Ein Mythos von Freiheit und Kultur?
Schwabing vor 1933
Ilse Macek
Abb.: Dr. Gad Kitron, vormals Hans Kitzinger, um 1935.
"Ich habe ihm geglaubt, ganz einfach. Ich habe gesagt: Ich glaube ihm,
ich gehe."
Am 5. März 1933 wählten über 20.600 Schwabinger, das waren 39,3%, die
Nationalsozialistische Deutsche Arbeitspartei (NSDAP).
Auf Reichsebene hatte die NSDAP noch über 6 Prozent mehr erhalten, fast
45 Prozent, was ihr zusammen mit der DNVP mit ihren knapp 9 Prozent die
absolute Mehrheit einbrachte. 1
Drei Tage nach dieser Schicksalswahl verließ Hans Kitzinger, heute Dr.
Gad Kitron, nach erfolgreichem Studium der Rechte und gerade 22 Jahre alt
geworden, das Deutsche Reich.
Ilse Macek: "So klug waren Ihre Eltern oder Sie selber?"
Dr. Gad Kitron: "Nein, meine Eltern haben es nicht verstanden."
"Also drei Tage nach der Wahl sind Sie schon weg?"
"Ich habe ihm geglaubt, ganz einfach. Ich habe gesagt: Ich glaube ihm, ich
gehe",
sagt er schlicht, und meint natürlich Hitler und seine
Hetzparolen, als ich ihn am 3. November 2006 in Jerusalem interviewe.
"Der Schalom Ben-Chorin2,
der Fritz Rosenthal, der hatte auch klar gesehen"
erwähnt er noch.
"Die anderen dachten, das geht vorüber, und uns geschieht
nichts, vielleicht (geht es) gegen die Ostjuden. Und diesen ganzen Quatsch!"
Diesen "ganzen Quatsch" haben, wie wir wissen, viele der Münchner Juden
geglaubt und sind geblieben, immer in der Hoffnung, dass es schon nicht so
schlimm werden würde.
Als alter Schwabinger hatte sich Dr. Kitron auf eine Annonce in der
Zeitschrift "Jeckeniton" 3
gemeldet und war gerne bereit, über die Heimat seiner Kindheit zu sprechen.
Er ist 1911 geboren, war also zum Zeitpunkt des ersten Gespräches 95 und
beim zweiten Gespräch am 13. April 2007 96 Jahre alt und wirkte viel jünger.
Das Schwabing, das Dr. Kitron erlebt hatte und über das er im Interview
berichtet, war in seiner Erinnerung ein ganz anderes, als das es sich nach
der Wahl 1933 erwies. Aus den Erinnerungen an Schwabing spricht die
Zuneigung zu diesem alten Stadtteil, wie er einmal war. Das München seiner
Jugend, wie Dr. Gad Kitron es schildert, ist eine Art "verlorenes Paradies".
Dr. Gad Kitron wird uns hier und da im ersten Kapitel des Buches "ausgegrenzt
- entrechtet - deportiert" wieder begegnen. Er ist derjenige
Zeitzeuge, der im Interview immer betonte, er könne ja über die in diesem
Buch behandelte Zeit, 1933 bis 1945, wenig beitragen. Was er beiträgt, ist
die Erinnerung an das München seiner Eltern vor und seine Kindheit und
Jugend nach dem Ersten Weltkrieg.
Es ist aber auch die Erahnung dessen, was uns in der Rückschau so
beschäftigt und erschreckt: Wie konnte sich dieser berühmte und schöne
Stadtteil Schwabing, der so viel Potenzial an Freiheitsgraden für die
persönliche Lebensführung aufwies, so drastisch verändern? Wie kam es dazu,
dass die sicher geglaubte Heimat den jüdischen Bewohnern nicht mehr
erlaubte, ihr Leben zu leben im Kreise der Familie und Freunde, ihrer Arbeit
nachzugehen, ihre Träume zu verwirklichen? Wie lebten Juden vor 1933 in
München, in Schwabing? Wie hat sich der Antisemitismus in München
entwickelt?
Im leuchtenden München:
Schwabing, wie es war
1940 etwa schrieb Schalom
Ben-Chorin in seinem Gedicht "Traumgeographie":
"Es geschieht nun, dass ich ungehindert,
Von Jerusalem nach Schwabing geh
Tausend Meilen sind zum Sprung vermindert
Tel Aviv liegt nah am Tegernsee ..."
Im Buch seiner Erinnerungen "Jugend an der Isar" fährt er nach diesem
Zitat fort: "Schwabing und Jerusalem haben auch noch eine besondere
Affinität: beide träumen immer von ihrer Vergangenheit." 4
Auch in den Aussagen Dr. Kitrons wird die Verklärung
Schwabings, die erinnerungsträchtige "München-leuchtete-Literatur" wieder
lebendig, eine ganze Gattung von Literatur, die ihren Namen aus dem
Einleitungssatz von Thomas Manns Erzählung "Gladius Dei" (1902) herleitet.
Thomas Mann weist in dieser Novelle, die so oft in der irrigen Annahme
zitiert wird, er charakterisiere damit ein weltoffenes, modernes München,
eher auf die eitle Selbstbeweihräucherung und den Kulissenzauber der Stadt
hin.
Er, der schon frühzeitig die Gefahren der antidemokratischen Rechten in
München erkannt und zu bekämpfen versucht hatte, hielt aber trotzdem noch
fünf vor zwölf seinen Wunschtraum von einer möglichen besseren Wirklichkeit
aufrecht: "Es ist eine Stadt der Menschlichkeit, der künstlerischen
Freiheit, es ist eine Stadt, in der man zwei Dinge auf einmal spüren kann,
Volk und Welt. Es kann die Stätte sein oder werden, durch die Deutschland
sich am besten, am glücklichsten mit der Welt verbinden und versöhnen mag...
München als Zuflucht jener Freiheit und Heiterkeit, die in dem Wort Kunst
sich gegen die Verdüsterungen und kranken Fanatismen der Zeit behauptet,
München als Hauptstadt einer deutsch-europäischen Klassik...'"'
Dieses Zitat Thomas Manns, der auch viele Jahre Schwabinger war und zum
Beispiel in der Feilitzschstraße "Die Buddenbrooks" schrieb, für die er 1929
den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte, stammt von 1932. Leider hatte
er damit Unrecht. Wenig später wird die NSDAP führende Partei sein, die
Unmenschlichkeit regieren, die Manns werden nicht mehr aus dem Ausland
zurückkommen, und Hans Kitzinger wird fluchtartig das Land seiner Kindheit
verlassen.
München in der Prinzregentenzeit:
"Kunststadt" der Gegensätze
Malerfürsten und die Moderne
München war vor dem Ersten Weltkrieg in der Prinzregentenzeit, an deren
Ende Hans Kitzinger auf die Welt kam und die seine Eltern noch erlebt
hatten, die Stadt der Maler, der "Malerfürsten" gewesen, wie Thomas Mann
neidvoll bemerkt hatte. Da gab es den Altmeister Friedrich August von
Kaulbach, der selbstredend in der Kaulbachstraße 15 "Hof hielt" 6,
das Haus von Gabriel von Seidl erbaut, Franz von Lenbach, dessen Villa bei
den Propyläen stand, den Maxvorstädter Franz von Stuck7,
und davor Cornelius, Kobell, Spitzweg.8
Nach Lovis Corinth 9
stießen in keiner Stadt Deutschlands Altes und Neues so
heftig aufeinander wie in München. Beide Entwicklungen, sowohl der Aufbruch
in die Moderne des jungen München, als auch die Tradition und Rückschau des
alten München, bestanden in verwirrender Gleichzeitigkeit nebeneinander. Das
"moderne" München hatte besonders im zweiten Jahrzehnt der Zeit des
Prinzregenten Luitpold dem offiziell propagierten Kunstgeschmack des
kaiserlichen Deutschland, der "preußischen Prüderie", den Kampf angesagt.
