Micha Josef Berdyczewski wurde 1865 in Medzibezh, Podolien geboren. Sein Vater war Rabbiner von Medzibezh und gehörte einer Ahnenreihe von chassidischen Rabbinern an. Medzibezh ist auch der Geburtsort des Begründers des Chassidismus, des Baal Schem Tow. Berdyczewski begann sich mit Autoren der jüdischen Aufklärung Haskalah zu befassen und schrieb polemische Artikel, die seine Zerrissenheit zwischen Moderne und traditionellem Judentum widerspiegeln.
1890 verließ Berdyczewski Russland und ging nach Breslau, wo er zwei Jahre lang am Rabbinerseminar und der Universität studierte. 1892 zog er nach Berlin, wo er Philosophie studierte. Der Einfluß von Schopenhauer ist insbesondere in seinem berühmten Artikel „Reschut haJachid beAd haRabim“ deutlich. Hier und in anderen Schriften kritisierte er scharf die hebräische Literatur, Ahad haAm und Chibbat Zion. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Bern kehrte Berdyczewski nach Berlin zurück und begann aus Opposition zu Ahad haAm und Herzl in führenden hebräischen Zeitschriften zu publizieren. Darin griff er alle anerkannten ideologischen Konzepte an und plädierte für eine Umwertung von Judentum und jüdischer Geschichte im Nietzeschen Sinne. 1897 kam es zur berühmten Debatte zwischen Berdyczewski und Ahad haAm in „haSchiloach“.
1900 heiratete Berdyczewski Rachel Romberg, die ihn bei seiner literarischen und akademischen Arbeit unterstützte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Warschau kehrte Berdyczewski nach Breslau zurück, wo er sich zurückzog und seiner literarischen Arbeit widmete. Er begann in Hebräisch und Jiddisch zu schreiben und sammelte rabbinische Legenden. 1911 kehrte er nach Berlin zurück und gab Anthologien mit den gesammelten Legenden heraus. Nach dem Krieg erreichten Berdyczewski die Nachrichten von der Ermordung seines Vaters im Pogrom von Doubovo.
Berdyczewski schrieb Essays, Romane, akademische Artikel und gab Folklore Anthologien heraus. Er schrieb mehr als 150 Geschichten in Hebräisch, Deutsch und Jiddisch, die um das jüdische Leben in Osteuropa und das Leben von osteuropäischen Studenten in Westeuropa kreisten. Berdyczewski nutzte auch den Namen Bin-Gorion für Veröffentlichungen.
Berdyczewski starb 1921 in Berlin, wo er am Friedhof Weißsensee begraben ist.
–> Zur Klärung