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Unheilige Allianzen:
Antisemitismus im Islam und im europäisch-amerikanischen Kulturkreis

Von Klaus Faber
Vortrag in Mannheim 14. 7. 06

Nach der Bildung der großen Koalition schienen die Auseinandersetzungen um die Grundorientierung der deutschen Außenpolitik, wozu etwa der Streit über die transatlantischen oder russisch-französischen Achsenbildungen zählte, der Vergangenheit anzugehören. Ähnliches war zunächst für die "eigenen" Wege der deutschen Nahostpolitik in Abgrenzung zu den USA und Großbritannien anzunehmen. Unrecht hatten danach scheinbar auch diejenigen, die schon immer der Auffassung waren, Deutsche einerseits und Amerikaner, Briten, Polen oder Israelis andererseits hätten aus der NS-Zeit und dem 2. Weltkrieg ganz verschiedene Dinge "gelernt", die Deutschen nämlich "Nie wieder Krieg", die anderen dagegen "Nie wieder Hitler". Die von der antisemitischen Islamischen Republik Iran ausgehende Proliferationsgefahr hatte auf der westlichen Seite, so schien es, die alten Rivalitäten und Gegensätze überwunden.

Nach einer Rede von Bundeskanzlerin Merkel auf einer internationalen Tagung in München zu Beginn dieses Jahres, auf der sie auf die Iran-Gefahren hinwies und mit Blick auf die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts forderte, den Anfängen zu wehren, ist aber manches zwischen SPD und Union doch wieder so, wie es war, als man sich in Regierung und Opposition gegenüberstand. Die erste Reaktion der CDU/CSU auf die aus der SPD zu hörende Kritik, Gewalt sei gegenüber dem Iran ebenso auszuschließen, wie ein Vergleich der Iran-Lage mit der Hitlerzeit auf Bedenken stoßen müsse, fiel übrigens merkwürdig blass aus: Es handele sich dabei, so CDU-Vertreter, um Positionen, die durch den Wahlkampf für die Landtagswahlen im Frühjahr zu erklären seien.

Profilbildung ist für jede Partei in nahezu jeder Situation ein legitimes Anliegen, auch - oder gerade - in einer großen Koalition. Die Außenpolitik kann von der Profilierung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Langfristig wirkende politische Positionsbindungen sollten allerdings auch langfristig haltbar sein. Für die Politikorientierung gegenüber dem Islam in Nahost und Europa stellen sich insoweit die gleichen Fragen: Wo liegt zwischen Appeasement und Alarmismus das richtige Maß – in der Außenpolitik und in der gesellschaftspolitischen Debatte über "Toleranz", "Dialog" und den "Krieg der Kulturen"? Eine Antwort setzt zunächst einmal bestimmte Begriffs- und Sachverhaltsklärungen voraus. Wichtig ist dabei, welche Bedeutung dem Antisemitismus für die Konfliktkonstellation im Nahen Osten und für die Gestaltung der Beziehungen zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften in Europa zugemessen wird. Gehört das Thema "Antisemitismus im Islam" z. B. zum islamisch-europäischen Dialog zwischen den Staaten und innerhalb der einzelnen Gesellschaften?

Unheilige Allianzen: Antisemitismusströmungen im Islam und im Westen

Unter den deutschen Diskussionsbedingungen ist die Frage nach dem Gewicht der Antisemitismusströmungen im Verhältnis zwischen Islam und Nicht-Islam erklärungsbedürftig. Noch immer gibt es die alte, weit verbreitete Position, muslimischer Antisemitismus in Nahost, Europa oder Amerika sei, soweit überhaupt vorhanden, im wesentlichen auf den arabisch-israelischen Konflikt zurückzuführen; er werde nach dessen "Lösung", für die vor allem Israel verantwortlich gemacht werden müsse, daher bald wieder verschwinden. Diese bequeme These blendet allerdings große Teile der Wirklichkeit aus. Antisemitismus im islamischen und im christlich-jüdisch-westlichen Kulturkreis sind nicht erst seit der islamischen Einwanderung nach Europa oder Amerika und nicht nur dort unheilige Allianzen eingegangen.

Bernard Lewis hat in einem Werk der 70er Jahre als einer der ersten prominenten Islamwissenschaftler den wachsenden Antisemitismus in arabischen sowie in weiteren islamischen Ländern beschrieben. Er hat sich dabei auch mit dem "neuen" Antisemitismus, dem antiisraelischen Antisemitismus, befasst. Der Titel seines Buches "Semiten und Antisemiten"[1] deutet an, dass ein zentraler Punkt seiner Darstellung den arabisch-islamischen Antisemitismus betrifft, wie er etwa im Entebbe-Terrorakt (1976) sichtbar wurde. Damals hatten arabische und deutsche Terroristen gemeinsam unter den Passagieren eines entführten Flugzeugs jüdische Menschen ausgesondert, die später von israelischen Streitkräften befreit wurden. Ein Todesopfer unter den Passagieren war eine jüdische, nicht-israelische Frau. Der Tod - wohl richtiger: der Terrormord - erfolgte nicht während der israelischen Befreiungsaktion. Die Ausdehnung der Angriffsrichtung von israelischen auf allgemein jüdische Terroropfer enthält eine antisemitische Komponente, was wohl nicht ausgeführt werden muss.

"Semiten", also Angehörige einer Gruppe, die eine semitische Sprache, z. B. Arabisch, spricht, können selbstverständlich auch Antisemiten sein, wie das Beispiel zeigt - was jedoch andere vor allem in arabischen Ländern, aber ebenso bei uns, etwa früher Jürgen Möllemann, immer wieder bestreiten bzw. bestritten haben. Denn "Antisemitismus" bedeutet nicht etwa Semitenfeindschaft, sondern "nur" Judenfeindschaft. Das europäische Muster des in Deutschland (von Wilhelm Marr) erfundenen Antisemitismus-Begriffs sollte für die "aufgeklärten" Zeitgenossen im 19. Jahrhundert das religiös definierte Wort "Judenhass" ersetzen. Es sollte mit der "Semiten"-Bezeichnung die Europa angeblich fremde Art und Herkunft der Juden, als "Semiten", deutlich machen -  eine Argumentation, die nicht nur mit Blick auf die lange jüdische, arabische oder auch phönizische Präsenz in Europa historisch gesehen merkwürdig erscheint. Das Wort "Europa" geht übrigens auf die gleiche semitische Wurzel wie "Erev", "Maariv" oder "Maghreb" zurück - Worte mit dem Bedeutungsgehalt "Abend"/"Westen". Die Europäer bezeichnen sich also selbst, dank der frühen phönizischen Siedlungspräsenz, mit einem Begriff semitischer Herkunft. Man könnte derartige Überlegungen weiterführen. In diesen Zusammenhang gehört z. B. ein Hinweis auf die Sprachverwandtschaft zwischen den indogermanischen (oder: indoeuropäischen) und den semito-hamitischen (neuerdings: afro-asiatischen) Großgruppen sowie darauf, dass die Herkunft der indogermanischen Sprachen in Europa ursprünglich wohl auf eine außereuropäische Einwanderung zurückzuführen ist.

