Die lachen sich kaputt!

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„Wer in Deutschland leben, wer hierbleiben will, der muss das Existenzrecht Israels anerkennen. Antisemiten können in dieser Gesellschaft nicht integriert werden“, sagte Norbert Lammert gestern in Berlin. Das finde ich sehr niedlich. Ich frage mich nämlich, wohin er die rund 30% der hiesigen Bevölkerung, die Juden nicht so lieb haben, denn exportieren will. Die meisten davon sind deutsche Staatsbürger. Das dürfte durchaus kompliziert werden…

Von Ramona Ambs

Aber weil er ja eigentlich die neuen Bürger meint, die hier Asyl suchen („Wer nach Deutschland einwandert, wandert ins Grundgesetz ein“ sagte Lammert ebenda), dann sei ihm mal ein kurzer Blick in eben jenes Grundgesetz empfohlen. Da steht nämlich: jeder Mensch hat Recht auf Asyl. Da steht nirgends: Antisemiten haben keinen Anspruch auf Schutz vor politischer Verfolgung. Sondern JEDER MENSCH hat Anspruch darauf. Und das ist auch gut so.
Mir persönlich wäre es übrigens auch egal, wie viele der neuen Leute judenfeindlich sind. Wenn unsere Aufnahmegesellschaft nämlich so eindeutig anti-antisemitisch wäre, wie sie ab und an gerne vorgibt, dann wäre es kein Problem. Dann würden die Neuankömmlinge recht schnell und quasi intuitiv lernen, dass man besser nur zuhause, oder am allerbesten überhaupt nicht, antisemitisch ist. Vielleicht würden sie sogar anfangen nachzudenken, ob sie mit ihrem Judenhass nicht irgendwie falsch liegen… Wo dieser doch so geächtet wird, in diesem Land, dem sie ihr neues Leben verdanken.

Aber sie kommen in ein Land, in dem heutzutage auf den Straßen bei Demos gerufen wird „Jude Jude feiges Schwein“ oder auch „Drecksjuden“ oder „Kindermörder Israel“. Sie kommen in ein Land, in dem auch die intellektuelle Elite regelmäßig Antisemitismusdebatten führt (führen muss!) und in dem vieles klar ist, aber nicht die Ablehnung von Judenhass.

Bevor wir also losgehen und den Neuankömmlingen erklären, dass sie hier nicht willkommen sind, wenn sie ihren mitgebrachten Judenhass nicht direkt an der Grenze ablegen und dort vergessen, sollten wir vielleicht mal anfangen, den Judenhass hierzulande zu bekämpfen. Dazu würde gehören, dass die Polizei Leute auf Demos verhaftet und registriert, die derlei Judenhass skandieren, dass man mal überprüft und gegebenenfalls eingreift, wenn in Moscheen Judenhass gepredigt wird und last- und nicht vor lauter Neuankömmlingen übersehen: der Judenhass der alten und neuen Nazis und der, in der Mitte der Gesellschaft.

Ich frage mich wirklich, wie eine Gesellschaft mit einer NSU-Terrorzelle, deren Helfershelfer in Innenministerien und Verfassungsschutz sitzen, und die gerade am Sonntag Wahlergebnisse vorgelegt hat, die jeden Demokraten beschämen müssen, wie diese Gesellschaft also, den Flüchtlingen sagen will: als Antisemiten könnt Ihr hier nicht integriert werden. Sorry Leute, die greifen sich doch an den Kopf und lachen sich kaputt.

1 Kommentar

  1. „Ich frage mich nämlich, wohin er die rund 30% der hiesigen Bevölkerung, die Juden nicht so lieb haben, denn exportieren will.“

    Frau Ambs setzt die Quote deutscher Antisemiten auf 30 % an, von der Bundesregierung zitierte Studien gehen von 20 % aus, tatsächlich dürften es wesentlich mehr deutsche Antisemiten sein.

    Denn nahezu schon die dümmsten unter den Deutschen wissen, dass antisemitisch ‚irgendwie negativ konnotiert‘ ist, somit in Antworten und Gesprächen vorgebaut werden muss, um nicht als antisemitisch enttarnt zu werden.

    Den authentischen Deutschen erlebt man, wenn er unter seinesgleichen ist, wenn er das Gefühl hat, sich frei und unbeschwert äußern zu dürfen, unbeobachtet und unbelauscht von Fremden oder nicht zu seiner Gruppe Gehörigen. — Genau dann wird es interessant auf deutschen Parties, Feten, „Festen“, Geburtstagsfeiern und dergleichen. Dann kommt er daher, der unter der Oberfläche braven Bürgertums verborgen gehaltenene, aber nach wie vor höchst lebendige, Hass gegen die da, die man nie verstanden hat, und die man auch nie wirklich verstehen wollte.

    Vor allem die Süddeutschen, vor allem die Katholiken, sie können einfach nicht anders als hassen; einer gibt üblicherweise den Unterton vor und der Rest fällt dankbar und erlöst mit in den ehrwürdigen Kanon ein; „Ja, der Jud'“, „Und ich sag Euch, es ist doch was dran, dass de d’Welt b’herrschn. Es kann gar ned anderst sei.“, „Recht hast, Stefan, Sepperl, Thomas, Christian…, hia bei uns, da deafst es ruhig sogn, so is und ned anderst; dass de Mosaischen nix wert san, hod scho da Opa gwisst“.

    Freunde, geht vor allem zu den Bayern, wenn Ihr hören wollt, wie der authentische, alte Hass von tausend Jahren klingt. Vergesst die Türken, die Nordafrikaner, die Iraker, die Libanesen. Deren negatives Gefühl ist nur ein Hässlein, gegenüber dem süddeutschen Original(hass), gegen den kein Kraut gewachsen scheint. Wie oft habe ich, haben andere, versucht ehrliche Überzeugungsarbeit zu leisten, aufzuklären, Geschichte nach neuesten Gesichtspunkten zu vermitteln, indes, vergebens.
    Es gibt Bayern, die weigern sich von Juden verfasste Bücher zu lesen. Andere vermuten hinter Aufklärungsversuchen „Judenfreunde“ bzw. „Judenknechte“, zumindest aber jüdischen, deutschenfeindlichen Einfluss“. Immer wieder bricht folgende Argumentation durch: „Es kann unmöglich sein, dass unserer Vorfahren, die alle schon so fühlten, sich geirrt haben. Es muss einfach was dran sein. Unserer Vorfahren Verhalten war nicht Aktion, sondern Reaktion…“

    Ein derart verfestigtes, verhärtetes, verkrustetes Weltbild werden auch keine weiteren 1000 Jahre verändern können. Man wird damit leben müssen.

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