"Wilma, entspann' Dich":
Zwischen Shalom und venceremos!
Wieder ein offizielles jüdisches Leben auf Cuba?
Von Wilma de Toledo-Gruber (Teil 1)
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3]
Eigentlich wollte ich ja nur mal meine
langjährigen cubanischen Freunde wiedersehen, am Malecon entlang
schlendern und mir die gepfefferten, aberwitzigen Komplimente
hinterher zischeln lassen. Darin sind die Cubaner unübertroffen!
Natürlich interessierte mich auch der neueste Stand des
"realexistierenden Sozialismus" – mit seinen Auswirkungen im
Portemonnaie und auf dem Teller. Pues und noch einmal den morbiden
Charme der alten, dahinbröselnden Häuser sowie die aufmunternden
revolutionären Durchhalteparolen von Väterchen Castro auf mich
wirken lassen. Die waren mir ja noch aus den gottlob überstandenen
DDR-Zeiten gut bekannt. Mal wieder ein Salsa-Abend wäre auch nicht
schlecht, denn wo in Deutschland könnte eine ältere Dame vergnügt
die Hüften schwingen?

Besuch in einer traditionellen Bar in Santigo de
Cuba, mit toller Musik und Salsa
Axel, den ich aus Beth Shalom in München kenne, war
leicht zu begeistern. Südamerika kannte er zwar schon, ebenso Afrika
oder Indien, aber das sozialistische Cuba – ja, das wäre mal etwas
ganz Besonderes. Wochenlang überlegten wir uns, ob es überhaupt gut
ginge: ein junger Mann mit älterer Dame per Rucksack durch das
krisengeschüttelte Land, und möglichst ohne vorherigen Banküberfall,
denn unser beider Finanzen jammerten den Hund.
Aber Axel meinte: "Wilma, entspann Dich, das packen wir!"
Als Cubaprofi, immerhin hatte ich an der Uni zu Havanna einige Jahre
gelehrt, wurde ich kurzerhand zur Cheforganisatorin ernannt und
machte mich optimistisch an die Arbeit.
Während meiner Recherchen im Internet erinnerte ich
mich eines Artikels in der Jüdischen Allgemeinen, den ich noch vom
vergangenen Jahr aufgehoben hatte Ein Bericht über die
Hatikva-Gemeinde in Santiago de Cuba. Es gab offenbar wieder ein
offizielles jüdisches Leben auf Cuba?
Während der Hungerjahre, Ende der 60iger, lief ich einmal einem
intensiven Hühnchenduft in Alt-Havanna nach. Er führte mich durch
enge, stinkende Korridore in einen Keller – und von dort aus in
einen großen, hellerleuchteten Saal, mit getrennten Stuhlreihen
rechts und links. In irgendeine Reihe ließ ich mich erschöpft
fallen, als ein Mann mich sofort aufforderte, in die andere Reihe
nebenan zu gehen. Kaum saß ich, als wieder jemand kam, dieses mal
eine Frau. Ich solle mir doch bitte etwas auf den Kopf setzen.
Nervös holte ich mein Taschentuch hervor und legte es mir auf das
Haar. Und dann begann der sehr bemerkenswerte, mein allererster
jüdischer Gottesdienst. Ich verstand kein Wort und schämte mich
wegen meines knurrenden Magens. Dann bliesen zwei ältere, bärtige
Männer in fast bodenlange, gewundene Hörner, ich staunte nicht
schlecht. Damals wusste ich noch nicht, was ich heute weiß: Ich
erlebte das jüdische Neujahresfest 1970 / 5730. Im Untergrund.
Da meine Suche im Internet nicht besonders erfolgreich verlief, bat
ich einen Freund, mir zu helfen. Er druckte mir einen mehrseitigen,
sehr informativen Bericht aus über das aktuelle Leben der jüdischen
Cubaner sowie ihrer diversen Gemeinden.
