antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

Israel wählt einen Premierminister:
Die Mehrheit im Land der Minderheiten

Ehud Barak gelingt es nicht, die zersplitterte Bevölkerung 
auf seine Seite zu bringen – Ariel Scharon eint zumindest 
konservative und religiöse Israelis

Von Thorsten Schmitz

Jerusalem – Kurz vor Schließung der Wahlkabinen entsinnt sich Israels Noch-Premierminister Ehud Barak seiner schärfsten Waffe: Ehefrau Nava. Vom Gatten gesandt, sucht sie in den wenig verheißungsvollen Tagen vor der Wahl am 6. Februar in allen Teilen des Landes russische Immigranten auf. Ihr Auftrag: das Image vom arroganten und unnahbaren Premierminister aufzuhellen, damit die größte Minderheit Israels am kommenden Dienstag bei der Direktwahl das Amt ihres Mannes sichert.

Die PR-Tour der First Lady scheint jedoch eine „Mission impossible“ zu sein: Seitdem der Termin der vorgezogenen Wahl feststeht, steht Barak wie der sichere Verlierer da. Bis zu 20 Prozentpunkte liegt er hinter seinem einzigen Herausforderer Ariel Scharon. Der unterkühlte Barak kommt gerade bei den Russen schlecht an. Deshalb wurde Nava Barak in den Kampf ums Votum mit einbezogen. Sie gab den drei russischen Fernsehsendern und den insgesamt 13 russischen Tages- und Wochenzeitungen in Israel in den vergangenen Tagen ein Interview nach dem anderen. Selbst Fragen nach der Farbe des Schlafanzugs ihres Mannes ließ sie sich gefallen.

Stimmenfang auf russisch 

Dahinter steht die Hoffnung, die Russen mögen noch einmal Gnade walten lassen und Barak ihre Stimme geben. Die Aussichten allerdings sind düster. Jüngsten Umfragen zufolge werden die meisten der rund eine Million Russen Ariel Scharon vom rechts-konservativen Likud ihre Stimme geben. Darin drückt sich nach Angaben des Wahlforschers Professor Yaron Ezrahi von der Hebrew University in Jerusalem auch die „Sehnsucht nach gesicherten Verhältnissen“ aus – ein Zustand also, den Barak in den Augen vieler Russen nicht imstande war, herzustellen. Die russischen Israelis hätten, so der Professor, nicht ihre „unbeständige Heimat“ verlassen, um in einer Krisenregion wie dem Nahen Osten dieselbe unsichere Situation vorzufinden. Ohnehin tendierten Russen zu konservativem Wahlverhalten – Scharon weiß das. Unermüdlich hat er in den vergangenen Wochen in russischen Hochburgen wie Aschkelon und Tel Aviv antichambriert und ließ alle Fernsehwahlspots russisch untertiteln.

Israel ist ein Vielvölkerstaat, der sich aus fünf Millionen Juden und einer Million arabischer Israelis zusammensetzt – und über hundert verschiedenen Nationalitäten. Die meisten Israelis verbindet als einziger gemeinsamen Nenner das Jüdischsein. Hinzu kommen eine Million Araber, die sich bei der Staatsgründung 1948 gegen eine Flucht und für den israelischen Pass entschieden haben. Sie sind genauso wahlentscheidend wie die Russen – tendieren allerdings zum linken Parteienspektrum.

Wer in Israel zum Premierminister gewählt werden will, hat es mit keiner überschaubaren Wählerklientel zu tun, die sich in ein rechtes und ein linkes Lager aufspaltet. Die israelische Gesellschaft ist vielmehr ein Sammelsurium aus Dutzenden unterschiedlicher Kulturen und Weltanschauungen. Sie machen es jedem Anwärter auf das Amt des Premierministers schwer, die Mehrheit für sich zu gewinnen.

Die Russen etwa hatten, in der Hoffnung auf Stabilität und eine wirtschaftliche Zukunft, bei der letzten Wahl im Mai 1999 mehrheitlich gegen den Likud gestimmt und für Barak. Tatsächlich hat dieser aber in ihren Augen statt Frieden nur Krieg gebracht. Kein Tag vergeht seit Ende September, an dem nicht israelische Zivilisten angeschossen oder getötet werden. Nun bleiben die Touristen aus, und ausländische Investoren halten sich mit ihrem Engagement spürbar zurück, besonders in der High-Tech-Industrie, in der viele Russen erfolgreich Existenzen aufgebaut haben. Die Vertreter der russischen Parteien wie der frühere Innenminister Nathan Scharansky empfehlen ihren Landsleuten daher, das Kreuz bei Scharon zu machen.

