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   "Leibowitz 
	provoziert, regt zum Denken und zum Widerspruch an, es ist schwer, ihm 
	gegenüber gleichgültig zu bleiben" 
   haArez 
  Der siebente Tag: 
  Ein Staat namens Palästina 
  Aus dem Buch: Gespräche über Gott und die Welt 
  
  Kap.: Zionismus und der Staat Israel 
  
  Jeschajuahu Leibowitz mit Michael Shashar 
      
      ..."und wir haben keine anderen 
      Wertinhalte als die jüdische Faust"... 
 
 Michael 
Shashar: Prof. Leibowitz, wie sieht Ihr politisches Programm für die 
Lösung des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern aus? 
Jeshajahu Leibowitz: 
Mein politisches Programm fordert die Teilung des Landes zwischen dem jüdischen 
und dem palästinensischen Volk. Ich lehne den Autonomieplan mit aller Schärfe 
ab, denn dieser Plan ist nichts anderes als ein heuchlerischer und gemeiner 
Trick, um die jüdische Gewaltherrschaft über das palästinensische Volk 
aufrechtzuerhalten. 
Sie treten für eine Teilung des Landes in den 
Grenzen von 1967 ein? 
Über die Einzelheiten kann man verhandeln; die 
Anerkennung des Rechtes des palästinensischen Volkes auf politische 
Unabhängigkeit durch Israel muss vorausgesetzt sein und darf nicht zum 
Verhandlungsgegenstand werden. Das bedeutet andererseits selbstverständlich, daß 
die Palästinenser den Staat Israel anerkennen müssen. Die Teilung des Landes 
zwischen den beiden Völkern wird also zu einer Existenz des Staates Israel neben 
einem Staat Palästina führen. 
Und wenn die Palästinenser damit nicht 
einverstanden sind? 
Dann bleibt nichts anderes übrig, als im 
augenblicklichen Zustand weiterzuleben. Praktisch wird dieser Zustand zu einem 
Krieg auf Leben und Tod zwischen Israel und der arabischen Welt führen. Aber im 
Augenblick besteht keinerlei Grund zur Annahme, die Palästinenser könnten mit 
einem derartigen Plan nicht einverstanden sein. Tatsächlich sind wir es doch, 
die nicht zu Verhandlung und Teilung bereit sind! Israel wollte in der 
Vergangenheit keinen Frieden und will auch heute keinen Frieden, sondern ist 
allein an der Aufrechterhaltung der Herrschaft über die besetzten Gebiete 
interessiert. 
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass auch die 
Araber im Staat Israel zu einem palästinensischen Staat gehören wollen, wenn 
dieser Staat erst einmal errichtet worden ist? 
Jeder Araber in Israel wird sich 
selbstverständlich als Bürger einem palästinensischen Staat anschließen wollen! 
Aber wir sprechen doch im Augenblick darüber, dass sich beide Seiten mit einer 
Teilung abfinden müssen. Wir müssen uns damit abfinden, dass weder Nablus, noch 
Hebron und Jericho zu unserem Hoheitsgebiet gehören werden, die Araber aber 
werden sich damit abfinden müssen, dass der Galil nicht zu ihrem Staat gehören 
wird. Wenn beide Seiten einer derartigen Teilung nicht zustimmen, dann wird es 
keine Lösung geben dann gehen beide Völker einer Katastrophe entgegen. 
Bei allem, was Sie über Ben-Gurion gesagt 
haben (Leibowitz schrieb seinerzeit den Artikel über Ben-Gurion in dem 
Ergänzungsband der »Hebräischen Enzyklopädie« und zog sich mit seinen kritischen 
Worten heftigen Zorn von vielen Seiten zu), dachte er doch mehr als einmal 
deutlich, dass er in den Grenzen von 1967 die endgültigen Grenzen des Staates 
Israel sehe. Auch Sie können nicht mit aller Entschiedenheit behaupten, daß in 
den 50 Jahren, die inzwischen vergangen sind, keinerlei Versuche von jüdischer 
Seite gemacht wurden, in Gespräche mit den Arabern einzutreten und mit ihnen zu 
einem Einverständnis zu gelangen. Es ist doch nicht richtig, dass auf unserer 
Seite nur die schwarzen Schaft stehen und auf der arabischen nur die weißen. 
Habe ich in dieser Hinsicht auch nur ein einziges 
Wort gesagt?! Sie legen mir die Worte in den Mund. Ich meine nicht, dass wir nur 