Romantizismen, Schönheitskult, Erotismus und Mystizismus dominierten das
Lebensgefühl und das Schaffen der Münchner Künstler. Gleichzeitig übten sich
Sittlichkeitsvereine in Scheinmoral gegen die des sozialistischen Umsturzes
verdächtigte, naturalistische Sichtweisen bevorzugende bildende Kunst, die
Literatur und das Theater. Die Münchner Kultur-Moderne hatte also gänzlich
andere Themen als die mit der politischen Linken verbundene in Berlin.
Konflikte um Kirche, Religion und Sexualität sowie ab und zu um "wunde
Punkte" der Monarchie, wie die längst bewältigte, vergangenen Zeiten
angehörende Affäre "Lola Montez", standen im Vordergrund.
Der etablierte Kunstbetrieb mit seinen internationalen Ausstellungen im
Glaspalast war nicht so avantgardistisch wie der in Paris, aber immerhin
hatte Picasso 1897 empfohlen, in München - nicht in Paris - das Kunststudium
zu beginnen.
Schon die erste Münchner Secession10
hatte gezeigt, dass München eine Geburtsstätte der Moderne war. Gleichzeitig
bewiesen die elitären "g'spinnerten" Schwabinger Zirkel, dass Irrationales
und spirituelle Weltsichten hier ihre Heimstatt hatten: Albert von Keller11
und Carl du Prel12 nahmen für
sich die Mystik, die Metaphysik, die Seelenlehre und die Traumdeutung in
Anspruch.
Dazu gehörte auch, dass das Tier als der bessere Mensch galt, wie das sowohl
Gabriel von Max als auch der Maler und Denker der Moderne, Franz Marc13,
vertrat.
Museenstadt
München war auch hochgelobte Museumsstadt mit den Pinakotheken, der
Glyptothek, dem Völkerkunde-, dem Nationalmuseum. Es zog um die
Jahrhundertwende herum als liberale Kulturstadt europäischen Ranges Künstler
und Literaten, Publizisten und Theaterleute aus dem gesamten
deutschsprachigen Raum an. Dem stand eine konservative, traditionell
geprägte Umwelt, der in kultureller Hinsicht wachsende Einfluss des Zentrums
mit seiner Landtagsmehrheit, die Zensur und das Strafgesetzbuch mit seinen
Möglichkeiten entgegen. Zum Beispiel waren die nackten Antiken der
Glyptothek 1894 mit Feigenblättern bedeckt worden, was Christian Morgenstern 14
zu ironischen Kommentaren gereizt hatte.
Literaturstadt
Paul Heyse 15, 1910 mit dem
Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, galt dem "jungen München" als Relikt
des "alten München", des Klassizismus, als "Stellvertreter Goethes auf
Erden", wie er spöttisch tituliert wurde. Ibsen16,
Zola und Flaubert, die als "undeutsch" angesehen wurden, nicht, weil sie
Franzosen waren, sondern weil sie als "unanständig" galten, waren dem "alten
München" verpönt. Ludwig Ganghofers17
Heimatkunst, der wegen des Kaisers Vorliebe für ihn und seine Schriften mit
dem Spottnamen "Hofganger" belegt worden war, galt wiederum in den Augen des
"jungen München" als heillos veraltet.
Meist jüdische Studenten gründeten in den ersten Jahren des Jahrhunderts
den literarischen Verein "Phöbus", der Stücke von höchst umstrittenen
Autoren aufführte und Vorträge literarischen Inhalts anbot. Fast alle
berühmten Berliner Kritiker wie Siegfried Jacobson, Alfred Kerr und Stefan
Großmann sprachen. Von berühmten Schauspielern wurden noch nicht aufgeführte
Dramen mit verteilten Rollen gelesen; auch kämpfte man für ein
Heine-Denkmal. 18Theater-
und Kabarett-Stadt
Das Münchner Schauspielhaus wurde 1897 eröffnet und die Heimstätte
moderner Dramatik. Der "Akademisch-Dramatische Verein", nach seinem Verbot
"Neuer Verein", brachte wichtige moderne Dramen heraus, die in der
offiziellen Theaterwelt der Prinzregentenzeit ignoriert wurden: Hauptmann,
Ibsen, Sudermann, Schnitzler.
Um die Jahrhundertwende begann auch die Opposition gegen die Kunst- und
Theaterzensur der "Lex Heinze" mit ihrem Paragraphen gegen erotische Kunst
und Literatur. Der Münchner "Zensurbeirat", eine im Reich einmalige
Erscheinung, bestand aus Sachverständigen und Honoratioren aus verschiedenen
gesellschaftlichen Bereichen, der über die Moral alles Schriftlichen wachte.
Ein Jahr, 1912/13, gehörte diesem Rat als Nachfolger von Max Halbe 19
auch Thomas Mann20 an.
Das Verbot von Wedekinds "Lulu" veranlasste ihn dann zum Austritt. Erich
Mühsam21, einer der berühmten
Schwabinger Anarchisten, erstattete im Übrigen gegen das Verbot von "Lulu"
wegen "Mißbrauchs der Amtsgewalt" vergeblich Anzeige. Im Gefolge der
"Lex Heinze" war bereits 1900 der "Goethebund zum Schutz freier Kunst und
Wissenschaft" von Max Halbe und Georg Hirth22
gegründet worden sowie das erste Münchner Kabarett, "Die Elf Scharfrichter",
in dem dann Frank Wedekind23 und
Otto Falckenberg24
experimentieren konnten. "Die Elf Scharfrichter e.V." traten im Rückgebäude
des Gasthofes "Zum Goldenen Hirschen" in der Türkenstraße 28 auf und
attackierten die Ordnungsmächte und Obrigkeit, die der Freiheit der Kunst
entgegenstanden.
Die Gesellschaft für modernes Leben
Die Auseinandersetzung zwischen dem modernliberalen und dem
konservativ-katholischen Lager nahm zum Teil scharfe Formen an. Hier ist
Oskar Panizza 25, der
Katholikenschreck der Jahrhundertwende zu erwähnen. Psychiater von Beruf und
Exzentriker von Gemüt, legte er sich in der "Gesellschaft für modernes
Leben", die so etwas wie die Geburtsstunde der Avantgarde-Kultur verkörperte
und in Schwabing von Michael Georg Conrad26,
zusammen mit Otto Julius Bierbaum27
und Julius Schaumberger28 1890
gegründet worden war, mit der christlichen Moral an.
Das konservativ-katholische Lager vermutete bei dieser Gesellschaft ohnehin
"... zahlreiche Sozialdemokraten ..., ebenso viele junge Geschäftsleute
und Juden ,.."29 und
"Sozialisten im Frack", die gefährlicher als Proletarier wären. Man
argwöhnte, die Monarchie solle untergraben, die Religion diffamiert werden
und diese Gesellschaft wäre eine "kulturelle Tarnkappe für die SPD".30
Kurz: Panizza wurde wegen seiner jegliches Tabu verletzenden Verkündung
der sexuellen Freiheit, wobei er beispielsweise in seinem Drama "Das
Liebeskonzil" auch bei der Heiligen Familie eine Clique berauschter
Lüstlinge unterstellte, wegen "Vergehen gegen die Religion" und
Sittenwidrigkeit zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Zum Märtyrer machte er
sich vollends, als er nach seiner Entlassung wegen Majestätsbeleidigung
erneut angeklagt wurde, sich der Verhandlung zu entziehen suchte, indem er
in Unterwäsche auf die Straße lief. Dies führte zu seiner Einweisung in eine
Nervenheilanstalt; er wurde als unzurechnungsfähig erklärt. Doch er muss uns
nicht sehr leid tun: Er war ein Antisemit, der mit seinen hämischen
Behauptungen, Juden seien weichlich, kraftlos, hinterhältig und feige,
Kernaussagen der späteren NS-Ideologie vorwegnahm.
