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International Youth Conference On Peace Issues

JugendFriedensKonferenz in München bringt
Israelis, Palästinenser und Deutsche zusammen

Unter dem Titel INTERNATIONAL YOUTH CONFERENCE ON PEACE ISSUES begegneten sich junge Israelis, Palästinenser und Deutsche vom 25.August bis 5.September '97. Anlaß war der 25.Jahrestag des Überfalls palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympia-Mannschaft 1972, bei der alle elf Geiseln getötet wurden. Organisiert wurde der Kongreß durch den KreisJugendRing München Stadt im Auftrag des Stadtjugendamtes.

Vor dem eigentlichen Kongreß fand in Benediktbeuern, unweit des Kochelsees, ein Seminar zur Vorbereitung statt. Ziel war es in internationalen Gruppen auf spielerische Weise einander kennenzulernen und Vorurteile abzubauen. So ging es beispielsweise um die Identität und Gruppenzugehörigkeit Einzelner oder das gemeinsame Vorgehen bei Entscheidungen in theoretischen Extremsituationen. Es war schon spannend zu erfahren, welche Bedeutung die verschiedenen Leute ihrer Nationalität, Religion, Partei oder oder oder beimessen. So steht bei Khalid, einem Palästinenser aus Gaza, das Araber- und Palästinensersein an oberster Stelle verbunden mit dem Wunsch ein menschenwürdiges Leben in seiner Heimat führen zu können. Als Aktivist der damals verbotenen Fatah-Partei war er während der Intifada mehrere Jahre in israelischen Gefängnissen, unter unvorstellbaren Bedingungen, die allen Zuhörern sein Schicksal drastisch vor Augen führten. Für Frauen fast aller Nationen gehört das Frausein zur Identität dazu. Israel, jüdisch sein, das Kibbutz und die Jugendgruppe sehen manche jüdische Israelis als ihre Identität, wohingegen bei Deutschen Europa und / oder Christsein als Mittelpunkt angesehen wird. Besonders kompliziert, und für einige völlig neu, stellte sich die Situation der Araber mit israelischem Paß da, die sich als Palästinenser bezeichnen, aber in anderen arabischen Staaten als Verräter betrachtet werden und auch in der israelischen Gesellschaft benachteiligt werden.

Doch auch beim Seminar hat es richtig gekracht, weil die Palästinenser unbedingt einen Film über Ost-Jerusalem zeigen wollten, was vorher nicht so abgesprochen war. Diese Diskussion verzögerte die Arbeit an der Resolution, die fertig zum Kongreß mitgebracht hätte werden sollen. Jede internationale Gruppe sollte ihren eigenen Resolutions-Entwurf erarbeiten, um ihn dem Plenum am letzten Tag vorzustellen. Die Vorschläge kamen aus den nationalen Gremien und enthielten größtenteils Phrasen, die wohl in jeder Resolution von Kongressen Erwachsener zu finden sind. Sind nicht einmal Jugendliche in der Lage neue Ansätze für ein friedliches miteinander zu finden, werden sicher manche fragen. Doch, wenigstens teilweise. In der Endfassung stehen die Punkte, die Bedingung sind für den Frieden ganz oben: Achtung der Menschenrechte, Zuhören, Akzeptanz gegenüber verschiedenen Kulturen, Sicherheit, Kompromißbereitschaft, Vertrauen, Toleranz, Verstehen, Lernen von der Vergangenheit mit Blick in die Zukunft, etc. Als neuartig darf die Forderung bezeichnet werden, daß "das Recht der Jugend zur Beteiligung an Lösungen von Konflikten, von denen sie betroffen sind" eingefordert wird. Dabei sollen besonders weitere Jugend-Konferenzen wie diese dazu beitragen, daß sich junge Menschen treffen können.

