Lebende Legende: Barbra Streisand begeisterte das Publikum in Berlin

1
37

Barbra Streisand ist seit über vierzig Jahren eine Stilikone. Sie hat, wie das Konzert am 15.6.2013 in Berlin bewies, nichts von ihrer geradezu magnetischen Anziehungskraft verloren. Dabei basiert das Phänomen Barbra Streisand, wie sie selber coram publicum betonte, nicht zuletzt auf ihrer Herkunft…

Von Orlando Berliner/ Susanne Benöhr-Laqueur

Das kleine – und nicht unbedingt hübsche – jüdische Mädchen machte eine Weltkarriere, die ihres gleichen sucht. Der Aufstieg begann in Brooklyn. Als ein Kind dieses New Yorker Stadtteils versteht sich die Streisand bis heute. Daran ließ sie keinen Zweifel aufkommen. Bereits beim Betreten der O2-Arena gewahrte man auf jeweils vier – quasi im Raum schwebenden – Großbildleinwänden eine Fotografie der „Brooklyn Bridge“. Als das immerhin sechzig Musiker umfassende Orchester unter der Leitung von Bill Ross einsetzte, wird das Thema „Brooklyn“ sofort aufgegriffen. Auf den Großbildleinwänden erschienen jetzt Kinder- und Jugendfotos. Dazu erklang „You´ll never know“. Dies war ihr erster Song, den sie im Alter von 13 Jahren aufgenommen hatte. Und dann erschien sie: Unter frenetischem Beifall, in eine glitzernde goldene Robe gekleidet – via Fahrstuhl „von unten nach oben“ (sic!) –  schwebte sie auf die Bühne und begann mit einer sehr klaren Stimme „On an clear Day“ zu singen.

Spätestens an diesem Punkt war deutlich, dass es sich nicht um ein Konzert im üblichen Sinne handelte. Hier wurde in perfekter Weise (auch) einem Mythos gehuldigt. Dass dieser jedoch durchaus irdische Züge trug, wurde spätestens nach der Betrachtung des Teleprompters deutlich. Dieser konnte – zumindest den seitlichen Rängen -nicht entgehen und so gab Barbra Streisand auch ganz unumwunden und leicht kichernd zu, dass sie nach einem Auftritt im Madison Square Garden, bei dem sie dreimal den Text vergaß, ein derartiges Trauma entwickelte, dass sie Jahrzehnte auf Konzerte verzichtete. Kritik verbietet sich. Die Lady ist keine Dreißig mehr. Das tut ihrer Aura jedoch keinen Abbruch. Eher ist das Gegenteil das Fall. Neben einem ohnehin „gesunden Ego“- so bezeichnete sie sich in einem Interview einmal als „ einfach, kompliziert, großzügig, selbstüchtig, unattraktiv, schön, faul und ehrgeizig“ – verfügte sie an diesem Tage über eine nicht zu unterschätzende Schlagfertigkeit. Auf eine Publikumsfrage, ob sie auf dem zeitgleich stattfindenden „Schwulen Festival“ war, konterte sie: „Nein, ich dachte, ich treffe euch alle hier!“

Von „Bewitched“ bis „Gipsy“

Barbra Streisand sang im ersten Drittel u.a. „Bewitched“ sowie „Woman in Love“. Zwischen den Songs plauderte sie mit dem Publikum. Erinnerte an ihren ersten Auftritt im Jahre 2007 in der Berliner Waldbühne und probiert lachend deutsch zu sprechen. Sie hatte ihr Publikum vollständig im Griff. Nach jeder Gesangseinlage gab es Standing Ovations – die Zuhörer waren regelrecht verzückt. Dem tat auch der Auftritt ihres Sohnes Jason Gould keinen Abbruch. Im Duett sangen Mutter und Sohn das Lied „How deep is the Ocean“. Dieser Auftritt, wie auch das Duett mit ihrer Stiefschwester Roslyn Kind, folgten einer sehr amerikanischen Choreographie. Das kann man mögen – oder auch nicht.

Nach einem schnellen Kostümwechsel, jetzt trug sie einen engen schwarzen glitzendernden Hosenanzug, folgten Lieder der 1970 Jahre, wie „The way we were“ oder „Woman in love“. Als Reminiszens an die kürzlich verstorbene Donna Summer sang sie zudem „Enough is enough“ und einem Publikumswunsch entsprechend „Guilty“.

Höhepunkt – Duett mit dem Startrompeter Chris Botti

Nach einer kurzen Pause, Barbra Streisand war jetzt in ein raffiniertes rotes Kleid gewandet, betrat auch Chris Botti die Bühne. Der Startrompeter spielte auf einer Bb-Trumpet, wie sie auch Miles Davies benutzte. Der Klang der Trompete war bei weitem nicht so scharf, wie bei einer Jazztrompete. Er ähnelte vielmehr phasenweise einem Flügelhorn. Es entspann sich ein außergewöhnlich anziehendes, stellenweise fast erotisches anmutendes Duett. In dem Song „My funny Valentine” überlies die Streisand, die bis dahin stets stimmlich dominiert hatte, dem Klang von Chris Bottis Trompete bereitwillig die Führung. In künstlerischer Sicht, war dies der absolute Höhepunkt des Konzerts. Danach zog sich Barbra Streisand langsam aber stetig zurück. So überlies sie etwa bereitwillig für ein gekonntes Intermezzo Chris Botti und der amerikanischen Geigerin Lucia Micarelli die Bühne. Der folgende Auftritt mit drei Tenören, Chris Botti, Lucia Micarelli und einem Berliner Jungendchor war wohl eher dem Zeitgeist geschuldet, gleichwohl hörenswert.

Geben und Nehmen

Im Vorfeld hatte es heftige Kritik bezüglich der Kartenpreise gegeben. De facto musste man über 300 EURO investieren, um einen akzeptablen Platz in der O2-Arena zu bekommen. Fairerweise muss aber sagen, dass über 2 Stunden eine grandiose Show geboten wurde. Darüber hinaus ist die Streisand bekannt für ihre großzügige Unterstützung von Hilfsprojekten in den USA und in Israel. Diese Beträge müssen freilich erst erwirtschaftet werden.

Barbra Streisand wird – das war erkennbar – kein Konzert mehr in Deutschland geben. Beim letzten Lied „Send in the Clowns“ erreichte die Stimme nicht mehr die Höhen, die sie zu Beginn der Veranstaltung mühelos erklommen hatte. An diesem Punkte muss man realisieren – so schwer es fällt – dass auf der Bühne eine Lady steht, die das siebzigste Lebensjahr überschritten hat. Dass sie sich gleichwohl diese Tournee mit immerhin 7 Auftritten in 4 Ländern in 20 Tagen zutraute und ihren Auftritt absolut perfekt meisterte, spricht für ihre Weltklasse. Für alle diejenigen, die das Konzert verpasst haben, finden sich unter http://www.barbrastreisand.com/us/home Sequenzen des Eröffnungskonzertes am 2.6.2013 in London. Dem Vernehmen nach, ist sie zügig nach Israel abgereist. Dort finden am 20. Juni und am 22. Juni die beiden letzten Konzerte statt.

[youtube]http://youtu.be/HPM9OszGFQM[/youtube]

[youtube]http://youtu.be/MIbkVmm-kYU[/youtube]

[youtube]http://youtu.be/n-KPGh3wysw[/youtube]

1 Kommentar

Kommentarfunktion ist geschlossen.