Mitentscheidend für den Ausgang der Wahl sind außerdem die arabischen Israelis. Sie muss Barak am meisten fürchten: Wenige Tage vor dem 6. Februar erklären ihre Knesset-Repräsentanten Barak für nicht wählbar – und Scharon erst recht nicht. Dessen Reputation unter Arabern ist aufgrund seiner Kriegs-Karriere und seiner unnachgiebigen Haltung gegenüber Palästinensern für immer ruiniert. Barak wiederum, so werfen die Araber diesem vor, sei verantwortlich für die Tötung von 13 arabischen Israelis im vergangenen Oktober. Als die Unruhen in den Palästinensergebieten aufgeflammt waren, hatten sich arabische Israelis durch Demonstrationen und Steinewürfe solidarisch gezeigt mit den Palästinensern. Die israelische Polizei hatte auf die Unruhen mit scharfen Schüssen reagiert. Der Vorwurf arabischer Knesset-Abgeordneter wie Achmed Tibi etwa lautet seitdem, die israelische Polizei hätte nie mit derartiger Gewalt auf jüdische Demonstranten geantwortet. Barak hat in den letzten Tagen versucht, sich mit den Arabern in Israel gutzustellen und ihnen das Gefühl zu nehmen, sie seien „Bürger zweiter Klasse“.

Verunsicherte Linke

Er traf sich zum Humus-Essen mit dem Bürgermeister von Nazareth und beauftragte eine Arbeitsgruppe, die Situation der arabischen Israelis zu verbessern. Womöglich kommt dieses Engagement zu spät. Tibi sagt: „Barak hat uns schon 1999 versprochen, unseren Schulen mehr Geld zu geben und die arabischen Städte zu sanieren. Nichts hat er getan. Wieso sollen wir ihm jetzt trauen?“

Die kommende Direktwahl könnte nach Medienangaben auch als eine mit der niedrigsten Beteiligung ausgehen – gerade im linken Spektrum der israelischen Gesellschaft ist die Verunsicherung groß angesichts eines Kandidaten Barak, der sich wie sein Vorgänger Netanjahu in die Hände von ultra-orthodoxen Parteien begeben hatte und dadurch erpressbar geworden war. Eine Mehrheit der Israelis ist nicht religiös, fährt am heiligen Schabbat mit dem Auto und verlangt, dass Geschäfte auch am Samstag geöffnet sind. Dieser Mehrheit hatte Barak nach seiner Wahl Reformen versprochen. Darunter etwa das Recht auf zivile Heirat und die Pflicht, dass auch ultra-orthodoxe Männer und Frauen in die Armee einberufen werden. Beide Reformen hat Barak auf Druck seiner religiösen Koalitionspartner nie verwirklicht. Viele Barak-Wähler werden daher enttäuscht von seinem „Zickzack-Kurs“ nach Radioumfragen gleich ganz zu Hause bleiben.

Scharon dagegen genießt in konservativen und religiösen Kreisen geradezu den Ruf eines Heilsbringers – obwohl er sich mit konkreten Äußerungen über eine künftige Amtszeit sehr bedeckt hält. Scharon ist besonders beliebt unter den Sephardim, den orientalischen Juden in Israel, die sich vom links-europäischen Establishment und dessen Repräsentanten Barak benachteiligt fühlen. Scharon lässt in diesen Tagen keinen Obst- und Gemüsemarkt aus, wo Sepharden traditionell einkaufen und arbeiten, und spricht jedesmal davon, dass er die „Wunden der israelischen Gesellschaft heilen“ und „Einigkeit“ bringen werde. Der Hummer-Liebhaber Barak dagegen macht selbst beim Humus-Essen in der arabischen Stadt Abu Gosch nach Angaben der Tageszeitung Haaretz einen „gequälten Gesichtsausdruck“, der vermittele: „Was mache ich hier bloß?“

haGalil onLine 04-02-2001

 

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved