Judenfeindliche Gewaltserie in Dortmund

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In Dortmund eskalieren antisemitische Übergriffe. Neonazis griffen innerhalb von vier Tagen dreimal einen 26-jährigen Juden an. Immer wieder provozieren Rechtsextreme die Jüdische Gemeinde im Ruhrgebiet…

Von Roland Kaufhold
Zuerst erschienen bei: Störungsmelder, 26.06.2018

In Dortmund reißt die Serie judenfeindliche Übergriffe nicht ab. Am vergangenen Donnerstag wurde ein 26-jähriger jüdischer Mann am Rande einer Neonazi-Kundgebung von einem 21-jährigen Neonazi aus dem rund 40 Kilometer entfernten Schwelm antisemitisch beleidigt und gestoßen. In der Innenstadt hielten rund 30 Rechtsextreme eine Kundgebung für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck ab, die kurz zuvor zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war.

Antisemitismus: Gelebte Praxis in Dortmund

An Selbstbewusstsein mangelt es der rechtsextremen Szene im Ruhrgebiet nicht. Die Demonstranten zeigten riesige Transparente, der Neonazi Michael Brück warnte: „Wenn wir dran sind, dann rechnen wir mit Euch ab. Und jeder, der uns dann das Wort verbietet, wird danach gar nichts mehr zu sagen haben, weil er danach einer gerechten Strafe vor ein deutsches Gericht zugeführt wird“

Drei Tage später wurde der 26-jährige Jude bei einem zufälligen Zusammentreffen im Westen der Stadt erneut von demselben Neonazi und zwei weiteren Dortmunder Rechtsextremen im Alter von 23 und 30 Jahren mit antisemitischen Parolen beleidigt. Einer der Männer schlug ihn mit der Faust. Die Polizei ermittelte die Namen der Neonazis. Sechs Stunden später trafen die Gewalttäter im gleichen Stadtteil erneut auf den jüdischen Mann. Der 21-Jährige zeigte mehrfach den Hitlergruß, ein vierter Neonazi gleichfalls. Wieder Beleidigungen, wieder Drohungen.

Antisemitische Auftritte und Drohungen sind in Dortmund seit Jahren gelebte Praxis. Immer wieder stören Neonazis Gedenkveranstaltungen der Jüdischen Gemeinde. Die Ansprache des Rabbiners am Dortmund-Dorstfelder Mahnmal wurde durch Schreie unterbrochen, das Andenken der Ermordeten besudelt. Die Gemeinde in Dortmund beklagt seit Jahren den massiven Antisemitismus.

Die Jüdische Gemeinde gab nach

Ähnlich drastisch die Situation im Sport: Im Februar 2017 kam es bei einem Spiel zwischen Dortmund und RB Leipzig zu judenfeindlichen Schmähungen und Ausschreitungen. Im Oktober desselben Jahres wurde die Skulptur von zwei jüdischen Sportlern vor dem Deutschen Fußballmuseum am Hauptbahnhof der Stadt zerstört.

Im Dezember 2017 hatten die Dortmunder Neonazis schließlich gesiegt: Die Jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen sagte eine Feier ab – aus Sicherheitsgründen.

Und die Provokationen gehen weiter. Im April dieses marschierten 600 Neonazis durch das Zentrum und riefen dabei zum „Straßenkampf“ auf. Auf der Bühne hing ein riesiges Transparent mit dem Schriftzug „The world without Zionism“. Am 14. Mai, anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung Israels, durften die Neonazis unter der Losung des Antisemiten Heinrich von Treitschke (1879) „Der Staat Israel ist unser Unglück“ durch die Stadt ziehen.

Die nächsten antisemitischen Kampfansagen dürften folgen – im schlimmsten Fall gefolgt von neuer Gewalt.

Bild oben: Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration vom April in Dortmund © Roland Kaufhold

1 Kommentar

  1. Denke, dass es gut ist, einen Antisemitismus-Beauftragten zu haben, auch dass es gut wäre, diesem mehr Personal zuzuordnen, denke aber auch, dass dies alles nichts helfen wird, wenn auf höherer und höchster Ebene der unbedingte Wille fehlt. Gut gemeinte schöne Worte sind einfach zu wenig und genau deshalb wird sich nichts ändern. Im Gegenteil, es wird schlimmer und schlimmer.

    Man kann es drehen und wenden wie man will, ohne Identifikation, ohne wirkliche persönliche Überzeugung, ohne dringende Entschlossenheit auch kein Erfolg, leider!

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