Ein Rundgang:
Wie alles begann...
1857 suchten 20 jüdische
Familien eine Oase der Ruhe außerhalb des Gewühls des arabischen Jafó. Sie
gründeten einen Vorort und nannten ihn den 'Ausblick zur Gerechtigkeit',
Neve Zedek. Hier verbrachte der Schriftsteller und Nobelpreisträger S.Y.
Agnon seine Kindheit.
Heute, ein Jahrhundert später,
entwickelt sich Neve Zedek zum avantgardistischen
Künstlerviertel. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war
die Eröffnung des experimentellen Neve-Zedek-Theaters.
Eine eigene Stadt:
Wenn ihr wollt, ist es kein Traum!
1907 machten sich weitere
Familien aus dem fast schon unbewohnbar engen Jafó auf, zur Gründung einer
jüdischen Stadt. Sie siedelten auf einem hübschen Flecken Erde am Strand
nördlich von Neve Zedek. Das Städtchen wurde 'Tel Awiw' (Hügel des
Frühlings) genannt, dem hebräischen Titel von Theodor Herzls utopischem
Roman 'Alt-Neuland'.
Der Weg vom ehemaligen Vorort in die
Innenstadt der heutigen Metropole am Mittelmeer führt am Kolno'a Eden (Kino
Eden) vorbei, das 1914 als erstes Kino Israels Ecke Lilienblum und Pine
Street erbaut wurde. Die erste Durchgangsstraße Tel Awiws wurde Rehow
Herzl (Herzl-Straße) genannt, und auch das dort gegründete Gymnasium
Herzlijah nimmt auf den Journalisten aus Wien Bezug.
In diesem damals ungeheuer
eindrucksvollen (und vor Jahren leider abgerissenen) Gebäude wurden erstmals
alle Fächer in hebräischer Sprache unterrichtet. Der historisch und
architektonisch bemerkenswerte Bau wurde 1959 ein Opfer der Stadtplanung und
mußte dem vermeintlichen Fortschritt weichen. Es entstand der Migdal Shalom
Meir (Shalom-Tower), mit 35 Stockwerken jahrzehntelang das höchste Bauwerk
der gesamten semitischen Region (NahOst).
Von der Aussichtsplattform
eröffnet sich ein atemberaubender Blick. An
klaren Tagen sieht man hinauf bis nach
Irushalajim (Jerusalem). Im Gebäude befinden
sich auch ein Einkaufszentrum, ein
Vergnügungspark und ein Wachsfigurenkabinett
(Herzl, Ben-Gurion, Golda Meir u.a.).
Ganz in der Nähe liegt Keren
haTemanim, das malerische jemenitische
Viertel mit seinem Markt.
Kontastierend zum pittoresken Keren
haTemanim beginnt, einen Straßenzug nach dem Shalom-Turm, der großzügige
Rothschild Boulevard, benannt nach der berühmt-philantropischen frankfurter
Bankiersfamilie, welche beträchtliche Summen in die ersten Siedlungen
Israels gesteckt hat. Der Boulevard führt ins Zentrum.
Erdbeerkuchen mit Schlagsahne:
Tel Awiw, das größte
Bauhaus-Ensemble der Welt
Mitte der 30er Jahre machten
die ersten Flüchtlinge aus Deutschland, als Anhänger des Dessauer
Bauhaus-Stils aus Tel Aviv eine der modernsten Städte der Welt. Die Werke
dieser Architekten - weiße Würfel mit abgerundeten Kanten, verhalfen Tel
Aviv zur Bezeichnung "die weiße Stadt am Meer".
Vom Wind, vom Salz und der Sonne
gegerbt sind die weißen Häuser nicht mehr ganz so weiß, manche sind etwas
wackelig und viele werden renoviert und an etlichen Stellen erstrahlt der
alte Glanz.
Im Süden des Rothschild Boulevards
liegt das Museum der Haganah, welches eine Auswahl aus dem Waffenarsenal der
ersten Verteidigungstruppe der 'Arbeiterbewegung Israels' zeigt. Das Museum
befindet sich im Haus von Eliahu Golomb, einem der wichtigsten Kommandanten.
