? Wie schwer wird es, mit dem Überlebenden der jüdischen Familie Bär ins Gespräch zu kommen? Wolfgang Harmert hat eine Begrüßungsgruppe ins Leben gerufen, organisiert das Programm des großen Empfangsfests in der Dorfturnhalle – mit Bürgermeister, Heimatliedern und fast fünfzig Torten. Die Pfarrerin bereitet einen Gottesdienst vor, und die Familie, die in dem Haus lebt, in dem Hans Bär als Kind wohnte, hat sich vorgenommen, für ihn ein Bäumchen zu pflanzen und ihm sein altes Zuhause zu öffnen. Was wird wohl klappen, was nicht? Wie wird Hans Bär seine alte Heimat erleben?

Sa, 10. Nov · 21:50-23:20 · SWR
Zwei Leben

In Norwegen hat die deutschstämmige Katrine (Juliane Köhler) scheinbar ihr Familienglück gefunden. Sie, ihr Ehemann Bjarte Myrdal (Sven Nordin), Tochter Anne (Julia Bache-Wiig), der kleine Enkel und Katrines Mutter Åse (Liv Ullmann) sind fast eine Bilderbuchfamilie. Wobei Katrine und Åse schwere Zeiten hinter sich haben. Aber darüber wird nie gesprochen. Dann fällt die Berliner Mauer. Wenig später taucht der Anwalt Sven Solbach (Ken Duken) bei Katrine auf. Er will Gerechtigkeit für ehemalige „Lebensborn“-Kinder in der DDR und vertritt deren Recht auf Wiedergutmachung vor dem Europäischen Gerichtshof. Katrines ungewöhnliche Geschichte, auf die er bei seinen Recherchen gestoßen ist, interessiert ihn besonders: Als Kind eines deutschen Besatzungssoldaten wurde Katrine einst von den Nationalsozialisten in eines der „Lebensborn“-Heime verschleppt. Jahre später gelang ihr jedoch die abenteuerliche Flucht über die Ostsee, um nach ihrer norwegischen Mutter zu suchen. Ihr Fall ist offenbar der einzige, bei dem Mutter und Tochter sich nach vielen Jahren wiedergefunden haben. Aber jetzt verhält Katrine sich seltsam, und ihre Familie versteht nicht, warum sie Solbach nicht unterstützt und vor Gericht nicht aussagen will. Vor allem Anne, selber angehende Juristin, ist irritiert. Katrines Erklärung: Sie möchte Åse das Leid ersparen, die dramatischen Ereignisse wieder aufzuwühlen. Tatsächlich wurde Åse damals wegen ihrer Liebe zu einem deutschen Soldaten diskriminiert und gab schließlich dem Druck nach, das „Kind der Schande“ zur Adoption freizugeben. Aber der Grund für Katrines Verhalten liegt ganz woanders: Katrine lebt unter einer falschen Identität; sie ist in den 70er Jahren mit der Biografie einer „Lebensborn“-Frau nach Norwegen gekommen: als Spionin der DDR. Der „Lebensborn“-Verein der SS unterhielt während des NS-Regimes Heime zur „Erhaltung der arischen Rasse“. Im Zuge des makabren Rassenwahns wurden auch Kinder hierhin verschleppt, die aus der Verbindung deutscher Soldaten mit Norwegerinnen entstanden. Deutsche Truppen hatten das neutrale Norwegen 1940 – 1945 besetzt. Georg Maas inszeniert das Filmdrama mit Juliane Köhler in der Hauptrolle als ein vielschichtiges und beklemmendes Puzzle mit kurzen Sequenzen als Rückblenden. Die Story ist ein Geflecht aus überraschenden Wendungen, Erinnerungsfetzen und Lügen, bis sich alles fügt.

