Das Ende einer Tel Aviver Ära

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60 Jahre lang hat sie das berühmte Café Tamar in der Sheinkin Straße geführt. Heute verstarb Sarah Stern im Alter von 90 Jahren…

Im Juni diesen Jahres schloss das legendäre Café nach 74 Jahren seine Pforten. Damit ging eine Ära zu Ende, denn das Tamar war über Jahrzehnte eine feste Institution in Tel Aviv. Sarah, geboren im Moschaw Nahalal, hat das Tamar übernommen, nachdem ihr Mann früh verstorben war. Sie war weit mehr als die gute Seele des Cafés und sicher der Hauptgrund dafür, dass es so lange in der schnelllebigen Metropole Tel Aviv bestehen blieb. Früher einmal war das Café Tamar zentraler Treffpunkt linker Intellektueller und Ort politischer und gesellschaftskritischer Debatten. Diese Glanzzeit war zwar schon länger vorüber, aber noch immer gehörten Journalisten, Künstler, Schriftsteller und Komponisten zu ihren treuen Kunden.

Cafe Tamar Tel Aviv
(c) Angelika Baumgartner

Außerdem war das Tamar eine angenehme Abwechslung zu anderen hektisch beschallten oder mit Hipstern bevölkerten Cafés der Stadt. Ein wenig war es so, als sei hier die Zeit stehen geblieben. Die Einrichtung war schlicht, um nicht zu sagen karg: seit jeher standen drinnen wie draußen Resorpal beschichtete Tische und Plastikstühle. Der Tresen dagegen, der die ganze Seite des Cafés einnahm, war über und über mit Fotografien, Zeitungsausschnitten, Karikaturen und Aufklebern dekoriert. Vieles davon erinnerte an den ermordeten Premier Rabin, mit dessen Familie Sarah eng befreundet war. Aufkleber wie aus der Zeit nach dem Mordanschlag findet man inzwischen außerhalb des Cafés fast nicht mehr. Hier wurden sie bewahrt, wie auch andere Erinnerungsstücke an die Friedenshoffnungen von Oslo. Gerahmte Karikaturen stammten von dem berühmten, mittlerweile verstorbenen Zeichner Jaakov Farkash, genannt Seev, der für Sarah früher, als sie im Sommer für einige Zeit zusperrte, jeweils eine aktuelle Karikatur zeichnete.

Nach einigem Hin und Her hat sich Sarah übrigens darauf eingelassen, in ihrem Café Wifi zu ermöglichen – so viel Modernität musste auch hier sein. Im Juni fiel dann die Entscheidung und Sarah schloss das Café, sie habe nun mehr Zeit für ihre Urenkel, sagte sie optimistisch.

Sara Stern wird morgen um 15.30 am Kiriyat Shaul Friedhof in Tel Aviv beigesetzt.

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