"Man könnte es ja auch so lesen..."
Alles nur leicht missverständlich?
Stellungnahmen, Kritik, Angebote und Erklärungen zur
Rezension des vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) geförderten Buches
"Woher kommt der Judenhass"
Die Auseinandersetzung mit den Umständen des tragischen
Todes des Jesus aus Nazareth, vor vermutlich fast 2000 Jahren, scheint
wesentlich sensiblere Bereiche zu berühren, als man in einer weitgehend
säkularisierten Welt annehmen sollte.
Darauf deutet auch die lebhafte Diskussion in unseren Foren hin, die auch
zwei Wochen nach der Veröffentlichung einer
kritischen Buchbesprechung
nicht abebbt. Viele Teilnehmer an dieser Diskussion machten sich sehr viel
Mühe, sammelten Argumente und Quellenhinweise, um Umstände und
Befindlichkeiten zu verstehen, zu erklären und zu beleuchten. Andere
bemühten sich, in erster Linie die Rezensentin und haGalil insgesamt in
Misskredit zu bringen. Beide Tendenzen halten an.
Die Fachwelt
In den Blickpunkt des Interesses geriet dabei
auch die hervorragende Abhandlung zu einem Seminar an der Forschungsstelle
für jüdisches Recht an der Universität Frankfurt/M.. Zitiert wird hier Chaim
Cohns Buch "Der Prozess Jesu aus Sicht des Jüdischen Rechts".
Doch lesen Sie am besten selbst...
Wenn die von Cohn und Miller betonte Wahrheit einige erreicht hat, die zuvor
nicht so genau Bescheid wussten, und das sind offensichtlich viele, dann war
die Auseinandersetzung sinnvoll.
Der Verlag
Dass eine solche Diskussion durchaus
notwendig ist und wohl auch konstruktiv sein kann, erkannte man im Verlag
recht schnell. Wenige Tage nach Erscheinen der Rezension, sprach sich
Wilfried Stascheit, der Gründer des Verlags,
dafür aus, das Buch aus dem Handel zu nehmen.
Inzwischen wandte sich
Dorothea Karpinski, Geschäftsführerin des Verlags, an die
Teilnehmer des Forums und bestätigte den Auslieferungsstopp. Trotz aller
Kritik finde man ein solches Buch aber wichtig, es gehe um ein schwieriges
Thema, das nicht in Lehrplänen stehe. Man wolle sich nun an die
Überarbeitung machen, kündigte Frau Karpinski an und lud Interessierte aus
dem Forum dazu ein, "die Überarbeitung mit konstruktiver Kritik zu
unterstützen."
Verstanden wurde dies von vielen, die sich bereits mit durchaus
qualifizierten Beiträgen zu Wort gemeldet hatten, dahingehend, dass man sich
den Gesamttext mit all seinen Methoden genau vornehmen und neu überarbeiten
möchte.
Die Öffentlichkeit
So schrieb eine Diskussionsteilnehmerin an
Frau Karpinski: ... "Offensichtlich teilen Sie die Meinung von Frau Ambs,
dass es bei diesem Buch nicht mit ein paar Berichtigungen und
Korrekturzetteln getan sein dürfte, und auch damit beweisen Sie Sachverstand
und die Fähigkeit, sich mit berechtigter Kritik auseinanderzusetzen. Ihre
Bereitschaft sich an dieser Diskussion zu beteiligen und aus den hier
bereits erkennbaren konstruktiven Ansätzen zu profitieren, sollte unbedingt
unterstützt werden.
Die Art, wie hier diskutiert und manchmal auch polemisiert wird, ist ihnen
sicher schon aufgefallen. Dieses Forum ist ein lebendiger Marktplatz der
Meinungen, eine Art Hyde Park Corner, und es ist immer wieder erfreulich zu
sehen, welche Perlen sich hier ab und an finden. Es ist jedenfalls schön,
dass Sie sich vom sehr diskursiven, oft übertrieben zugespitzten, dann
wieder langatmig larvierenden Stil einzelner nicht abschrecken ließen."...
In einer
weiteren Rezension werde das Buch kritisiert, so die Teilnehmerin,
"weil es Juden nur als Objekte von Diskriminierung und Opfer von Verfolgung
zeigt, während ihre aktive Rolle in Kultur und Gesellschaft ausgeblendet
bleibt. Man lerne durch die 'Bildungsbausteine' vor allem den Blick auf
Juden aus der Perspektive der Antisemiten, ohne etwas über jüdisches Handeln
in diesem Land zu erfahren. Darin liegt das Problem!
Und genau hier wäre es wichtig Juden mit einzubeziehen. Der erste Schritt
scheint von ihnen getan. Was weiter folgt wird sich zeigen. Ich denke es ist
hier mehr Bereitschaft vorhanden, als im ersten Moment sichtbar."...
Die Autoren
Nach solch positiven Ansätzen verwirrt und
enttäuscht die inzwischen ebenfalls vorliegende Stellungnahme der
Herausgeber des Buches "Woher kommt Judenhass?".
Im Zusammenhang mit der Aussage "die Juden hätten Christus umgebracht",
räumt man zwar einen "schwerwiegenden Fehler" ein, dies aber nur, weil die
Textpassage "leider leicht so gelesen werden kann, dass sie den uralten
antijüdischen Vorwurf des Christusmordes bestätigt, statt ihn – wie es
selbstverständlich unsere Absicht war – zu dekonstruieren."
Wie man die Passage anders lesen könnte wird nicht erklärt. Trotzdem
verspricht man, dass dieser "Sinn entstellende Fehler vom AutorInnenteam
und dem Verlag korrigiert" werden wird. Alle weiteren Vorwürfe werden
als irrelevant abgetan, verneint oder einfach ignoriert.
Vorschläge zur Verbesserung scheint man noch immer als unnötige Belästigung
zu empfinden. So überzeugt diese Stellungnahme nicht unbedingt. Allein die
Annahme, dass "LehrerInnen und Pädagoginnen", die mit "dieser
Methode arbeiten über fundiertes Wissen zu Antisemitismus verfügen" ist
fragwürdig, gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die größten
historischen Patzer (es ist ja nicht nur der Christusmordvorwurf) bereits
den Verfassern selbst nicht aufgefallen sind. Und das trotz "jahrelanger
intensivster Auseinandersetzung" mit dem Thema, wie sie betonen.
Doch lesen Sie am besten selbst...
Mit der vielfältigen und vielfach wirklich konstruktiven Kritik scheint man
sich gar nicht erst auseinandergesetzt zu haben. Das zugegebenermaßen
notwendige aber mühevolle Trennen zwischen sinnvollen und weniger wichtigen
Beiträgen hat man sich einfach erspart.
Deshalb noch einmal - die Fachwelt
Auch Micha Brumlik, einer der angesehensten
Erziehungswissenschaftler in Deutschland hat sich Mühe mit dem Buch und der
Rezension gemacht. Deshalb teilte er uns mit, dass er Frau Ambs Kritik in
jeder Hinsicht zustimme.
Die "vermeintlich offenherzige Behauptung, dass "die Juden" an Jesus Tod
schuld seien", zeige die völlige Uninformiertheit, Unbelesenheit sowie
theologische und historische Unbildung des Autorenteams. Mit Schrecken habe
er außerdem festgestellt, dass er als Mitglied des Beirats von "Tacheles
Reden!" geführt wird.
Doch auch hier
lesen Sie am besten selbst... |