So, 11. Nov · 22:50-23:35 · RBB
Schalom Neues Deutschland – Juden in der DDR

Antisemitismus galt in der DDR als „mit Stumpf und Stiel“ ausgerottet. „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ hieß es, Antifaschismus war in der DDR Staatsdoktrin. Dennoch lebten in der Gesellschaft antisemitische Denkmuster fort und auch das Verhältnis der Staatsführung zu den Juden im Land schwankte zwischen repressivem Vorgehen gegen „zionistische Strömungen“ und Ignoranz. Nach 1945 waren es zumeist vom Kommunismus überzeugte Juden, die in die DDR zurückkehrten. Bei der individuellen Entscheidung für eine Rückkehr in dieses neue Deutschland spielte die kommunistische Weltanschauung gegenüber der jüdischen Herkunft zumeist eine übergeordnete Rolle. Nach einer 1946 durchgeführten Volkszählung waren in Ostdeutschland 4500 Mitglieder der jüdischen Gemeinden registriert. Die Zahl sank bis 1989 auf ca. 400. Die acht jüdischen Gemeinden wurden einerseits vom Staat unterstützt, andererseits von den Sicherheitsorganen observiert. Eine ständige Herausforderung für die ostdeutschen Juden ist der Umgang ihres Staates mit Israel. Zunächst waren die Sowjetunion und ihre Verbündeten Befürworter des jungen jüdischen Staates. Nach dessen Bekenntnis zum Bündnis mit den USA propagierte die Staatsführung jedoch immer deutlicher einen aggressiven Antizionismus, der die jüdischen Gemeinden in der DDR unter Druck setzte. Es entwickelten sich massive antijüdische Tendenzen im Ostblock. 1952 fand in der Tschechoslowakei der Slánsky-Prozess gegen 14 führende Mitglieder der kommunistischen Partei statt. Ihnen wurde u. a. vorgeworfen, sie seien „zionistische Verräter“. Elf der Angeklagten wurden gehenkt, drei erhielten eine lebenslange Haftstrafe. Der Slánský-Prozess verunsicherte auch die Juden in der DDR. Viele von Ihnen verließen aus Furcht vor Verfolgung das Land. Das Verhältnis der jüdischen Gemeinden zum Staat DDR blieb über die Jahre zwiespältig. Inwieweit wurde in dem antifaschistischen Staat konsequent gesellschaftlicher Antisemitismus bekämpft? Als in den 1980er Jahren junge Neonazis in der DDR unverhohlen auftraten und Hakenkreuze auf Grabsteine schmierten, war der Staat im Zugzwang. Das ambivalente Verhältnis zwischen den ostdeutschen Juden und dem Staat DDR zeigt die Dokumentation vor allem durch die persönlichen Erfahrungen jüdischer DDR-Bürger auf. Salomea Genin, die als junge Kommunistin mit vielen Illusionen in die DDR kam, hoffte auch durch die Arbeit in der jüdischen Gemeinde etwas ändern zu können. Auch für den Schriftsteller und Journalisten Walter Kaufmann war die DDR Wahlheimat. Er findet erst spät zu seinen jüdischen Wurzeln zurück. Werner Lappe aus Dresden kommt mit seinen Eltern aus dem englischen Exil in die DDR. Der Rocksänger Andre Herzberg spürte die Zerrissenheit der Mutter, wenn sie sich zwischen der kommunistischen Überzeugung und der jüdischen Religion entscheiden sollte. Für ihn wurde die jüdische Identität nach der friedlichen Revolution 1989 ein neuer Anker.

So, 11. Nov · 23:35-00:35 · RBB
Café Nagler

Als kleines Mädchen hört die junge israelische Filmemacherin Mor Kaplansky immer wieder vom legendären Café Nagler am Moritzplatz in Berlin. Vor allem ihre 88jährige Großmutter schwärmt von dem Ort, an dem sich Künstler und Intellektuelle trafen, wo das Nachtleben blühte und sogar der Swingtanz erfunden worden sein soll. Mor Kaplansky macht sich in Berlin auf Spurensuche mit unerwartetem Ergebnis. Die Familie ist 1925 nach Israel ausgewandert. Mor will vor Ort auf Spurensuche gehen. In Berlin angekommen, findet sie statt des Caféhauses aber nur einen verwilderten Park – das Gebäude ist im Krieg komplett zerstört worden. Und mit wem sie auch spricht, niemand weiß etwas über das Café. Das Dokumentarfilmprojekt steht vor dem Aus. Vor allem für ihre Großmutter wäre es eine riesige Enttäuschung – schließlich erkundigt sich die alte Dame regelmäßig nach den Rechercheergebnissen aus Berlin. Da hat Mor die rettende Idee: Sie erfindet kurzerhand die Geschichte des Cafés neu. Ihre fiktiven Zeitzeugen findet sie unter den jungen Berlinern, die sich für die 20er Jahre begeistern. Sie erzählen falsche Familiengeschichten vom Café Nagler als einem Ort wilder Partys oder erster Rendezvous. Bei der privaten Premiere des fertigen Films im Kreis der Familie ist Großmutter Naomi selig: Ihre Enkeltochter hat es tatsächlich geschafft, einen Film über das Café Nagler zu drehen und den Geist der vergangenen Jahre einzufangen. Der Dokumentarfilm lief auf zahlreichen Festivals, unter anderem auf der Berlinale 2016 in der Reihe „Kulinarisches Kino“, auf dem Haifa International Film Festival 2015, auf dem DOK.fest München 2016 und auf dem International Filmmor Women’s Film Festival in der Türkei. „Ein wunderbarer, persönlicher Film. Er lebt nicht nur von der spannenden Spurensuche und der Faszination für das Berlin der 20er Jahre, sondern auch von dieser besonderen Liebe zwischen Großmutter und Enkelin.“