S'hug, Malawa, Falafel und
Chaim Nahman Bialik:
Shuk haKarmel
An der Rehow Allenby wenden wir
uns nach Westen zum Meer hin und erreichen die 'Grosse Synagoge'. Wir
überqueren den 'Kikar Magen David' (Platz des Schilds Davids) und
erreichen den Schuk haKarmel. Setzen Sie sich an eine Ecke, schauen Sie sich
um, wählen Sie aus, alle Genüsse dieser Welt bieten sich dar - im Überfluß.
Nach solch stärkender Anregung wenden
wir uns an - Bialik. Die Rehow Bialik zweigt ab von der Allenby und ist
benannt nach Chaim Nachman Bialik, dem ersten israelischen Nationaldichter.
Beth Bialik, das ehem. Haus des von sagenhaftem Ruhm und menschlichsten
Anekdoten umwobenen Helden des Wortes und der Frauenwelt liegt am Ende
dieser Straße.
In diesem Viertel, entstanden aus
einer Welle der Einwanderung in der Mitte der zwanziger Jahre, findet sich
auch das Museum des Ruhmes, welches eine ständige Ausstellung der Gemälde
des israelischen Künstlers Reuven Rubin beherbergt. Ein paar Schritte weiter
finden wir im ehemaligen Rathaus das Museum zur Geschichte von Tel Aviv und
Jaffa. Zur Entspannung laden wir jetzt zu einer Pause ein, im Gan Meir,
einem reizvollen Garten in einer reizvollen Straßen dieser wunderbaren
Stadt.
Was hat Herr Mann geschrieben?
haBimah - die Bühne
Zurück auf dem
Rothschild-Boulevard, treffen Sie in nördlicher Richtung auf den Habima
Square. In dem ansehnlichen Rundbau befindet sich das Habima-Theater, das
von jüdischen Schauspielern gegründet wurde, die nach der russischen
Revolution geflohen waren. Viele Aufführungen werden simultan ins Englische
übersetzt, so daß der Tourist der hebräischen Produktion folgen kann.
Nebenan im Mann-Auditorium kann man
den Israelischen Philharmonikern (lange von Zubin Mehta dirigiert) zuhören.
Hinter diesen Gebäuden liegt das Helena-Rubinstein-Museum für Moderne Kunst.
Kunstkenner treffen sich im Apropos Cafe in dem kleinen Park gegenüber, um
über die neuesten Ausstellungen zu debattieren.
Von hier aus weiter in nördlicher
Richtung den Ihn Givrol Boulevard hinauf und dann westlich über die King
Saul Street hinaus liegt das Tel -Aviv-Museum. Das Museum verfügt über
mehrere Abteilungen. Bemerkenswert ist die Sammlung israelischer Künstler,
weniger umfangreich sind die Impressionisten und Post-Impressionisten. Im
Auditorium werden häufig gut besuchte Filmretrospektiven und andere
kulturelle Veranstaltungen abgehalten.
Weiter entlang der King Saul Street
befinden sich die neuzeitlichen Architekturdenkmäler. Das Asia-Haus von
Mordecai Ben-Horin mit seinen Wellenstrukturen und seiner sinnlichen
Anziehungskraft hat viel zum typischen Stadtbild Tel Avivs beigetragen. Das
daneben stehende IBM-Gebäude ist ein zylinderförmiges Kunstobjekt. Gegenüber
liegt die ehem. Deutsche Kreuzritterkolonie, gegründet 1870 und 1939 als
Stützpunkt feindlicher Ausländer im britischen Mandatsgebiet aufgelöst.
Schon 1960 hatte sich Tel Aviv über
den Yarqon-Fluß hinaus ausgebreitet. Der Yarqon verläuft westlich der Berge
zum Meer. In biblischen Zeiten bildete er die geografische Grenze zwischen
den Gebieten Efraims und Dans (daher der Name der Tel-Aviver
Bus-Kooperative). Auf der nördlichen Seite des Jarkon liegt, auf dem Gelände
der Tel-Aviv-Universität, das Beth haTfuzoth, das Haus der Zerstreuung. Das
Diaspora-Museum ist eines der interessantesten Museen seiner Art auf der
Welt. Ebenfalls nördlich vom Fluß liegt die archäologische Ausgrabungsstätte
Tel Qasila, die einen Besuch wert ist. Sie gehört zum Ha‘aretz-Museum mit
einer Kunstsammlung, Glas, Keramik, Münzen und einem Planetarium.
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