antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com

Search haGalil

Newsletter abonnieren
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus
Jüdische Weisheit
 
Sie finden hier zahlreiche Artikel aus dem 90er Jahren, d.h. aus den Anfangsjahren des WWW. Aktuellere Meldungen finden Sie im Nachrichtenarchiv unter Jüdisches Leben in Deutschland..., Antisemitismus, Rechtsextremismus..., Europa und die Welt... oder in den täglich aktuellen Nachrichten von haGalil.com...
Etliche Artikel in diesem Ordner entsprechen in Formatierung und Gestaltung nicht den heutigen Internetstandards. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.


Die Geschichte der Juden
in Deutschland V

1650 aZ:
Messianische Wirren leiten die Aufklärung ein

1648/49: Die Gemetzel Chmelnickis in Polen und der Ukraine zwingen viele osteuropäische Juden zur neuerlichen Flucht in den Westen, diesmal in deutsche Gebiete.

1649: Die Juden werden aus Hamburg vertrieben.

1670-1671: Die Juden werden aus Wien und den österreichischen Erblanden vertrieben; fünfzig wohlhabenden Wiener Familien wird es gestattet, sich in Berlin anzusiedeln.

1646-1724: Das Tagebuch der in Hamburg geborenen Glückel von Hameln gewährt einen einzigartigen Einblick in die deutsche jüdische Welt im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert. Mit 14 Jahren verehelicht, bringt sie zwölf Kinder zur Welt, wird mit 44 Jahren zur Witwe und führt das Geschäft ihres verstorbenen Mannes weiter, während sie ihre noch unverheiraten Kinder aufzieht. Sie heiratet wieder mit 54 Jahren, erleidet zwei Jahre später Bankrott, wird mit 66 wieder Witwe und stirbt im 78. Lebensjahr. Im Jahr 1690 beginnt sie ein für ihre Kinder gedachtes Tagebuch, in dem sie ausführlich über ihr Familienleben, das Leben ihrer Freunde und Nachbarn, Geburten, Heiraten, Krankheiten und Todesfälle ebenso wie über ihre geschäftlichen Erfahrungen und die wichtigeren Ereignisse ihrer Zeit berichtet.

Durch ihren Bericht ist uns auch das Stärkerwerden des Messianismus überliefert, des Glaubens an die unmittelbar bevorstehende Ankunft des Messias, der die Juden aus dem Exil und seinen Leiden und Demütigungen erlösen und ins gelobte Land führen wird. Als Shabbatai Zevi, ein 1626 in Smyrna geborener religiöser Fanatiker, sich 1665 durch Nathan von Gaza zum Messias erklären lässt und für das nächste Jahr (das nach den Lehren der Kabbala das Jahr der Wende ist) die Rückkehr der Juden in das von den Türken beherrschte Land Israel deklariert, folgen die Juden an vielen Orten diesem Aufruf, verkaufen allen ihren Grundbesitz und halten sich bereit für den Weg nach Osten. Als bekannt wird, dass Shabbatai Zevi 1666, im Jahr der großen Wende, zum Islam übergetreten ist und einen kleinen Ehrenposten am Hof des Sultan in Istanbul angenommen hat, herrscht zwar grosse Enttäuschung über ihn, aber der Glaube an die baldige Ankunft des Messias wird nicht schwächer: zu groß ist das Leid und die Hoffnungslosigkeit. Noch mehr als hundert Jahre später kann Jakob Frank auf diesem Glauben aufbauen und ihn für seine Zwecke benutzen (s. Offenbach). Die ständige Enttäuschung des Messiasglaubens bringt viele Juden vom überkommenen Glauben ab und unterstützt die Bemühungen der Aufklärung.

Mitte des 18. Jahrhunderts: Die Aufklärung ist eine Periode intensiver intellektueller Bestrebungen, religiöse Vorurteile und drückende Bräuche und Traditionen durch die Kraft der Vernunft zu überwinden. Der deutsche Dichter Lessing und der jüdische Philosoph Mendelssohn sind bedeutende Vorkämpfer dieser Bewegung und tragen viel dazu bei, den Weg für die schließliche Emanzipation der Juden zu bahnen.

1729-1786: Moses Mendelssohn gilt als der erste moderne jüdische Denker der deutschen Aufklärung und als geistiger Führer des deutschen Judentums; er will die Barrieren beseitigen, die die Juden vom deutschen gesellschaftlichen und kulturellen Leben trennen. Neben seiner umfangreichen schriftstellerischen Tätigkeit ist er ein erfolgreicher Geschäftsmann und leitet in seinen späteren Jahren eine Seidenfabrik. Er übersetzt die Torah ins Deutsche und veröffentlicht die deutsche Übersetzung (zuerst in hebräischen Lettern gedruckt) zusammen mit dem hebräischen Original und Kommentaren. So lehrt er die Juden, deutsch zu lesen und zu schreiben und macht andere mit der hebräischen Sprache vertraut. Mendelssohn glaubte, dass der Zugang zu Sprache und Kultur der Mehrheit die jüdische Identität nicht gefährde. Und doch bringt das von ihm angebahnte bessere Verständnis zwischen den beiden Völkern zahlreiche Übertritte zum Christentum. Sein langjähriger Freund G. E. Lessing setzt ihm in "Nathan der Weise" ein bleibendes literarisches Denkmal.