Das "Künstlerdorf" Schwabing:
"Wenn ich an Schwabing denke, denke ich an Maler und Malerinnen aus dem
Kreise meiner Eltern"
Es scheint, als ob die saturierten Vertreter des "alten München" die
Gegenbewegung, die Kunstopposition geradezu herausgefordert haben, sich in
München und vorzugsweise in Schwabing zu versammeln.
In Schwabing wohnten Maler der Moderne, wie Wassily Kandinsky 36
oder Paul Klee37, der mit seiner
Frau 1906 in ein Gartenhaus in der Ainmillerstraße 32 zog. Für Kandinsky und
Giorgio de Chirico, welcher — wie August Macke - in München studiert hatte,
auch für Marcel Cuchamp und Naum Gabo war München der spirituelle Kunstort
schlechthin. Franz Marc38, der
schon 1908 sein Schwabinger Atelier aufgegeben und nach Sindelsdorf gezogen
war, hatte 1912 zusammen mit Kandinsky den Almanach "Der blaue Reiter"
herausgegeben. Robert Delaunay hatte auf einer Postkarte an Franz Marc 1913
dieses anstatt München in die Liste der Hauptstädte der modernen Kunst
aufgenommen, neben Berlin, Paris, New York und Moskau. Kandinsky hatte auch
zusammen mit Alfred Kubin39,
Alexej Jawlensky40 und dessen
Lebensgefährtin Marianne von Werefkin 1909 die "Neue Künstlervereinigung"
München gegründet. Kandinsky und Gabriele Munter betrieben später ihr
Atelier in der Ainmillerstraße 36 wechselweise mit dem Haus in Murnau.
Kunstgewerbler von Rang wie Hermann Obrist41,
der in seinem von Exter entworfenen Haus mit Atelier in der
Karl-Theodor-Straße 24 wohnte, verhalf der Jugendstilbewegung zur
Berühmtheit. Ebenfalls wohnten und arbeiteten der Jugendstilkünstler Julius
Diez42 oder Wilhelm von
Debschitz43 im "Künstlerdorf".
Daneben gab es eine unzählbare Menge an kleinen Ateliers mit "Malweibern"
und Malern, die oft armselig genug in Schwabing auf ihren erhofften
zukünftigen Erfolg hinlebten.
>> Die Kitzingers führten ein
offenes Haus in der Viktoriastraße 11, wo Künstlerinnen und Künstler
ein- und ausgingen. Wie die 1840 errichtete Universität viele
Professoren und Studenten in die Maxvorstadt und nach Schwabing
gezogen hatte, so hatte die drei Jahrzehnte später neben dem
Siegestor entstandene Akademie der bildenden Künste private
Malschulen und Künstler sowie Möchtegernkünstler in die Gegend
gebracht. Hans Kitzinger vergnügte sich als Jugendlicher und junger
Mann an seinen freien Nachmittagen damit, Ateliers in Schwabing zu
besuchen und den Künstlern bei der Arbeit zuzusehen.
"Ich bin furchtbar gern früher zum Kreis meines Vaters, meiner
Eltern, zu Künstlern und Künstlerinnen ins Atelier gegangen. Die
'Sandsteins' 31
und die Desclabissac 32
... Ich habe von ihr viele Bilder. Und Adele Slocovich
53 - das waren so
Typen. ... wie ich mal in den Ferien in München war, also als ich
Student war, irgendwann zwischen 18 und 22, bin ich mit einer
Freundin zur Adele Slocovich, der Malerin, gegangen. Und wir kamen
hin, Adele schaute meine Freundin an: 'Ziehen Sie sich aus! Ziehen
Sie sich aus!'"
(letzteres Kitron mit erhobener Stimme)
Der Oberlandesgerichtsrat Dr. Emil Ulmann
34 und seine Frau Agnes, geborene Speyer
35, die Malerin, waren gute Freunde. Dr.
Kitron besitzt von Agnes' Werken eine ganze Mappe.
<< |
Anmerkungen
- Näheres zu der Wahl am 5.3.1933: Vgl. das Kapitel im vorliegenden
Band von Willibald Karl: Bau- und Bevölkerungsentwicklung Schwabings
zwischen den Weltkriegen.
- Schalom Ben-Chorin, 1913 geb. in München, 1999 gest. in Jerusalem,
vormals Fritz Rosenthal, Journalist, Religions-wissenschaftler, setzte
sich für den christlich-jüdischen Dialog ein, hat zahlreiche Ehrungen
erhalten, u.a. das Große Verdienstkreuz mit Stern 1993, wohnte auch eine
kleine Weile in Schwabing in der Mandlstraße 24, wo vorher der
Schwiegervater seiner Schwester Jeanne, der Schriftsteller Alf Bachmann,
gelebt hatte.
- Jeckeniton ist eine deutsch-hebräische Zeitschrift für die
Altenheime in Israel. Die Verfasserin hatte dort eine Annonce
geschaltet, um Zeitzeugen zu finden.
- Ben-Chorin, Schalom: Jugend an der Isar, Gerungen 1980, S. 152.
- Zit. nach: Prinz, Friedrich: Annäherung an München. Postmoderne
Rückblicke auf die Geburt einer Großstadt, in: München - Musenstadt mit
Hinterhöfen. Die Prinzregentenzeit 1886 bis 1912, hrsg. von Friedrich
Prinz und Marita Krauss, München 1988, S. 9.
- Die Straße war nach seinem Onkel Wilhelm von Kaulbach benannt, der
ebenfalls Kunstmaler war, unter anderem Decken- und Wandgemälde malte,
und in der Oberen Gartenstraße 16 wohnte, die ab 1887 zur Kaulbachstraße
10 wurde.
- Franz von Stuck, 1863 geb. in Tettenweis, Niederbayern, 1928 gest.
in Tetschen, wohnte und arbeitete in der Gabelsberger- 39, Theresien-
148 (Atelier), Schraudolph- 5 (Atelier), Augusten- 77 (Wohnung) und in
der Schellingstraße 5.
- Vgl. zu diesem Kapitel vor allem: Frühwald, Wolfgang: Zwischen
Arkadien und Babylon. Münchner Literatur in der Zeit des Prinzregenten
Luitpold, in: München - Musenstadt, a.a.O., S. 258ff., Engelmann, Roger:
Öffentlichkeit und Zensur. Literatur und Theater als Provokation, in
München - Musenstadt, a.a.O., S. 267ff.; Schmitz, Walter: "Die Elf
Scharfrichter". Ein Kabarett in der "Kunststadt" München, in: München -
Musenstadt, a.a.O., S. 277 ff.; Vergangene Tage. Jüdische Kultur in
München, hrsg. von Hans Lamm, insbesondere der Abschnitt: Von Weltkrieg
zu Weltkrieg: Von Krise zum Untergang. München-Wien 1982, S. 369ff.; Die
Zwanziger Jahre in München: Katalog zur Ausstellung im Münchner
Stadtmuseum, Mai bis September 1979. Im Auftrag des Münchner
Stadtmuseums hrsg. von Christoph Stölzl; Ude, Karl: Schwabing von innen.
