Antisemitismus im
(Gegenwarts-) Islam:
Europa im Konflikt zwischen Toleranz und Ideologie
Von Hans-Peter Raddatz
Vortrag in
Mannheim 14. 7. 06
1. Bedingungen
muslimischer Existenz
Der Islam ist nicht nur eine politische Religion, die Glaube
und Staat zusammenfasst. Unser Thema muß ebenso der Tatsache Rechnung
tragen, daß diese Religion auch ein zeitübergreifendes Phänomen ist, das
sich aus weit zurückliegenden und zugleich aktuell bewussten Ursprüngen
speist. Koran und Tradition sind heute ähnlich lebendig wie zu Zeiten ihres
Stifters Muhammad und des frühen Islam, dessen überliefertes Vorbild von den
Theologen ständig aufgegriffen und als verbindliche Glaubenslinie
weiterentwickelt wurde. Indem die Religion Mensch, Familie, Gesellschaft und
Staat umgreift, liefert sie auch ein Erklärungsmodell für den Islamismus, in
dem sich heute die Vormoderne konserviert und die große Mehrheit der Muslime
in zunehmende, politisch-rechtliche Konflikte mit der Gegenwart bringt.
Im
Zeitalter der islamischen Migration und ihrer interkulturellen Konfrontation
mit dem Nichtislam wäre allerdings die Annahme fatal, der Westen könnte
diese fundamentalen Unterschiede negieren und sich die muslimische Diaspora
in einer Spielart der "splendid isolation" authentisch einverleiben. Weder
läßt sich gegenwärtiger Islam ohne sein prophetisches Urmodell denken, noch
kann ein "Dialog" seine teilweise, insbesondere im rechtlich-politischen
Bereich kontroversen Grundlagen außer Acht lassen. Die universale und
zeitlose Struktur dieser Politreligion verpflichtet ihre Anhänger, ihre
Traditionen und Verhaltensweisen unverändert zu bewahren und, wann immer
möglich, auch einer nichtislamischen Umgebung zu oktroyieren. Die
Leser/Innen sollten also nicht erstaunt sein, wenn ihnen nachfolgend
Sachverhalte vorgetragen werden, die nicht unmittelbar mit der islamischen
Gegenwart verbunden zu sein scheinen.
Indem
sie in ihrer Mehrheit nach wie vor Religion und Politik und damit auch ihre
gesamte Existenz mit der Wahrheit selbst gleichsetzen, gehört zu den
wichtigsten Dogmen der Muslime ihre Selbstdefinition aus dem Gegensatz zu
den nichtislamischen Religionen und Staatssystemen, die sie historisch
überwunden haben. Wenn sich diese Expansion heute in der modernen
Migration fortsetzt, so bedeutet dies somit nicht, daß sie auch die Methoden
der liberalen Akkulturation übernommen hätten.
Geschichte und Gegenwart zeigen vielmehr, daß man sich in der
interkulturellen Begegnung von einem historisch gewachsenen, aggressiv
abgrenzenden Regelwerk leiten lässt, das den eigenen Bestand zur obersten
Priorität macht. Unter dem Begriff der Scharia (arab.: Weg) ist es seit
nunmehr einem halben Jahrtausend offizieller und zugleich unveränderbarer
Inhalt der islamischen Theologie. Es ist integrale Basis der muslimischen
Existenz, Gläubigkeit und Politik und laut der Kairoer Kommission für eine
umfassende Edition der Muhammad-Tradition der "… von Allah gespendete
Königsweg … , der alle Angelegenheiten des Lebens einschließt".[1]
Da man im westlichen Pluralismus diesen ganzheitlichen Kontext oft nicht
würdigt, entgeht ihm eine wichtige Spezialität der islamischen
Wahrnehmung: Hier ist es integraler Bestandteil der Spiritualität,
den Nichtislam
politisch abzuwehren bzw. zu überwinden.
2. Djihad
gegen Juden, Christen und Frauen
Da
man die Juden und Christen als koranisch verankerte "Schriftverfälscher" und
heute als wesentliche Urheber der Moderne betrachtet, spielen sie – zusammen
mit den Frauen – eine traditionelle Feindbildrolle in der islamischen
Ideologie. Sie vertreten und verkörpern Denkprinzipien, die den Bestand des
Islam in Frage stellen können - die Ethik der Juden und Christen auf
geistiger, die Selbständigkeit der Frauen auf biologischer Basis. Da es
innerislamisch keinen freien Diskurs über die ethische Selbstfindung der
Juden im Dekalog, noch die – theoretische - Selbstbeschränkung der Christen
im Machtverzicht, noch die sexuelle bzw. geistige Selbstbestimmung der
Frauen gibt, wurden und werden sie strenger Kontrolle unterzogen.
Diese
Kontrolle erfolgt unter den Regeln der Scharia, deren konformierende Wirkung
wiederum eine "charismatische Konkurrenz" um ihre beste Erfüllung erzeugt.
Wie alle Ideologien, die das Bewusstsein vereinnahmen, spendet sie
Macht und hat daher auch ihre Wirkung auf die westlichen Eliten nicht
verfehlt. Hier ist die Neigung entstanden, Islamismus vom Islam zu trennen,
wodurch ihnen die Scharia zunehmend als Mittel der Stellvertreterpolitik
zuwächst. Zugleich lassen sich über den Hebel der "Toleranz", ob absichtlich
oder nicht, die gewachsenen Rechte der Basisbevölkerung beschneiden.