1778: David Friedländer gründet die erste jüdische Freischule, an der die Unterrichtssprache Deutsch anstatt Hebräisch ist.

1781: In Berlin erscheint die Schrift "Über die bürgerliche Verbesserung der Juden in Deutschland" von Ch. W. Dohm, einem hohen preussischen Beamten. Seine emanzipatorischen Vorschläge sollten im 19.Jahrhundert die preußische und später die deutsche Gesetzgebung nachhaltig beeinflussen.

1791: Die Französische Revolution bringt nicht nur den wenigen französischen Juden, sondern in den von Napoleon besetzten Gebieten vorübergehend auch den deutschen jüdischen Gemeinden die bürgerliche Emanzipation.

1797-1856: Heinrich Heine, einer der großen deutschen Dichter, wird als Sohn einer jüdischen Familie in Düsseldorf geboren, tritt aber wie viele Zeitgenossen im Zuge der erstarkenden Assimilationsbewegung zum Christentum über. Obwohl er formell nie zum Judentum zurückkehrte, ist sein Ausspruch bekannt: "Ich mache kein Geheimnis aus meinem Judentum, zu dem ich nie zurückgekehrt bin, weil ich es nie verlassen habe."

1806: Ende des Heiligen Römischen Reiches, das seit der Krönung Karl des Grossen im Jahr 800 die deutschen Gebiete mit mehr oder weniger grossen Machtbefugnissen beherrschte. Um die drohende Wahl Napoleons zum römischen Kaiser zu verhindern, löst Kaiser Franz II. das auf Wahl durch die Kurfürsten beruhende römische Kaiserreich (nach vorsorglicher Gründung des erblichen österreichischen Kaiserreichs) auf.

1812: Preußen führt ein Gesetz zur Judenemanzipation ein. In den folgenden Jahren wird die Gleichstellung der Juden Schritt für Schritt wieder rückgängig gemacht.

1818: Leopold Zunz (1794-1886) veröffentlicht eine Schrift "Etwas über die rabbinische Literatur", die ein vorläufiges Programm des Studiums der jüdischen Geschichte und Literatur enthält; daraus erwächst später die "Wissenschaft vom Judentum". In wissenschaftlichen Zeitschriften erscheinende Studien regen die Diskussion zwischen jüdischen und christlichen Intellektuellen an und tragen zur Stärkung des jüdischen Selbstbewusstseins bei. 1854 wird in Breslau das "jüdisch-theologische Seminar" gegründet. Das ist die erste Institution, die sich der Wissenschaft vom Judentum widmet. Es folgt die Gründung ähnlicher Organisationen in Deutschland und anderen Ländern. 

1819: Der Schlachtruf "Hep! Hep!" ertönt während anti-jüdischer Unruhen; sie brechen in mehreren Gegenden Deutschlands aus, zum Teil wohl deswegen, weil sich manche Christen durch den sozialen und wirtschaftlichen Aufschwung der Juden und durch die Judenemanzipation bedroht fühlen.

1836: Samson Raphael Hirsch (1808-1888) veröffentlicht seine "Neunzehn Briefe über das Judentum" und "Aufsätze über die Pflichten Israels in der Diaspora", in denen er sich mit den Beziehungen des Judentums zur Weltkultur befasst. Rabbi Hirsch ist der prominenteste geistige Führer der jüdischen Orthodoxie im 19.Jahrhundert.

1848: Wenige Wochen nach der Pariser Februarrevolution bricht auch in Deutschland die Revolution aus, die ein Ende der Kleinstaaterei, eine liberalere Regierung und volle bürgerliche und politische Rechte für das ganze Volk anstrebt. Die Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt beschließt eine Verfassung, die auch den Juden dieselben Rechte gewährt. Die Nationalversammlung unter ihrem Präsidenten Eduard Simson, einem getauften Juden, bietet dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone an, er lehnt diese Krone die "aus dem Dreck der Revolution geknetet ist", ab. Die Revolution wird schließlich vom Milagen. Es folgt eine Periode der Reaktion.

Nächster Teil demnächst
Erste Seite

Wenn Sie hierzu ein Buch lesen möchten:
Reiseführer durch das jüdische Deutschland
Peter Hirsch und Billie Lopez, Kovar Verlag
zu bestellen bei haGalil onLine
info.order@hagalil.com

 


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München
1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved