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Judentum und Israel
   
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Der Tod des Jitzhak Rabin
Der Weg zum 4.11.1995
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Kapitel 5:  American Connection
Teil 5

Stein auf Stein:
Arafats Dämonisierung als Vorbereitung zur Ermordung Rabins

Michael Karpin und Ina Friedman

Einige der amerikanischen Rabin-Gegner machten ihrem Ressentiment nicht nur in randständigen Publikationen Luft, sondern mühten sich, ihre Litanei seiner Verbrechen und kleineren Sünden in die amerikanische Mainstream-Presse zu bringen.

Meister in diesem Spiel war Dr. Manfred Lehmann, ein Millionär aus Miami, der ein Vermögen damit gemacht hatte, Teile seiner Sammlung von Judaica und seltener Briefmarken zu verkaufen (letztere unter anderen an König Ibn Saud). Von der Ausbildung her Orientalist, tat Lehmann nichts, um seine bodenlose Verachtung für die Araber zu verhehlen, und bezeichnete die Palästinenser bei Gelegenheit als Nazis. Und in den Blättern, für die er regelmäßig schrieb, sparte er nicht mit Hieben gegen die Verfechter des Friedensprozesses. Rabin verglich er mit Marschall Petain und Außenminister Yossi Beilin mit Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels.

So überraschte es, dass Lehmann im Oktober 1995 Gast bei einem Abendessen war, das vom Präsidentenehepaar Clinton gegeben wurde, die mit Rabin herzlich befreundet waren. Tatsächlich hatte das Weiße Haus die Einladung an Sam Domb verschickt, der Clintons Wahlkampagne 1992 unterstützt hatte. Domb bat um die Erlaubnis, Lehmann mitzubringen, und die Clintons vertrauten auf sein Urteilsvermögen. Im Laufe des Abends sprach Lehmann Mrs. Clinton an und teilte ihr mit, die Regierung Rabin ließe gewohnheitsmäßig jüdische Frauen brutal verprügeln, die gegen den Osloer Friedensprozess demonstrierten. Mrs. Clinton gelang es offenbar mit Geschick, eine Antwort auf dieses Gambit zu vermeiden, doch Lehmann gab sein Spiel nicht auf. Denn am nächsten Tag rief ein Journalist im Weißen Haus an und bat sie um ihre Antwort auf das, was sie von Lehmann erfahren habe. Da es für Gäste des Präsidenten nicht üblich ist, den Inhalt von Gesprächen bei privaten Anlässen der Presse mitzuteilen, reagierte man im Weißen Haus erzürnt.

Trotz des Eklats schreckte Lehmann nicht davor zurück, seine Botschaften mittels einer anderen Strategie in der Presse unterzubringen, und diesmal außerordentlich erfolgreich. Im Februar 1996 veröffentlichte eine Reihe amerikanischer Zeitungen, darunter das Wall Street Journal, eine Meldung, die in Washington und Jerusalem großes Aufsehen erregte und den Friedensprozess zu gefährden drohte. Es ging um eine Ansprache Jassir Arafats bei einem Klausurtreffen arabischer Botschafter in Stockholm. Thema der Rede war, so hieß es, «Der kommende totale Zusammenbruch Israels».

In dem Bericht über das Treffen hieß es, Arafat habe den Diplomaten gesagt, mindestens die Hälfte der russischen Einwanderer nach Israel seien Christen oder Muslime, die, wenn der erwartete Bürgerkrieg dort ausbreche, für einen vereinten palästinensischen Staat kämpfen würden.
«Wir Palästinenser werden überall die Macht übernehmen, auch in ganz Jerusalem», habe er angeblich prophezeit und hinzugefügt, große Schwierigkeiten würde es nicht geben, da die meisten Juden nach Amerika auswandern würden. «Sie müssen wissen, dass wir vorhaben, den Staat Israel zu eliminieren und einen rein palästinensischen Staat aufzubauen. Wir werden den Juden mittels psychologischer Kriegsführung und einer Bevölkerungsexplosion das Leben unerträglich machen; die Juden werden nicht unter uns Arabern leben wollen!»
Seine Rede habe Arafat mit einem Aufschrei beendet: «Ich kann mit Juden nichts anfangen; sie sind und bleiben Juden! Wir brauchen jetzt all die Hilfe, die wir von Ihnen bekommen können, in unserem Kampf für ein vereintes Palästina in ausschließlich arabisch-muslimischer Hand.»

