Religiöse Parteien
Das Lager der religiösen Parteien in Israel ist sehr
zersplittert. Bei den ersten Wahlen zur Knesset 1949 bildeten alle
religiösen Parteien noch einen gemeinsamen Block, der 15% der Stimmen (18
Mandate) bekam, aber bereits ein Jahr später auseinanderfiel.
Der überwiegende Teil der israelischen Juden fühlt sich
in erster Linie als Israelis. Über 70% der Bevölkerung stufen sich zwischen
"säkular" und "nicht orthodox" ein. Zwischen "orthodox" und "streng
religiös" stufen sich nur 15% ein. Zahlreiche Forderungen der religiösen
Parteien in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie z.B. das Verbot
des öffentlichen Verkehrs am Schabath, stoßen deshalb auf wachsende Kritik
in der Bevölkerung. Dies gilt auch für die Privilegien die über 20.000
Schüler orthodox-religiöser Jeschiwot-Schulen genießen.
Während der letzten Wahlkämpfe versprachen Arbeitspartei und Meretz immer
wieder den Einfluß der Religiösen einzudämmen, trotzdem waren alle
Regierungen immer wieder auf religiöse Parteien als Koalitionspartner
angewiesen.
National-Religiöse
Partei Wichtigste religiöse Partei war lange
Jahre die NRP, die Nationalreligiöse Partei. Die NRP bildet traditionell den
religiösen Flügel der zionistischen Bewegung. In ihrem Programm steht der
religiös begründete Anspruch auf das "gelobte Land". Außerdem fordert die
Partei eine an der jüdischen Religion orientierte Gesetzgebung und
Erziehung. Bis 1977 waren die Nationalreligiösen die traditionellen
Verbündeten der Mapai und der Arbeitspartei. Sie waren an fast allen
sozialdemokratischen Regierungen beteiligt und traten für eine Politik des
Ausgleichs mit den arabischen Nachbarstaaten und die Gleichberechtigung der
israelischen Araber ein.
Efi
Ejtam
Anfang der siebziger Jahre schwenkten ihre Führer immer mehr zum nationalen
Lager und bildeten die Bewegung der jüdischen Siedler im Westjordanland den
Gusch Emunim (hebr.: Block der Getreuen), der bis heute der Kern
der Siedlerbewegung ist. Seit den Neuwahlen 1977 wurde die NRP Verbündete
des Likud in der Regierung sowie in der Opposition. Bis 1981 lag der
Stimmenanteil bei Wahlen stets um 8 bis 10 Prozent. Dann sank der Einfluß
durch die Entstehung neuer religiöser Parteien, aber auch weil ein Teil
ihrer Wähler direkt für den Likud oder andere Rechtsparteien (zB Tchijah)
stimmte. Tiefpunkte waren die Wahlen 1984 (3,5 Prozent) und 1988 (3,9
Prozent). Die Knesset-Wahlen 1992 führten dann wieder zu einem leichten
Anstieg auf 4,9 Prozent der Stimmen.
Vorsitzender der MafDaL (NRP) ist heute Efi Ejtam, der sich in vielen
Auftritten als nationalistisch-messianische Gestalt präsentiert.
http://www.mafdal.org.il

Schas-Partei
Als stärkste religiöse Kraft profilierte sich
die von der Agudat abgespaltene Schass-Partei (Abk. hebr.: Sephardische
Tora-Wächter). Ihr Wählerpotential sind vorwiegend die
marokkanisch-orthodoxen und auch irakisch-orthodoxen Juden. Schass kämpft
für religiöse Positionen und gegen die soziale Benachteiligung
orientalischer Juden.
Außenpolitisch zählt diese Partei nicht zu den Falken, obwohl sie bis 1992
ein Koalitionspartner des Likud war. Sie ist kaum in den Siedlungen der
besetzten Gebiete vertreten und bevorzugt eine Friedenspolitik. Diese
Haltung führte in und nach dem Wahlkampf 1992 zu einem partei-internen
Dilemma. Schass stand vor der Entscheidung zwischen pragmatischer
Sozialpolitik und harter Haltung gegenüber den Palästinensern, wie sie ihr
Koalitionspartner Likud verfolgte. Schließlich entschied man sich für die
Sozial- und Friedenspolitik und trat gegen den Widerstand eines großen Teils
der eigenen Wählerschaft, der Koalition mit der Arbeitspartei und dem
Meretz-Bündnis bei.
Der
Rischon leZion, Raw Owadjah Josef, geistiges Oberhaupt der SchaS
betonte früher oft die Notwendigkeit eines Friedens zwischen Israelis und
Arabern. Aufgrund religiöser Weisung unterstützte er das Prinzip "Land für
Frieden" und betonte in rabbinischen Entscheidungen den talmudischen
Grundsatz des "Pikuach Nefesh", nachdem die Errettung des Lebens oberste
Priorität habe. Der sefardische Ober-Rabbiner Bakschi-Doron betonte einmal,
dass die Heiligkeit des Friedens höher zu bewerten ist als die Heiligkeit
religiöser Stätten, es gebe nach Talmud Torah keinen zwingenden Grund an den
besetzten Gebieten festzuhalten. Die meisten Schass-Wähler
lehnten solche Entscheidung der Torah-Weisen scharf ab oder ignorierten sie.
Owadja Josef und Bakschi Doron haben sich aus der Parteipolitik weitgehend
zurückgezogen. Die politische Führung der Schas hat sich wieder für einen
deutlichen Rechtskurs entschieden und greift immer wieder die russische
Einwanderung als "unjüdisch" an. Wegen ihrer religiösen Forderungen schwankt
Schass auch weiterhin zwischen Koalition und Opposition.
http://www.shas.web-site.co.il
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Rabbi Khaduri
Agudath Israel
- 1912 wurde die Agudat Israel (hebr.: Vereinigung Israel) von extrem
orthodoxen deutschen Juden als streng anti-zionistische Partei gegründet.
Die anfangs streng antizionistische Organisation mäßigte im Laufe der Zeit
ihre Haltung und wurde schließlich mehrmals an Regierungskoalitionen
beteiligt. Bei den Knesset-Wahlen 1988 wurde sie zweitstärkste religiöse
Partei. Grundtenor ihres Parteiprogramms ist die Durchsetzung
religiös-orthodoxer Positionen im politischen, wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Leben Israels.
Degel haTorah
- (hebr.: Thora-Banner) ist eine extrem religiöse Partei, die erstmals bei
den Knessetwahlen 1988 (1,5 Prozent der Stimmen) kandidierte. Die Partei
lehnt den weltlichen Charakter des Staates ab. Diese antizionistische
Haltung erlaubt es der Degel-Thora, in der Frage der besetzten Gebiete sich
durchaus kompromißbereit zu zeigen. Eine gemeinsame Wahlliste von Agudat
Israel und Thora-Banner erhielt bei den Wahlen 1992 3,2 Prozent der
Wählerstimmen.
Meimad,
die Bewegung der religiösen Mitte) wurde 1988 als orthodoxe Alternative zur
nationalreligiösen Partei NRP gegründet. Meimad hält fest an der Vision
eines Friedens zwischen Israelis und Arabern der Formel „Land für Frieden“.
Grund hierfür ist der ethische Grundsatzes „Pikuach Nefesh“, nach dem
Rettung und Erhalt menschlichen Lebens das höchste Gut des Judentums ist.
Die Meimad wurde deshalb im
linken Spektrum der israelischen
Politik eingeordnet.
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