Die Begriffe "arabischer Antisemitismus" und "islamischer Antisemitismus" sehen einige als deckungsgleiche Größen – zu Unrecht. Denn zum arabischen Begriffsgebiet gehören auch die arabisch sprechenden Christen. Deren Antisemitismus unterscheidet sich, trotz aller Angleichungsprozesse, von demjenigen der arabischen Muslime, was, umgekehrt, für den Antisemitismus von nicht-arabischen iranischen oder türkischen Muslimen nicht in gleicher Weise zutrifft. Islamischer Antisemitismus kommt zudem nicht nur, wie die genannten Beispiele zeigen, im arabischen Sprachgebiet vor. Manche behaupten, um einen weiteren Streitpunkt aufzugreifen, "islamischen" Antisemitismus gebe es deshalb nicht, weil der Islam als solcher nicht antisemitisch sei. Auch diese, von manchen Muslimen, von einigen deutschen Islamwissenschaftlern und anderen vertretene These hält einer näheren Prüfung nicht stand. Den dem Ursprung nach christlichen, dann säkularisierten Antisemitismus gab es, selbstverständlich, zunächst im Islam nicht - trotz einiger judenfeindlicher Aussagen im Koran, die auch etwas mit den Vernichtungskämpfen Mohammeds gegen die jüdischen Stämme in Arabien zu tun haben und nach denen z. B. Juden wegen religiösen Fehlverhaltens von Gott in Affen und Schweine verwandelt worden sind [2]. Die antisemitischen Karikaturen aus der Christenwelt, aus dem Europa des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts, wurden im Islam zunächst gar nicht verstanden. Das ist heute entschieden anders, wie die vielen unbestreitbar antisemitischen Ausfälle in der modernen islamischen Welt zeigen. Während der Dreyfus-Affäre stand die islamische Publizistik auf der Seite von Alfred Dreyfus, dem zu Unrecht wegen angeblicher Spionage für Deutschland  verurteilten französischen Offizier. Das ist jedoch lange her.

Am Transfer wichtiger Elemente des europäischen, in der Wurzel christlichen Antisemitismus in den Islam waren zunächst die orientalischen christlichen Minderheiten beteiligt. In den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts spielte, wie das etwa Bernard Lewis, aber auch andere schildern, die erfolgreiche antisemitische Propaganda Hitlerdeutschlands eine maßgebliche Rolle [3]. Hitlerdeutschland hatte sich in der zweiten Hälfte der 30er Jahre,  nach einer taktisch begründeten Indifferenzphase unmittelbar nach der "Machtergreifung", in zunehmend enger werdender Kooperation mit dem Mufti von Jerusalem unter Einsatz diplomatischer und nicht-diplomatischer Mittel zu einem entschiedenen Gegner des Plans entwickelt, einen jüdischen Staat zu gründen. Hitlerdeutschland vermutete in einem neuen jüdischen Staat, auch aus "rassischen" und ideologischen Gründen, einen Feind des Reiches sowie eine weitere Machtposition für das "internationale Judentum". Im 2. Weltkrieg festigte sich übrigens das Bündnis zwischen dem Jerusalemer Mufti Amin al-Husseini und Deutschland. Der Führer der Araber in Palästina unterstützte das 3. Reich z. B. bei dem Versuch, dem antibritischen und prodeutschen Aufstand im Irak zum Durchbruch zu verhelfen. Seine Propagandaaktionen führten zu einer pogromähnlichen Verfolgung der jüdischen Gemeinde in Bagdad. Mit dem Territorialkonflikt in Palästina hatten dabei seine Hasstiraden kaum noch etwas zu tun. Die verbindende Klammer im Verhältnis zu Hitlerdeutschland war in dieser Hinsicht die gemeinsame antisemitische Überzeugung. Die Kooperation umfasste auch Pläne für den Völkermord an den Juden Palästinas, bei dem die palästinensischen Araber eine Rolle spielen sollten.

Das Fazit ist klar: Hitlerdeutschland hat im Bündnis mit größeren Teilen der damaligen arabischen Nationalbewegung zur Propagierung seines antisemitischen Weltverständnisses im Islam einen wesentlichen Beitrag geleistet. Heute gibt es eine Art Re-Import: Der deutsche Schuldabwehr-Antisemitismus, der z. B. in der deutschen Mehrheitsmeinung sichtbar wird, Israels Verhalten gegenüber "den Palästinensern" sei mit Hitlerdeutschlands Verbrechen an den Juden vergleichbar, erhält viele Stichworte aus dem islamisch-arabischen "Diskurs" [4]. Seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts waren im Übrigen auch die stalinistische Führung der Sowjetunion und ebenso die sowjetische Agitation nach 1967 an der Verbreitung problematischer, zum Teil offen antisemitischer Positionen beteiligt. Diese im Westen und in der Dritten Welt in beträchtlichem Umfang erfolgreiche Propaganda hatte einen bedeutenden Anteil an der Verwischung der Grenzen zwischen Antisemitismus und Antizionismus sowie an der Delegitimierung des einzigen jüdischen Staates – dessen Gründung von der Sowjetunion, nicht ohne "antimperialistische" Nebenabsichten, ursprünglich unterstützt worden war. Spätestens seit den 80er Jahren ist zu erkennen (für diejenigen, die es sehen wollen, wozu einige deutsche Instanzen auch im staatlichen Sektor offensichtlich nicht gehören), dass in einer eigenartigen Wirkungsverbindung von hitlerdeutscher und sowjetischer antisemitischer Propaganda mit älteren islamischen und national-arabischen judenfeindlichen Traditionen der arabisch-jüdische Konflikt auf der Seite der arabischen oder auch anderer islamischer Länder, z. B. der Islamischen Republik Iran, antisemitisch grundiert worden ist. Zahlreiche antisemitische Äußerungen belegen diesen Tatbestand.

Wir kennen, in unserer Zeit, nicht nur durch memri, honestly-concerned oder Palestinian Media Watch die antijüdische Agitation in den Medien, in religiösen Ansprachen, in den Schulbüchern oder staatlichen Erklärungen aus arabischen und weiteren islamischen Ländern [5]. Zu nennen sind dabei etwa Ägypten, Syrien, Saudi-Arabien, das Gebiet der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Islamische Republik Iran oder, als Organisationen, Hisbollah und Hamas. Der Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar vermittelt über Satellit die alte antisemitische Ritualmordlegende, die in Europa ohne Probleme empfangen werden kann. Die antisemitischen "Protokolle der Weisen von Zion" werden in arabischer und in anderen Sprachen mit neuen Auflagen in der islamischen Welt verbreitet und nach Europa importiert. Auch die ägyptische, in vielen Ländern ausgestrahlte Fernsehserie "Reiter ohne Pferd" nimmt, unter Berufung auf die Pressefreiheit, dieses Thema auf.  Die "Protokolle" sind eine antisemitische Fälschung aus dem zaristischen Russland, die beweisen soll, dass es eine Verschwörung zur Errichtung einer jüdischen Weltherrschaft gibt. Es handelt sich dabei also  nicht um einen Grenzfall zwischen Antiisraelismus und Antisemitismus,  sondern um eine klassische, auch von Adolf Hitler geschätzte antisemitische Hetzschrift – um eine unter vielen anderen. Auch die zahllosen antijüdischen und israelfeindlichen Karikaturen aus der arabischen Presse zeigen häufig das Niveau, die Tendenz und den Stil des NS-Organs "Der Stürmer".

"Islamistischer" oder "islamischer" Antisemitismus?

Gibt es nur einen "islamistischen" und keinen "islamischen" Antisemitismus? Bernard Lewis hat in einem publizistischen Beitrag (ähnlich die Darstellung im Untertitel zu einem Buch [6]) ein auch hier interessierendes Problem mit der folgenden Frage beschrieben: "Islam: what went wrong?". Etwas lax formuliert könnte man das mit "Was lief schief im Islam?" übersetzen. Auch gegen diesen Islam-Bezug werden sich vielleicht einige wenden. Sollen wir aber in allen derartigen Fällen immer auf das Substantiv "Islam" und auf das Adjektiv "islamisch" verzichten und im hier relevanten Zusammenhang statt dessen etwa nur vom Antisemitismus von "Muslimen", vom "muslimischen" oder, wie erwähnt, vom "islamistischen" Antisemitismus sprechen? Haben die religiösen Ansprachen, die Schulbücher, Fernsehserien und Medienberichte mit antisemitischer Tendenz nichts mit dem "Islam" zu tun - etwa deshalb, weil es dabei um verhältnismäßig neue, vor allem in der Zeit Hitlerdeutschlands verstärkte Phänomene geht? Was spräche, wenn das zuträfe, z. B. gegen die Forderung, Martin Luther begrifflich aus dem Kreis des "richtigen", nicht-antisemitischen protestantischen Christentums auszuschließen - wegen seiner antijüdischen Hassausbrüche, die Richard Schröder einmal in einer Festrede in Wittenberg mit unserer heutigen Terminologie als "antisemitisch" qualifiziert hat? Eine Lösung kann auch nicht darin gesehen werden, alle muslimischen Antisemiten zu "Islamisten" zu erklären.

Verbirgt sich hinter dem sprachpolitischen Engagement, den "Islam" von allen negativen Aspekten (von der Dschihad-Kriegskonzeption über judenfeindliche Koranstellen bis hin zum "neuen" Antisemitismus) zu trennen, nicht selbst ein Problem? Manche sprechen in diesem Zusammenhang übrigens von "Desinformation". Auch Bassam Tibi, ein deutscher muslimischer Professor syrischer Herkunft, weist in seinen Publikationen immer wieder auf Tendenzen im Westen hin, die Gefahren und Aggressionspotentiale in der Islamentwicklung zu unterschätzen und zu verharmlosen[7].

Wir haben uns, letztlich aus guten Gründen, angewöhnt, vom "christlichen Antisemitismus" zu sprechen, ohne damit behaupten zu wollen, die Christen und das Christentum seien generell antisemitisch. Diese Formel ist auch für die Beschreibung des entsprechenden Tatbestandes im Islam geeignet. Viele muslimische Immigranten in Europa bringen derartige Auffassungen in ihre neue Heimat mit. Zum Teil werden die entsprechenden antisemitischen Vorurteile auch erst in Europa vermittelt, z. B. durch Fernsehsender wie die schon erwähnte, von Hisbollah mit iranischer Unterstützung betriebene Station Al-Manar. Zwischen den Entsendeländern der muslimischen Immigration und den Einwanderern selbst gibt es auch in dieser Frage einen Kommunikationsprozeß. Die antisemitischen Auffassungen in der Einwanderergruppe und in der Mehrheitsgesellschaft bleiben ebenso weder der einen noch der anderen Seite verborgen.

Antisemitismus und Israelkritik: Definition und Realität

In diesem Zusammenhang ist die Abgrenzung zwischen Israelkritik und Antisemitismus zu klären. Der dumm-dreiste Satz, man werde doch noch "die Juden" oder Israel "kritisieren" dürfen, zeigt, wahrscheinlich ungewollt, Vorgehensweise und Zielsetzung derjenigen, die, mit Unterstützung vieler ähnlich Denkender in Deutschland und im übrigen Europa, die Aktionsräume gegen "die Juden" und Israel öffnen wollen. Tatsächlich wird jedenfalls Israel in deutschen und anderen europäischen Medien seit Jahren überaus deutlich und in vielen Fällen nicht immer unter Anwendung gerechter Maßstäbe angegriffen.[8]

Eine internationale Konferenz jüdischer Gemeinden in Jerusalem 2004, ein darauf beruhender israelischer Debattenbeitrag auf einer OSZE-Konferenz in Berlin (ebenfalls 2004) und andere ähnliche Erklärungen aus dem Folgejahr haben sich mit der hier gestellten Abgrenzungsfrage befasst[9]. Abgesehen von unbedeutenden Unterschieden in den Feinheiten gibt es danach im Grundsatz bei denjenigen, die auf diesem Gebiet überhaupt konsensfähig sind, weitgehend Übereinstimmung. Die Grenze zum ("neuen") Antisemitismus ist nach diesen Ansätzen jedenfalls dann überschritten, wenn man Israel mit ungleichen Maßstäben kritisiert, die nur bei ihm und sonst bei keinem anderen Land angelegt werden, wenn man Israel und den Zionismus dämonisiert, etwa im Sinne von Verschwörungstheorien, die Israel und die "Zionisten" für die Terroranschläge vom 11. September 2001 oder für alle Mißstände in der arabischen und islamischen Welt verantwortlich machen, oder wenn man die Vernichtung Israels fordert.[10]