Die Berichte lösten auf höchster Ebene derartige Bestürzung aus, daß sich die amerikanische und die israelische Botschaft in Stockholm zusammen mit dem Mossad an die Untersuchung der Angelegenheit machten. Wie sich herausstellte, hatte es tatsächlich ein Treffen arabischer Botschafter in Stockholm gegeben, und Arafat hatte dabei gesprochen. Doch es gab keine schriftliche oder Bandaufzeichnung seiner Rede, und alles, was die Ermittler in die Hände bekamen, waren heftige Dementis der Pressezitate durch Teilnehmer und Arafats Büro in Gaza.

In den Vereinigten Staaten schrieb man die ursprüngliche Meldung einer schwedischen Zeitung namens Dagen zu. Tatsächlich war sie am 16. Februar in einem gleichnamigen Blatt christlich-charismatischer Ausrichtung im norwegischen Bergen erschienen. Verblüfft darüber, dass ein norwegisches Provinzblatt die Riesen der Branche mit einer solch heißen Story übertrumpft hatte, machte sich Akiva Eldar von der Ha'aretz auf den Weg, um die Quelle der Meldung ausfindig zu machen. Beim norwegischen Dagen konnte man nur sagen, daß ein anonymer schwedischer Journalist die Information an einen Reporter des Dagen weitergegeben habe. Die außenpolitische Redakteurin des schwedischen Dagen erinnerte sich, dass ihr und einigen Kollegen die Story ebenfalls von einem «pro-jüdischen Journalisten» angeboten wurde. Man habe sie jedoch unter den Tisch fallen lassen, da die eigenen Leute nicht in der Lage waren, die Zitate anhand anderer Quellen zu erhärten.

Schließlich entdeckte Eldar, daß der Bericht zuerst gar nicht in Skandinavien, sondern in New York veröffentlicht worden war, am 9. Februar in American Jewish Week, von niemand anderem als Dr. Manfred Lehmann, einem gebürtigen Stockholmer, der sich enger Kontakte zu seinen schwedischen «Quellen» rühmte. Der anonyme «pro-jüdische Journalist» hatte Lehmanns Story dem norwegischen Dagen untergeschoben, die amerikanischen und israelischen Blätter griffen den Bericht auf, und das Karussell begann sich zu drehen. Seltsamerweise entsprechen die angeblichen Zitate aus Arafats Rede in der Jerusalem Post vom 23. Februar, die ebenfalls dem Dagen zugeschrieben werden, fast wörtlich Lehmanns englischer Fassung. Die Post fügte die noch merkwürdigere Bemerkung hinzu, erstmals seien die entscheidenden Passagen von Arafats Rede schon am 7. Februar in Israel bekanntgemacht worden, und zwar von dem «Off-shore-Sender Arutz 7», der sie gewiß nicht aus dem Dagen hatte, wo die Story erst sieben Tage später erschien.

Dr. Manfred Lehmann

Wie hatte Lehmann den gesamten Text der angeblichen Arafatrede in die Hand bekommen? Das wollte er nicht sagen. Er sagte Eldar nur, einer der anwesenden Botschafter habe seine Aufzeichnungen «jemandem» in Stockholm überlassen, der sie dann ins Französische übersetzt habe. Der geheimnisvolle Übersetzer gab seinen Text dann einem ungenannten schwedisch-jüdischen Journalisten weiter, der ihn ins Schwedische übertrug und dem norwegischen Dagen übermittelte.
Bis zum heutigen Tag gibt es keinen handfesten Beleg dafür, dass Arafat die ihm von Lehmann zugeschriebene Rede jemals gehalten hat, und der Millionär nahm die Wahrheit über seine Rolle in der Affäre mit ins Grab.

[Frühere Kapitel]

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Teil 4 - Nach außen hin, vor dem US-Kongress und der allgemeinen Presse, zeigten die Gegner Rabins noch eine gewisse Zurückhaltung, dies galt aber nicht in den "eigenen Reihen"...

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Teil 3 - Nach New York war Capitol Hill das Ziel eines Zangenangriffs der Gegner des Friedensprozesses...

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Aus dem Buch von Michael Karpin und Ina Friedman:
Der Tod des Jitzhak Rabin
- Anatomie einer Verschwörung
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hagalil.com 04-11-2004

 


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