Rabbiner Samson Rafael Hirsch:
Chorew - Versuch über Jisraels Pflichten in der
Zerstreuung
Aus dem ersten Abschnitt:
"Toroth - Geist und Gemüt zum Leben
rüstende Lehren"
Kapitel 16:
Liebe
... "trage Liebe deinem Nächsten wie dir selber, Ich, haSchem".
(III, 19, 18.)
§ 119.
Liebe alles, was Ich dir zur Seite gestellt, fühle sein
Dasein zu dem deinigen, sein Wohl zu deinem Wohl nötig, ja, dein Dasein,
dein Wohl, deinen Beruf erst durch sein Dasein ganz; deine Seele sei an sein
Wesen geknüpft; Ich haSchem, der All-Liebende, und in dieser All-Liebe dich,
Mensch, zum Werkzeug dieser Liebe berufende - mit diesem Wort öffnet dein
Gott das Siegel deines Herzens, heißt dich den Bund der Liebe schließen mit
allem, was den Stempel seines göttlichen Ursprungs trägt und ihn nicht
selber Lügen gestraft (§
118); - heißt dich alle Gotteskinder mit
deinem liebenden Herzen umfangen.
§ 120.
Dass du in ihm nicht nur nicht den Nebenbuhler beim
Erringen der Güter dieser Erde erblickest, sein Wohl nicht als deines
beeinträchtigend betrachtest - und ihm den Fleck gönnst, auf den ihn Gott
wie dich gesetzt, und auf diesem Fleck ihm auch Gedeihen gönnst - das hieße
nur: ihn nicht hassen - lieben ist's noch nicht.
- Lieben heißt: in ihm die einzige Bedingung deines Daseins, die einzige
Bedingung deines Wohles, die einzige Bedingung deines ganzen
Mensch-Jisrael-Berufs fühlen, und so in den Wunsch des eigenen Daseins und
eigenen Lebens den Wunsch des seinigen miteinschließen.
§ 121.
Einzige Bedingung deines Daseins, deines Wohles, deines
Berufes - wer wäre so stumpf, das nicht zu fühlen! Denke dir einmal die
Schar der Menschenbrüder weg, die Gott dir zur Seite gestellt - und dich
selber allein in dieser Erdenwüste - was wäre dein Dasein - deine Freude -
aber noch mehr, wo bliebe dein Beruf, wenn du nicht lieben und wohltun
kannst?
Bist zum Segen geschaffen - und hättest keinen, der deinen Segen empfinge!
- Bist zum Wirken geschaffen, sollst stützen, erhalten, trösten, belehren,
ernähren, beglücken, beleben - und hättest keinen, den du stützen, erhalten,
trösten, belehren, ernähren, beglücken könntest und beleben!
Und siehst du denn nicht, wie nur im Verein der Gesamtmenschheit es ist,
dass Gott deinem Wirken Ewigkeit gibt? - die Gesamtheit nimmt auf und, als
die Nimmersterbende, ist Erbe des Wirkens eines jeden einzelnen; ohne sie
wäre dein Wirken - Traum!
§ 122.
Aber noch höher! Ich, haSchem, selber die All-Liebe, bin
ja Vater aller Wesen rings um dich, habe sie ja alle wie dich zum Leben und
zum Heil berufen; wenn du Mich liebst, und weil du Mich liebst, liebe Meine
Kinder, freue dich an ihrem Heil, sieh in jeglichem Mein Werk, Mein Kind; in
seinem Wohl, Meines Werkes, Meines Kindes Gedeihen; in seinem Weg den
Untergang Meines Werkes, das Leiden Meines Kindes; - und liebe im Werk den
Meister, liebe im Kind den Vater.
§ 123.
Endlich, Ich, haSchem, selber die All-Liebe, der Ich den
Menschen zum Werkzeug dieser Liebe berufen. - Siehst du nicht, Mensch, wie
diese Liebe die edelste Blüte zu der du berufen bist? Wodurch erhebst du
dich über Stein und Pflanze und Tier?
- Ist's dadurch nicht, dass du frei dich dem Wohl der Welt um dich weihen
sollst? - Und das ist eben ja nichts als Wirken der Liebe. Dein ganzes
Wirken gehört Gottes Welt; - mit dem Quell deines Wirkens, deinem Herzen,
gehöre zuerst ihr an.
Trage Liebe in ihm zu Gottes Welt, vor allem zum Menschenbruder, dem ersten
und würdigsten Empfänger deines Segenswirkens.
- Liebe trag in deinem Herzen - in dieser Liebe bist du erst Mensch -
Jisrael.
§ 124.
Diese Liebe, wenn sie die wahre ist, lebt sich hinaus in
Taten, durch die du die Welt um dich mit dem Maß deiner Kräfte zu dem
Heilszustand förderst, in dem sie zu erblicken eine Forderung deiner Liebe
ist.
Regeloffenbarung für dies Liebeswirken, dass du nicht, im Wahn Heil zu
fördern, Verderben bringst, ist die ganze Torah. In Bezug auf deine
Menschenbrüder ist das "wie dir selber" die Regel, die darum als
Tatverpflichtung unter die Mizwot gehört.
(Siehe Kap. 91. Chorew)
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass
- sondern Gleichgültigkeit
Eli Wiesel
Die Lehre zum Leben (15):
Hasse nicht!
Hass ist das Gefühl, dass das Dasein irgendeines Wesens
unserem eigenen Dasein hinderlich sei, seine Vernichtung unser Dasein
ergänzen würde. Mit anderen Worten: sich nicht ganz fühlen, solange noch
dies oder jenes da ist...
Rabbi Moses Ben Nachman:
Brief des RaMBaN
an seinen Sohn
Der "Brief über Bescheidenheit"...
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15-08-2005
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