Rabbiner Samson
Rafael Hirsch: Chorew
Versuch über Jisraels Pflichten in der
Zerstreuung
Aus dem ersten Abschnitt:
"Toroth - Geist und Gemüt zum Leben
rüstende Lehren"
Kapitel 20. Beurteile jeden zum Guten
In Gerechtigkeit richte deinen Nächsten.
(III, 19, 15.)
§ 136.
Was dieser Ausspruch dem Richter für Pflichten auferlegt,
gehört unter
Mischpatim (siehe Kap. 54.). Hier vernehmen wir daraus hohe wichtige
Pflicht für jeden und fürs gewöhnliche Leben.
§ 137.
Wie sind wir so rasch, den Nächsten zu beurteilen! Auf ein
bloßes Gerücht hin, ohne ihn selbst gehört zu haben, ohne erst ruhig alle
möglichen Seiten überdacht zu haben, werfen wir den Stein der Verdammung auf
unseren Nächsten, und töten in unserem Gemüt die Achtung und Liebe, auf die
er Anspruch hat.
§ 138.
Nicht also wenn du den Inhalt dieses Ausspruchs sorgfältig
erfüllst. Dann wirst du so lange die gute Meinung von deinem Nächsten bei
dir aufrecht halten, bis dir unwiderleglich, und von keiner Seite
entschuldbar, seine Schuld darliegt.
Ja, selbst wenn du mit eigenen Augen ihn sündigen siehst, wenn glaubwürdige
Zeugen seine Schuld bezeugen, - du bist nicht Richter, dir ist die Liebe
Gerechtigkeit hier, und in deiner Liebe findet er stets den treuesten
Anwalt, der an seiner Tat, wo immer möglich, entschuldigende, oder doch
mildernde Seiten aufsucht.
"Sei bedächtig im Urteil! Beurteile jeden nach der guten Seite!"
Das sind Aussprüche der Weisen, die Leben sichern und Heil.
- Und wärest du siebenfältig betrogen worden, hättest dich hundertmal
getäuscht: dennoch lasse nicht von dieser Liebesregel im Urteil.
Besser hundert zu gut beurteilen, als einem im Urteil zu nahe treten. Du
darfst es dir nie verzeihen können, auch nur einen Menschen in Gedanken zu
schlimm beurteilt zu haben.
Rabbi Moses Ben Nachman:
Brief des RaMBaN
an seinen Sohn
Der "Brief über
Bescheidenheit"...
hagalil.com
15-09-2004
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