Da es
außerhalb des Islam kein Sein und damit auch keine Wahlfreiheit gibt, bildet
die Ablehnung des Nichtislam nicht nur Teil der muslimischen Existenz,
sondern deren unverzichtbaren Lebenskern. Besonders überzeugend
bekunden also diejenigen ihren Glauben, die sich Konzepten wie der
jüdisch-christlichen Zivilisation und/oder der selbst bestimmten Frau
entgegenstellen. Im Rahmen der Stellvertreterpolitik hat sich diese Sicht
auch der westliche "Dialog mit dem Islam" zueigen gemacht, dessen
interkulturelle Diskursführung sich zunehmend im Sinne islamischer
Interessenwahrung gestaltet.
Die
islamische Dynamik, der alternative Weltbilder nur sehr bedingt akzeptabel
erscheinen, ist auch einer breiteren Öffentlichkeit inzwischen als "Djihad"
bekannt. Der Begriff umfaßt Bedeutungsformen der "Anstrengung", die in einem
breiten Spektrum die "charismatische Konkurrenz" aktiviert und dem Einzelnen
ermöglicht, sich als nützlicher Teil der islamischen Gemeinschaft zu
verwirklichen. Indem sie Islam und Islamismus verbindet, spannt sich diese
Anstrengung von der geistigen Bemühung um den Glauben über die Kontrolle der
Frau bis hin zur äußersten Anstrengung um die physische Vernichtung des
politischen Gegners, die den Selbstmord einschließt.
In
dieser Seinsform erlangt die oft zitierte Formel, nach der es "keinen Zwang
im Glauben" gibt (2/256), ihre eigentliche Bedeutung. Sie umschreibt die
islamische Freiheit, die keine Beschränkungen kennt, wenn es um den Bestand
und die Ausdehnung der "Umma", der muslimischen Einheit und Gemeinschaft
geht. Sie wird als "beste aller jemals entstandenen Gemeinschaften" (3/106)
verstanden und schließt zu ihrem Schutz auch die Gewalt ein. In einem somit
auf den Islam begrenzten Weltbild muß auch das Tötungsverbot auf Muslime
begrenzt sein. In bezug auf Nichtmuslime oder ungehorsame Frauen ist dieses
Verbot hingegen nicht nur aufgehoben, sondern wandelt sich zu einem
Tötungsgebot, das in Koran und Tradition vielfältig verankert ist. Seine
Verbindlichkeit unterliegt wiederum den jeweiligen Begleitumständen der
"charismatischen Konkurrenz" in der konkreten Praxis. In bezug auf den
Unglauben drückt sie sich in der Propaganda gegen Juden und im Kampf
gegen Israel, in bezug auf die Frauen in den Rechten auf Züchtigung,
Vergewaltigung und "Ehrenmord" aus.
3.
Euro-islamischer Kampf gegen die Juden
Daraus ergibt sich, daß je konkreter die praktischen Vorteile werden, die
sich aus der "charismatischen Konkurrenz" um die übergeordneten, islamischen
Verdienste ergeben, desto näher auch die Legitimation der Gewalt rückt. Das
muslimische Sein versteht sich nicht nur als allen anderen Alternativen
überlegen, sondern grenzt sich auch in durchaus plastischer, darwinistisch
abwertender Weise ab. So werden Juden mit Affen, Christen mit Schweinen und
Frauen mit Hunden verglichen und damit so abgewertet, daß die Theologie die
rigorose Beschränkung ihrer Lebensbedingungen, ihre permanente Kontrolle und
gelegentliche Vernichtung zu "natürlichen" Pflichten machte.
Somit
erscheint es jedem gläubigen Muslim, noch dazu den führenden Kräften des
Weltislam, als absurd, diese Lebensformen, die außerhalb des Islam stehen
bzw. seinen Bestand latent bedrohen, anzuerkennen, geschweige denn zu ihren
Gunsten die Leitsätze des eigenen Herrschaftsanspruchs außer Kraft zu
setzen. Islamische Ethik richtet sich daher zunächst auf die Wahrung dieses
Anspruchs, dessen Lebensmitte wiederum in der Dominanz des islamischen
Rechts, der Scharia Allahs, besteht.
In
diesem Rahmen bildet einen der formativen Bezugspunkte der Kampf gegen die
Juden, der noch vom Verkünder selbst auf den Weg gebracht worden war, indem
er einen der Judenstämme Medinas ausrotten ließ. Diese Maßnahme hat eine
geradezu metaphysische Bedeutung erlangt, die weit über die politische Ebene
hinausragt. Nur so läßt sich die über ein Jahrtausend währende Kontinuität
des islamischen Drucks auf die jüdische Diaspora erklären, der sich bis in
unsere Tage im Kampf gegen Israel fortsetzt.