Kulturelle Essays, München 2002; Bauer, Reinhard: Schwabing. Das
Stadtteilbuch, München 1997; Large, David Clay: Hitlers München.
Aufstieg und Fall der Hauptstadt der Bewegung, München 1998, S. 9 ff.;
für fast alle Adressen wurde benutzt: Wer wohnte wo in Schwabing?
Wegweiser für Schwabinger Spaziergänge. Für phantasievolle Fußgänger
zusammengesucht von Kristian Bäthe, München 1965; Ergänzung der
biographischen Daten in den Anmerkungen zum Teil aus Wikipedia, aktuelle
Fassungen vom 6.8.2007.
- Lovis Corinth, 1858 geb. inTapiau, Ostpreußen, 1925 gest. in
Zandroort, Holland; wohnte ab 1891 in der Giselastraße 7 in Schwabing
und später, bis er im Oktober 1901 nach Berlin ging, in der
Gabelsbergerstraße 77 in der Maxvorstadt.
- Erste Münchner Secession nannte sich die Gruppe in den 70er Jahren
des 19. Jahrhunderts um Wilhelm Leibl in ihrem Gemeinschaftsatelier in
der Arcisstraße.
- Albert von Keller, 1844 geb. in Gais bei Zürich, 1920 gest. in
München, wohnte in der Gartenstraße 33, Rgb., diese wurde in
Kaulbachstraße 33 umbenannt, und in der Theresienstraße 148,
Ateliergebäude.
- Carl Freiherr du Prel, 1839 geb. in Landshut, 1899 gest. in
Heiligkreuz bei Hall, Tirol, Stiftung Maximilianeum, Gymnasium und
Studium in München, Hauptmann in der bayerischen Armee, Themen: Hypnose,
Somnambulismus, Mesmerismus, Traumdeutung, gründet in München 1886 die
"Psychologische Gesellschaft", wo parapsychologische Experimente
stattfanden.
- Franz Marc, 1880 geb. in München, 1916 gefallen bei Verdun, wohnhaft
in der Königinstraße 75, dann in der Kaulbach- 68, kurz in der
Friedrich- 4, und in der Schellingstraße 33, Rgb. (Atelier).
- Christian Morgensterns Geburtshaus war in der Theresienstraße 23,
geb. 6.5.1871, gest. 31.3.1914 in Meran an Tuberkulose. Der Vater war
ein bekannter Landschaftsmaler. Nachdem die Mutter, Christian war 10
Jahre alt, an Tuberkulose gestorben war, nahm der Vater in Breslau eine
Professur als Kunsthistoriker an. Christian lebte unter anderem dort,
studierte erst Volkswirtschaft und Jura, dann Philosophie, lebte
zeitweise auch in Berlin.
- Paul Johann Ludwig von Heyse, 1830 geb. in Berlin, 1914 gest. in
München, 1910 geadelt und Nobelpreis für Literatur, wohnte gegenüber der
Lenbachvilla am Königsplatz (unbebaut).
- Henrik Ibsen, 1828 geb. in Skien, 1906 gest. in Oslo, wohnte
zeitweise in der Amalienstraße 50 und 53, vorher in der Schönfeld- 17
und Schellingstraße 53.
- Dr. Ludwig Ganghofer, 1855 geb. in Kaufbeuren, 1920 gest. in
Tegernsee. Zunächst Maschinenbau-Studium am Polytechnikum in München,
dann Literaturgeschichte und Philosophie in München und Berlin,
Promotion in Leipzig, Dramaturg in Wien, ab 1894 in München, 1898
Gründung der "Münchner Literarischen Gesellschaft".
- Vgl. Feuchtwanger, Lion: Der literarische Verein "Phöbus" und seine
Heine-Feier, in: Lamm, a.a.O., S. 265.
- Dr. Max Halbe, 1865 geb. in Guetdand bei Danzig, 1944 gest. auf Gut
Neuötting, Oberbayern, wohnhaft in der Giselastraße 16 und 1, der
Wilhelmstraße 7a, 6 und 2 und der Martiusstraße 6.
- Dr. Thomas Mann, 1875 geb. in Lübeck, 1955 gest. in Zürich, wohnte
als Junggeselle in der Ramberg- 2, Theresien- 82, Pension Gisela- 15,
Markt- 5, Feilitzsch- 5, Ungerer- 24, Konrad- 11, Ainmiller- 31, und
dann, mit Katja Pringsheim verheiratet, ab 1905 -1910 in der
Franz-Joseph-Straße 2, das ist das Eckhaus zur Leopoldstraße, dort
wurden Golo, Erika und Klaus geboren, dann zog die Familie nach
Bogenhausen.
- Erich Mühsam, 1878 geb. in Berlin, 1934 ermordet im KZ Oranienburg,
war 1919 in der Räteregierung, wohnte in der Akademiestraße 9 und der
Georgenstraße 105, siehe auch das Kapitel im vorliegenden Band von Ilse
Macek: Juden im Münchner Kunstleben und in der "Künstlerkolonie"
Schwabing, Anm. 16.
- Georg Hirth, 1841 geb. in Gräfentonna, Thüringen, 1916 gest. in
München, nationalliberaler Protestant, scharfer Gegner des politischen
Katholizismus, Mitinhaber der "Münchner Neuesten Nachrichten", 1896
Gründung der Zeitschrift "Jugend", die bis 1940 bestand.
- Frank Wedekind, 1864 geb. in Hannover, 1918 gest. in München, wohnte
in der Akademie- 21, der Adalbert-34, Türken- 69, Franz-Joseph- 42 und
Amalienstraße 86.
- Otto Falckenberg, 1873 geb. in Koblenz, gest. 1947 in München,
wohnte in der Siegfriedstraße 14, Mandlstraße 10 und die längste Zeit,
mit Familie, in der Viktoriastraße 11, wo auch die Familie Kitzinger
lebte. "
- (Leopold Hermann) Oskar Panizza, 1853 geb. in Bad Kissingen, 1921
gest. in Bayreuth, Schriftsteller, Satiriker, Publizist, wohnte
wiederholt in Schwabing, starb in der Nervenheilanstalt. Hatte viele
Bewunderer, unter anderem Kurt Tucholsky.
- Michael Georg Conrad, 1846 geb. in Gnodtstadt, Unterfranken, 1927
gest. in München, Schriftsteller des Naturalismus, obwohl berühmter
"Simpl"-Schwabinger wohnte er nicht dort, sondern in der Ismaninger
Straße, verheiratet mit der Schriftstellerin Marie Ramlo, Mitgründer der
Gesellschaft für modernes Leben, national-liberaler
Reichstags-Abgeordneter.
- Otto Julius Bierbaum, 1865 geb. in Grünberg, Niederschlesien, 1910
gest. in Kötschenbroda bei Dresden, wohnte in der Kaulbachstraße 41 und
der Veterinärstraße 10.
- Julius Schaumberger, geb. 1858, gest. 1924.
- Polizeibericht über einen Vortragsabend am 29. Januar 1891, zit.
nach Large, a.a.O., S. 33.
- Large, a.a.O., S. 36.
- Walter Sandstein, Graphiker und Kunstmaler, hatte sein Atelier in
der Horschelstraße 3/4 und wohnte in der Keuslinstraße 10/0, 1935 ist er
nicht mehr im Adressbuch zu finden.
- Felice Desclabissac, geborene Kurzbauer, geb. 19.11.1876 in Wien;
Wohnung: 1933-1938: Bismarckstraße 11/2, Studium an der Kunstschule für
Damen in Krakau, an der Damenakademie des Künstlerinnenvereins in
München und bei ihrem späteren Mann Alexander Desclabissac, geb.
23.6.1868 in Aachen, gest. 1938. Ihr Genre, Blumen; Kollektivausstellung
bei Neuner in Berlin, 1920.
- Adele Slocovich, Witwe, Kunstmalerin, wohnte in der Kaiserstraße
23/4.
- Dr. Emil Ulmann, geb. 23.3.1870 in Fürth, gest. 8.12.1947 in New
York, Oberlandesgerichtsrat a.D., 1908 am Landgericht München
II, 1920 bis 1933 am Oberlandesgericht München,
Schwager von Jakob Wassermann; vgl. zu Ulmanns auch das Kapitel im
vorliegenden Band von Brigitte Gmelin: Oberlandesgerichtsrat Dr. Emil
Ulmann.
- Agnes Ulmann, geb. 23.12.1875 in Wien, geb. Speyer, gest. 1942 in
Kew Gardens.
- Wassily Kandinsky, 1866 geb. in Moskau, 1944 gest. in
Neuilly-sur-Seine, wohnte in der Gisela- 28, Georgen-35, Friedrich- 1,
Schelling- 75, dann ab 1908 bis zum 1. Weltkrieg in der Ainmillerstraße
36, wo sich auch das Atelier befand.
- Paul Klee, 1879 geb. in Münchenbuchsee bei Bern, 1940 gest. in
Muralto bei Locarno, wohnte in der Amalien- 24, Leopold- 63, Georgen-
48, hatte in der Amalienstraße 57 im Rgb. sein Atelier, wohnte kurz in
der Barer- 24, dann in der Ainmillerstraße 32, wo er das
Gartenhaus-Atelier hatte, außerdem hatte er noch ein Atelier in der
Feilitzschstraße 3 und eines, 1919-1921, in der Werneckstraße 1, im
Suresnes-Schlösschen.
- Franz Marc, vgl. Anm. 13.
- Alfred Kubin, 1877 geb. in Leitmeritz, Böhmen, 1959 gest. in
Zwickledt, wohnte zuerst in der Theresienstraße 108, dann in der
Mandlstraße 1a.
- Alexej Jawlensky, 1864 geb. in Torschok bei Twer, 1941 gest. in
Wiesbaden, wohnte in der Giselastraße 23.
- Hermann Obrist, 1863 geb. in Kilchberg bei Zürich, 1927 gest. in
München, arbeitete sowohl in seinem Atelier, das im Wohnhaus in der
Karl-Theodor-Straße 24 lag, als auch in den Werkstätten in der
Hohenzollernstraße 21, Rgb., siehe auch Anm. 43.
- Julius Diez, 1870 geb. in Nürnberg, 1957 gest. in München, wohnte in
der Theresienstraße auf mehreren Hausnummern 61, 67 und 148 sowie in der
Augustenstraße 85 und dann 49 Jahre seines Lebens in der Elisabethstraße
3.
- Wilhelm von Debschitz, 1871 geb. in Görlitz, 1948 gest. in Lüneburg,
wohnte in der Leopoldstraße 65 und 87, am Kaiserplatz 2, in der
Clemensstraße 30 und hatte, zusammen mit Hermann Obrist die "Lehr- und
Versuchs-Ateliers für angewandte und freie Kunst" in der
Hohenzollernstraße 21, Rgb.
Das Literatenviertel
Zeitschriften wie "Die Gesellschaft" und die schon genannte "Gesellschaft
für modernes Leben" hatten bereits nach der Jahrhundertwende scharf die
geist- und freiheitsmörderischen "alten Weiber beiderlei Geschlechts"
kritisiert.
"Die Gesellschaft" wurde zum Sammelbecken der der Moderne verschriebenen
Literaten aller Strömungen. Kunstzeitschriften wie Georg Hirths "Jugend"
kreierten - von ihm eher unbeabsichtigt - einen neuen Stil und boten bis
1940 über 300 Künstlern ein Forum, um ebenfalls gegen die Übergriffe der
Obrigkeit, gegen die Freiheit der Kunst zu Felde zu ziehen.
Albert Langens "Simplicissimus" in der Kaulbachstraße 51a, der sich unter
anderem der "Intimfeindschaft" gegen das Zentrum verschrieb, und "Die Insel"
in der Leopoldstraße 4 verkündeten Aufbruch in eine neue Zeit. Ludwig Thoma
und Gustav Meyrink52, der sich für seinen okkulten
Roman "Der Golem" von Schwabing hatte inspirieren lassen, schrieben ebenso
im Simplicissimus wie Karl Wolfskehl53, Friedrich Huch
und Alexander Roda-Roda54.
An der von Wilhelm Herzog gegründeten Monatsschrift "Das Forum", die wegen
"kriegsfeindlichen Inhalts" 1914 beschlagnahmt worden war, arbeiteten
Heinrich Mann55, Romain Rolland56,
Friedrich Wilhelm Foerster57 und Rene Schickele58
mit, alle berühmte Pazifisten. Friedrich Wilhelm Foerster zum Beispiel, der
über "Willensfreiheit und sittliche Verantwortlichkeit" habilitiert hatte,
an der Münchner Universität seit 1914 Pädagogik und Philosophie lehrte,
musste 1920 wegen Angriffen von nationalistischen Kreisen seinen Lehrstuhl
gezwungenermaßen niederlegen. Seine Bücher wurden 1933 verbrannt.
>> Die Eltern waren
befreundet mit den Berühmtheiten Schwabings, den Manns (G.K.:
"wie alle Münchner hatten wir Käthe Pringsheim44 geliebt, aber
Thomas Mann ...", wir sprechen eine Weile über Thomas Mann und
sein Verhältnis zu seinen Kindern). Oder man kannte sich wenigstens:
Zum Beispiel Peter Wassermann45,
Theaterkritiker und Schriftsteller, "... die Kinder von berühmten
Männern, das war so. Der Peter Wassermann, wie hat der seinen Vater
gehasst!
Aber es gab noch so Typen, die man niemals vergessen kann. Ist Ihnen
Frida Uhlein Begriff?": Frida Strindberg-Uhl 46,
Schriftstellerin, Literaturkritikerin, dazu Kitron: "Frida Uhl
war die zwei-
te oder dritte Frau vom Strindberg41 und ist, wie alle anderen,
ihm davongelaufen, kam zurück nach München und erklärte: ,Ich will
euch was sagen. Ein Genie ist eine wunderbare Sache, aber zum
Zusammenleben gebt mir nur einen gutmütigen Trottel am heimischen
Herd.' Und zwei Wochen später war sie die Geliebte vom Wedekind..
Die Töchter von Wedekind— Kadidja und Pamela4* — haben immer gesagt:
Na ja, unser Vater, der gutmütige Trottel am heimischen Herd..."
Andere, wie "Ricarda Huch 49
mit ihrem festen Tisch im vegetarischen Restaurant..."
kannte man vom Sehen, auch Dr. Friedrich Huch50,
ihren Cousin und ebenfalls Schriftsteller, Dr. Sigbert Feuchtwanger
mit seiner Frau, der Tanzkünstlerin Rhea Glus
51, ... die Reihe ist endlos. Jeder kannte
jeden. Schwabing war ein Dorf, ein Künstlerdorf. << |
"Die Insel", von Alfred Walter Heymel59
und Rudolf Alexander Schröder60
ins Leben gerufen, zusammen mit Otto Julius Bierbaum betrieben, obwohl sie
nur 1899 und 1901 erschien, war eine der wichtigsten Zeitschriften der
literarischen Moderne und hatte weit über ihre Erscheinungsjahre hinaus
Wirkung. Hugo von Hofmannsthal61,
Rainer Maria Rilke62, August
Strindberg, Robert Walser63,
damals unbekannt, Jakob Wassermann64
und Frank Wedekind lieferten Texte. Aus der Zeitschrift ging der
Insel-Verlag hervor.
