"Es
gibt kein deutsches Judentum mehr"Der Historiker Julius
Schoeps hält die Einigung für akzeptabel und begrüßt die Einführung von
Härtefallklauseln
Interview PHILIPP GESSLER
taz: Herr Schoeps, jüdische Zuwanderer werden
es zukünftig schwerer haben, in die Bundesrepublik einzuwandern, als es seit
1991 üblich war. Ist das zu begrüßen?
Julius Schoeps:
Diese Zuwanderung musste geregelt werden. Vor allem, weil zum 1. Januar
dieses Jahres ja neue Bestimmungen für alle Zuwanderer - ob Aussiedler, ob
Flüchtlinge - durch das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft treten sollten, nur
für die jüdische Zuwanderung gab es noch keine Klärungen. Die neuen Regeln
sind ein akzeptabler Kompromiss, wie auch Paul
Spiegel, der Präsident des Zentralrats, sagt. Es bleiben aber ein
paar Probleme.
Welche?
Ich hätte mir die Aussage, dass Berufs- und
Ausbildungsabschlüsse stärker anerkannt würden, etwas konkreter vorgestellt.
Dass nun ausreichende Grundkenntnisse im Deutschen verlangt werden, ist nur
akzeptabel, wenn das für alle Zuwanderer gilt, also etwa auch für
Aussiedler. Ich begrüße sehr, dass es nun auch Härtefallklauseln geben soll.
Ich habe nichts gegen die Zentrale Wohlfahrtsstelle einzuwenden, aber ich
hätte mir gewünscht, dass die einzelnen Gemeinden den Zuwanderern ihre
"Aufnahmemöglichkeit" bescheinigen.
Von den 200.000 jüdischen
Kontingentflüchtlingen, die seit 1991 nach Deutschland einwanderten, sind
nur etwa 95.000 auch in die jüdischen Gemeinden eingetreten - haben die
Gemeinden versagt?
Viele Zuwanderer konnten ja nicht eintreten, weil sie nur
einen jüdischen Vater, keine jüdische Mutter hatten. Andererseits war
1990/91 nicht absehbar, welche Probleme es geben würde. Die Fehler, die es
gab, wurden nun korrigiert.
Wie viele Juden werden noch kommen?
Wohl die etwa 50.000, die bereits eine Aufnahmezusage
haben oder einen Antrag auf Einwanderung gestellt haben.
Wenn die 50.000 eingewandert sind, wird das
ursprünglich deutsche Judentum in den Gemeinden einen noch kleineren Anteil
ausmachen.
Es gibt kein deutsches Judentum mehr, das ist vorbei. Wir
werden ein russisch geprägtes Judentum in Deutschland haben. Aber vielleicht
entsteht daraus ja wieder ein neues deutsches Judentum.
taz Nr. 7699 vom 25.6.2005, Seite 2, 76
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[FORUM]
Jüdischer Zuwanderung aus den ehemaligen Staaten der
Sowjetunion:
Verständigung über Eckpunkte
erzielt
"Als fairen Kompromiss" begrüßte der Präsident des Zentralrats
der Juden, Paul Spiegel, die zwischen den Innenministern von Bund und
Ländern gefundene Verständigung für die Regelung der jüdischen Zuwanderung
aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion – mit Ausnahme der baltischen
Staaten...
Heikle Probleme bei der Zuwanderung:
Jüdischer Vater, jüdische
Mutter
Einen Eklat lösten die Innenminister der Länder im
letzten Herbst aus, als sie überraschend restriktive Bedingungen für die
Zuwanderung von Juden aus Russland und anderen Ländern der ehemaligen
Sowjetunion verhängen wollten...
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Innenministerkonferenz:
Jüdische Einwanderung
Die Überlegungen zur Begrenzung einer Einwanderung für
Juden und Menschen aus jüdischen Familien wurden auf der
Innenminister-konferenz eingeschränkt durchgesetzt...
Die Zuwanderung von Juden nach
Deutschland wird neu geregelt. Darauf verständigten sich die
Länderinnenminister nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten nach
mehrmonatigen Verhandlungen mit dem Zentralrat der Juden. Demnach wird
künftig die Zentrale Wohlfahrtstelle des Zentralrats der Juden eine so
genannte Integrationsprognose für Einreisewillige erstellen. Sie soll
prüfen, ob die Zuwanderer aus Osteuropa tatsächlich jüdischen Glaubens sind.
Der Einigung stimmte auch die Union Progressiver Juden zu. In Stuttgart tagt
z.Z. die Innenministerkonferenz.
hagalil.com 23-06-2005 |