Die
übergeordnete Rolle dieses Ziels fordert die Autoritäten des Islam immer
wieder zu seiner öffentlichen Wiederholung und Bestätigung auf. Für Muhammad
Tantawi, Großmufti von Ägypten und Azhar-Scheich, besteht kein Zweifel
daran, "daß man zu den Lehren des Islam zurückkehren müsse, um den Feind
Allahs zu bekämpfen und die heilige Erde von den Juden zu reinigen".[2]
Er gab ein Rechtsgutachten (Fatwa) heraus, dem zufolge Attentäter gerade
dann auch als Märtyrer zu gelten haben, wenn bei ihren Anschlägen jüdische
Frauen und Kinder - und damit die Zukunft Israels - in den Tod gerissen
werden.[3]
Als seinen Vorläufer und Gewährsmann zitiert er keinen Geringeren als Adolf
Hitler, der sich seinerseits auf eine Gewalt vermittelnde Gottheit bezog:
"Indem ich mich der Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn".[4]
Dieser "Herr" bringt sich ganz ähnlich auch im Koran zu Wort. "Und
weil sie ihre Verpflichtung brachen, haben wir sie verflucht ... Und du
bekommst immer wieder Falschheit von ihnen zu sehen" (5/13) - "Und du wirst
sicher finden, daß diejenigen Menschen, die sich den Gläubigen am meisten
feindlich zeigen, die Juden und Heiden sind" (2/96) - "(Und dies ist zur
Strafe dafür), daß sie nicht an die Zeichen Allahs glaubten und
ungerechterweise die Propheten töteten" (3/112) – O die ihr glaubt, bewahrt
euch selbst und eure Angehörigen vor einem Feuer, dessen Brennstoff Menschen
und Steine sind …(66/6)
So
erstaunt die Fülle von Hinweisen in der arabischen Literatur nicht, die auf
eine repressive Praxis der Dhimma hindeuten, des "Schutzvertrages", der den
Umgang mit den "Schriftbesitzern" – Juden und Christen - regelt. Wenngleich
ihnen koranisch eine Sonderbehandlung zugesichert wird, so wurde indes der
Bruch dieser Vorschrift zum regelhaften Brauch. Es besteht kein Mangel an
Berichten, aus denen die unterdrückte Lebensweise der Juden, ob im Jemen
oder in Ägypten, in Syrien, Irak oder Nordafrika, gleichermaßen hervorgeht:[5]
"Auf lange Sicht hatte sie zur Konsequenz, daß die ansässige bäuerliche
Bevölkerung jüdischen und christlichen Glaubens verschwand".[6]
Im
Kolonialismus machte sich die säkularisierte Form des Antisemitismus
geltend. Sie setzte die Tradition der kirchlichen Judenfeindschaft fort, an
der weder Reformation noch Aufklärung wesentliche Veränderungen bewirkten.
Indem sich die Juden ihrerseits im Zionismus abgrenzten, trugen sie
unfreiwillig dazu bei, daß europäische Antisemiten und islamische
Judenfeinde zusammenrückten. Muster der Diffamierung wie der Ritualmord an
Kindern und die "jüdische Weltverschwörung", die in den "Protokollen der
Weisen von Zion" herbeigeredet wurden und werden, halfen wesentlich dabei,
die Muslime in ihrer antijüdischen Tradition zu bestärken und die Juden zum
universalen Sündenbock für die Kränkungen der Kolonialbesatzung zu machen.
So
scheint es kein Zufall, daß dieselben großen Geister, die als Vorreiter
einer vom Orient hergeleiteten Toleranz auftreten, teilweise auch große
Antisemiten waren. Neben Voltaire, der in den Juden eine "verkommene und
minderwertige Rasse" sah, hielt Kant sie für völlig unfähig, dem sozialen
Zusammenleben zu nützen: "Es wird nichts daraus kommen, solange sie Juden
sind ...Jetzt sind sie Vampyre der Gesellschaft".[7]
Dieser Ansicht stand Johann Gottlieb Fichte nahe, der eine selektive
Toleranz für bestimmte Religionen vertrat. Er verhöhnte die Versuche
Lessings zur Emanzipation der Juden, deren Integration ihm als "Staat im
Staate" unmöglich schien: "Aber ihnen Bürgerrechte zu geben, dazu sehe ich
wenigstens kein Mittel als das, in einer Nacht ihnen allen die Köpfe
abzuschneiden und andere aufzusetzen, in denen auch nicht eine jüdische Idee
sey. Um uns vor ihnen zu schützen, dazu sehe ich wieder kein anderes Mittel,
als ihnen ihr gelobtes Land zu erobern, und sie alle dahin zu schicken".[8]
Fichte schwebte ein gnostisches, sich selbst vergottendes Bewusstsein vor,
ein "deutsches Urvolk" in einem einheitlichen Nationalstaat, das zu einem
wichtigen Grundstein für den modernen Antisemitismus deutscher Prägung
wurde. Nach ihm hatten Christen- und Judentum als letztlich "asiatische" und
damit "blindgläubige" Konzepte in Europa nichts zu suchen, es sei denn, sie
ließen sich nach seiner Vision durch den "Geist der germanischen Stämme"
inspirieren.
Als
Vorläufer der Ideologien des unkritischen Islamdialogs und New Age, die den
Islam authentisch, d.h. als homogene Rechtseinheit vertreten, wollte
Friedrich Schleiermacher den deutschen "Nationalorganismus" vor der
Integration des deutschen Judentums als rassenhomogene Einheit verschonen.
Es sollte sich mit ihm arrangieren, um nicht das Risiko der Entmenschlichung
zu laufen und, wie er meinte, "ausgeworfen" zu werden.
Es
erschien ihm als eine defekte Hülle des Christentums, der auch ein Platz in
der deutschen Nation zuzubilligen sei, allerdings beschränkt auf seine
Elite.