In der "Verlagsstadt" München gab es in ihrem kulturellen Zentrum
Schwabing den bereits erwähnten Albert Langen Verlag in der Kaulbachstraße
51a, den Hyperion Verlag in der Adalbertstraße76, den Kulturverlag R.
Piper am Josephsplatz 7, dann Georgenstraße 4, den C.H. Beck-Verlag in der
Wilhelmstraße 9, den Ernst Heimeran Verlag in der Dietlindenstraße 14 und
noch viele mehr, die nicht so berühmt sind.
Diese Kunst- und Literatur-Atmosphäre des zu "Schwabylon"
hochstilisierten Viertels war es, von deren Ruf es auch nach dem Ersten
Weltkrieg und bis in die 30er Jahre noch zehrte.
Die Schwabinger Boheme:
„... und die Gräfin Reventlow natürlich "
Der Besuch der Faschingsbälle der Buchhandlung Steinicke65, die
Kleinkunstbühne in der Werneck-
straße 13, wo alle berühmten Schwabinger verkehrten, gehörte einfach zum
guten Ton, wenn man sich zur antibürgerlichen „Boheme" zählte.
Die Schwabinger Boheme:
"... und die Gräfin Reventlow natürlich"
"Schwabylon", Lithographie von Dorul van der Heide, um 1930.
> Auch Dr. Gad Kitron spricht vom Fasching bei Steinicke. Als erstes, als
ich ihn frage, ob er mit dem "Schwabinger Lebensgefühl" Erfahrung habe,
erinnert er sich eben daran: "Der Fasching mit den Bällen bei Steinicke,
dem Buchladen. Doch — ich habe es sehr mitbekommen!" Und der Unterschied
zu anderen Stadtvierteln? "Schwabing war Boheme — absolut!"
Berühmte Schwabinger kannten die Kitzingers "... und die Gräfin
Reventlow66 natürlich.
Mit der Reventlow ist etwas ganz Merkwürdiges passiert. Ich fragte meine
Eltern: ,Wir hatten doch mal ein Kindermädchen, ich erinnere mich ... und so
und so sah sie aus.',Nein.', Ich bin sicher!' Und einmal, irgendwie, mein
Vater las vielleicht gerade, in den Werken der Reventlow ist so ein Bild am
Anfang. Ich sagte: .Aber das ist sie!' Dann hat sich herausgestellt, dass
ich einmal krank war, ... meine Eltern mussten irgendwo hin, und die
Reventlow ist bei mir geblieben. Sie hatte dann den Sohn, von dem sie nie
gesagt hat, von wem er ist. Ich erinnere mich relativ dunkel, denn sie ist
ja früh dann nach Ascona gegangen."
Dr. Kitron hält auch heute noch zu Franziska zu Reventlow, einer Frau, an
der sich die Geister schieden. "Ich erinnere mich noch genau ..., wie die
Werke der Reventlow herauskamen mit einer langen Einleitung von Else
Reventlow, der Frau von Rolf die sie überhaupt nicht gekannt hat. Wir waren
alle ganz empört!"
Dr. Kitron besitzt eine Sammlung Briefe der Franziska Reventlow an seine
Eltern und an Karl Wolfskehl im Original. Als dieser schon beinahe blind
war, besuchte der junge Hans Kitzinger ihn öfters zusammen mit Grete
Rosenthal, der Tochter des Justizrats Dr. Wilhelm Rosenthal67, der viele
Jahre im Vorstand des literarisch-führenden "Akademisch-dramatischen
Vereins" war und für die Münchener Lichtspielkunst arbeitete (Emelka), die
Vorgängerin der Bavaria Filmkunst GmbH. <
Fasching in Schwabing: vordere Reihe, zweiter von links Alexander Roda
Roda, ganz rechts Max Halbe.1.1 Das Ende des Schwabing-Mythos
Hauptsitz des "jungen" München war also Schwabing. Brentanos Utopie einer
"poetischen Existenz" wurde dort allenthalben wiederbelebt. Kunstandachten,
Künstlerfeste, Faschingsbälle, das "selbstvergnügte Capua", an das
sich Thomas Mann noch 1944 erinnern wird, wurden zum Markenzeichen.
Schwabing wurde beschrieben mit "... seinen esoterischen Koterien, die
hinter dem Siegestor ästhetische Abendfeiern zelebrierten, seiner in
öffentliches Wohlwollen gebetteten und grundbehaglichen Boheme"63.
Dazu gehörten die Künstlertreffpunkte, wie das "Cafe Stefanie" in der
Amalienstraße 25, in dem auch echte Dichter wie Stefan George69, Max
Dauthendey70 oder Peter Paul Althaus (PPA)71 verkehrten, die "Gaststätte
Leopold" mit ihrem Literatentreff und dem Kabarett von "Papa" Benz, der
"Simplicissimus" der Kathi Kobus in der Türkenstraße 57 und das schon weit
entfernte Cafe Luitpold, Richtung Innenstadt. Dazu gehörte auch
Pensionsvater Heinrich Fürmann in der Belgradstraße 57 mit seinen
wochenlangen Künst-lerfaschings-Nächten und unzähligen Tanzfesten, der sich
aus privatem Unglück 1935 das Leben nahm. In seiner Pension trafen sich
Künstler aus aller Welt, auch Ricarda Huch fand hier für einige Zeit eine
Bleibe. Schwabing als "geistiger Zustand" reichte in den Köpfen seiner
Jünger weit nach Süden bis zur Theresienstraße stadteinwärts und in die
Nachbarsviertel, die Schönfeldvorstadt (Richtung Englischer Garten) und die
Maximiliansvorstadt (Odeonsplatz bis fast an die Hohenzollernstraße).72 Der
aus dem Elsass stammende Rene Prevot,73 der seit 1903 in der Amalienstraße
wohnte, schrieb dann nach dem Zweiten Weltkrieg das
Schwabing-Erinnerungsbuch par excellence "Seliger Zweiklang. Schwabing/
Montmartre", "... allen zur Anregung, die an das unsterbliche Schwabing
glauben": "Schwabings Stunde aber heißt Illusion. Dieser Stadtteil hat die
Weite, die Dehnbarkeit eines Kontinents. Er war lange die ästhetische
Experimentierstation der Kulturstadt München. Die wundersame Wahlheimat
aller hergereisten Spleene; gastliche Freistatt für alle
Dr. Wilhelm Rosenthal
Dr.KarlWolfikehl
Außenseiter der Bürgerlichkeit. Ein Babelturm, der in den Himmel wachsen
möchte. Da sprach jeder die Sprache seines kostbaren Ich. Jeder konnte da
Meister werden in irgendeinem Kreis von Jüngern; konnte stolz mit diesem
Knappentroß die Leopold-1. Kapitel Schwabing vor 1933
Franziska zu Reventlow
Straße hinunterwandeln. Bis ans Siegestor glaubte man ihm seine
Bedeutung. "74
Es war die "Boheme", die antibürgerliche Bewegung, die Schwabing im
ganzen Reich berühmt machte. Man lebte die freie Liebe, das Künstlertum,
oder einfach in den Tag hinein. Der "Schwabing-Mythos", dessen Verbreitung
vor allem ein Verdienst der Gräfin Reventlow war, bezog sich auch auf das so
genannte Mutterrecht - Franziska hatte einen Sohn, von dem niemand
s. "* +r J
wusste, wer der Vater war - und den Hetärenkult, im Grunde grauer Vorzeit
angehörende Frauenideale, die im Sinne eines modernen Heidentums als
fortschrittlich dargeboten wurden. Franziska ( zu Reventlow verfasste gar
zwei explizit antifeministische Pamphlete: "Das Männerphantom der Frau" und
"Viragines oder Hetären". \
Boheme hin, Boheme her, Franziska zu Re- ' ventlow befand sich in
ständigem Kampf um etwas Geld,75 fror in ihren häufig wechselnden1.1 Das
Ende des Schwabing-Mythos
Behausungen, die sich oft in den ein wenig ärmlicheren Vierteln
Schwabings befanden, wo auch viele Arbeiter der Lokomotivenfabrik "Maffei"
wohnten. Ludwig Thoma hingegen lebte feudal in einer Zehn-Zimmer-Wohnung in
der Leopoldstraße, Karl Wolfskehl ebenso dort und später, etwas beengter, in
der Römerstraße, Max Halbe in der Wilhelmstraße 2, Thomas Mann in der
Franz-Joseph-Straße 2, in einer Wohnung, die sieben Zimmer hatte und ihm von
seinem Schwiegervater Professor Alfred Pringsheim76 aus dem Antiquitätenhaus
Bernheimer eingerichtet worden war. Mit der anarchistischen Boheme, die sich
über ihre Mittellosigkeit mit ausgelassenen Festen und intellektueller
Beschäftigung mit neuen Strömungen der Geisteswelt hinwegtröstete, hatte die
bürgerliche Avantgarde nichts zu tun. Schon gar nicht mit dem "kreativen
Proletariat", armen, noch unentdeckten Malerinnen und Malern, die im
Hinterzimmer ihrer kleinen Ateliers hausten, weil die Miete sonst nicht
bezahlbar gewesen wäre.
