In der Antisemitismusbekämpfung mangelt es am wirklichen
Wollen:
Stefan Kramer fordert verlässliche Unterstützung
Ein Bericht von Ramona Ambs
Antisemitismus ist in den
letzten Jahren wieder verstärkt aktuelle gesellschaftliche Erscheinungen und
Thema politischer Debatten. Am vergangenen Freitag widmete sich in Mannheim
eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung dem Thema Antisemitismus, also dem
Hass auf Juden und wie man ihm entgegentritt. Die Veranstaltung stand
natürlich auch unter den Eindrücken der jüngsten Eskalation in Nahost.
Stephan
J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, der
einige Begrüßungsworte sagen sollte, hielt mehr ein eigenes Referat zum
Thema, als dass er durch farblose Willkommens-Worte aufgefallen wäre.
Zunächst kritisierte er die einseitige Beurteilung der Lage in Nahost durch
den deutschen Außenminister Steinmeier und bedauerte die dortige Eskalation.
Dann zitierte er aus einer E-Mail, die zwei Tage zuvor beim Zentralrat
eingegangen war und in der gefragt wurde, "wieviel Geld denn der Zentralrat
von der Bundesregierung bekommen habe, dass die Deutschen ungestraft soviel
Flagge zeigen durften bei dieser WM". Ausgehend von dieser Mail, die, wie
Kramer betonte, keine unrühmliche Ausnahme darstellte, zeigte er auf, wie
weit verbreitet antisemitische Klischees und Denkweisen in der Gesellschaft
sind.
Nicht soviel Reden - Handeln!
Insbesondere kritisierte der Generalsekretär des Zentralrats, dass über
dieses Thema stets viel geredet wird, es aber an zuverlässiger und konkreter
Hilfe oft fehle. Es sei skandalös, wie hier dringend notwendige
Unterstützung versagt oder verschleppt werde. HaGalil nannte er als ein
Beispiel dafür, dass eine Organisation, die sich nach einhelliger Meinung
erfolgreich und effektiv gegen Antisemitismus engagiert, aufgrund fehlender
Unterstützung mehr Zeit und Kraft damit verbringen muss, ihre finanzielle
Situation zu sichern als ihre eigentliche Arbeit tun zu können. Kramer
forderte entschieden verlässliche staatliche Förderung für Projekte wie zum
Beispiel haGalil.
Auch
Julius Schoeps, der Leiter des Moses-Mendelsohn Zentrum in Berlin,
bemängelte, dass es in Deutschland heute vor allem am "wirklichen Wollen"
fehlt, den Antisemitismus zu bekämpfen. Auch Schoeps hatte das
Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) dazu aufgerufen die Arbeit von haGalil zu
unterstützen, da die Existenz von Hagalil als Informationsdienst zum
Judentum ein wichtiges Instrument zur Vorbeugung gegen Extremismus sei: "Oft
frage ich mich, was ist der Politik wichtiger ist: die Prävention oder die
Maßnahmen. Ich würde sehr dafür plädieren, dass die Prävention zukünftig
stärker gefördert wird."
Ein Reader mit sämtlichen Vorträgen der Tagung wird ab September bei der
Friedrich Ebert-Stiftung erhältlich sein. Über die Tagung folgt in Bälde ein
ausführlicherer Bericht.
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