Hegel
schließlich sah das Christentum als Aufforderung zur Weltabkehr, die nach
den Einflüssen durch jüdische Unmoral und römischen Synkretismus fast nur
noch eine Sklavenmentalität ohne Geschichtsbezug offen ließ. Dennoch
wunderte er sich über den mysteriösen Ausweg, den die Verbindung aus Lehre
und Person Christi aus diesem Dilemma zu öffnen schien. Widerwillig gab er
zu, daß es trotz klerikaler Verfremdung zu einer eigentümlichen
Wahlfreiheit gekommen sei, die individuelle Emanzipation, Wissenschaft und
Säkularisierung ermöglicht habe. Um sie nachhaltig zu sichern, forderte er
jedoch die völlige Lösung vom Judentum, das ihm als Negativfolie für
mechanisiertes Verhalten und als Risiko in der aufgeklärten Gesellschaft
erschien.
Diese
Sicht eines Christentums, das sich jeder Macht unterwirft und dabei vom
Judentum distanziert, weist nicht nur auffällige Parallelen zur bis heute
gültigen Dhimmi-Ideologie des orthodoxen Islam auf. Diese stimmt ihrerseits
ebenso auffällig mit der marxistischen Lehre überein, nach der jede
menschliche Erlösung scheitern muß, solange noch das Judentum existiert.[9]
Wer den weltlichen, insbesondere finanziellen Fortschritt will, muß sich
daher von der christlich-jüdischen Zivilisation lösen.
Hier
entsteht eine wichtige Schnittstelle zur Politstrategie des Weltislam,
besonders der Islamic Conference, die eine "Miteignerschaft Europas"
anstrebt und zu einer Spaltung der EU beiträgt. Immerhin besteht neben einem
Büro zur Kontrolle antisemitischer Aktivitäten in Europa die Parliamentary
Association For European-Arab Cooperation (PAFEAC), die sich immer offener
gegen die Interessen Israels einsetzt.[10]
Indem
sich europäische Verfassung und islamisches Scharia-Recht ganz allmählich
angleichen, können sich die Europäer auch dem islamistischen Gegenentwurf
nähern und zu Konkurrenten Amerikas machen. Historisch stehen sie in der
Tradition ihrer großen Vordenker wie Kant, Fichte, Hegel und Marx,
deren Ideen auch die Mythen vom islamischen Frieden und von Palästina als
arabischer Heimat und, wie Schleiermacher es nannte, das "Auswerfen" der
jüdisch-christlichen Zivilisation vorbereitet haben.
4.
Bärendienst des "Dialogs" am Judentum
Am
Umgang mit der Judenfrage im Islam läßt sich die Vehemenz aufzeigen, mit der
man sich in Europa über alle ideologischen Bedenken und deren historische
Belege hinwegsetzt. Inzwischen machen sich fast alle Repräsentanten der
wesentlichen Institutionen eine ambivalente und unkritische Interpretation
der muslimischen Weltsicht zueigen. Stellvertretend für viele andere ist der
Soziologe Bassam Tibi zu nennen, der sich der historisch nicht belegbaren
These des Historikers Bernard Lewis anschließt. Danach haben "weder
Judenhass noch Antisemitismus irgendwelche Wurzeln in der islamischen
Geschichte".[11]
Gleichzeitig offenbart Tibi das objektive Dilemma dieser Auffassung, indem
er einräumt, daß es diesen Judenhaß auch ohne die Staatsgründung Israels
dennoch gibt.[12]
Eine
Weltsicht, die Gewalt, nicht nur muslimische, legitimieren will, wird sich
zuverlässig durchsetzen, wenn sie diese Fakten unterdrückt und durch
Fiktionen ersetzt. Tibi liefert Material, mit dem er den laufenden
Strukturwandel anschaulich belegt. Einerseits kritisiert er das
islambezogene Wunschdenken der Europäer, andererseits vertritt er eine
islamische Friedensvision, die ein Gegengewicht zur Wahrheit des Islamismus
bilden soll. Immerhin erwähnt er beiläufig auch, daß die europäischen Eliten
im Rahmen dieses Wandels gegen demokratische Pflichten verstoßen.
Tibis
widersprüchliche Wunschversion beruht wesentlich auf drei Fiktionen. Zum
einen bedeute, wie er meint, die islamische Expansion der Spätantike einen
Segen für Europa, weil sie den Kontinent vom Orient abgeschnitten und zur
Konzentration auf das eigene Gebiet und geistige Potential gezwungen habe.[13]
Worin diese Aktivität konkret bestand, bleibt unerklärt, während der Orient
zum Passepartout wird, das - verbunden oder getrennt – eine universale
Quelle der Kultur bildet. Seine schlichte Existenz – z.B. im bekannten
Mythos von Cordoba – wird zur Bedingung für ein kultiviertes Abendland.
Daraus folgt zum zweiten, daß muslimische Migranten die Rolle des
europäischen Citoyen, des Idealbürgers der Französischen Revolution,
übernehmen und zu sogenannten "Euro-Muslimen" werden. Anders als Islamisten
sollen Muslime dies bewerkstelligen können, obwohl sie das islamische
Kollektiv bilden und eine individuelle Akkulturation nicht kennen. Tibi
verhehlt nicht, daß ihm auch dieses Dilemma geläufig ist, indem er vor der
Einbürgerung in Deutschland warnt. Aus seiner Sicht fußt man hier auf einem
"rassistischen, vormodernen, ethnisch fundierten Recht", dessen Annahme
durch Muslime "äußerst problematisch" wäre.[14]
Das
Orient-Passepartout bedingt einen strikten Positiv-Filter, der vor
gegenläufigen Analysen schützt. So sind die Kreuzzüge vor der Folie
abendländischer Gewalt und die Anti-Kreuzzüge Saladins, des Toleranzidols
Lessings, vor der islamischen Friedensfolie als "Ansätze heutiger,
völkerrechtlicher Vorschriften" zu sehen.[15]
Für unser Thema erschließt sich daraus als dritte Fiktion, daß es eine
universale, wie Tibi von Lewis übernimmt, "jüdisch-islamische Symbiose"
gegeben haben soll, die erst durch den Islamismus der Muslimbruderschaft und
den von ihr importierten Antisemitismus des Westens beendet wurde.[16]
Uns
wird eine andere Auffassung seines Gewährsmannes Lewis vorenthalten, der
dies Geschehen alternativ auch als "historische, vielleicht irrationale
Reaktion eines alten Rivalen auf unser jüdisch-christliches Erbe, unsere
laizistische Gegenwart und die weltweite Expansion von beidem" sieht. Lewis
baut ethische Hemmschwellen ab und macht sich die elitäre Strategie zueigen,
in der Gewalt eine skrupelfreie Rationalität und Legitimität erlangen kann.