Esoterik, Irrationalität und Erotik
Die "Schwabinger Runde" um Stefan George, Ludwig Klages77, Alfred
Schuler78 und Karl Wolfskehl, huldigte einem heidnischen Kult, der
paradiesische Mythen beschwor und gegen die jüdisch-christliche
Kulturtradition auftrat. Schuler hielt Vorträge; auch der junge Hitler hörte
ihn 1922 im Hause Bruckmann am Karolinenplatz 5. Robert Boehringer
behauptet, dass Wolfskehl ihm berichtet habe, "... zum Umgang Schulers
mit allerlei Burschen habe auch ein junger Mann ... namens Adolf"'9
gehört. Dort habe er, "... seine verwirrenden Behauptungen in das arme
Hirn eines hybriden Tölpels gesenkt. Es war Schulers Saat, die aufgegangen
ist und zur Zerstörung Deutschlands geführt bat."m Schuler hatte seine
Lehre von der ..Blutleuchte", dem "Jahwismus" und "Molochismus' der Juden
entwickelt, der dann von Klages zum vulgären Pogrom-Antisemitismus gemacht
wurde. Zur Trennung kam es, als Klages und Schuler George zum Bruch mit
allen Juden auf-
forderten — darunter auch mit seinem Mäzen Karl Wolfskehl und anderen,
wie Friedrich Gundolf81 und Ernst Kantorowitz,82 die alle dem esoterisch
ausgerichteten Zirkel Georges, dem Kreis der "Blätter für die Kunst",
angehörten.
Franziska zu Reventlow, die Chronistin des von ihr so benannten
"Wahnmoching", und "die lebendigste Frucht norddeutscher Akklimatisierung
im Münchner Literaturbereich"P schrieb in "Herrn Dames Aufzeichnung oder
Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil" über die "Massensiedlung
von Sonderlingen", dies sei "... eine geistige Bewegung, ein Niveau,
eine Richtung, ein Protest, ein neuer Kult oder vielmehr der Versuch, aus
uralten Kulten wieder neue religiöse Möglichkeiten zu gewinnen. "84 Nur
im katholischen Milieu war so etwas denkbar, die Mischung von Erotizismus
und Esoterik, den kultischen und heidnischen katholischen Traditionen nicht
unähnlich.
Ludwig Thoma85 mit seinen urbayerischen Bauernfiguren, Heinrich
Lautensack,86 der seine Geschlechterkampf-Romane skandalträchtig in das
Milieu von Pfarrhaus und Kloster verlegte, und Georg Queri87, Mitarbeiter
der Zeitschrift "Jugend", der wegen seiner volkskundlichen Arbeiten
"Bauernerotik und Bauernfehme in Oberbayern" und "Kraftbayrisch" ins Visier
von Polizei und Staatsanwaltschaft geriet, ergänzten die Suche nach
Ursprünglichkeit und Urkraft auf die bayerische Art.
Der Nationalismus erstarkt
Die Gegenbewegung der "Spießbürger" ließ nicht lange auf sich warten.
Bereits 1906 wurde der "Münchner Männerverein zur Bekämpfung der öfFendichen
Unsittlichkeit" gegründet, dem viele Universitätsprofessoren und Lehrer, der
katholische Erzbischof und der protestantische Oberkonsistori-alpräsident
sowie der Rabbiner Cossmann Werner88 angehörten. Nach einem Jahr war die
Mitgliedschaft bereits auf über 50.000 angewachsen. Von Ludwig Thoma wurde
klar erkannt, dass dieser Verein politische Ziele hatte: " Verpfaffen
will er das Volk, die Freiheit will er uns nehmen. Auf ganz ande-1.
Kapitel Schwabing vor 1933
ren als den sittlichen Gebieten. "m Wie recht er hatte, wurde bald
offensichdich. Immer restriktiver, untoleranter, polarisierender agierte das
"antimoderne" gesellschaftliche Lager. Diese Veränderung betraf auch das
bayerische Bürgertum und ganz besonders Ludwig Thoma selbst. Der Wandel
Ludwig Thomas vom Autoritäten und Muckertum schmähenden Fortschritder zum
Reaktionär und Antisemiten im und durch den ersten Weltkrieg ist für einen
Teil des bayerischen Bürgertums und ehemals "liberale" Intellektuelle
symptomatisch.90
Die politische Landschaft war in einer rasanten Änderung begriffen. Für
kurze Zeit hätte man meinen können, dass modernere Kräfte das Sagen bekommen
würden. Die wirtschaftsliberalen und staatskonservativen Regierungen der
Prinzregentenzeit konnten sich jedoch auf keine parlamentarische Mehrheit
stützen, sondern waren vom Monarchen eingesetzt. Dem katholischen Zentrum
waren sie zu werteliberal, den bayerischen Sozialdemokraten zu
kapitalistisch, der Fortschrittspartei zu weltanschaulich-reaktionär, dem
Bauernbund zu freihändlerisch.
Während die Abgeordnetenmandate der Fortschrittspartei zwischen 1891 und
1905 von 67 auf 22 zurückgingen und sich bis 1912 bei 30 stabilisierten,
stiegen die SPD-Mandate im gleichen Zeitraum von 5 über 12 auf 30 an. Der
Bauernbund stagnierte zuletzt bei 8 Mandaten, nachdem er 1905 derer 15
gehabt hatte, und auch das Zentrum hatte seine absolute Mehrheit aus diesem
Jahr (102 Mandate) verloren und war auf 98, dann 87 zurückgefallen, blieb
aber weiterhin stärkste Partei.91
Stärker im gesellschaftlichen "mainstream" als der parteiübergreifende
Nationalismus wirkten sich Großmannssucht und Weltmachtstreben Wilhelms
II. aus, was sich in der allgemeinen
Kriegsbegeisterung 1914 spiegelte. Nach dem Krieg sollte die allgemeine
Unsicherheit für eine kurze Zeit in einer revolutionären Phase kulminieren.