Alle diese Negativkriterien sondern Israel gewissermaßen als – rechtlosen – Juden unter den Staaten aus; man kann sie deshalb auch insgesamt als – antisemitische – Unterfallvarianten des Prinzips der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung ansehen. Damit sollen nicht etwa die Besonderheiten des jahrhundertealten, kulturell tief verankerten Verfolgungsphänomens "Antisemitismus" in Frage gestellt werden, die seine allgemeine Einordnung in die angeblich übergreifenden Erscheinungen von Rassismus, Xenophobie oder verschiedenen Formen von Religionsfeindschaft ausschließen - anders als dies etwa OSZE-Konferenzen und weitere Instanzen behaupten. Bei derartigen "Einordnungen" handelt es sich zumeist um den durchsichtigen Versuch, die historisch nur allzu deutlich belegte Gefährlichkeit von Antisemitismus und dessen damit zusammenhängende negative Bedeutung zu relativieren[11].

Ein Blick in UN-Resolutionen und in die sonstige UN-Praxis zeigt übrigens, wie weit die Ungleichbehandlung Israels inzwischen gediehen ist; er zeigt auch, wie wenig konsequent sich etwa westliche Staaten, unter ihnen Deutschland oder insgesamt die EU-Staaten, derartigen Tendenzen widersetzen. Selbst in Politik und Praxis der Europäischen Union und ihrer eigenen "Außenpolitik" gibt es dafür viele Beispiele[12]. Eine konkrete Erwägung soll deutlich machen, welchen nur zynisch zu erfassenden Stand an politischer Moral wir in diesem Zusammenhang seit längerer Zeit erreicht haben. Man sollte meinen, dass die (vor welchem Hintergrund auch immer geäußerte) politische Kritik an einem Land auf internationaler Bühne voraussetzt, dass vergleichbare oder schwerer wiegende Kritiktatbestände in anderen Länden nach ihrem jeweiligen Gewicht mindestens ebenso deutlich oder mit schärferem Ton in die internationale Debatte eingebracht werden – etwa von einem Land mit der besonderen Geschichte Deutschlands und mit der daraus abzuleitenden Verpflichtung. Dieser Grundsatz hätte dann schon vor vielen Jahren dazu führen müssen, dass die Massaker (tatsächlich wohl: der Völkermord) im Südsudan (von den Regierungen des arabischen Nordsudans an den nicht-arabischen Völkern des Südsudans begangen) sowie die Massenvertreibungen in diesem Konflikt ganz oben auf der UN- und EU-Agenda stehen – jedenfalls lange vor begründeten oder unbegründeten Vorwürfen gegen Israel. Denn selbst dann, wenn man unüberprüft allen arabischen Anschuldigungen gegen Israel folgen würde (was man natürlich nicht tun sollte), wären die damit erfassten Tatbestände verglichen mit den Verbrechen im Südsudan nahezu bedeutungslos.[13]

Ohne eine vorausgehende Thematisierung der Südsudanverbrechen fehlt jeder kritischen UN-Debatte über Israel im Grunde genommen die politisch-moralische Legitimation, mehr noch: sie ist durch den prinzipiellen Mangel der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung gekennzeichnet. Wer die Staatenpraxis im UN- oder im EU-Rahmen mit dem eben geschilderten Anforderungsprofil für internationale Kritik-Verfahren vergleicht, wird aus dem Staunen nicht herauskommen: Südsudan-Resolutionen oder gar -Sanktionen wird man nicht, entsprechende Diskussionen kaum, gegen Israel gerichtete Debatten, Resolutionen und Sanktionsandrohungen mit geradezu obsessiver Verfolgungsintensität dagegen in Hülle und Fülle finden.

Goliath Israel und arabischer David?

Auch auf anderen hier relevanten Feldern sind sonderbare Maßstabsverzerrungen zu beobachten. Eine in Deutschland und im übrigen Europa weit verbreitete Geschichtsinterpretation der (Schein-)Äquidistanz im arabisch-israelischen Streit spricht im Ergebnis die arabische Seite von negativer politischer Verantwortung für den Konflikt mit Israel oft weitgehend frei, belastet aber dennoch die jüdische Seite. Sie findet, wohl repräsentativ für eine Stimmungsmehrheit in den deutschen Medien und in großen Bereichen der deutschen Politik, z. B. in einem 2005 veröffentlichen Artikel von Annette Grossbongardt im "Spiegel"[14] Ausdruck. Auch diese Kritiktendenz muss im hier gegebenen Abgrenzungszusammenhang bewertet werden.

Der beschriebenen politischen Botschaft liegt häufig die im Westen und insbesondere in Deutschland gern gehörte These zugrunde, im "asymmetrischen" arabisch-israelischen Streit seien von Anfang an die arabischen Palästinenser die Schwächeren gewesen – eine These, die auch dem Welt-Verständnis von Alt-68ern und ihrer Beziehung zur "Dritten Welt" entgegenkommt. In der Auseinandersetzung mit solchen Positionen ist Differenzierung geboten. Die in diesem Kontext häufiger gestellte Frage, ob die arabische Seite überhaupt Alternativen zum Konflikt und zum Krieg gehabt habe, kann, ernst genommen und konkret beantwortet, nicht ohne weiteres verneint werden (wozu aber viele, auch Annette Grossbongardt[15], neigen). Die arabischen Palästinenser und insgesamt die arabische Seite hätten 1937 die für sie sehr günstigen Teilungslinien der britischen Peel-Kommission, 1947 den Teilungsplan der Vereinten Nationen und im Jahre 2000 die Clinton-Barak-Vorschläge, die mit einigen Gebietstauschmodifikationen im wesentlichen die Rückkehr zu den Waffenstillstandsgrenzen vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 vorsahen, annehmen können. Dass die arabische Seite alle diese Vorschläge abgelehnt hat, kann nicht auf die angeblich starke Position "der Juden" und Israels zurückgeführt werden. Die Ablehnung beruhte vielmehr auf derjenigen Negativfestlegung, die von den meisten Arabern bereits 1919, in den ersten Protestversammlungen nach der britischen Eroberung von "Südsyrien", vertreten wurde[16]. Eine jüdische Staatlichkeit sollte es dort, im späteren Mandatsgebiet "Palästina", nicht geben – oder, so die taktische Variante von 2000, nur vorübergehend unter Bedingungen zugelassen werden, die das Scheitern dieser Staatlichkeit programmieren. Ist das eine Position der "Schwäche"?

Mit Mühe wurde nach dem 2. Weltkrieg die Gründung des jüdischen Staates vorbereitet, vollzogen und verteidigt; ein jüdischer Erfolg war etwa in der Abstimmung der UN-Vollversammlung zur Palästinamandatsteilung nur mit Hilfe der Sowjetunion und der Stimmen der von ihr kontrollierten Länder möglich. Der neue Staat war in den Anfängen des arabisch-israelischen Krieges von 1948/49 dem militärischen Untergang nahe. "Asymmetrisch" waren in dem Konflikt sowohl die Zielsetzungen als auch die Machtmittel - aber nicht im Sinne der in Europa zur Zeit vorherrschenden Meinungen. Die arabische Seite hatte die Verhinderung und später die Vernichtung der israelischen Staatlichkeit zum Ziel. Der "jüdische Sieg" bestand 1948/49 vor allem darin, die proklamierte Staatlichkeit zu schützen. Die erzielten Territorialgewinne gegenüber dem UN-Teilungsplan, dessen komplizierte Linien militärisch nicht zu verteidigen waren[17] und friedliche Verhältnisse voraussetzten, waren vergleichsweise gering.

Weit mehr als die Hälfte Israels in den Linien vor 1967 gehörte ursprünglich zu den Steppen- und Wüstenzonen. Am ursprünglich bebauten und besiedelten Land gemessen geht der arabisch-israelische Streit seit bald hundert Jahren also um eine Region von der Größe der Altmark und einiger angrenzender Gebiete. Es kann sich daher von der arabischen Seite aus gesehen im Kern kaum um einen Territorialkonflikt handeln. In verschiedenen Kriegen stand Israel militärischen Gegnerkonstellationen vom Irak bis Marokko gegenüber. Das Bevölkerungsverhältnis zwischen Israel einerseits und den Mitgliedstaaten der Arabischen Liga (einschließlich der mit der Liga informell verbundenen Islamischen Republik Iran) andererseits beträgt etwa 1:60. Bei den Raumrelationen liegt die Distanz bei ungefähr 1:750. Der Abstand zwischen Bevölkerungs- und Raumvergleich (60:750) macht einen weiteren Unterschied deutlich. An Geld fehlt es auf arabischer Seite nicht, um aride Zonen zu kultivieren. Israel hat, einschließlich der nicht-entwickelten oder ursprünglich unentwickelten Gebiete, ungefähr den territorialen Umfang Sachsen-Anhalts, mit über 7 Mio. Einwohnern aber eine weit mehr als doppelt so große Bevölkerung. Dass Israel in den arabisch-israelischen Streitrunden nicht unterlag, macht demnach aus ihm keinen Goliath und aus seinen Gegnern keinen David.

Antisemitismus und Islamophobie

In der Debatte über Islam und Antisemitismus spielt in der letzten Zeit häufig das Stichwort "Islamophobie" eine Rolle. "Islamophobie" – eine verhältnismäßig neue Wortschöpfung, die auch von konservativen islamischen Formationen gerne verwandt wird –  ist, anders als dies politische Erklärungen oder manche Studien mit wissenschaftlichem Anspruch nahelegen, nicht auf die gleiche Bewertungsstufe wie "Antisemitismus" zu stellen. Schon ein oberflächlicher Vergleich zeigt die Unterschiede: Keines der zahlreichen Herkunftsländer der islamischen Immigration ist von Vernichtung bedroht. Niemand will Muslime in aller Welt diffamieren, bekämpfen und gegebenenfalls ausrotten. Niemand wirft Muslimen vor, sie würden Christen- oder Judenkinder schlachten, um mit ihrem Blut für islamische Feiertage Brot zu backen – wie dies etwa in staatlich kontrollierten Sendern mehrer islamischer Länder eine Fernsehserie umgekehrt über Juden behauptet. Für Antisemitismus gibt es ebenso wenig eine Rechtfertigung wie für Sklaverei oder Terrorismus; auch angenommene oder tatsächliche "Demütigungen" rechtfertigen Antisemitismus nicht. Für Antisemitismus darf es in gleicher Weise kein – wie auch immer begründetes – Verständnis geben.

Kritik an islamischen Positionen – etwa gegenüber traditionellen islamischen Auffassungen zum Geschlechterverhältnis, zu den Menschenrechten, vor allem zur Glaubensfreiheit, zur Nicht-Abgrenzung zwischen "Religion" und "Politik" oder insgesamt zur Demokratie – muss demgegenüber nicht nur erlaubt sein, sondern ist in mancher Hinsicht geradezu dringend notwendig. Dies zeigen nicht zuletzt Kemal Atatürks Reformen seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts oder, als symptomatisches Einzelbeispiel,  der Fall Abd-ul-Rahman in Afghanistan. Die Furcht der nicht-muslimischen Flüchtlinge aus dem Südsudan vor den sie verfolgenden muslimischen Regierungsstreitkräften mag in Teilsektoren in eine allgemeine Abneigung gegenüber Muslimen münden (vergleichbar mit manchen antideutschen Meinungsströmungen nach dem 2. Weltkrieg) – als unverständlich und gänzlich unerlaubt wird man derartige Reaktionen aber kaum bezeichnen können.

Eine mit dem antisemitischen Verfolgungswahn zwar nicht gleichzustellende, aber entfernt ähnliche Diskriminierungsposition gegenüber allem Muslimischen und gegenüber dem Islam wäre und ist selbstverständlich ebenso abzulehnen wie der Antisemitismus. Vergleichbares gilt auch für bestimmte Varianten von antimuslimischer Fremdenfeindlichkeit. Derartige Auffassungen sind aber deutlich von anderen, hier in Beispielen geschilderten Formen der Islamkritik abzugrenzen, die ihrer Art nach nichts mit dem Antisemitismus-Verfolgungsmuster zu tun haben. Leider zeigt der Umgang mit dem Begriff "Islamophobie" häufig, dass auch solche – notwendigen, zulässigen oder zumindest verständlichen – islamkritischen  Positionen in den Verbotsbereich der "Islamophobie" einbezogen werden sollen – was einen derartigen Begriff politisch unbrauchbar und zum Manipulationswerkzeug für fragwürdige Interessen machen müsste.

