Isaac Breuers Weltwende:
Erinnerung an das deutsche Judentum
Isaac
Breuer, ein Enkel S.R. Hirschs, war Verfasser
vieler Schriften, die sich mit jüdischphilosophischen sowie
jüdisch-politischen Themen befassten.
Von Mordechai Breuer
Isaac Breuer wurde 1883 in Ungarn geboren und kam als Kind mit seiner Familie
nach Frankfurt a.M., wo sein Vater das Rabbinat der orthodoxen Gemeinde
bekleidete und eine talmudische Lehranstalt leitete. Dr. Breuer war in Frankfurt
als Rechtsanwalt tätig, wanderte 1936 nach Palästina aus und starb in Jerusalem
im Jahre 1946.
Breuer war Verfasser vieler Schriften, die sich mit jüdischphilosophischen sowie
jüdisch-politischen Themen befassten. Er entwickelte die
religionsphilosophischen und gemeindepolitischen Gedanken seines Großvaters,
Samson Raphael Hirsch, jedoch nicht epigonenhaft, sondern in durchaus
origineller Weise. Seine Auffassung von Welt und Mensch trägt ein stark
kantianisches Gepräge.
Das Wesen der jüdischen Religion und der jüdischen Nation ist ihm das in der
Thorah geoffenbarte Gottesgesetz. Als bewußter Sohn der "Gesetzesnation" bekennt
er sich frühzeitig zum jüdischen Nationalismus, der jedoch mit dem säkularen
Volksbewusstsein des Zionismus wenig gemeinsam hat.
Seit Ende des ersten Weltkriegs trat Breuer in Wort und Schrift als führender
Denker der nichtzionistischen Orthodoxie in Deutschland, und in seinen letzten
Jahren in Palästina, auf. Er wurde nicht müde, in den Reihen der Gesetzestreuen
für seine Ideen zu werben, die messianische Bedeutung des in fieberhaftem Aufbau
sich befindenden jüdischen Nationalheims zu verkünden und vor dem
gesetzesfremden jüdischen Nationalismus zu warnen.
Er hinterließ eine Anzahl stark autobiographischer Arbeiten, von denen zwei hier
zur Veröffentlichung kommen sollen.
"Weltwende"
wurde im Herbst 1938 geschrieben, dicht vor der Zerstörung der Synagogen, und
damit des jüdischen Gemeindelebens in Deutschland.
In "Sch'ali Srufah", der zweiten Schrift, im Jahre 1942 abgefaßt, ist das
deutsche Judentum nur noch eine Erinnerung, wenn auch damals das entsetzliche
Ausmaß der "Endlösung" noch nicht bekannt war.
In seiner Handschrift überschrieb Breuer diese "Erinnerung
an das deutsche Judentum" mit den hebräischen Worten "Sch'ali Srufah",
mit denen
Meir von Rothenburg sein Klagelied
auf die Talmudverbrennung in Paris 1242 einleitete: "Frage, Du im Feuer
verzehrte, nach dem Frieden Deiner um Dich Trauernden". Dieses Klagelied wird
seitdem nach deutschem Ritus alljährlich am Trauertag der Zerstörung des Tempels
vorgetragen.
Vieles in diesen Schriften mutet den heutigen Leser wie prophetische
Mahnworte eines begnadeten Sehers an, manches Zeitgebundene wiederum kann nur im
geschichtlichen Rückblick gewertet werden. Der Kreis derjenigen, die das
literarische Vermächtnis Isaac Breuers verwalten, hat sich vor allem deshalb zur
Veröffentlichung der Schriften entschlossen, weil die Kernprobleme der
Auseinandersetzung des jüdischen Volks mit den Völkern der Welt, sowie der
Auseinandersetzung des jüdischen Volks, vor allem im Staate Israel, mit seiner
nationalen Tradition, heute nicht wesentlich anders erscheinen als zu Lebzeiten
des Verfassers.
Mordechai Breuer
Frage du, Verbrannte im Feuer,
nach dem Frieden der um dich Trauernden
Meir von Rothenburg


siehe
auch: Marc Breuer, (ein Urenkel
von Samson Raphael Hirsch)
(Quellen "Neues Lexikon des Judentums" hsg. J.Schoeps, Wissen
und Wahrheit (Morascha), Weltenwende (Mossad Breuer, Jerusalem), Josef
Breuers Vorwort im Chorew (Morascha)... M. Breuer, Jüd. Orthodoxie im Dt.
Reich 1871-1918,1986.
hagalil.com
10-09-2004
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