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Jüdische Weisheit
 
 

Liebe ohne Grenzen:
Jerusalems "Gräuel"

Vergangenen Freitag, 20.06. 2003, fand zum zweiten Mal in der Geschichte Jerusalems ein Gay Pride March in der Heiligen Stadt unter dem letztjährigen Motto "Liebe ohne Grenzen" statt. Er begann mit einer Kundgebung am Rathausplatz (Kikar Safra), verlief durch die Shlomo haMelech und Agron Straße und endete in einem großen Happening im Unabhängigkeitspark der Stadt.

Ursprünglich war er für eine Woche zuvor geplant gewesen, doch wurde er verschoben, nachdem einer der Organisatoren, Aktivist und engagiertes Mitglied im Jerusalem Open House, Alan Beer, beim Terroranschlag auf einen Stadtbus der Linie 14 am vergangenen Mittwoch ums Leben gekommen ist.

Beer hatte bei einer Knesset-Anhörung im selben Jahr verkündet, er sei stolz auf seine multiple Identität als Schwuler, orthodoxer Jude, Jerusalemer und Zionist. Im Auftakt des Gay Pride wurde seiner und der übrigen jüdischen und arabischen Opfer der letzten 1000 Tage der Al-Aqsa-Intifada in einer Schweigeminute gedacht.

Kurz vor seiner Wahl zu Jerusalems erstem orthodoxen Bürgermeister hatte Uri Lupolianski im Vorfeld des Gay Pride – ganz im Sinne von Beer – verkündet, jeder habe seine eigene Parade, und es gebe keine illegitime Bevölkerungsgruppen. Leider enttäuschte er inzwischen alle Hoffnungen, der Jerusalemer Gay Pride könne sich in seinem zweiten Jahr zu einem Stück städtischer Routine entwickeln. Hatte er vor der Wahl von Pluralismus und Toleranz gesprochen, demaskierte er sich, kurz vor der Parade, in einem Interview für die Tageszeitung "Maariv": "wenn ich die gesetzliche Befugnis gehabt hätte, die Parade zu verhindern, hätte ich sie verhindert, doch in einem demokratischen Land kann ich diese Parade nicht verbieten. Da ich es ihnen nicht verbieten kann, sich darzustellen, können sie es mir nicht verbieten, meine Meinung kund zu tun."
 

   

 

 

Eröffnung am Kikar Safra (Rathaus)











 


Zweifelsohne zeigte sich Lupolianski, der der ultra-orthodoxen "Agudat-Israel" -Partei angehört, dem Gay Pride nicht sonderlich wohl gesonnen. So betitelte er die Parade im genannten Interview als "etwas abstoßendes, unpädagogisches" und als "Gräuel, welches die Würde und die Heiligkeit Jerusalems befleckt und die israelische Gesellschaft unterminiert." Fernerhin warnte er davor, "daraus eine Kriegsansage an die Orthodoxen zu machen." Gesellschaftlicher Widerstand erfordere den Konsens, Homosexuelle seien jedoch nur eine Minderheit in der Minderheit.

Damit zitierte er den Knesset-Abgeordneten, Nissim Seew, von der ultra-orthodoxen Shas-Partei, der im Vorfeld bereits die Parade als "unsittlich" und als "Verletzung der Interessen der vernünftigen Teile der Gesellschaft" tadelte. Seew adressierte seine Kritik an Lupolianski und wies darauf hin, dass man "die Institutionalisierung solcher unsittlichen Erscheinungen verhindern muss, weil sie nicht nur gegen die Gesetze der Tora verstoßen, sondern ebenso nur von einer Minderheit der Stadtbevölkerung toleriert werden."

Sa'ar Netan'el, der vor rund zwei Wochen als erster offen Schwuler Abgeordneter in die links-liberale MeReZ-Fraktion des Jerusalemer Stadtrats gewählt wurde, schrieb daraufhin seinerseits einen Brief an den Bürgermeister, in dem er den Gay Pride als beste Reaktion auf "den immer noch vorherrschenden Zustand von fehlender Toleranz und Vorurteilen in unserer Stadt" verteidigt. "Der Gay Pride steht unter dem Zeichen von 'Liebe ohne Grenzen', es ist die Rede von Toleranz und Menschenwürde, unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Hautfarbe oder geschlechtlicher Neigung. Jerusalem benötigt diese Werte jetzt mehr als je zuvor."