Glaubwürdige Positionen nach innen und außen

Man kann, um auf das zu Beginn angesprochene Thema zurückzukommen, darüber spekulieren, wann die Islamische Republik Iran über Atombomben verfügen wird. Dass die Islamische Republik von Anfang an den Atombombenbau angestrebt hat und weiterhin anstrebt, steht allerdings seit langem fest. Die Behauptung, Israel könne mit einer Atombombe zerstört werden (so übrigens auch die Führung der Islamischen Republik), enthält gewiss eine alarmistische Übertreibung. Dass die Islamische Republik von Anfang an Israel als Zielgebiet für die noch zu bauenden Atombomben im Sinn hatte und hat und dass sie Israel auslöschen will, kann andererseits nicht ernsthaft bezweifelt werden. Man sollte die Verhandlungen mit der Islamischen Republik nicht von vornherein für sinnlos erklären und auch nicht das Szenario eines unmittelbar bevorstehenden atomaren Angriffs auf Israel entwerfen. Ebenso sind auf der anderen Seite die durch die nukleare Proliferation mittelfristig begründeten Gefahren realistisch einzuschätzen. Wer dies nicht tun und zur Gefahrenabwehr keinen relevanten Beitrag leisten will, muss sich den Appeasement-Vorwurf und deshalb auch den Vergleich mit den 30er Jahren gefallen lassen´.

Ähnliches trifft auf die Auseinandersetzung mit der antisemitischen Grundorientierung der Islamischen Republik Iran und vieler anderer islamischer Staaten sowie insgesamt im Islam zu. Solche Orientierungen sind ein wesentliches Hindernis für eine tragfähige Konfliktlösung im Nahen Osten. In den Staatenbeziehungen sollte das Thema deshalb nicht ausgeklammert, sondern, anders als bisher, auch regelmäßig öffentlich angesprochen werden. Beschwichtigung ist in derartigen Fragen keine adäquate Haltung. Sie unterminiert vielmehr in zentralen Menschenrechts- und Demokratiepositionen die westliche, europäische und deutsche Glaubwürdigkeit. Wenn ein "Dialog der Kulturen" diesen Sektor aussparen soll, macht er keinen Sinn.

Die Teil-"Kulturen" etwa in der Türkei oder in der Islamischen Republik Iran sind in ihren innen- und außenpolitischen Aspekten selbstverständlich nicht nur durch die verbindende Klammer einer wachsenden Antisemitismusneigung gekennzeichnet. Trotz des zunehmenden Einflusses der türkischen Mehrheitspartei AKP  liegen zwischen der kemalistischen Türkischen Republik und der  Islamischen Republik Iran immer noch Welten, wenn auch inzwischen vielleicht etwas weniger deutlich in der Antisemitismusfrage. Andererseits muss eine realistische Beurteilung den Zusammenhang zwischen dem Integrationsprozess unserer muslimischen Minderheiten in Europa und der Entwicklung in der islamischen Welt erkennen. Diese Entwicklung ist insgesamt durch eine Modernisierungskrise geprägt, die auch im Anwachsen radikaler antiwestlicher und antisemitischer Strömungen sichtbar wird. Wenn wir in der Integrationspolitik, im Medienbereich und in anderen Sektoren gegen diese Strömungen erfolgreich sein wollen, sind wirksame Maßnahmen erforderlich, die sich nach innen und nach außen an den gleichen Maßstäben orientieren. Sie müssen sich sowohl auf staatliche wie supranationale Instanzen, die nationale Politik und die Zivilgesellschaft als auch auf die pädagogische Ebene beziehen – angefangen von der Vermittlung von Sprachkompetenz über mit unserer Verfassung zu vereinbarende Angebote religiöser Information und Unterweisung bis hin zur Werbung für unsere Verfassungsgrundsätze.

Wir stehen nicht, wie Alarmisten behaupten, vor einem "Krieg der Kulturen" – und wir sollten uns auch im Interesse unserer muslimischen Bürgerinnen und Bürger nicht das Gegenteil aufschwatzen lassen. Die Konfliktlinie verläuft innerhalb der islamischen Gesellschaften und innerhalb der islamischen Minderheiten in Europa. Appeasement ist andererseits für Demokraten weder nach innen noch nach außen eine vertretbare Aktionsmaxime. Es besteht durchaus Anlass zum Handeln gegen den neu-alten Antisemitismus – in ganz Europa, vor allem in Deutschland, und ebenso in Nahost. Zum Handeln gehört in Deutschland auch die politische Forderung, dass die Bundesregierung in Anlehnung an das Vorgehen anderer Staaten einen jährlichen Bericht zur Antisemitismusbekämpfung herausgibt. Der Bericht sollte, unter Beteiligung des Innenministeriums und des Auswärtigen Amtes, über die Verbreitung antisemitischer Strömungen in allen Gesellschaftsteilen und –institutionen einschließlich der Medien Auskunft geben sowie darlegen, welche Gegenmaßnahmen notwendig sind und eingeleitet wurden. Aufgenommen werden muss ebenso die Berichterstattung über die antisemitische Agitation in den Herkunftsländern der muslimischen Einwanderer, die uns, wie geschildert, über viele Wege –über Satelliten, über das Internet, über den Buch- und Zeitschriftenimport oder sogar über Schulen – erreicht, und über die Maßnahmen, die die Bundesregierung dagegen ergreift oder ergreifen wird. Wie wichtig ein derartiger Bericht ist, zeigen übrigens auch die neuen, erschreckenden Untersuchungen der Alice-Salomon-Fachhochschule über den Antisemitismus im Umfeld Berliner Schulen[18].

Der Kampf gegen den neuen und den alten Antisemitismus, gegen die im Titel angesprochenen "unheiligen Allianzen", ist ein wichtiger Teil des Kampfes für die Demokratie und für die Menschenrechte. Den Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen sind fast alle Staaten beigetreten, darunter auch diejenigen, die Antisemitismus nicht nur zulassen, sondern sich selbst antisemitisch betätigen. Der deutsche Staat, unser Staat, sollte die Aufgabe annehmen, im Gegensatz zu früheren Positionen in dieser Frage aktiv Partei zu ergreifen.

Antisemitismus-Tagung in Mannheim:
Herausforderungen der Demokratie
"Herausforderungen der Demokratie" heißt eine Reihe von Fachtagungen der Friedrich-Ebert-Stiftung, die vom Fritz-Erler-Forum Baden-Württemberg veranstaltet werden und die sich vergangenen Freitag dem Thema Antisemitismus widmete...

In der Antisemitismusbekämpfung
mangelt es am wirklichen Wollen:
Zentralrat fordert verlässliche Unterstützung für haGalil

Antisemitismus ist in den letzten Jahren wieder verstärkt aktuelle gesellschaftliche Erscheinungen und Thema politischer Debatten...

