Warnungen im Oktober 1973:
"Die Kriegsgefahr ist minimal"
1973 fühlt sich Israel nahezu als Großmacht. Die
Israelis herrschen vom Hermon im Norden bis Scharm el-Scheich im Süden.
Israels Armee ist derart Respekt einflößend, daß es an der ägyptischen
Grenze seit mehr als drei Jahren ruhig ist. Selbst Syrien stellt kaum noch
eine Bedrohung dar - das beweist etwa der Abschuss von dreizehn syrischen
Mig-Flugzeugen bei einem Luftgefecht Anfang September. Obendrein ist die
Wirtschaftslage in Israel relativ günstig.
Regierungschefin ist
Golda Meir, die das Amt übernahm, als Levi Eschkol im März 1969 starb.
Kurze Zeit später übernahm Anwar e-Sadat 1970 das Amt des ägyptischen
Präsidenten. Sadat schlug einen westlichen Kurs ein und versuchte auf
diplomatischer Ebene, über Kontakte zu den USA, den UN und indirekt auch mit
Israel, die verfahrene Situation in Bewegung zu bringen. Meir wollte
auf solche Vorstöße nicht eingehen und war
nicht bereit, die besetzten Gebiete im Tausch für eine Friedenslösung mit
Palästinensern und arabischen Nachbarstaaten zurückzugeben, wie es viele,
gerade in Meirs Arbeitspartei, forderten. Ihre Ansichten über den
israelisch-arabischen Konflikt galten als vereinfachend und rigide. So
versäumte es Golda Meir, Israel schon vor Jahrzehnten auf den Weg eines
stabilen Friedensprozesses zu bringen. Nicht nur Jizhak Rabin sah in der
Regierungszeit Golda Meirs vor allem eine Zeit vertaner Chancen.
Palästinenser entrüsten sich heute noch über die berüchtigten Worte Meirs,
die einmal sagte, ein Palästinenservolk gebe es gar nicht.
Mitten in diese Stimmung platzen immer
häufiger Nachrichten über einen bevorstehenden syrisch-ägyptischen Angriff,
der die militärisch-politische Stagnation aufbrechen solle. Doch nimmt die
israelische Führung die Meldungen nicht ernst genug. Es herrscht die Ansicht
vor, die Chancen für die Verwirklichung einer konzertierten Offensive der
beiden arabischen Staaten seien gering und weder Ägypten noch Syrien würde
allein einen Krieg beginnen.
Obwohl sich die Anzeichen für den Ausbruch von Feindseligkeiten in der Woche
zwischen dem jüdischen Neujahrsfest und Jom Kipur mehren, korrigiert die
Regierung ihren abwartenden Kurs nicht. Der Leiter des Nachrichtendienstes
behauptet weiterhin, die Kriegsgefahr sei minimal und die
Truppenkonzentration am Suez-Kanal und auf dem Golan seien als Teil eines
Manövers zu betrachten.
Erst am Morgen des Jom Kippur, des 6. 10. 1973, wird klar, daß Ägypten und
Syrien noch am selben Tag losschlagen wollen - um 18 Uhr. Generalstabschef
David El'azar verlangt, dass ihm ein präventiver Luftangriff genehmigt
werde, aber der Verteidigungsminister und die Ministerpräsidentin verweigern
ihre Zustimmung.
Als die Ägypter und Syrer dann bereits um 14 Uhr einen Großangriff starten,
ist Israel fast völlig unvorbereitet.
In einer Karikatur von Ze'ev (Ya'akov Farcas) zu
Beginn des Yom Kippur Krieges geht Israel in der Gestalt Golda Meirs
gleichzeitig mit Ägypten (verkörpert durch Sadat, l.) und Syrien
(vertreten von Asad) in Konfrontation. |
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30 Jahre zurück:
Das Jahr 1973
Im Mai 1973 begeht Israel sein 25jähriges Bestehen in
optimistischer Stimmung...
Vom 6. bis 24.10. 1973:
Der Jom-Kippur-Krieg
Mehr als 2.500 israelische Soldaten fallen, 7.500 werden
verletzt und 300 geraten in Gefangenschaft...
Quelle:
Eretz Israel - Das zwanzigste Jahrhundert
Mordecai Naor
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Golda Meir bei Ausbruch
des Jom-Kippur-Krieges: Entschlossene Miene, das Gesicht der Nation
zugewandt. Die Ministerpräsidentin informiert die Menschen in Israel und
im Ausland über die syrisch-ägyptische Invasion am 6.Oktober 1973. Die
ersten Kriegstage sind für Israel schmerzlich.
"Bürger von Israel, heute gegen 14 Uhr haben die
Armeen Syriens und Ägyptens einen Krieg gegen Israel eröffnet. Flugzeuge
der Luftwaffe sowie Panzer- und Artillerie-Einheiten unserer Feinde sind
auf dem Sinai und den Golanhöhen im Einsatz. Unsere Armee erwidert das
Feuer und drängt die Angreifer zurück. Der Feind hat bereits schwere
Verluste erlitten... Unsere Feinde hofften, Israel am Jom Kippur zu
überraschen... Sie glaubten, dass wir am Jom Kippur nicht zurückschlagen
würden. Doch wir waren nicht unvorbereitet."
Zum 30. Jahrestag des Yom-Kippur-Krieges:
Siggy's Leben in einem syrischen Gefängnis
Als junger Rekrut wurde Efraim Singer während des Yom-Kippur-Krieges in
einem israelischen Armeeposten am Berg Hermon gefangen genommen. Zum
ersten Mal spricht der Soldat, dessen Spitzname Siggy lautet, öffentlich
über seine damaligen Erlebnisse... |
hagalil.com / 05-10-2003 |