Rabbiner Samson Rafael Hirsch:
Chorew
Versuch über Jisraels Pflichten in der
Zerstreuung
Aus dem ersten Abschnitt:
"Toroth - Geist und Gemüt zum Leben
rüstende Lehren"
Kapitel 17: Barmherzigkeit
Erhärte nicht dein Herz
gegen deinen Bruder, den Dürftigen.
(V, 15, 7.)
§ 125.
Barmherzigkeit ist das Mitgefühl, damit der Schmerz des
einen Wesens von selbst im andern Wesen widertönt; und je edler, je höher
hinauf zum Menschen, um so zarter besaitet sind die Wesen für dieses
Leidens-Echo, die wie eine Stimme vom Himmel die Wesen durchdringt und ihnen
Bürgschaft ist für ihre All-Verwandtschaft in dem All-Einen. Bis endlich im
Menschen, der berufen zur Achtung und Liebe gegen das All der Gotteswelt
ist, sein Herz so weich geschaffen ist, dass es mit der ganzen organischen
Welt mitfühlt, selbst empfindungslosen Wesen ein Schmerzgefühl leihend, auch
mit welkender Blume trauert, - und ihn so, wenn anders nicht, schon die
Einrichtung seines Herzens lehren müsste, dass er vor allem berufen ist,
sich als Bruder aller Wesen zu fühlen, und alle Wesen Anspruch an seine
Liebe, an seine Tat haben.
§ 126.
Diese Barmherzigkeit, dieses Mitgefühl, zumal mit den
Leiden deiner Menschenbrüder, unterdrücke es nicht!
Es ist dir die mahnende Stimme der Pflicht, die dir in jedem Leidenden den
Bruder zeigt, und in seinem Leiden das deinige; und die Liebe aufruft, die
dich lehrt, dass du ihm angehörst und seinem Leiden mit allen Kräften, die
dir sind.
Unterdrücke es nicht!
Drängst du es häufig zurück, so keimt's von selbst nicht mehr auf, und du
hast dich selber hinausgerissen aus dem Kreis der Wesen, hast die erste
Bürgschaft deiner Berufung zu Mensch und Jisrael selbst vernichtet - dein
Herz wird Stein, und die Gottesstimme tönt nicht mehr in ihm, die dich mahnt
an deinen Beruf.
§ 127.
Unterdrücke es nicht etwa als Störer der eigenen Freude.
Vielmehr siehe gerade darin einen Gottesruf, dass du keine Freude haben
sollst, solange neben dir ein Bruder leidet.
- Unterdrücke es nicht, weil du fühlst wie es dich zum Mitteilen deines
Vermögens ruft. Vielmehr bürge es eben dir, dass dein Vermögen nicht dir
gehöre, sondern Gott jedem Bedürftigen Anspruch daran gegeben.
- Unterdrücke es nicht, dass du dich seiner etwa gar als ungeziemender
Schwäche schämst, schämst dessen, was Gott dir selber als Bürgschaftsbrief
deines edlen Berufs als Mensch-Jisrael mitgegeben.
Wenn der Seufzer der leidenden Menschheit verwandte Seufzer dir entruft,
ihre Trauer auch dein Antlitz umwölkt, und die Träne des Mitgefühls in dein
Auge tritt - das adelt dich! - es bürgt dir, dass du Mensch-Jisrael bist.
§ 128.
Doch lass dich auch warnen vor der Entartung des
Mitgefühls in Empfindelei und Verzärtelung, die sich so mit dem Leidenden
identifiziert, dass weder Ruhe noch Kraft, noch Stärke bleibt, um zu helfen.
Damit nicht das Übermaß zum Grab der Pflicht werde.
Gewöhne dich also früh zur Hilfsbereitschaft bei Leiden jeder Art.
(Jore Dea 247)
Rabbi Moses Ben Nachman:
Brief des RaMBaN
an seinen Sohn
Der "Brief über
Bescheidenheit"...
hagalil.com
22-08-2005
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