die schwarzen Schafe sind, die Araber aber nur die weißen. Das haben Sie sich 
irgendwie ausgedacht. Alles, was ich gesagt habe, bezog sich auf die Ereignisse 
nach 1967. Der Sechs-Tage-Krieg war eine historische Katastrophe des Staates 
Israel. Bis heute weigern wir uns, mit den Palästinensern in Verhandlungen 
einzutreten. Wer wies den ausdrücklichen Friedensvorschlag Sadats zurück? Moshe 
Dayan. Dayan war damals der angesehenste repräsentative Vertreter des jüdischen 
Volkes im Staat Israel, das lieber Sharam-a-Sheich ohne Frieden als Frieden ohne 
Sharam-a-Sheich wollte! Hierin müssen wir leider den deutlichen Beweis dafür 
sehen, dass Israel keinen Frieden will, sondern allein an der Erhaltung der 
Oberherrschaft über die Palästinenser interessiert ist. Sadat bot Frieden an und 
verlangte noch nicht einmal unseren Rückzug vom Sinai - nur auf dem Rückzug vom 
Suez-Kanal bestand er. Unsere Hartnäckigkeit aber führte dann letztendlich zum 
Jom-Kippur-Krieg. 
Wie sollten wir uns also Ihrer Meinung nach 
heute verhalten? 
Wie beim Sinai. Wir müssen Verhandlungen 
vorschlagen. Das bedeutet dann: Israel will Frieden auf der Basis der Teilung 
des Landes zwischen beiden Völkern. Das Streben und Trachten des heutigen Israel 
zielt jedoch auf die Erhaltung einer jüdischen Gewaltherrschaft über ein anderes 
Volk. Ein Achtzehnjähriger, der heute zur Armee eingezogen wird, wird nicht zur 
Verteidigung des Staates Israel eingezogen - sondern er wird in die arabischen 
Städte und Dörfer geschickt, um dort die Bevölkerung einzuschüchtern. Die 
empfindsamen unter den jungen Leuten spüren das sehr wohl. Ich werde von 
Besuchen junger Soldaten und Offiziere überschwemmt, die ausdrücklich sagen, sie 
könnten nicht ertragen, was dort in den Städten und Dörfern geschieht. 
Sie haben den Sechs-Tage-Krieg als eine 
historische Katastrophe bezeichnet. Wann sind Sie das erste Mal zu dieser 
Einsicht gekommen? 
Am siebenten Tag. Am Tage nach dem 
Sechs-Tage-Krieg. Sofort. Heute erinnern mich viele daran, dass ich bereits 
damals gesagt habe, der Geheimdienst, der Shin-Beth (der israelische 
Sicherheitsdienst) und die Geheimpolizei werden zu den zentralen 
Institutionen des Staates Israel werden. Wenn man das System jüdischer 
Gewaltherrschaft über ein anderes Volk erhalten will, dann bleibt keine andere 
Wahl, als den Shin-Beth zum Zentrum der politischen Realität zu machen. 
Wenn ich mich nicht irre, sagten Sie damals, 
die Eroberung - oder Befreiung -
Jerusalems habe eine große Bedeutung für die Geschichte 
Israels. 
Gewiss, in sentimentaler und emotionaler Sicht. 
Ich glaube jedoch nicht, dass die Eroberung Jerusalems wirklich einen echten 
Wert darstellt. Aber was soll man tun, der Mensch ist ein sentimentales Wesen 
und kein Computer. 
Haben Sie Hebron, Bethlehem und Jericho 
besucht? 
Ja, sicherlich. 
Aus einem sentimentalen Gefühl heraus? 
Sollte ich etwa nicht daran interessiert sein, 
diese Städte zu sehen?! 
Was fühlten Sie? 
Nichts. 
Wie ein Besuch in Honolulu? 
Nein. Das hier geht uns doch an. Natürlich. Wir, 
Sie und ich, dürfen uns nicht naiv stellen. Aber ich habe verstanden und 
eingesehen, dass es einfach ausgeschlossen ist, diese Städte unserer Vorväter in 
unseren Machtbereich zurück zubringen. 
Gehen Sie manchmal zur West-Mauer (Klagemauer) 
in der Jerusalemer Altstadt? 
Die West-Mauer in ihrem heutigen Zustand ist in 
meinen Augen abscheulich. 
Sie vermeiden es also bewusst, zur West-Mauer 
zu gehen? 
Manchmal finde ich Gelegenheit, in die Altstadt 
zu gehen. Dann sehe ich die West-Mauer aus der Ferne. Aber was dort geschieht, 
ruft in mir Ekel und Abscheu hervor. 
           Gingen 
Sie vor der Staatsgründung zur West-Mauer? 
Ja. Aber damals existierte wirklich eine reine 
Gefühlsbeziehung zu diesem Ort, und es gab daran nichts auszusetzen. 
(siehe auch: 
Paganische Riten) 
>> wird 
fortgesetzt... 
            haGalil onLine 11-09-2000  |