Am ersten Tag des Kongresses im Rathaus berichtete Altoberbürgermeister Dr.Hans-Jochen Vogel unter dem Motto Einander verstehen – Brücken bauen von seinen Erfahrungen und Einsichten um das Attentat 1972. Er schilderte ganz bewegt die damalige Situation, die ihm noch tief im Gedächtnis sitzt. Als Vize-Präsident des Organisations-Komitees hatte Vogel nicht nur hautnah die Geschehnisse erlebt, sondern auch am 6.September die Särge der Opfer mit nach Tel Aviv begleitet. Quer durch alle Delegationen waren die Jugendlichen beeindruckt. Als zweites hielt Prof. Dr. Dan Diner (Tel Aviv University) einen Vortrag über zum Thema Erinnerung und Vergessen – Über die Bedingungen von Frieden und Ausgleich im israelisch-palästinensischen Konflikt. Für Diner ist das Vergessen Voraussetzung und Bedingung für die Anerkennung und den Friedensschluß. Ausgehend davon, daß der Staat Israel 1948 als Reaktion auf die Shoah und den UN-Teilungsplan gegründet wurde, war der Professor sehr darauf bedacht den Deutschen die Komplexität des Konflikts klarzumachen. Beispielsweise existiert zwischen dem Likud und der Arbeitspartei ein ganz gegensätzliches Verständnis, was die Legitimität des Staates betrifft: Letztere sieht die Legitimität Israels im Bilateralismus, wohingegen Schamir und Netanjahu diese uniliteral betrachten. Für reichlich Zündstoff sorgte die These, daß nach der, aus palästinensischer Sicht, Katastrophe 1948, dem Anschlag auf den Status Quo begründet durch die biblische Legitimität durch den Sechs-Tage-Krieg 1967, dem Libanon-Krieg 1982, der zu einer stärkeren Herausbildung des palästinensischen Bewußtseins führte, Bauten wie die in Har Homar, die versuchen vor vollendete Tatsachen zu stellen, eine Fortsetzung der Staatsgründung darstellen. Zusammen mit den Jugendlichen diskutierte auch Dr. Mohammed Abu-Said aus Ramallah über die Thesen Diners. Unter dem Motto Voneinander lernen – kreativ Konflikte lösen schilderte Dr. Rachel Livne-Freudental (Hebrew University) ihre Eindrücke zum Thema Jugend und als aktives Mitglied zur Friedensbewegung in Israel. Mit ihr diskutierte Dr. Amal Jamal, von der Haifa University, der schon beim Seminar als Teamer eines internationalen Workshops dabei war. Er ging auch noch auf den Vortrag von Diner vom Vortag ein: Kann man die Geschichte ausschließen, fragte er provokativ. Für ihn gibt es nur eine eindeutige Antwort, nämlich, daß Geschichte nicht neutral und nicht zu beseitigen ist. In seinen Augen kann man vor dem Narrativ nicht fliehen. "Wir können nicht weglassen, daß wir Juden oder Palästinenser sind", sagt Dr.Jamal und fragt sich, ob Politiker denn keine Menschen sind, da sie angeblich das Geschehene vergessen können? Er fordert deshalb die Einbeziehung der Geschichte. Das Verdrängen ist nie eine Lösung und hat in den seltensten Fällen zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Am Nachmittag informierte uns schließlich Prof.Dr.Sumaya Farhat Naser (Birzeit University), die Direktorin des "Jerusalem Center of Women" über ihre Sicht der Friedensbewegung in Palästina und die Rolle der Frauen. So erfuhren die Zuhörer beispielsweise, daß es keine offizielle Friedensbewegung gibt, was aber aufgrund der zeitlichen Rückstandes kein Wunder ist. Der letzte Tag des Kongresses stand unter dem Motto Miteinander Zukunft gestalten – Frieden ist möglich und begann mit der Verlesung des Grußwortes des Bundespräsidenten, das von allen sehr gelobt wurde. Darin geht Herzog einerseits auf die Dramatik des Attentats, an dessen Ende 17 Tote zu beklagen waren (elf Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist), andererseits waren "die Spiele ... ein Versuch, jenseits aller Politik einen Boden der Verständigung zu schaffen, gerade auch für junge Menschen..." Das Grußwort endet mit einer Bitte an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Kongresses: "Hören Sie damit nicht auf und werden Sie nicht mutlos! Die Zukunft wird zeigen, wie recht sie haben!" Anschließend diskutierten auf dem Podium Prof.Dr.Yair Hirschfeld, der bei den Verhandlungen in Oslo dabei war, Abdallah Frangi, der Generaldelegierte Palästinas in Bonn und Manfred Lahnstein, der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft unter der Leitung von Dr. Thomas Henschel vom Centrum für angewandte Politikwissenschaft und der Stadträtin Brigitte Meier. In dieser Runde ging es unter anderem um die Beziehungen der Länder, darum, daß der Nahost-Konflikt auf der kollektiven Ebene von Gruppenzugehörigkeiten liegt und welche Kräfteverhältnisse eigentlich herrschen. Diskussionsauslöser war ein Wort von Dan Diner, wonach sich die Israelis schwach fühlen, aber historisch stark sind und die Palästinenser sich stark fühlen, aber historisch schwach sind. Aus erster Hand von den Verhandlungen in Oslo von Professor Hirschfeld zu erfahren, stellte für alle Beteiligten ein äußerst interessantes Erlebnis dar.

