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Koscher leben...
 
 

Zweitausend Jahre vor Freud und Perls:
Traum und Traumdeutung in der Antiken Welt

Teil 1 - 2- 3

Sowohl die hellenistisch-römische als auch die antike jüdische Literatur kennt die Traumdeutung als Beruf. Zum Stadtbild in der antiken Weltstadt Rom, deren Alltag der Dichter Juvenal* in seinen Satiren beschreibt, wobei er zahlreiche Missstände mit spitzer Feder kritisiert, gehörten auch professionelle Traumdeuter, die als ambulantes Gewerbe auf den belebten Marktplätzen ihre Dienste offerierten und für die kunstgerechte Auslegung eines Traumes Geld verlangten.

In der sozialen Hierarchie weit unten stehend, aber als geschulte Spezialisten gefragt, boten sie Erklärungen für die Gegenstände und Ereignisse, die dem Schlafenden in der Gegenwelt des Traumes begegneten und die er in Erinnerung behielt. Wer ihre Dienste in Anspruch nahm, erwartete Lebenshilfe und Aufklärung über die Bedeutung des im Traum Geschauten, wollte zukünftige Ereignisse, Schicksalsankündigungen oder Schicksalserfüllungen erfahren, bevor sie sich wirklich ereigneten, oder es verlangte ihn nach beruhigender Entwarnung über die tatsächliche Harm- und Bedeutungslosigkeit eines beängstigenden Traumbildes.

*) »Hat der Priester der Isis den Platz geräumt, bettelt eine zitternde Jüdin, die ihren Korb mit dem Heu zurückließ, ihr heimlich das Ohr voll, eine Deuterin der Gesetze Jerusalems, große Priesterin des Baumes und zuverlässige Botschafterin des höchsten Himmels. Auch sie füllt sich die Hand, aber bescheidener: für wenig Geld verkaufen die Juden jede gewünschte Traumdeutung.« (Juvenal, Satiren VI 542-547)

Da Träume stets kulturell geprägt sind und ihr Motivrepertoire sich großteils aus Erfahrungen und Erlebnissen speist, stellen Traummitteilungen und -bilder nicht nur eine wichtige Quelle für die Erhellung der Weltwahrnehmung und -deutung einer bestimmten Epoche bzw. Gesellschaft dar, sondern sie sind zugleich auch bezeichnend für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Strukturen, die diese Menschen umgeben und prägen. Dass nahezu jeder Traum eine Bedeutung hat und der Deutung bedarf, galt in der Antike als geradezu selbstverständlich. Verbreitet war auch die Auffassung, dass Träume als Offenbarungsmedium göttlichen oder dämonischen Ursprungs sind und dass gute oder böse Mächte ihren ominösen Inhalt steuern, um den Träumer in seinem Schlaf zu warnen oder zu ermahnen, sein Schicksal zu beeinflussen oder ihn gar zu lenken.

Daneben stand allerdings auch die Vorstellung, dass Träume in der menschlichen Seele entstehen - entweder als prospektive Einblicke in eine verborgene Wirklichkeit, die den menschlichen Sinnen im Wachzustand verborgen bleibt, oder als retrospektive Reflexe von Lebensumständen und Gemütsverfassungen, Hoffnungen, Wünschen und Ängsten, Erlebnissen und Ereignissen, die dem Träumer widerfahren sind. Dabei wurden demselben Traum bei verschiedenen Menschen verschiedene Bedeutungen beigemessen. Ebenso war es von Belang, an welchem Ort der Traum stattfand (»Inkubation«) - manche Orte galten als geradezu prädestiniert für helfende oder heilende Träume. Diese Vielfalt in der Auffassung vom Wesen der Träume, die auch die antike jüdische Tradition durchweg kennzeichnet, rührt daher, dass hinsichtlich der Deutung von Träumen Jahrhunderte lang tradiertes Wissen in Gestalt von vielen unterschiedlichen Überlieferungen aus verschiedenen Kulturkreisen über einen langen Zeitraum hinweg miteinander verschmolzen ist. Bereits im alten Orient wurden solche Traumdeutungen in Form von systematischen und differenzierten Sammlungen des einschlägigen Wissensgutes zusammengestellt, (oft nach mnemotechnischen Gesichtspunkten) geordnet und in Form von ausführlichen Traumbüchern überliefert; in hellenistisch-römischer Zeit und noch weit darüber hinaus prägten solche Traumbücher einen Teil der verbreiteten privatreligiösen Subkultur...

Aus Torah, Mischnah und Talmud:
Traum und Traumdeutung in Talmud
Die zahlreichen Äußerungen über Träume und ihre Deutung in der rabbinischen Traditionsliteratur zeigen bei aller
Uneinheitlichkeit, dass auch die jüdischen Gelehrten ihnen ein großes Interesse entgegenbrachten. Die Mehrzahl der Weisen, die in diesen Texten zu Wort kommen, hält Träume durchweg für bedeutsam hinsichtlich des Verhaltens und des Schicksals eines Menschen... weiter...


Aus dem Vorwort zur Neuausgabe von
"Traum und Traumdeutung im Talmud"

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung des Verlages gestattet.


In 12 Bänden: Der Babylonische Talmud
Übersicht: Talmud



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