So, 11. Nov · 23:15-00:00 · PHOENIX
Gemeinsam gegen das Vergessen – Juden und Muslime in Auschwitz

Während in Deutschland die Debatten um Flüchtlingsströme und muslimischen Antisemitismus brodeln, setzen Juden und Muslime ein gemeinsames Zeichen und besuchen die KZ Gedenkstätte Auschwitz. Erstmals in der Geschichte findet eine solche Reise statt. Die Idee dazu lieferten der Zentralrat der Muslime und die Union Progressiver Juden. 17 junge Erwachsene, Juden aus Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Bayern und muslimische Geflüchtete aus Syrien und Marokko, die heute in Thüringen leben, gedenken gemeinsam den Opfern der Shoa. Das g anze Ausmaß der Grausamkeit und des Rassenwahns der Nationalsozialisten wird an diesem schrecklichen Ort deutlich. Es ist ein mahnendes Zeugnis für den beispiellosen Zivilisationsbruch des 20. Jahrhunderts. Kann dieser Ort auch Hoffnung für die Zukunft stiften? Wenn in Auschwitz bei einer gemeinsamen Zeremonie auf Arabisch und Hebräisch gebetet wird, im Anschluss Kränze von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die LINKE) und Daniel Günther (CDU) niedergelegt werde, macht es den Anschein.   Die phoenix-Redakteure Eva Wormit und Marlon Amoyal haben die Jugendlichen auf ihrer Reise begleitet. Sie dokumentieren die gemeinsamen Begegnungen einer Reise, die es so noch nie gegeben hat.

Mo, 12. Nov · 13:45-15:20 · arte
Nylons und Zigaretten

1944, Normandie: In sogenannten „Cigarette Camps“ der US-Army werden junge Französinnen darauf vorbereitet, zu ihren Ehemännern in die USA auszuwandern. Jeannette, Marie-Thérèse und Mireille sind drei solcher Frauen: Sie sind mit GIs verheiratet, die sie kaum kennen, und stehen kurz vor der Überfahrt über den Atlantik. Just am Tag der Abreise erhält Jeannette die Nachricht vom Unfalltod ihres Ehemanns, den die Army aber so aussehen lassen will, als sei er heldenhaft im Gefecht gestorben. Sie muss ihre beiden Freundinnen ziehen lassen und bleibt mit ihren Eltern auf deren Bauernhof zurück. Marie-Thérèse und Mireille berichten der Freundin in Briefen von ihren Erlebnissen in den USA, ihren Ängsten und ihren Hoffnungen. Mireille lebt mit ihrem jüdischen Mann in Brooklyn, die Pariserin scheint dort ihr Glück gefunden zu haben. Marie-Thérèse und ihren fünfjährigen Sohn Philippe hingegen verschlägt es auf eine Farm in Alabama. Ihr amerikanischer Mann ist durch seine Kriegserlebnisse stark traumatisiert. Immer häufiger verschwindet er und kehrt erst nach Tagen oder Wochen völlig betrunken zurück. Unterdessen wird Jeannette ihre Heimat Frankreich zunehmend fremd: Von den Männern im Dorf argwöhnisch als Soldatenfrau und Hure beschimpft, entschließt sie sich, vom Sterbegeld ihres Ehemanns die Reise in die USA anzutreten. Es wird eine Reise ins Ungewisse …

Mo, 12. Nov · 21:45-22:30 · ARD-alpha
Die vergessene Mission – Bayerische Flieger 1917/1918 Palästina