Arafats Mann in Bonn wurde mit Fragen nach der Korruption in der Autonomiebehörde konfrontiert.

Besonders vorteilhaft während des Kongresses im Saal des alten Rathauses wirkte sich die Simultanübersetzung in Hebräisch und Arabisch aus, da die meisten Gäste es vorzogen auf deutsch zu referieren. So konnten alle ihre Statements in ihrer Muttersprache einbringen, wodurch die Argumentation von Khalid, der sich sehr für die Fortsetzung solcher Begegnungen einsetzte, beispielsweise wesentlich authentischer und klarer über die Sprachbarrieren hinweg vermittelt wurde.

Rolle der deutschen Delegation

Für die deutsche Delegation stellte sich immer wieder die Frage nach der eigenen Rolle. Die beiden anderen Gruppen stellten immer den Nahost-Konflikt in den Mittelpunkt und schienen den Eindruck zu haben, daß wir hier keine Probleme haben. Es blieb bei Versuchen ihnen zu erklären, was denn wäre, wenn sie als junger Türke in Deutschland stehen würden, ohne Ausbildung und der immer drohenden Abschiebung bei Abrutschen in die Kriminalität. Und dies obwohl diese Menschen die Bundesrepublik und nicht die Türkei ihr Zuhause nennen.

Am Jahrestag des Attentats nahmen die israelische Delegation, sowie große Teile der deutschen und einige Mitglieder der arabischen Delegation an der offiziellen Gedenkfeier teil, bei der von Bürgermeister Hep Monatzeder sowie Altoberbürgermeister Hans-Jochen Vogel die trilaterale JugendFriedensKonferenz als ein positives Signal auf dem Weg zum Frieden erwähnt wurde.

Was hat dieser Kongreß gebracht werden vielleicht einige fragen. Der 20jährige arabische Israeli Eihab, von den katholischen Pfadfindern, sagt, daß dieses Treffen einen Lernprozeß bei vielen in Gang gesetzt hat: Wie kann ich jemanden verurteilen, nur weil er einer bestimmten Nation angehört, obwohl ich ihn gar nicht kenne? Wenn sich alle palästinensischen und israelischen Jugendlichen auf einem Seminar wie dem in Benediktbeuern kennenlernen könnten, hätten wir zumindest aufgrund der persönlichen menschlichen Kontakte eine gewaltfreiere Basis für den Frieden.

Die Initiative der SPD-Stadträtin Brigitte Meier war, trotz anderslautender Prognosen, von Erfolg gekrönt. Wie es weitergeht wird demnächst entschieden. Im Internet sind die Seiten mit Ergebnissen, Kommentaren und Bildern bereits unter http://www.geocities.com/capitolhill/lobby/5883/iycp.htm abrufbar.

Den "Spirit of Munich" werden alle Beteiligten hoffentlich noch lange mit sich tragen.

 

Tobias Raschke (tobias.raschke@zone.de)

Die Folgen der JugendFriedensKonferenz

Alles über Israel, Judentum, den Friedensprozeß etc. : haGalil online



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