Danach provozierte der jüdische Anspruch auf Lebensrecht seine Vernichtung
selbst, indem "Unterdrückung durch einen muslimischen Mob oder Staat der
Preis für illoyales Verhalten unterworfener Gruppen ist".[17]
4. Islamischer
Antisemitismus und Palästina-Mythos
Ebenso wie Tibi zitieren zahlreiche ambivalente Gratwanderer des "Dialogs"
als Autorität für die angebliche, interkulturelle Harmonie ausgerechnet
Maimonides, den größten Juden des islamischen Mittelalters. Gerade er kommt
jedoch dafür als harter Kritiker der islamischen Zwangsherrschaft kaum in
Frage: "Kein Volk hat jemals Israel mehr Leid zugefügt. Keines hat es ihm je
gleichgetan, uns zu erniedrigen und zu demütigen. Keines hat es je vermocht
uns zu unterjochen, wie sie es getan haben".[18]
Diesem und anderen Zeitzeugnissen zum Trotz sollen die Muslime den
universalen Orientfrieden begründet und über viele Jahrhunderte mit den
Juden eine Symbiose gepflegt haben, die erst durch die Gewalt des
europäischen Antisemitismus beendet wurde. Die Vertreter dieser These stehen
vor einem doppelten Dilemma: Zum einen ist ihnen jeder Kommentar zum Koran
als antijüdischer Ideologiequelle verwehrt, zum anderen beschwören sie einen
fiktiven Friedensislam, für dessen Realisierung sie die Konzepte schuldig
bleiben. Denn historische Daten, die ihrer Sicht nicht entsprechen, lassen
sie nicht zu. Als Konsequenz ergibt sich ein quasi-islamisches Verhalten,
das westliche Konzepte ablehnt und auch wieder den Antisemitismus hoffähig
macht.
Ob
bewusst oder nicht, werden sie zu Helfern der radikalen Islampropaganda,
welche den Judenstaat als Speerspitze einer doppelten Herausforderung
darstellt. In den Zumutungen, denen die islamische Kultur mit westlicher
Wirtschaftsmacht, Liberalität, Bilderwelt, Frauenrolle, Musik, Pornographie
etc. ausgesetzt ist, bilden das "Weltjudentum" und Israel die ultimativen
Kränkungen. Während die Christen der Region seit Jahren nahezu geräuschlos
dezimiert werden und dem Anspruch Allahs nicht entgegenstehen, wird dessen
Einheit von einem Israel gespalten, das seinerseits einen historisch
gewachsenen Anspruch auf die Existenz im Lande seiner Väter erhebt.
In
den semi-totalitären Systemen des Islamgebiets hat man in den Moscheen und
Medien ein untrennbares Kartell der antijüdischen Indoktrination aufgebaut.
Unentwegt fordert Al-Akhbar, die größte Zeitung Ägyptens, die Ausrottung des
"Fluchs der Juden", der auf dieser Welt lastet. "Ich will dich tot, das
nenne ich Frieden", fügt Al-Ahram hinzu, Sprachrohr der ägyptischen
Regierung, in das auch "Akil", Organ der türkischen Islamistenpartei,
ähnlich tönte. "Wenn jeder Araber einen Juden tötet, bleibt kein Jude
übrig", ist ein zentrales Leitmotiv für Druck- und Bildmedien. Ebenso ziehen
sich durch zahllose Blätter, insbesondere in Saudi-Arabien, die Greuelmuster
vom jüdischen Ritualmord, die den Judenmord der Nazis rechtfertigen sollen.
Deren Verbindungen zur Muslimbruderschaft gelten als Beweis, und Hitlers
Aussage, "als Mohammedaner den Krieg gewinnen zu können", suggeriert den
Arabern seither den Holocaust als Pflicht, nunmehr spektakulär erneuert
durch den iranischen Präsidenten.
Längst haben sich der vermeintliche "Friedensprozeß" in Israel und
islamischer Antisemitismus zu einem Katalog der Gewaltpropaganda verbunden.
Journalisten, die zur Mäßigung gegenüber den Juden aufrufen, werden zu
"westlichen Agenten", die mit Foltergefängnis oder dem Verlust des Lebens
bedroht sind. Ungebrochen beherrscht der radikale Mainstream den Kreislauf
der Subversion, Gewalt und Selbstmordattentate. Da man dies auch in den –
teilweise westlich finanzierten – Schulbüchern rechtfertigt, ist kaum
erkennbar, ob überhaupt eine seriöse Friedensbereitschaft besteht und wo sie
ansetzen soll, wenn nicht bei der Jugend.