Erzählt wird eine exotisch und abenteuerlich anmutende Episode des Ersten Weltkrieges. Eine bayerische Fliegerstaffel kämpfte gemeinsam mit der türkischen Armee an der Palästinafront: Im Rahmen des deutschen Unternehmens „Pascha“, der Unterstützung der türkischen Verbündeten gegen Briten und Araber, hat die königlich-bayerische Fliegertruppe 304 in Palästina bis 1919, also über die deutsche Kapitulation hinaus, Einsätze geflogen. Diese dienten vor allem der Luftaufklärung. Erzählt wird eine exotisch und abenteuerlich anmutende Episode des Ersten Weltkrieges. Eine bayerische Fliegerstaffel kämpfte gemeinsam mit der türkischen Armee an der Palästinafront: Im Rahmen des deutschen Unternehmens „Pascha“, der Unterstützung der türkischen Verbündeten gegen Briten und Araber, hat die königlich-bayerische Fliegertruppe 304 in Palästina bis 1919, also über die deutsche Kapitulation hinaus, Einsätze geflogen. Diese dienten vor allem der Luftaufklärung. Die Dokumentation zeichnet die Planung und den Verlauf dieser abenteuerlichen Expedition nach, deckt aber auch die vielschichtige Motivationslage der Beteiligten, meist bayerischen Soldaten jüdischen Glaubens, für dieses Palästina-Unternehmen auf.

Di, 13. Nov · 00:45-01:10 · MDR
Der Koffermacher

1939/Emsland: Der alte Koffermacher Opa Alfred wird täglich vom kleinen jüdischen Nachbarjungen Samuel in seinem Koffermacherladen belagert. Der Junge hat nur einen Wunsch, er will Koffermacher werden. Dies passt dem mürrischen Alten gar nicht. Und besonders nicht seinen Nazi-Kunden, die dies deutlich zu verstehen geben. Eines Tages wird die jüdische Familie von Samuel deportiert. Alfred muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. Unter Lebensgefahr gelingt ihm die Rettung des kleinen Jungen – in einem seiner großen Koffer.

Di, 13. Nov · 22:05-22:48 · MDR
Die Versteigerer

Neue Aktenfunde machen es möglich, das schrecklichste Kapitel der deutschen Geschichte aus einer vollkommen neuen Perspektive zu erzählen. Mit der Akribie eines deutschen Beamten hat der Versteigerer Hans Klemm in Leipzig jeden Verkauf ehemals jüdischen Eigentums zwischen 1933 und 1944 dokumentiert. In unzähligen Listen sind die von den ausreisenden und deportierten Juden zurückgelassenen Gegenstände erfasst: Betten und Schränke, Tische und Stühle, Bettwäsche, Kleidung, Musikinstrumente und Spielzeug. Jeder Gegenstand wird geschätzt und dann versteigert. Als Auftraggeber fungieren damals die Geheime Staatspolizei oder die Oberfinanzdirektion, die das Geld zugunsten der Reichskasse einziehen. Doch auch der Versteigerer selbst erzielt gewaltige Gewinne. 10 Prozent des Versteigerungserlöses stehen ihm zu. Die Gewinne von Hans Klemm steigen in der NS-Zeit von etwa 10.000 auf über 100.000 Reichsmark pro Jahr. Die Aktenfunde rund um den Leipziger Versteigerer Klemm waren für die beiden Filmemacher Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr der Anlass, sich auf eine Reise durch Deutschland zu begeben. In mühseliger Recherche haben sie festgestellt: Überall, in jeder Stadt und in jedem kleinen Dorf, in dem Juden gelebt haben, sind deren Habseligkeiten meist unmittelbar nach deren Deportation unter den Hammer gekommen und dies wurde genau dokumentiert: Im mecklenburgischen Stavenhagen z.B. kümmert sich der Bürgermeister persönlich um den Verkauf der Hühner und Kaninchen des „Juden Jacobssohn“. In Schwerin leuchtet Elektromeister Max Kuhlmann den Verkaufsraum aus. In Lörrach bannt ein Polizeifotograf auf Zelluloid, wie im Ort eine Art Schlussverkaufsstimmung entsteht, als die Gegenstände und Möbel der deportierten Juden direkt in den Innenhöfen der Häuser versteigert werden. Und in Düsseldorf freut sich die Stadtverwaltung, dass mit dem „frei Werden“ der jüdischen Wohnungen nunmehr bombengeschädigten „Volksgenossen“ ein Ersatz für ihre verbrannten Sachen geboten werden kann. Mit der Zerstörung deutscher Städte im Bombenkrieg steigt der Bedarf an Einrichtungsgegenständen ins Unermessliche. Die Möbel der deutschen Juden reichen nicht mehr aus. Ab 1942 werden auch die Wohnungen der französischen und holländischen Juden geplündert, die Möbel von Spediteuren nach Deutschland gebracht: Im niedersächsischen Delmenhorst müssen extra Arbeitskräfte angeworben werden, um den Verkauf zu bewältigen. Unzählige Zeitungsannoncen künden deutschlandweit von dem makabren Geschäft. Deutlich wird: geheim sind diese Vorgänge nicht. Oft werben die Anzeigen offen mit „Judensachen“ oder Möbeln aus „nichtarischem Besitz“. Jeder, der kaufte, wusste, die Deportierten kommen nicht zurück! Die Filmemacher haben unveröffentlichtes Filmmaterial gefunden und mit Zeitzeugen gesprochen, die in ihren Kellern Möbel oder andere Gegenstände aus ehemals jüdischem Besitz bewahren. Auf der Basis dieser Recherche lässt sich die Geschichte der „Judenmöbel“ erzählen: Wer hat sie bekommen? Wer hat sich an ihnen bereichert? Und wo finden sich Dinge bis heute?

Mi, 14. Nov · 21:00-21:45 · 3sat
Countdown zum Krieg – Das Entscheidungsjahr 1938

Herbst 1938 – noch neun Monate bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges in Europa. Adolf Hitler ist seit über fünfeinhalb Jahren an der Macht. Der Film erzählt die historische Entwicklung der letzten 52 Wochen vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges in Europa. Der Schwerpunkt liegt auf den Ereignissen in der zweiten Hälfte des Jahres 1938: Münchner Abkommen im September und Pogromnacht vom 9. November. Mit diktatorischen Mitteln und Terror hat Adolf Hitler sich Deutschland unterworfen. Es gibt kaum mehr Widerstand gegen seine Herrschaft. Im Gegenteil: Eine große Mehrheit der Deutschen folgt dem „Führer“ bedingungslos, auch wenn es wegen der wirtschaftlichen Lage Kritik am Regime gibt.

Mi, 14. Nov · 21:45-22:40 · arte
DJ Punk – Der Fotograf Daniel Josefsohn

Einfach und echt zu fotografieren war sein Ziel. Seine Bilder entstanden aus der Schnelligkeit des Augenblicks und aus der Wahrhaftigkeit des Moments. Er galt als der wildeste unter Deutschlands Fotokünstlern, die in den 90er Jahren die Fotografie verändert hatten. Berühmt wurde er 1994, als er für eine Werbekampagne des Musiksenders MTV Jugendliche fotografierte, die nachts in Clubs unterwegs waren. Er labelte sie als „Egoist“, „Chaot“, „Miststück“ und „Konsumgeile Göre“. So entstand ein einzigartiges Generationenporträt. Daniel Josefsohn, geboren in Hamburg, Sohn jüdischer Eltern, einer der ersten Skater in Deutschland, hat immer in Extremen gelebt. Und er schien unverwundbar. Bis zu seinem Schlaganfall 2012. Halbseitig gelähmt war der Getriebene, dem Bewegung und Unabhängigkeit alles bedeuteten, fortan auf Hilfe angewiesen. Aber er hat weiterfotografiert, vom Rollstuhl aus. Immer mit dem eigenwilligen, unbestechlichen Blick auf seine Zeitgenossen. Seine Wegbegleiter – wie die Schauspielerin Julia Hummer, der Fotograf Wolfgang Tillmans und der Comedian Oliver Polak – erinnern an einen verrückten Kerl, schwierigen Typen und großherzigen Menschen. Der Film erzählt von Daniel Josefsohn, einem der besten Fotografen Deutschlands, und fragt, wie Leben und Werk heute weiter wirken. Daniel Josefsohn starb mit 54 Jahren an den Folgen seines Schlaganfalls.
Bild oben: © rbb Das Atelier von Daniel Josefsohn: vollgestopft mit Fotos, Plakaten und Nippes.