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Die Suche nach der Mitte zwischen Alef und Tav:
Das Alphabet des
Ben SiraAus der
Einleitung von Dagmar
Börner-Klein
Auf
den ersten Blick bietet des Alphabet des Ben Sira schwer verdauliche Kost.
Die Erzählung beginnt mit einem ungewollten Inzest. Ben Sira ist der Sohn,
den der Prophet Jeremia unwissentlich mit seiner Tochter zeugt. Dies ist
nicht nur für fromme Bibelleser schockierend.
Ben Sira selbst scheint zwielichtig zu sein. Er führt mit seinem
Grundschullehrer ein Gespräch über weibliche Reize. Am Hofe des Großkönigs
Nebukadnezar erzählt er, warum Adam nicht mit seiner ersten Frau Lilit
zurecht kam. Lilit beharrt auf gleichem Recht. Sie will wie Adam beim Sex
aktiv sein; sie will nach oben.
Die Fragen, die Ben Sira für Nebukadnezar beantworten muss, könnten eine
Themenreihe für eine Kinder-Uni abgeben: Wie entfernt man Haare? Wie viele
Baumarten gibt es? Wie ist ein König zu erkennen? Wie kommt Wissen zustande?
Gibt es einen Unterschied zwischen Gott und Mensch (Ist Gott wie ein
Mensch)?
Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass jenseits der lauten Töne,
die das Alphabet des Ben Sira anschlägt, leise Töne zu hören sind, die
systematisch eine Lebensweisheit aber auch eine Kritik vermitteln. Diese
Töne sind zu hören, wenn die stillschweigend anzitierten Texte aus der
biblischen und rabbinischen, der traditionellen jüdischen, Literatur bekannt
sind. Berücksichtigt man den Kontext dieser Zitate, wird deutlich, dass der
Autor des Alphabets des Ben Sira die rabbinischen
Methoden, den Bibeltext zu erschließen, so konsequent anwendet, dass
er zu Interpretationen gelangt, die schwer verdaulich sind. Diese Kritik
führt den Autor des Alphabets dazu, eine Alternative zu entwickeln: Er
zeigt, dass Erzählungen die Menschen "in Geschichten verstricken", aus denen
sie etwas lernen. Lebenserfahrung ergänzt und erneuert die traditionellen
Werte, wenn mit ihrer Hilfe die Mitte zwischen dem Zuviel und Zuwenig
beispielhaft benannt werden kann. Daher entwickelt der letzte Teil des
Alphabets des Ben Sira praktische Lebensweisheiten für Familie und Beruf.
Entstehung
Das Alphabet des Ben Sira1 wurde wahrscheinlich zwischen dem 8. und 10.
Jahrhundert von einem unbekannten Autor verfasst. D.Z. Friedmann und D.S.
Löwinger vermuteten aufgrund von Textparallelen im babylonischen Talmud, Traktat
Sanhedrin 100b, dass eine einfache Version des Werkes bereits im 4. Jahrhundert
existierte. E. Marmorstein unterstützte eine solche Frühdatierung.
Levi ordnete das Werk islamischer
Zeit zu, da auffällige Parallelen zu arabischen Erzähltraditionen (Kaiila und
Dimna) nachweisbar sind.
Sicher ist, dass erste Zitate im Midrasch Genesis Rabbati (11. Jh) nachweisbar
sind. E. Yassif setzt aus diesem Grund den spätesten Zeitpunkt der Abfassung des
Werkes an das Ende des 10. Jahrhunderts. Da aber auch Motive aus dem
Erzählzyklus Kaiila und Dimna im Alphabet des Ben Sira auftauchen, setzt E.
Yassif wie auch I.
Levi den frühest möglichen Zeitpunkt der Abfassung ins 8.
Jahrhundert.
Einteilung
Das Werk liegt in ca. einhundert voneinander stark abweichenden Handschriften
sowie zahlreichen alten Drucken vor. In seiner umfangreichsten Form umfasst das
Alphabet des Ben Sira folgende Teile:
- eine exegetische Einleitung (Auslegung zu Hiob 5,9 bzw. Hiob 9,10),
- die Geschichte von Ben Siras Zeugung und seinem ersten Lebensjahr,
- den Dialog zwischen Ben Sira und seinem Lehrer, der aus hebräischen,
alphabetisch geordneten Sinnsprüchen besteht,
- den Dialog zwischen Ben Sira und Nebukadnezar,
- zusätzliche Fragen des Nebukadnezar,
- aramäische, alphabetisch geordnete Sinnsprüche Ben Siras, von denen
einige Ben Siras Sohn Usiel und Ben Siras Enkel Josef ben Usiel deuten.
- Weitere Anfügungen in den unterschiedlichen Textzeugen.
E. Yassif geht davon aus, dass die Geburtsgeschichte, die Erzählungen am Hofe
des Nebukadnezar und die beiden alphabetischen Sinnspruchreihen zunächst
unabhängig voneinander existierten. Dies, so Yassif, lasse sich an Zitaten bei
Petrus Venerabilis (1094-1156), Mosche ha-Darschan (11. Jh) und Nissim ben Jakob
ibn Shahin (ca. 990-1062) belegen. Yassif vermutet, dass die aramäischen
alphabetischen Sinnsprüche Ben Siras in einem islamischen Umfeld gegen Ende des
10. Jahrhunderts entstanden sind, die zusätzlichen Fragen setzt er später, aber
vor Ende des 13. Jahrhunderts an.
In den meisten Handschriften trägt das Werk den Titel: Das Buch Ben Sira
oder Buchstaben und Fragen des Ben Sira? Der heute übliche Titel
Alphabet des Ben Sira taucht zum ersten Mal in der Edition Isny 1542 auf.
Der vorliegenden Übersetzung liegt die Handschrift Kaufmann aus dem Budapester
Rabbinerseminar zugrunde, die 1926 von D. Z. Friedmann und D. S. Löwinger ediert
wurde. Der Text dieser Handschrift wird auf der hebräischen Seite wiedergegeben. |
[BESTELLEN?]
Quelle:
Das Alphabet des Ben Sira, von Dagmar
Börner-Klein, ersch. im
Marix-Verlag
Anm. haGalil:
Fußnoten und Quellenhinweise (der Printauflage) wurden (online) nicht
wiedergegeben.
haGalil.com 14-12-07 |
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