Seit
dem 11. September lernen Attentatsanwärter, daß ihre Detonation den Zugang
zum "Paradies" garantiert. Moscheen, Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen
betreiben endlose Intensiv-Werbung mit "Rechtsgutachten" für den
verdienstvollen Selbstmord: "Selbst in vollständig zerrissenem Zustand, als
Ansammlungen über und über verstreuter Organteile", so ist zu lesen und zu
hören, "werden die Märtyrer und ihre Loyalität von Allah in Ehren
angenommen. Denn es ist Allah selbst, der sie für den Krieg gegen die Juden
auswählt, und aus ihrem Opfer unseren Sieg macht."
Unschwer erkennbar hat dieser Typus von Judenfeindschaft wenig mit dem des
europäischen Antisemitismus zu tun. Die arabische, eher metaphysische
Variante ist ebenso frei von säkularen Elementen, wie der Islam selbst sich
der Modernisierung widersetzt. Und sie macht etwas anderes deutlich, das im
pluralistischen Westen oft auf Unverständnis stößt: die islamische Gewalt
als Funktion des Opfers. Da die islamische Theologie die Prinzipien der
freien Willensentscheidung und damit auch der Schuld nicht kennt, gibt es
auch keine gedanklichen Grundlagen, auf denen eine Sublimierung von Gewalt,
geschweige denn eine "Erlösung" entwickelt werden könnte.
So
wird die Ablehnung der westlichen Freiheit und die Begeisterung
palästinensischer Mädchen verständlich, die sich lieber heute als morgen in
die Luft sprengen, während solche Todessehnsucht der jüdisch-christlichen
Zivilisation eher fremd ist
[19] Das Opfer bleibt somit
zunächst das nichtislamische Andere, auf das man alles Negative projiziert -
ein feindbildbelasteter Kreislauf, der dem Islam erschwert, eine
"abrahamitische" Religion zu werden, weil der Gott der Juden das
Menschenopfer beendete. Solange man auch die Modernisierung ablehnt, bleiben
Privatisierung des Glaubens und Sublimierung des Opfers eher Theorie, die
der blutigen Praxis Vorschub leistet.
Da
auch die doppelte Kränkung durch Israel fortdauert, noch dazu von den USA
gestützt, haben inzwischen die Islamisten den metaphysischen Machtanspruch
des Islam politisch besetzt. Von Muslimbruderschaft bis Djihad Islami, von
Hamas bis Hizbollah erstreckt sich die innerislamische Deutungshoheit über
die antiwestliche Strategie, die nicht nur Druck auf den liberalen Teil der
islamischen Eliten ausübt, sondern auch Europa erfaßt hat. Wie radikal sich
diese Organisationen allerdings auch geben mögen, den europäischen
Eliten erscheinen sie so "gemäßigt", daß man sie seit geraumer Zeit sowohl
propagandistisch als auch finanziell fördert. Arafat war nicht nur Terrorist
und Friedensnobelpreisträger, sondern auch ein langjähriger Nutznießer
dieser Kollaboration, in der Europa allmähliche Konturen als
"charismatischer Konkurrent" Amerikas im Kampf um islamisches Wohlwollen
annimmt.
Wie
gesehen, ist diese Entwicklung ihrerseits nicht vom Himmel gefallen,
sondern hat ihre Wurzeln in der Tat zwar nicht nur, aber auch in der
jüngeren europäischen Geschichte. Entsprechend der "doppelten Kränkung" des
Islam leistet Europa seinen Tribut in Form eines Doppelmythos. Als eine
Seite der Medaille pflegte man den Mythos vom Islam als Modell des Friedens,
dem man im 20. Jahrhundert die andere Seite hinzufügte: den Mythos von
Palästina als verlorener Heimat. Ihm zufolge waren die Araber aus blühenden
Landschaften vertrieben worden, als Opfer eines perfiden, vor allem
amerikanischen Neokolonialismus.
Wer
in die Quellen schaut, die man verständlicherweise weder im Islam noch im
"Dialog" mit ihm schätzt, wird in bezug auf das palästinensische Ideal
ebenso leicht fündig wie im Falle der "jüdisch-islamischen Symbiose".
Palästina spielt weder im Alten, noch im Neuen Testament, geschweige denn im
Islam irgendeine Rolle. Der Name ist eine römische Wortschöpfung, die im
Zuge des Judenaufstands, der Tempelzerstörung von 70 n. Chr. sowie der
folgenden "Befriedung" die alte Bezeichnung "Judäa" ersetzte.
Weder
war dieses Gebiet eine territoriale Einheit, noch haben die Araber in ihrer
Geschichte jemals einen Anspruch darauf erhoben. Entgegen dem heute so
unentwegt wie belegfrei wiederholten Mythos handelt es sich um eine Region,
die weit über ein Jahrtausend lang von wechselnden Klanfürsten, oft auch
türkischer Herkunft, beherrscht, ausgebeutet und verwüstet wurde. Die
unerträglichen Lebensbedingungen vertrieben die Menschen und machten
Palästina zu einem nahezu leeren, ruinierten Land als konsequentem Ergebnis
des islamischen Systems.
