Gesetzeslage:
Ehud Olmert kann alle Entscheidungen treffen
Analyse von Ze’ev Segal, Ha'aretz, 05.01.2005
Übersetzung Daniela Marcus
Das Grundgesetz bezüglich der israelischen
Regierung sagt folgendes aus: Für den Fall, dass der Premierminister
vorübergehend unfähig ist, seinen Pflichten nachzukommen, wird der
stellvertretende Premierminister seinen Platz einnehmen. Gemäß
diesem Verfassungsrecht erhält der stellvertretende Premierminister
alle Vollmachten des Premierministers –und zwar auf jedem Gebiet und
zu jedem Thema-, damit notwendige Entscheidungen getroffen werden
können.
Der stellvertretende Premierminister ist autorisiert, alle
Entscheidungen zu treffen, ob sie dringend sind oder nicht.
Das Gesetz bestimmt nicht die Bedingungen, unter denen der
Premierminister unfähig ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Doch die Umstände des gestrigen Abends gehören sicherlich dazu.
Die Entscheidung, dass der stellvertretende Premierminister Ehud
Olmert die Regierungsaufgaben übernimmt, wurde durch den
Generalstaatsanwalt getroffen, jedoch erst, nachdem er die Ärzte von
Premierminister Ariel Sharon konsultiert hatte. Die Ärzte werden
auch entscheiden, wann der Premierminister fähig sein wird, seine
Aufgaben wieder zu übernehmen.
Scharon
und Olmert im Januar 2006 bei der Aktienübergabe der Bank Leumi (
Das Grundgesetz sagt, wenn 100 aufeinander folgende
Tage vorüber sind seit der stellvertretende Premierminister das Amt
vom Premierminister übernommen hat, und der Premierminister während
dieser Zeit nicht seine Arbeit aufgenommen hat, ist er dauerhaft
unfähig, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
In solch einem Fall wird am 101. Tag die Regierung aufgelöst. Nach
Absprache mit den politischen Parteien, die in der Knesset vertreten
sind, muss der Präsident ein Knessetmitglied ernennen, um innerhalb
von sieben Tagen bei o. g. Umstand und innerhalb von 14 Tagen im
Fall des Todes des Premierministers eine neue Regierung zu bilden.
Ein ganzes Land und ein Mann:
Von Schock zur Trauer
Die Einlieferung des Premiers in solch schwerem Zustand hat unseren
blank gelegten Nerv wieder aufgerissen, so Sima Kadmon in Jedioth
achronoth: Fünf Jahre hat sich ein ganzes Land um einen Mann
gedreht, um Arik, Ariel Sharon...
Endlose Lebenserwartung:
Er wollte keine Angiographie
In den letzten Tagen war Sharon unter sehr großem Druck. Vielleicht
so sehr, wie noch nie. Der Held der israelischen Feldzüge und
Absolvent vieler politischen Kämpfe, der nie zurückgeschreckt war,
nie gezögert hatte, nicht gezwinkert und nicht gefürchtet hatte,
hatte nun Angst...
Der letzte der Giganten:
Leb wohl, Generation von 1948
Während diese Zeilen geschrieben werden, kämpft Ariel Scharon um
sein Leben. Und man muss kein Neurologe sein um zu wissen, dass
seine Tage im Büro des Premierministers vorüber sind...
Mitten im Wahlkampf:
Scharon hinterlässt ein Vakuum
Entsprechend dem Spruch, dass jeder Mensch
ersetzbar sei, kommt eine beklemmende Ratlosigkeit auf, bei der
Frage, wie es nun weitergehen könnte. In der ganzen Parteilandschaft
Israels, durch Scharons Weggang vom Likud ohnehin durcheinander
geraten, ist weit und breit kein ebenbürtiger Politiker zu
entdecken...
Israel im Schock:
Scharons lange Nacht
Einige verwendeten das unheimliche Wort "Anusch", was
so viel bedeutet wie "im Sterben liegen". Nur selten hat ein als
"Anusch" eingestufter Patient überlebt. Dann ist immer die Rede von
einem "medizinischen Wunder"...
hagalil.com 05-01-2006 |