Axel und ich waren uns sofort einig: wir werden auf weiße Strände
und Salsa-Abende verzichten und dafür einige jüdische Gemeinden
besuchen zwecks Erfahrungsaustausch.
Also sandte ich mehrere mails an die jüdischen Gemeinden von
Havanna, Santiago de Cuba und Camagüey, aber leider ohne jegliche
Reaktion. Waren sie überhaupt angekommen? Oder hatte der cubanische
Sicherheitsdienst unsere mails schon im vornherein gekappt?
Auf Cuba können sich nur sehr wenige Dienststellen oder gar
Privatpersonen einen Computer leisten. Die dafür erforderlichen
monatlichen Nutzungsgebühren, zumindest für das Versenden von
elektronischer Post, sind extrem hoch und ausschließlich in Pesos
convertibles cubanos (pcc), einer Ersatzwährung für den
abgeschafften Dollar, zu entrichten. Das Surfen im Internet ist
überhaupt nicht möglich. Man möchte die Bevölkerung unter anderem
auch vor der internationalen Pornografie schützen…
Ich bat also Rabbiner Walter Rothschild um Hilfe. Und siehe, so
schnell konnte ich mich gar nicht wundern, plötzlich trudelten die
interessantesten Antworten aus Cuba ein. Unser Rebbe hatte einem
amerikanischen Rabbiner-Kollegen eine Mail gesandt, mit der Bitte um
Unterstützung, und dieser schickte sie an die Präsidentin der
Hatikva-Gemeinde, Eugenia Faria Levy, sowie den Präsidenten der Beth
Shalom-Gemeinde, Dr. José Miller, weiter. Von da an gings bergauf.
Aufgang
zur Synagoge Beth Shalom, liberal, Vedado-Havanna
Mittels E-mail stellte ich Axel und mich vor. Berichtete, dass wir
Fördermitglieder der jüdischen Gemeinde Beth Shalom zu München sind
und eine ganz private Rundreise durch Cuba planen. Mit dem Ziel,
auch einige jüdische Gemeinden besuchen und näher kennen- lernen zu
können.
Daraufhin erhielten wir sehr positive Antworten und offizielle
Einladungen von der jüdischen Gemeinde Hatikva in Santiago de Cuba,
der Beth Shalom-Gemeinde im Stadtteil Vedado von Havanna sowie von
der Adath Israel de Cuba-Gemeinde in Alt-Havanna. Gerade auf die
Beth Shalom-Gemeinde war ich besonders neugierig. Nicht nur wegen
der Namensgleichheit mit unserer Gemeinde. Die größte der drei
aktiven jüdischen Gemeinden zu Havanna wurde in jeder Hinsicht durch
großzügige Hilfsaktionen aus Toronto oder New Jersey unterstützt.
Hilfe kam auch von der Miami Jewish Foundation sowie der Weinberg-
Foundation.
Vor einigen Jahren soll sogar Fidel Castro einer Einladung zum
Chanukka-Fest in dieser wunderbar restaurierten Synagoge – im
eleganten Stadtteil Vedado – gefolgt sein.
>>> Fortsetzung Teil 2...
Havanna (Ciudad de la Habana), Viñales-Tal (Valle
de Viñales), Varadero, Trinidad, Santiago de Cuba, Cienfuegos,
Baracoa, Cayo Coco / Cayo Guillermo:
Wie
wär's einmal mit Kuba?
Die Perle der Antillen hat einiges zu bieten. Sie
lockt nicht nur mit paradiesischen Sandstränden, auch die Musik und
die Verbindung von afrikanischen, amerikanischen und europäischen
Einflüssen sind einzigartig. In Städten wie Havanna, Santiago de
Cuba und Cienfuegos beschwören mondäne Prachtbauten den Glanz
vergangener Tage herauf. Die ersten beiden Städte bieten außerdem
viel musikalisches Entertainment...
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3]
hagalil.com
22-06-2005 |