Denn
dieses Land konnte von Arabern, zumindest muslimischen Arabern, letztlich
nicht kultiviert worden sein, weil nicht die Landwirtschaft selbst, sondern
nur ihre steuerliche Nutzung zu den Prioritäten des Islam gehört. So
schildern denn auch die zahlreichen Reiseberichte der Neuzeit über Palästina
die Umstände der Dhimmi-Existenz, d.h. die Bestellung des kargen Landes
sowie die Ausübung kleiner Gewerbe durch Juden und Christen und ihre
Ausbeutung durch lokale Potentaten.[20]
Oft
genug wiederholt, ist der Mythos zu akzeptierter Geschichte geworden, nach
der man "Millionen von Arabern" aus Palästina vertrieben hat, jenem Land,
das seit Jahrtausenden, wie es offiziell heißt, "seit unvordenklicher Zeit"
ihre Heimat war. Diese Sicht fand ihre konsequente Fortsetzung in der
anschließenden Flüchtlingspolitik. Gestützt von England, entfaltete sich
schon während des Zweiten Weltkriegs eine iilegale, allerdings offiziell
geduldete Einwanderung von Arabern, während man mit allen Mitteln die
Immigration von Juden zu verhindern suchte, die man oft an den Grenzen
aufhielt und teilweise sogar nach Europa zurückschickte, wo sie in den
Gaskammern der Nazis umkamen.
5.
Westlich-islamische Antisemiten-Allianz
Nach
Gründung Israels und dem verlorenen Krieg der Araber 1948 konservierte man
die Flüchtlingslager zu Mahnmalen des Menschenrechts, die den arabischen
Anspruch auf Palästina festschrieben, indem man sich jeder konstruktiven
Lösung verweigerte. Die Begründung des seinerzeitigen, britischen
Außenministers E. Bevin, warum man daran von Anbeginn nicht interessiert
war, gilt im Grunde noch heute: "Der Preis für die Freundschaft Israels wäre
zu hoch, nämlich die Gefährdung des Verhältnisses zu den Arabern, sei es die
Basis in Agypten oder das nahöstliche Öl".[21]
Im
Rahmen der heutigen Konstellationen mit neuen Mitspielern im Balkan,
Kaukasus und Iran sowie mit den Terrorgruppen der Hamas, Al Qa'ida und
anderen wird auch eine Friedenslösung unwahrscheinlicher denn je. Sie würde
schlicht den Einfluß der alten "Schutzmächte", vor allem Amerikas und
Großbritanniens, schwächen, und dem stetig erstarkenden Machtanspruch des
Islam zuwiderlaufen, mit dessen Erfüllung die Europäer glauben, eine
eigenständige Position gegenüber Amerika zu entwickeln.
Damit
erscheint der Antisemitismus der islamischen Region nicht nur als originäres
Eigengewächs, sondern auch als Funktion einer europäischen Radikalisierung.
Seit vielen Jahren unterstützt die EU einen massiven Moscheebau und
erschwert zugleich die Integration der zuwandernden Muslime. Parallel zu
einer wachsenden Ameriko- und Judophobie setzt sich bei den Eurokraten die
Auffassung durch, daß der Islam "Teil des westlichen Wertesystems" ist und
somit, wie es heißt, "Anspruch auf die Miteignerschaft Europas" hat.[22]
Wie erwähnt, tritt sie ebenso als Finanzier der Islamisten auf, die der
Motor der judenfeindlichen Propaganda im Islam sind. Über diesen Hebel hat
sich in Europa ein neuer, islaminduzierter Antisemitismus entwickelt, der
beide Seiten, die extreme Linke inklusive, verbindet und auf dem Wege
scheint, sich dem "alten" Judenhaß der faschistischen Art anzuschließen.
Wenn
wir also über Antisemitismus im (Gegenwarts-) Islam sprechen, ist es im
globalen Kontext schwierig, die Wirtschaftsinteressen Europas von den
ideologischen Blockaden im "Dialog mit dem Islam" zu trennen, ebenso
wie sich die Weltmachtkonkurrenz innerhalb des Westens mit den expansiven
Interessen der Muslime verbindet. Erneut greift hier die "charismatische
Konkurrenz", die allerdings im Kampf um wirtschaftliche und ideologische
Marktanteile zu Lasten Israels gehen muß. Denn wenn es zutrifft, daß die
Geschichte von Siegern geschrieben wird, und dabei die Eliten, wie M.
Foucault einst formulierte, "neue Wahrheiten gegen die alten durchsetzen",
dann kann man dem Doppelmythos vom Frieden des Islam und seinem Anspruch
auf Palästina auch weiterhin eine günstige Prognose stellen.
Somit
lassen nicht nur wirtschaftliche Motive der Rohstoff- und Exportpolitik,
sondern insbesondere auch Ideologien, die in gemeinsamer, historischer
Judenfeindschaft gewachsen sind, die westlichen und islamischen Partner noch
enger zusammenrücken. Gerade im globalen Kontext wird sich das uralte
Problem des Antisemitismus kaum isolieren lassen, weil es nicht zuletzt
auch ein Phänomen totaler Macht ist.[23]
Nicht wenige Vertreter des "Dialogs mit dem Islam" haben bereits begonnen,
die Skrupel des Shoah-Gedächtnisses abzuschwächen und die Judenfeindschaft
der Muslime in Europa hoffähig zu machen, indem sie deren "Provokation durch
Israel" unterstellen.
Schon
1974 sprach die UNO vom Führer der PLO als "Oberhaupt der palästinensischen
Nation", und Papst Johannes Paul II. empfing ihn öfter als jedes andere
weltliche "Oberhaupt". Seit der UN-Konferenz in Durban redet man vom
"Terrorstaat Israel" und rückt dessen Existenzkampf in die Nähe des
Holocaust. Unter den Eindruck des in Frankreich besonders ausgeprägten
Antisemitismus sah der frühere Ministerpräsident Rocard die Gründung des
Judenstaats als "historischen Fehler".
