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Tel Aviv ist eine pulsierende Stadt, Tag und Nacht
schieben sich endlos rasende und hupende Autokolonnen durch die Stadt, in ihrem
Tempo nur durch die gemächlich schaukelnde Busse gebremst. Der eintönige
Autolärm wird ab und zu durch Polizei- oder Krankenwagensirenen unterbrochen.
Jede, auch die engste und kleinste Straße ist vollgeparkt, und immer wieder
kreisen Parkplatzsuchende durch die Straßen.
Im Westen der Stadt liegt eine Oase - der
Mittelmeerstrand von Tel Aviv. Kilometerlanger weißer Strand, Liegestühle,
Sonnenschirme, kleine Snackbars - von der lärmenden Stadt durch ein Kette
Hotelhochhäuser abgeschirmt.
An Wochentagen kommen ältere oder alte Menschen
frühmorgens zum Strand, bringen Plastikstühle mit, legen ihre Kleider sorgfältig
zusammengelegt über die Stühle, verstauen die Taschen unter die Stühle, suchen
nach Bekannten und fangen eine Unterhaltung an - in deutsch. Alles "Jeckes" -
Überlebende oder solche, die bereits vor der Shoah nach Palästina kamen. Sie
stehen in Grüppchen und unterhalten sich lebhaft. Bevor sie alle gemeinsam ins
Wasser gegen, schauen sie sich suchend nach einer vertrauenswürdiger Person um,
die auf ihre Sachen aufpasst. Um diese Zeit ist der Strand nur wenig besucht,
die meisten Besucher sind Touristen. Also wird in perfektem Englisch gefragt, ob
derjenige bitte aufpassen könnte. Ich passe wohl nicht in das Bild des blassen
oder rotgebrannten Touristen, ich werde auf hebräisch - mit unüberhörbarem
deutschen Akzent, angesprochen. Ich antworte auf deutsch: "Ach Sie sprechen
deutsch! Wie schön. Und woher kommen Sie? München ist eine schöne Stadt. Wissen
Sie, wir kommen jeden Tag zum Schwimmen, das ist gut für die Gesundheit. Würden
Sie bitte so liebenswürdig sein und hier aufpassen, wir kommen bald wieder.
Haben Sie vielen Dank." Das "bald wieder" zieht sich, denn sie schwimmen
ausgiebig und dann stehen sie in der warmen Brandung und führen ihre
Gesprächsrunde fort. Endlich wieder da, bedanken sie sich sehr höflich, bieten
an, auf meine Sachen aufzupassen, aber nur kurz, denn sie müssen bald gehen.
Später Nachmittag am Wochentag: junge Mütter mit
ihren Kleinkindern kommen. Sie mieten eine Liege und einen Schirm, breiten
Handtücher aus, setzen die Kinder auf die Liege, cremen sie im Spiel ein, es
wird viel gelacht, geschmust, gespielt. Der Eisverkäufer kommt vorbei, Kinder
bekommen Wassereis, werden danach abgewaschen, es werden Sandkuchen gebacken,
Löcher gebuddelt, gebadet. Alles verläuft in Ruhe und fröhlicher Stimmung.
Freitag Nachmittag: die Mütter bereiten das Haus
auf den Schabath vor, also werden die Väter mit den Kindern zum Strand
geschickt. In diesen Stunden bricht Hektik am Strand aus. Es erscheinen Väter in
Gruppen, mindestens zu Dritt, dann natürlich mehrere Kinder im Schlepptau. Die
Väter sind mit Handys und vielen Plastiktüten bewappnet. Es wird eine Liege
ergattert und dann geht es los: in einer Hand das Handy, die andere Hand sucht
in der Tüte nach Sonnencreme, die Kinder sind ungeduldig, zerren an der Tüte,
der Vater wühlt weiter und schreit abwechselnd das Handy oder die Kinder an.
Endlich ist die Sonnencreme raus aus der Tüte, die Kinder werden mit einer Hand
eingecremt, das Handy unter die Schulter geklemmt, eine kurze Sprechpause, um
die Schwimmflügel aufzublasen - endlich sind die Kinder im Wasser. Die Väter
lassen sich erschöpft auf die Liege fallen, ein Griff in die Tüte - Zigarette
und eine Dose Bier.
An jedem Strandabschnitt stehen die Häuschen der
Lebensretter. Ich denke immer an "Bilder einer Ausstellung" - das Häuschen der
Baba Jaga auf Stelzen. So stehen sie da, kleine Budkes auf hohen Stelzen. Drin
sitzen die Mazilim - die Lebensretter. Wie aus Baywatch kopiert - braungebrannte
Muskelpakete, Sonnenbrille, Kaugummi. Von oben bewachen sie ihren
Strandabschnitt und lassen oft von sich hören: "Die Dicke mit der Sonnenbrille,
Hallo, schwimm nicht so weit raus. Hey, der Alte mit dem Hut, ja Du bist
gemeint, komm näher, die Wellen sind zu hoch für Dich. Kinder, Kinder, näher an
Strand, seid ihr schwerhörig". Falls dies alles nichts nützt, versuchen sie es
auf russisch, allerdings in anderen Umgangsformen: "Babuschka, idi sjuda - Oma,
komm hierher". Wenn auch dies nichts nützt, tönt es plötzlich von oben: "Ladies
and gentlemen, please be carefull, stay near by the beach" und anschließend
weiter in iwrit: "Süße mit dem roten Badeanzug, bist wohl taub, näher kommen,
bewege schon Deinen Arsch".
Und zwischen den Vätern und Müttern und Kindern
und Touristen laufen unermüdlich die Eisverkäufer und preisen lauthals ihre Ware
- Hallo Artik! Banana, Limon, Mischmisch! Hallo Artik! Banana, Schoko, Aprikose!
Hallo Eis!
Ein erholsamer und vergnüglicher Tag am Stand von
Tel Aviv geht zu Ende...
Sababa shel Hajim!
ee / haGalil
onLine 13-09-2000
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