Bildungsbausteine aus dem Familienministerium:
Schrecklich ungebildet
Auch der Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik,
langjähriger Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, teilt die Kritik am Buch
"Woher kommt Judenhass?".
Micha Brumlik
Von Ihrer Autorin, Frau Ambs über die wenig
souveränen, ja geradezu wütenden Reaktionen auf Frau Ambs Kritik an dem
"didaktischen" Werk "Woher kommt Judenhass?", informiert, kann ich Ihnen nur
mitteilen, dass ich Frau Ambs Kritik in jeder Hinsicht zustimme.
Besonders erschüttert hat mich insbesondere
die vermeintlich offenherzige Behauptung, dass "die Juden" an Jesus Tod
schuld seien. Das ist nicht nur deshalb erschütternd, weil genau diese
Behauptung über Jahrhunderte den Nährboden für oft tödlichen Judenhass
darstellte, sondern auch, weil sich darin die völlige Uninformiertheit,
Unbelesenheit sowie theologische und historische Unbildung des Autorenteams
zeigt.
Die historische Forschung hat inzwischen
eindeutig festgestellt, dass die Vollstreckungsgewalt für Todesurteile in
der augustäischen Zeit bei der römischen Besatzungsmacht lag, dass es zudem
jenseits der als historische Zeugnisse durchaus fragwürdigen Evangelien
nicht den geringsten Hinweis auf angebliche jüdische Intentionen auf den Tod
Jesu gibt, dass darüber hinaus nach dem damaligen jüdischen Recht derartige
Todesurteile auch gar nicht mehr gefällt wurden und dass schließlich noch
nicht einmal die Evangelien "alle" Juden mit dieser Schuld belasten.
Ich kann dazu nur auf die Studien von Chaim Herzog verweisen sowie auf die
in Deutschland erschienene, wirklich vorzügliche rechtshistorische Studie
des Anwalts Weddig Fricke "Standrechtlich gekreuzigt. Person und Prozess des
Jesus aus Galiläa", Mai Verlag, Buchschalg bei Frankfurt, 1986
P.S. Mit Schrecken habe ich festgestellt,
dass ich noch immer als Mitglied des Beirats von "Tacheles Reden! e.V."
geführt werde. Dazu kann ich nur feststellen, dass ich dazu vor Jahr und Tag
einmal eine Einwilligung gegeben habe, seither aber nie und zu keiner Zeit
konsultiert wurde - selbstverständlich auch nicht zu dem streitigen
Manuskript. Seit den hier erörterten Vorgängen sehe ich mich nicht mehr als
Mitglied des Beirats von "Tacheles Reden!" und untersage dem Verein die
Nutzung meines Namens.
"Man könnte es ja auch so lesen..."
Alles nur ein Missverständnis?
Auseinandersetzungen mit den Umständen des tragischen Todes des Jesus
aus Nazareth, vor vermutlich fast 2000 Jahren, scheinen wesentlich
sensiblere Bereiche zu berühren, als man in einer weitgehend säkularisierten
Welt annehmen sollte. Dies zeigen auch Stellungnahmen, Kritik, Angebote und
Erklärungen zur Rezension des Buches "Woher kommt der Judenhass"...
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