Leon Pinsker wurde 1821 in Tomaszow (Polen) geboren. Die erste Ausbildung erhielt er in der Jeschiwah seines Vaters, Simhah Pinsker, ein Schriftsteller und Gelehrter in Odessa. Später war er einer der ersten Juden, die an der Universität Odessa zugelassen wurden. Als Jude hatte er jedoch mit seinem Studium der Wissenschaften keinerlei Chancen als Rechtsanwalt arbeiten zu können, so dass er in Moskau zusätzlich Medizin studierte, von wo aus er 1849 nach Odessa zurückkehrte, um zu praktizieren.
Pinsker war einer der Gründer der ersten russisch-jüdischen Wochenzeitung, Razsvet („Blüte“), die der jüdischen Bevölkerung die russische Kultur näher bringen und sie zum russisch sprechen animieren wollte. Pinsker gehörte auch zu den Gründern der Gesellschaft zur Ausbreitung der Aufklärung unter Juden in Odessa. Die Pogrome, die 1871 in Odessa ihren Anfang nahmen, erschütterten die aufgeklärten Juden, die Gesellschaft und weitere entsprechende Wochenschriften wurden aufgelöst. Pinsker konzentrierte sich daraufhin auf die Medizin. Als nach sechs Jahren die Gesellschaft ihre Arbeit wieder aufnahm, wurde Pinsker in den Vorstand gewählt und beteiligte sich an einer Dokumentation der Geschichte des Juden in Russland.
Die Pogrome, die die Juden Russlands 1881 heimsuchten, und der unverhohlene Antisemitismus der Regierung, bewirkten einen Sinneswandel bei Pinsker. Er verwarf Aufklärung und Emanzipation als Lösung für die Zukunft des russischen Judentums und glaubte nicht mehr daran, dass Humanismus ein Mittel sei, dem Judenhass zu begegnen. Pinsker kam zu dem Schluss, dass die Juden Russlands in ein anderes Land auswandern müssten und dort ein nationales jüdisches Zentrum errichten. Bei Reisen durch Europa besprach er seine Ideen u.a. mit Arthur Cohen, Mitglied des britischen Parlaments und Vertreter der britischen Juden in London, der ihn zur Publikation seiner berühmten Arbeit „Autoemancipation“ anregte. Dieser „Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden“ erschien 1882 anonym und war ein Aufruf, eine jüdische Heimstätte in Palästina oder auch woanders zu etablieren.
Der Grundzug von Pinskers Anliegen war dabei die nationale Selbstwürde. Autoemanzipation war für ihn vor allem „die Wiederherstellung der nationalen Ehre und die Wiedergeburt des Gefühls der Eigenwürde in uns“, wie Achad haAm zusammenfasste. Pinsker erlebt das Dasein in der Diaspora „als eine einzige ununterbrochene Entwürdigung“.
„Autoemanzipation“ rief bei den Juden ein starkes Echo hervor. Die Chowewei Zion Bewegung begrüßte das Buch enthusiastisch. Mosche Lilienblum versuchte Pinsker davon zu überzeugen, die Entscheidung der westlichen Juden nicht abzuwarten, sondern sich sofort für eine Heimat in Eretz Israel ans Werk zu machen wurde.
Pinsker war daraufhin maßgeblich an der Gründung der Chovevei Zion Gruppe von Odessa beteiligt. Versuche, Chovevei Zion auch außerhalb Russlands zu etablieren, scheiterten jedoch, Odessa blieb das Zentrum der Bewegung.
1890 wurden die Chowewei Zion in Odessa legalisiert und in Russland wiederbelebt, als Juden begannen, sich in Eretz Israel niederzulassen. Pinskers Vision konnte dennoch nicht wirklich werden, da die osmanischen Behörden die Einwanderung verboten. In der Bewegung brach eine Krise aus, Pinsker bezweifelte, dass Eretz Israel jemals die Lösung für die bedrängten Juden sein könne und begann eine Ansiedlung in Argentinien als Möglichkeit zu sehen.
Kurz vor seinem Tod, 1891, kam er zu der Überzeugung, dass Eretz Israel nur das spirituelle Zentrum des jüdischen Volkes bleiben konnte. Ein Aufsatz, den er dazu 20 Tage vor seinem Tod verfasste, wurde nie veröffentlicht.
1934 wurden seine Gebeine nach Palästina überführt und in der Nicanor Höhle am Scopus Berg in Jerusalem beigesetzt.
–> Autoemanzipation! – Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden