Antisemitische Handschrift

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Unbekannte Täter haben in Köln einen Gedenkstein für Peter und Martin Finkelgruen geschändet…

Von Roland Kaufhold
Zuerst erschienen: bnr.de, 30.062016
Foto oben: Die Gedenkplakette nachts mit weißer Farbe übermalt

Vor vier Jahren wurden sie in Köln-Sülz eingeweiht: Die beiden Kölner Gedenksteine für den unweit des Sülzgürtels wohnenden jüdischen Schriftsteller und Journalisten Peter Finkelgruen und dessen 1942 in Theresienstadt ermordeten Großvater Martin Finkelgrün. Nun, Ende Juni, wurde die auf einem der beiden Steine angebrachte Gedenkplakette nachts mit weißer Farbe übersprüht. Die Inschrift ist nicht mehr lesbar. Ein aufmerksamer Nachbar informierte über die Schändung. Peter Finkelgruen befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Köln, wurde aber inzwischen informiert.

Die Gedenkfeier und Gedenksteinlegung im März 2012 war eine berührende Geste: Anlässlich des 70. Geburtstages des in Shanghai als jüdisches Flüchtlingskind geborenen Schriftstellers Peter Finkelgruen hatten Freunde sowie die Kölner-Sülzer Bezirksvertretung zwei Gedenksteine verlegt. Auf einem dieser schweren Findlinge wurde ein metallenes Gedenkschild angebracht: „Dieser Baum wurde anlässlich des 70. Geburtstag des in Köln lebenden jüdischen Schriftstellers Peter Finkelgruen gepflanzt, in Erinnerung an seinen im Kleinen Lager Theresienstadt ermordeten Großvater Martin Finkelgrün (1876–1942).“

Während der Baumpflanzung 2012, Foto: © Jan Krauthäuser

Ein Baum für Martin Finkelgrün

Die Auswahl der Findlinge für den Gedenkort am Kölner Sülzgürtel wurde bewusst gewählt: Diese können wegen ihres enormen Gewichts nicht entwendet, nicht geschändet werden. Oberhalb der Steine wurde gemäß jüdischer Tradition ein Baum für Martin Finkelgrün gepflanzt. In Theresienstadt gab es kein Grab für Martin Finkelgrün.

Der Mörder Martin Finkelgrüns, Anton Malloth, wurde erst 2001 in Bayern zu einer Haftstrafe verurteilt, nach einem zwölfjährigen, von den Medien vielbeachteten Gerichtsprozess. Peter Finkelgruen hat hierüber in den 90er Jahren zwei autobiografische Bücher veröffentlicht.

Die Gedenksteinschändung im bürgerlichen Köln-Sülz galt eindeutig dieser Inschrift und trägt eine antisemitische Handschrift.

„Bewusst und gezielt die Erinnerung auslöschen“

Im benachbarten Köln-Zollstock agiert seit Jahren eine kleine, rechtsextreme Gruppierung. Ihr Anführer ist namentlich bekannt. Vor wenigen Wochen hatte diese Gruppe tagsüber einen großformatigen, mehrere Meter langen Schriftzug „Nationaler Sozialismus“ auf dem Bürgersteig vor einem zentral gelegenen Köln-Zollstocker Geschäft aufgemalt und am 8. Juni zwei Fotos hiervon auf der Facebook-Website „Köln für deutschen Sozialismus“ gepostet. Überschrieben war diese Propaganda mit „Der legale Pfad des kreativen Widerstandes“. Einer der Zeichner ließ sich in knieender Position mit ablichten. Die Gruppe kündigte an, nun wieder aktiver zu werden.

Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler (Grüne) schaltete im Namen der Stadt Köln die Kriminalpolizei ein und versprach eine unverzügliche Reinigung der geschändeten Plakette: „Diese Form der Schmiererei zeugt eindeutig davon, dass bewusst und gezielt die Erinnerung ausgelöscht werden soll“, so Roland Schüler.

Peter Finkelgruen reagierte auf Nachfrage auf die Schändung so: „Es hat vier Jahre und vier Monate seit Errichtung des Gedenksteins gedauert bis zur ersten Schändung. Ein kurzer Zeitraum? Ein langer Zeitraum? So ist die Lage eben in diesem Land. In dieser Stadt.“