Unverkennbar ziehen Islamisten und westliche Sympathisanten am gleichen
Strang. Unter der alten Rubrik des "Dialogs" und der neueren der PAFEAC
firmiert eine EU-weite Lobby, die proislamische Meinungen nicht nur bildet,
sondern zunehmend erzwingt. Die Soziologen nennen solche postdemokratischen
Strukturen "Neo-Institutionen", weil sie die alten Institutionen in Staat
und Gesellschaft übergreifend, vorliegend proislamisch, konformieren. Als
Konsequenz ergibt sich, daß wichtige Zukunftsfragen in Politik und Recht
immer offener zuungunsten der Mehrheit ausgelegt werden, die sich ihrerseits
immer weniger demokratisch artikulieren kann. Manche der Vertreter in
Ministerien, Parteien, Justiz, Stiftungen etc. halten es daher für legitim,
mit Terroristen der Hamas und Hizbollah zu konferieren und ihren
antisemitischen Demonstrationen Nachdruck zu verleihen.
Den
Islamisten erteilt diese Lobby früher oder später die Gütesiegel der
"gemäßigten Islamisten" bzw. "werdenden Demokraten". Daß die
Verfassungsschützer sie zugleich als staatsfeindliche Sicherheitsrisiken
einstufen, verdeutlicht die Umbruchsituationen, in denen sich die
Verfassungen der EU-Staaten und das Weltbild ihrer Gesellschaften befinden.
Der sicherste Indikator für die Fortsetzung der Entdemokratisierung Europas
ist jedoch das Ausmaß, in dem es zukünftig auch seine Tendenz zum
Antisemitismus verstärken könnte. Dem scheint wiederum Papst Benedikt XVI.
entgegenwirken zu wollen. Nicht nur im Gegensatz zu seinem Vorgänger,
sondern auch mit Blick auf Polen, das katholischste und zugleich
antisemitischste Land der EU, plädiert er für die Integration der Juden in
den Dialog der Zukunft.
Antisemitismus-Tagung in Mannheim:
Herausforderungen der
Demokratie
"Herausforderungen der Demokratie" heißt eine
Reihe von Fachtagungen der Friedrich-Ebert-Stiftung, die vom
Fritz-Erler-Forum Baden-Württemberg veranstaltet werden und die sich
vergangenen Freitag dem Thema Antisemitismus widmete...
In der Antisemitismusbekämpfung
mangelt es am wirklichen Wollen:
Zentralrat fordert
verlässliche Unterstützung für haGalil
Antisemitismus ist in den letzten Jahren wieder verstärkt
aktuelle gesellschaftliche Erscheinungen und Thema politischer Debatten...
Europäischer Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart:
Die These von
der Jüdischen Weltverschwörung
Auf dem Jüdischen Friedhof in Prag treffen sich einmal in hundert Jahren zu
einer ausgemachten Stunde die Vertreter der zwölf Stämme Israels und beraten
über das mittelfristige Vorgehen auf dem Weg zur gänzlichen Beherrschung der
Welt...
Unheilige Allianzen:
Antisemitismus im Islam
und im europäisch-amerikanischen Kulturkreis
Noch immer gibt es die alte, weit verbreitete Position, muslimischer
Antisemitismus in Nahost, Europa oder Amerika sei, soweit überhaupt
vorhanden, im wesentlichen auf den arabisch-israelischen Konflikt
zurückzuführen; er werde nach dessen "Lösung", für die vor allem Israel
verantwortlich gemacht werden müsse, daher bald wieder verschwinden...
Hermetisch abgeriegelte Welt des Wahns:
Ahmadinejhads
Antisemitismus und der gegenwärtige Krieg
Als Mahmud Ahmadinejad im Sommer 2005 zum iranischen Präsidenten gewählt
wurde, zog sich Israel gerade aus dem Gazastreifen zurück. Damals hofften
viele, dass dieses Stück Land fortan als Modellregion palästinensischer
Eigenstaatlichkeit aufblühen würde. Doch das Gegenteil trat ein...
Anmerkungen:
[1]
Nagel,
Islamisches Recht, 3
[2]
Tantawi, Das Volk
Israels in Koran und Sunna, Kairo 1966.
[3]
Hannoversche Allgemeine 18.4.2002
[4]
Jochmann, Adolf Hitler - Monologe im Hauptquartier, 301f.
[5]
Peters, From Time Immemorial, 33-73
[6]
Bat Ye’or, Niedergang, 73
[7]
Brumlik, Deutscher Geist und Judenhaß, 35
[8]
Ebd., 90
[9]
Brumlik, 286
[10]
Bat Ye’or, Eurabia, 141
[11]
Schoeps u.a., Judenhass, 179
[12]
Ebd., 182
[13]
Tibi, Kreuzzug und Djihad, 93f.
[14]
Tibi, Schatten Allahs, 309f.
[15]
Ebd., 125
[16]
Schoeps u.a., Judenhaß, 187
[17]
Kieser, Der verpasste Friede, 17.
[18]
Lewis, Die Juden, 97
[19]
Israel heute 6/2006
[20]
Peters, From Time, 145f.
[21]
Ebd., 357
[22]
Bat Yeor, Eurabia, 141
[23]
Grunberger/Dessuant, Narzissmus, Christentum, Antisemitismus,
360f.
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