Europäischer Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart:
Die These von der Jüdischen Weltverschwörung
Auf dem Jüdischen Friedhof in Prag treffen sich einmal in hundert Jahren zu einer ausgemachten Stunde die Vertreter der zwölf Stämme Israels und beraten über das mittelfristige Vorgehen auf dem Weg zur gänzlichen Beherrschung der Welt...

Antisemitismus im (Gegenwarts-) Islam:
Europa im Konflikt zwischen Toleranz und Ideologie
Da man die Juden und Christen als koranisch verankerte "Schriftverfälscher" und heute als wesentliche Urheber der Moderne betrachtet, spielen sie – zusammen mit den Frauen – eine traditionelle Feindbildrolle in der islamischen Ideologie...

Hermetisch abgeriegelte Welt des Wahns:
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Als Mahmud Ahmadinejad im Sommer 2005 zum iranischen Präsidenten gewählt wurde, zog sich Israel gerade aus dem Gazastreifen zurück. Damals hofften viele, dass dieses Stück Land fortan als Modellregion palästinensischer Eigenstaatlichkeit aufblühen würde. Doch das Gegenteil trat ein...

Klaus Faber, Staatssekretär a. D. - Bildung, Wissenschaft, Forschung, Kultur, Religionsgemeinschaften - 1994 bis 1999 in Sachsen-Anhalt
Jurastudium, Studium der Volkswirtschaft und orientalischer Sprachen in München, Saarbrücken und Heidelberg;
1971 bis 1990 Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft - u. a. Gesetzgebung, Verfassungs- und sonstige Rechtsfragen in der Wissenschaft, Hochschulfragen im Einigungsvertrag, Bund-Länder-Fragen, Bildungsplanung; 1972 Mitarbeiter EG-Kommission Brüssel; 1978 Autor des Berichts der Bundesregierung über den Bildungsföderalismus; 1990 bis 1994 Abteilungsleiter Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land Brandenburg
Rechtsanwalt und Publizist in Potsdam; Mitgründer und Kuratoriumsmitglied des Moses Mendelssohn Zentrums für Europäisch-Jüdische Studien an der Universität Potsdam; Geschäftsführender Vorsitzender des Wissenschaftsforums der Sozialdemokratie in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern e. V.;
Mitglied der Redaktionen der Zeitschriften p21 - perspektive 21, Brandenburgische Hefte für Wissenschaft und Politik, Potsdam, sowie perspektiven ds, Marburg
Zahlreiche Publikationen zu juristischen, wissenschafts- und bildungspolitischen Fragen, zur Föderalismus- und EU-Politik, zu Nahost-, Islam- und Antisemitismusfragen in Tageszeitungen und Monatszeitschriften (u. a. Tagesspiegel, Welt, taz, Neue Gesellschaft, Berliner Republik, perspektiven ds, perspektive 21); Mitautor für ein Handbuch des Verfassungsrechts, eines Kommentars zur gesetzlichen Regelung zum Fernunterrichtsschutz und verschiedener anderer juristischer und politikwissenschaftlicher Buchpublikationen sowie Mitherausgeber des Sammelbandes Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin, Juni 2006