Des Weiteren hat Uri Lupolianski als neuer Bürgermeister Jerusalems Altlasten von seinem Vorgänger, Ehud Olmert (Likud), zu tragen: Da dieser nämlich dem letztjährigen Gay Pride alle für eine öffentliche Veranstaltung standardmäßigen städtischen Vorkehrungen versagt hat, verklagten die Organisatoren vom Jerusalem Open House die Stadtverwaltung und gewannen die Klage auf höchster Instanz vor dem Obersten Gerichtshof.

Dieses Jahr wurden also – im Gegensatz zu letztem Jahr – die standardmäßigen Sicherheitsvorkehrungen wie bei jeder öffentlichen Veranstaltung getroffen. Offen bleibt hier nur noch die Frage, ob das Sicherheitspersonal zum Schutze der bunten Parade gegenwärtig war, oder ob die Grenzschutzbeamten eher damit beschäftigt waren auf die kleine Horde von Gegendemonstranten der ultra-nationalistischen KACH-Bewegung zu achten.
 







  Diese demonstrierten unter zum Teil sehr einfallsreichen Mottos gegen die "Porno-Parade". Auf ihren Transparenten war zu lesen: "Homosexualität = Perversion", "Männlicher Beischlaf = Sünde", "Ohne Perverse, keine Anschläge", "Adam and Eve, not Adam and Steve" usw.



KACH-Sprecher, Itamar Ben-Gvir, sagte in der Jerusalem Post, dies sei eine unwürdige Parade, welche keinen Platz im Jüdischen Staat habe.
Er Bekannte sich außerdem dazu einer von denen, gewesen zu sein, die in der Nacht zuvor die Regenbogenfahnen, die von der Stadtverwaltung entlang der Marschroute aufgehängt worden waren, von den Mästen gerissen hatten.
 











 

Trotz aller widriger Umstände, die in der Heiligen Stadt die Umsetzung einer Veranstaltung im Zeichen von Liebe und Toleranz immer noch erschweren, nahmen am Jerusalemer Gay Pride rund 2500 Menschen teil. Zahlreiche Organisationen, darunter viele Jugendorganisationen, z.B. Hashomer Haza'ir, MeReZ Youth und die vor Kurzem neu gegründete schwul-lesbische Jugendbewegung "Unsere Farben", aber auch "Amnesty International", "Anonymus" und "Black Laundry" präsentierten sich in der Öffentlichkeit.

Am Happening traten neben den obligatorischen DragkünstlerInnen und verschiedenen Musikern auch diverse Politiker aus den unterschiedlichsten politischen Spektren auf. Einer von ihnen war Innenminister Avraham Poras (Foto links).
Poras beglückwünschte die Veranstaltung und sagte, er sei froh, daran teilnehmen zu können. "Ich bin froh, dass Menschen sich hier zu einem wirklichen Fest, zu einem Fest, das die Herzen höher schlagen lässt, zusammengefunden haben. Wir alle sind stolz auf euch." Im gleichen Atemzug vergaß er jedoch nicht zu erwähnen, dass er zu seinem Leidwesen nicht die Regierung repräsentiere, "weil ich mir sicher bin, dass es einige Personen in der Regierung gibt, die es nicht gut heißen, dass ich hier bin. Ich vertrete hier auch nicht den Bürgermeister, dessen Bemerkungen verkehrt und geschmacklos waren." so Poras.

Chagai Elad, Geschäftsführer des Jerusalem Open House, schloss seine Rede damit, Uri Lupolianski wolle sicher ein Pluralist in der Stadtverwaltung bleiben. "Wir werden ihm dabei helfen."

[music / realaudiostreaming]













Miz'ad haGaavah:
10 Jahre Gay Pride in Tel Aviv
Nach den Reden setzte sich die Parade in Bewegung und endete gegen 15.00 Uhr in einem riesigen Happening, das sich bis in die Abendstunden hineinzog. In der Parade präsentierten sich die unterschiedlichsten lesbischwulen Organisationen in der Öffentlichkeit...

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ig / hagalil.com / 27-06-03



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