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Koscher leben...
 
 

Koscher in Europa

Rabbiner Dr. Israel Meir Levinger
Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel

Die Jüdische Schlachtmethode
(Teil 5 von 6)

II. Das Schächten:
4. Reflektorische Bewegungen

a) Vertiefte Atmung

Nach der Ruhephase lässt sich eine Verlangsamung und Vertiefung der Atmung beobachten. Obwohl nach der Durchtrennung der Luftröhre die ganze Luft durch die Öffnung der Luftröhre fließt, zeigen sich reflektorische Bewegungen der Nares, die im Durchschnitt nach 24 Sekunden, in keinem der Fälle aber später als 95 Sekunden einsetzen. 37
Diese Art der Atmung ist typisch für das Schächten, obwohl sie auch in anderen Fällen vorkommt. Mangold bezeichnete diese reflektorischen Bewegungen als "Lufthunger", weil er glaubte, das Tier leide an Luftmangel. Vor allem in nicht-wissenschaftlichen Artikeln hält sich diese Meinung bis heute. Die moderne Forschung geht freilich von der Unrichtigkeit dieser Auffassung aus und sieht die Ursache für diese Bewegungen in der abnormalen Luftströmung. Bestätigt wird die Annahme einer unbewussten reflektorischen Handlung auch durch die Beobachtung derartiger tiefer Atemzüge bei isolierten Köpfen. 39

b) Aufstehversuche

Eine Beobachtungsreihe bei 150 Tieren zeigte, dass sechs Tiere versuchten, die Kopfstellung zu korrigieren, davon drei, den Kopf zu heben und ihn in die normale Lage zu bringen. Ein Schaf versuchte gar, sich zu erheben. Mit etwas Hilfe gelang es ihm, während einiger Sekunden schwankend auf seinen Gliedmassen zu stehen. Doch ergab die Kontrolle des Halsschnittes bei diesem Tier, dass eine Karotis unverletzt geblieben war.

Während das Tier stand, wurde ein leichter Druck auf dieses unverletzte Gefäße ausgeübt, das durch seine Pulsaktion leicht zu finden war, sofort brach das Tier zusammen. Noch bei einem weiteren Tier konnte ein unverletztes Gefäß nachgewiesen werden. Eine diesbezügliche genauere Untersuchung der restlichen vier Tiere wurde durch den Schlachtbetrieb gestört. Ein weiteres Schaf hob den Kopf zur normalen Lage, blieb aber gleichzeitig mit einer Gliedmasse in der Luft. Die übrigen Tiere verhielten sich ruhig bis zu Beginn der terminalen Muskelkrämpfe.

37 Vgl dazu etwa H. R. Karp, H. 0. Sicker & A. Heyman, Cerebral circulation and — function in Cheyne-Stokesrespiration, American Journal of Medicine 30(1961)861; N. S. Cherniack G. S. L.ongobardo, 0. R. Levine, R. Mellins & A. R Fishman, Periodic breathing in dogs, Journal of Applied Physiolgy 21 (1966) 847.
38 E. Mango!d. Die Stellungnahme der Anatomen und Physiologen zur Schächtfrage — (Gutachten) Deutsche Schlachthofzeitung 29 (1929) 323.
39 R. D. Tschirgi Carotid receptors essential in the gasping ot Ihe isolated rat head; Proceeding Society Experimental Biology and Medicine 63 (1946) 397.
40 Levinger (PN 31)

c) Muskelspasmen

Nach der Ruhephase zeigt das Tier starke Krämpfe. Einige Forscher sehen darin bewusste Reaktionen. 41 Doch erbringen genaue Untersuchungen dieser Krämpfe, dass diese unkoordiniert sind und daher keine Reaktionen auf (äußere) Reize darstellen können. Die Tiere versuchen auch nicht, sich aus dieser Situation zu befreien oder sich wieder in eine gerade Lage zu bringen. Ähnliche Reaktionen finden wir auch bei decerebrierten Tieren.

Das Reizen von Motorzentren im Gehirn ist bereits unmittelbar nach dem Schächtschnitt nicht mehr möglich. 42 Die Kontraktionen sind wahrscheinlich Reaktionen von Zentren im Rückenmark auf Sauerstoffmangel. Auch ein Tier, dessen Kopf abgeschnitten ist, reagiert in derselben Weise wie das Tier nach dem Schächtschnitt. Daher ist klar, dass es sich nicht um hohe Zentren im Gehirn handeln kann. Man spricht deshalb von den unkoordinierten Muskelkontraktionen. 43 Einige Tiere wurden nach dem Schächtschnitt beim Aufstehen beobachtet. Grund für dieses Aufstehen kann sein, dass die Gefäße im Hals unvollständig durchtrennt worden sind, in seltenen Fällen der Schnitt ins Fleisch hereingezogen worden ist oder äußeres Gewebe auf die Blutgefässe drückt, was zu deren Kontraktion führt, die das Ausfließen des Blutes stört. In der Regel drückt der Blutdruck aber das Blut hinaus und reißt damit jede Blockade auf.

Dass der Schnitt inkorrekt ausgeführt wird, kommt manchmal in Experimenten vor, wenn nicht ein Schächt-, sondern bloß ein "ähnlicher" Schnitt durchgeführt wird.

Dukes beschreibt die ersten Kontraktionen nach der Ruhephase als Fussbewegung, die durch Serien von anoxischen Konvulsionen begleitet wird, die bis zum Tod des Tieres andauern.

d) Reflexe

Will man das Reflexgeschehen überprüfen, ist es von Vorteil, dies anhand des Kornealreflexes zu tun, weil er beim Schlachtbetrieb leicht kontrolliert werden kann und sein Zentrum im Gehirn liegt. Bei Rindern hält der Kornealreflex im Durchschnitt 38,8 Sekunden an, bei Schafen und Ziegen im Durchschnitt 3,4 Sekunden.

41 E. Blaufuss, Betrachtungen über die Ausführungen von R. Hock, Deutsche Schlachthofzeitung 27 (1927) 504.
42 Guggenheim (PN 22); Untersuchungen am Hirne des Rindes während dessen Tötung durch Halsschnitt, Prager Archiv für Tiermedizin und Pathologie 6 (1926) 149; R. Hock, Zur Schächtfrage, Deutsche Schlachthofzeitung 27(1927)443.
43 Levy (PN 15).
44 Hoffmann (PN 31); C. Klein, Zur Schächtfrage, Deutsche Schlacht-Viehhofzeitung 13 (1913) 81; C. Klein, Sind geschächtete Tiere sofort nach dem Schächtschnitt bewusstlos? Berliner Tierschutzverein, Berlin 1927; H. Loux & A. Butler, Zur Schächtfrage: Berliner tierärztliche Wochenschrift 43 (1935) 873.
45 8. A. Baldwin Anatomical and physiological factors involved in slaughter by section of the carotidarteries. Universities Federation for Animal Welfare, Hertfordshire 1971, 34.
46 Dukes (FN 30). 47 Levinger (PN 1)45 f 78 f.

Fortsetzung: 6.Teil - Synopsis

Quelle:
religionsrechtliche schriften 2
Schächten - Religionsfreiheit und Tierschutz
Herausgeber: Potz, Schinkele, Wieshaider

[Bestellen] ISBN 3925845852, € 23.00 / Plöchl-Kovar
Bücher zum Judentum

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