Anmerkungen:
[1]Lewis, Bernard, Semites and Anti-Semites, New York, London 1999 (erste Publikation 1971).
[2]Vgl. Carmon, Yigal, Was ist arabischer Antisemitismus, in: Faber, Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt  und europäische Politik, Berlin, 2006, S. 203 ff., S. 206.
[3]Vgl. dazu Lewis, Bernard, s. Anm. 1, S. 140 ff., 145 ff.; Faber, Klaus,  "Nach Möllemann: Antizionismus und Antisemitismus in Deutschland. Eine gefährliche  Verbindung in Medien und  Politik" in: Kaufmann, Tobias und Orlowski, Anja,  "Ich würde mich auch wehren..." Antisemitismus und Israelkritik: Bestandsaufnahme nach Möllemann, Potsdam 2002, ders. Die geleugnete Verbindung, in: Berliner Republik, 2/2003, ders., Islamischer Antisemitismus, in: perspektive 21 - Brandenburgische Hefte für Wissenschaft und Politik,  Heft 27 August 2005, S. 71 ff.; s. dazu auch die Beiträge in Faber, Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin, 2006, S. 167 ff., u. a. Foxman, Abraham H., Muslimischer Antisemitismus zwischen Europa und dem Nahen Osten, ebd., S. 171 ff., und von Beck, Eldad,  Islam und Antisemitismus, ebd., S. 233 ff.;  zu der in diesem Zusammenhang wichtigen allgemeineren Islamentwicklung vgl. Lewis, Bernard, What Went Wrong? The Clash between Islam and Modernity in the Middle East, New York 2003; Tibi, Bassam, Die neue Weltunordnung: westliche Dominanz und islamischer Fundamentalismus, Berlin 1999; Faber, Klaus, Der Islam und der Westen, in: perspektiven ds, Marburg, Heft 4 2001, S.8 bis 29, ders., Achtzig Jahre auf dem Weg nach Westen, in: Berliner Republik, 3/2005.
[4] S. zum "neuen" (Schuldabwehr-)Antisemitismus und zum Zusammenwirken mit dem arabisch-islamischen Antisemitismus s. die Beiträge in Faber,  Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin, 2006, u. a. von Faber, Klaus, Was ist zu tun?, ebd., S. 331 ff., Rensmann, Lars, Der Nahostkonflikt in der Perzeption des Rechts- und Linksextremismus, ebd., S. 33 ff., von Pallade, Yves, Medialer Sekundärantisemitismus, öffentliche Meinung und das Versagen gesellschaftlicher Eliten als bundesdeutscher Normalfall, ebd., S. 49 ff., von Schapira, Esther und. Hafner, Georg M, Entlastungs-Antisemitismus in Deutschland, ebd., S. 67 ff., sowie von Bergmann, Werner und Heitmeyer, Wilhelm in: Heitmeyer, Wilhelm, Deutsche Zustände - Folge 3, Frankfurt am Main 2005, S. 224 ff., zum "Alt"-"Neu"-Verhältnis und anderen Aspekten der Antisemitismus-Varianten vgl. die Beiträge in: Faber,  Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin, 2006, von Rabinovici, Doron, Altneuhaß - Moderne Varianten des  Antisemitismus, ebd., S. 245 ff., zum spezifischen Zustand des deutsch-jüdischen Verhältnisses s. Schoeps, Julius H., Die Schatten der  NS-Vergangenheit, ebd., S. 325 ff., Scherer,  Klaus-Jürgen, Antisemitische Ressentiments im kulturellen Selbstgespräch der deutschen Öffentlichkeit, ebd., S. 101 ff., zur problematischen Rolle eines Teils der Print-Medien vgl. u. a. Behrens, Rolf, "Sie schießen, um zu töten", ebd., S. 19 ff., Möller, Johann Michael, Medien, Israel und Antisemitismus, ebd., S. 79 ff.; zu Antisemitismustendenzen im europäischen Islam s. auch Özdemir, Cem, Muslimische Migranten und Antisemitismus, ebd., S. 219 ff., sowie Gessler, Philipp, Antisemitismus unter Jugendlichen, ebd., S. 225 ff.
[5]Vgl. die Beispiele in honestly-concerned, honestly-concerned,  If you believe that today's ARAB ANTISEMITISM is any different from the NAZI GERMANY one, think again, Flugblatt, 2004, sowie Carmon, Yigal, s. Anm. 3, mit weiteren Belegen aus der memri-Sammlung, und sowie Wistrich, Robert S., Muslim Anti-Semitism - A Clear and Present Danger, Broschüre des American Jewish Committee, 2002, u.a. S. 15 ff., zur antiisraelischen Kampagne der palästinensischen Autonomiebehörde vgl. auch die Informationen von Palestinian Media Watch, www.pmw.org.il, sowie Crook, Barbara und Marcus, Itamar, Pedagogy of Hate, in: Jerusalem Post Op-Ed, 4.1.2004.
[6]Lewis, Bernard, 2003, s. Anm.3.
[7]Tibi, Bassam, Islamische Zuwanderung - Die gescheiterte Integration, Stuttgart, München, 2002, S. 20 ff., S. 58  ff.
[8]Vgl. insbesondere zur hochproblematischen Spiegelberichterstattung Behrens, Rolf, Anm.4, sowie ders., "Raketen gegen Steinewerfer". Das Bild Israels im "Spiegel". Eine Inhaltsanalyse der Berichterstattung über Intifada 1987 – 1992 und "Al-Aqsa-Intifada" 2000 – 2002.
[9]S. das Zitat aus der Jerusalemer Erklärung  in honestly concerned, Aufruf zum Kampf gegen den Antisemitismus -  Erklärung einiger  Nichtregierungsorganisationen zur OSZE-Konferenz, Flugblatt, Berlin 2004; vgl. zur Debatten- und Medienentwicklung auch den Beitrag von Rensmann, Lars, s. Anm. 4.
[10]Vgl. zu den Abgrenzungsansätzen auch Faber, Klaus, 2002, 2005 und 2006, s. Anm. 3 und 4
[11]Vgl. zur Aussonderung Israels als Jude unter den Staaten Faber, Klaus, 2005, s. Anm. 3, S. 78; zur Präzedenzlosigkeit der antisemitischen Judenverfolgung und der Schoa vgl. Bauer, Yehuda, Die dunkle Seite der Geschichte, Frankfurt a. M.,  2001.
[12]S. dazu die von Schröder, Ilka, Liaisons Dangereuses, in:  Faber,  Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt und europäische Politik, Berlin, 2006, S. 279 ff., geschilderten Konstellationen, die auch Fälle unbegreiflicher Parteilichkeit zugunsten der Palästinensischen Autonomiebehörde umfassen;
[13]zu weiteren hier heranzuziehenden Vergleichsfällen vgl. Faber, Klaus, 2005, s. Anm. 3, S. 77 f.
[14]"Spiegel" 41/2005, S. 134 ff.; zu den Hintergründen derartiger Geschichtsinterpretationen s. auch Scherer, Klaus-Jürgen, s. Anm. 4, S. 104 ff.
[15]Im "Spiegel", ebd.; Annette Grossbongardt zitiert in diesem  Zusammenhang ohne Kommentar eine arabisch-palästinensische Stimme: "Aber hätten die Araber überhaupt etwas richtig machen können? Alles sprach einfach gegen uns. Was konnten wir schon gegen den Holocaust ausrichten, der die Juden zum kollektiven schlechten Gewissen Europas erhob?" (ebd., S.138); eine ähnliche Position vertreten offenbar auch die von Matthias Küntzel, Joschka Fischer, die "Road Map" und der Gaza-Abzugsplan, in: Faber,  Klaus, Schoeps, Julius H., Stawski, Sacha (Hg.), Neu-alter Judenhass – Antisemitismus, arabisch- israelischer Konflikt  und europäische Politik, Berlin, 2006, S. 251 ff., S. 261 f., zitierten Experten, die "Eckpunkte" für die deutsche Nahostpolitik formulieren sollten und in diesem Zusammenhang den erstaunlichen Vorschlag machten, Deutschland solle "Geburtshelfer  und Pate des zukünftigen palästinensischen Staates" werden. "Deutschland soll deutlich machen, daß es den überwiegend arabischen Charakter des Nahen und Mittleren Ostens erkennt und die Beziehungen zur arabischen Welt nicht vom Erfolg des Friedensprozesses   abhängig macht." - so zitiert Matthias Küntzel (ebd., S. 262 ) die Eckpunkte, die von ihren Autoren (zu Unrecht) als "ausgewogen", aber (zu Recht) als "nicht neutral" bezeichnet werden (s. Matthias Küntzel ebd., S. 261, dort Anm. 476 ); für die nicht-arabischen Völker des "Nahen und Mittleren Ostens" (!) u. a. iranischer oder türkischer Zuordnung vermitteln die "Eckpunkte" interessante Aufschlüsse über eine mögliche deutsche Position; mit dem eher ungewöhnlichen Vorschlag, die "Beziehungen zur arabischen Welt" nicht  vom Erfolg des Friedensprozesses abhängig zu machen, sollen diese Beziehungen offenbar, anders als diejenigen zu Israel, von Bedingungen freigestellt werden, die mit dem "Friedensprozeß" zusammenhängen.
[16]"Südsyrien" war die jedenfalls bis 1919 vorherrschende arabische Bezeichnung für dasjenige Gebiet, zu dem auch das "Palästina" der christlichen Tradition gehört, vgl. Segev, Tom, Es war einmal ein Palästina - Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, München 2005, S. 118.
[17]Vgl. Segev, Tom, ebd., S. 546, zur Linienführung des UN- Teilungsvorschlags.
[18]Vgl. dazu Gessler, Philipp, s. Anm. 4.

hagalil.com 25-07-2006

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