Historiker distanziert sich wegen Dieudonné von Liste:
Urteile gegen Dieudonné
Von Bernhard Schmid, Paris
Französische Gerichte hatten in der vorigen Woche zwei mal
über den umstrittenen Künstler französisch-kamerunischer Herkunft
"Dieudonné", mit richtigem Namen Dieudonné M'bala M'bala, zu urteilen. (Zu
den Hintergründen siehe:
Die
Dieudonné-Affäre)
Am vorigen Mittwoch verurteilte ein Strafgericht in Avignon
ihn zu 5.000 Euro Geldstrafe, weil es Äußerungen des Künstlers über die
französischen Juden, die in "Le Monde" vom 7. Januar 04 wiedergegeben waren,
als rassistische Beleidungen wertete. Hingegen sprach ein Pariser Gericht
ihn am Donnerstag wegen ähnlicher Vorwürfe bezüglich seines zweifelhaften
Fernsehsketchs vom Dezember 2003 (in dem Dieudonné als orthodoxer Jude
verkleidet auftrat und die "amerikano-zionistische Achse des Guten"
hochleben ließ) frei. Im Gegensatz zu seinen Auslassungen vom Januar 04, in
denen Dieudonné wesentlich weiter ging und sich erkennbar auf die jüdische
Bevölkerungsgruppe bezog, erfüllte der Fernsehauftritt in den Augen des
Gerichts den Tatbestand der rassistischen Hetze noch nicht. Nach ihren
Feststellungen konnten die Richter Dieudonnés Aussage nicht zweifelsfrei
widerlegen, er habe sich lediglich auf extremistische Siedler bezogen.
Wegen Dieudonné auf Distanz gegangen ist vorletzte Woche der
französische Historiker Maurice Rajfus. Der wohl prominenteste, linke
jüdische Historiker und Buchautor des Landes hat in der Vergangenheit vor
allem zur Geschichte der Shoah in Frankreich gearbeitet, etwa mit seinem
Buch Opération Etoile Jaune (Operation Gelber Stern). Er schrieb u.a. auch
über das Lager in Drancy, das als Durchgangsstation in die Vernichtungslager
diente (Titel: Drancy, un camp de concentration très ordinaire), und über
die gegen Juden gerichtete "Razzia vom Velodrôme d'Hiver" vom Juli 1942
(Titel: Jeudi Noir, 16 juillet 1942). Ferner recherchierte er über Vebrechen
der französischen Polizei, unter der Kollaboration mit den nazi-deutschen
Besatzern (Titel: La police de Vichy) wie auch später, etwa mit seinem Buch
zu den Todesschüssen gegen Algerier am 14. Juli 1953 (Titel: 1953, un 14
Juillet sanglant).
Rajfus ist ein dezidierter Kritiker der Politik des
israelischen Staates, aber kein Gegner seiner Existenz. Ursprünglich sollte
er auf einer Liste "Euro-Palestine" zu den Europaparlamentswahlen
kandidieren. Mit antisemitischen Tendenzen wollte er aber nichts zu tun
haben. Aufgrund der Präsenz von Dieudonné auf der Liste zog Rajfus sich
Mitte vorletzter Woche zurück.
Die Liste funktioniert nach dem selben Muster wie die "Liste
Sarajewo", die u.a. durch Bernard-Henri Lévy zu den Europaparlamentswahlen
1994 in Frankreich aufgestellt worden war und die damals auf das Schicksal
der Bosnier aufmerksam machen sollte (verbunden mit dem zweifelhaften
Ansinnen, für eine westliche Militärintervention zu trommeln). Die "Liste
Sarajewo" war damals wenige Tage vor der Wahl zurückgezogen worden, im Kern
hatte es sich vor allem um einen Mediencoup gehandelt.
Die "Liste Euro-Palestine" erweckt im Moment den Anschein,
bis zu den Europawahlen "durchhalten" zu wollen, bei denen sie in drei (von
den insgesamt acht) französischen Groß-Wahlkreisen antreten will. Ihr werden
aber derzeit deutlich unter 0,5 Prozent der Stimmen vorausgesagt. Die
Präsenz von zweifelhaften Persönlichkeiten wie Dieudonné, nach seinen
Auslassungen vom vergangenen Winter, trägt nicht unbedingt zu ihrer
politischen Glaubhaftigkeit bei.
Ce qu'on peut faire doit enfin être
soutenu :
Des contre-mesures
contre l'antisémitisme sur Internet
Nous ne devrions pas comprendre l'Internet en
premier lieu comme une menace, mais plutôt comme une chance pour le
dialogue et pour la communication dans une société multiple et
globale...
Keine religiösen Spinner:
Das andere
Frankreich
Ein Treffen mit einer Gruppe Franzosen, die Israel verstehen,
auch ohne Juden zu sein, ist ein erfrischender Windstoß in den
Beziehungen, die seit 1967 zahlreiche Höhen und Tiefen erlebten...
Im Stich gelassen:
Der
wachsende Antisemitismus in Frankreich
Vor 22 Jahren zog ich nach Paris. Nach dem eher belastenden Klima in
Österreich entdeckte ich in Frankreich einen erträglicheren
atmosphärischen Rahmen für einen Sohn von Holocaust-Überlebenden.
Inzwischen ist dieses Gefühl der Geborgenheit wieder zunehmender
Spannung gewichen...
hagalil.com 30-05-2004 |