Anmerkungen
- 44 Er meint natürlich Katja Pringsheim.
- 45 Peter Wassermann, Sohn des berühmten Jakob Wassermann,
Theaterkritiker und Schriftsteller. Der Vater kam 1894 nach München,
arbeitete bei der Zeitschrift Simplicissimus mit und lernte Rainer Maria
Rilke, Hugo von Hofmannsthal und Thomas Mann kennen. Siehe auch Anm. 64.
- 46 Frida Strindberg-Uhl, 1872 geb. in Mondsee, 1943 gest. ebenda,
Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Kabarettgründerin, Übersetzerin,
Drehbuchautorin, verheiratet mit Strindberg, mit ihm Tochter Kerstin,
1897 Scheidung, kurze Liaison mit Wedekind, mit ihm Sohn Friedrich,
betrieb für die Schwabinger Boheme eine Milchbar, betrachtete sich als
"Schicksalsschwester" von Franziska zu Reventlow, erbte reich, ging
wegen Vorwürfen des Betrugs nach London, wo sie ein Kabarett betrieb,
wurde dann als Österreicherin ausgewiesen, ferner ging sie nach New
York, dann 1926 zurück nach Mondsee.
- 47 August Strindberg, geb. 1849 in Stockholm, gest. 1912 ebenda,
schwedischer Schriftsteller.
- 48 Kadidja Wedekind, geb. 6.8.1911, gest. 1994 in München,
Schauspielerin, Kritikerin, Journalistin und Illustratorin, (Anna)
Pamela Wedekind, geb. 12.12.1906 in Berlin; gest. 9.4.1986 in Ambach,
Schauspielerin, Sängerin und Übersetzerin, Tochter von Frank Wedekind
und Tilly Newes.
- 41 Dr. phil. Ricarda Huch, 1864 geb. in Braunschweig, 1947 gest. in
Schönberg, Taunus, promoviene 1892 in Zürich in Geschichte, weil Frauen
hierzulande nicht zugelassen waren, stand der Frauenbewegung nahe und,
über ihren Schwiegersohn Professor Franz Böhm, dem Widerstand 20. Juli;
ihr Bruder Rudolf, ihre Vettern Felix und Friedrich waren ebenfalls
bekannte Schriftsteller, sie lebte mit Unterbrechungen 1912-16 und
1918-27 in München, war zweimal verheiratet, zuerst mit dem
italienischen Zahnarzt Ermanno Ceconi, dann kurz mit ihrem Vetter, dem
Schriftsteller Richard Huch; 1924 wurde sie Ehrensenatorin der
Universität München, bekam 1931 den Goethepreis der Stadt Frankfurt,
wohnte in der Osterwaldstraße 6 und in der Kaulbachstraße 35, im 2.
Gartengebäude, das Gebäude hinter dem Rückgebäude, in der Dachwohnung.
- H Dr. phil. Friedrich Huch, 1873 geb. in Braunschweig, 1913 gest. in
München mit nur 39 Jahren, Cousin von Ricarda Huch, war befreundet mit
Ludwig Klages und bekannt mit Thomas Mann und Rainer Maria Rilke, wohnte
an vielen Schwabinger Adressen: Adalbert- 41, 47, 15, Türken- 36,
Schwabinger Land- 51, Herzog- 18 und Keferstraße 2.
- ' Dr.jur. Sigbert Feuchtwanger, Rechtsanwalt, geb. 2.12.1886 in
München, gest. 5.4.1956 in Haifa, Universität München und Berlin,
verheiratet mit Rebekka Gluskinos (Rhea Glus), Sohn Walter; vgl. zu Rhea
Glus das Kapitel im vorliegenden Band von Helga Dilcher: Rhea Glus - Die
Lebensgeschichte einer berühmten Schwabinger Tanzlehrerin und
Choreographin.
- ~: Gustav Meyrink, 1868 geb. in Wien, 1932 gest. in Starnberg,
wohnte in der Beichstraße 9, hatte sich für sein Werk "Der Golem" aus
dem alten Schwabing die Anregungen geholt.
- " Karl Joseph Wolftkehl, geb. 17. 9.1869 in Darmstadt, gest. 30.
Juni 1948 in Auckland, Neuseeland, Schriftsteller und Übersetzer. Sohn
des angesehenen Anwalts, Bankiers und Landtagsabgeordneten Otto
Wolfskehl. Stefan George wohnte bei Wolfskehl, wenn er in München war.
Wolfskehl wohnte zuerst von 1900-04 in der Leopoldstraße 51/1, dann von
1904 bis 1909 auf Nr. 87/111, anschließend 1909-21 in der Römerstraße
16/1, Stefan George im Dachgeschoss, 1925-31 in der
Viktor-Scheffel-Straße 11/11. Sein Wirken umfasste Lyrik, Prosa und
Dramatik. Er übersetzte aus dem Französischen, Englischen,
Italienischen, Hebräischen und Mittelhochdeutschen, aktiv im Münchner
Kreis um Stefan George, mit dem er von 1892 bis 1919 die Zeitschrift
..Blätter für die Kunst" und 1901 bis 1903 die Sammlung "Deutsche
Dichtung" herausgab. Der George-Kreis traf sich regelmäßig in Wolfskehls
Haus in Schwabing in der Viktor-Scheffel-Straße 11. Auch der "Münchener
Kosmikerkreis" wurde von Wolfskehl um 1900 mit Alfred Schuler, Fritz von
Herzmanovsky-Orlando und Ludwig Klages gebildet. Im Gegensatz zu seinen
Weggefahrten Klages und Schuler hielt Wolfskehl über alle Jahre zu
George, den er als "Meister" ansprach. Emigration wegen der
Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in die Schweiz, von dort
1934 weiter nach Italien, und schließlich 1938, zusammen mit seiner
damaligen Lebensgefährtin Margot Rüben (1908-1980), nach Neuseeland, wo
er 1948 starb. Zu seinen Freunden hielt er in Hunderten Briefen Kontakt,
die er später wegen einer teilweisen Erblindung diktieren musste.
- M Alexander Roda-Roda, 1872 geb. in Puszta Zdenci, Slawonien, 1945
gest. in New York, wohnte in der Clemensstraße 2, am Kaiserplatz 5, in
der Germania- 9, Friedrich- 34 und Montsalvatstraße 3.
- " Heinrich Mann, 1871 geb. in Lübeck, 1950 gest. in Santa Monica,
California, wohnte zwei Jahrzehnte in der
- Leopoldstraße 48, 61 und 59.
- ' Romain Rolland, 1866 geb. in Clamecy, 1944 gest. in Vezelay,
dritter französischer Schriftsteller, der 1915 den Nobelpreis für
Literatur erhielt, Kriegskritiker, Vorbild der linkssozialistischen
Arbeiterbewegung. Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Foerster, 1869 geb. in
Berlin, 1966 gest. in Kilchberg bei Zürich, Professor für Pädagogik und
Philosophie an der Ludwig Maximilians-Universität München. In Frankreich
musste er vor der deutschen Besatzung nach Portugal und von dort in die
USA fliehen, wo er bis 1963 blieb, dann in die Schweiz zurückkehrte.
- s Rene Schickele, 1883 geb. in Oberehnheim, Elsaß, 1940 gest. in
Vence, Südfrankreich, elsässischer Schriftsteller, der Antikriegsbücher
schrieb; arbeitete für die "Weißen Blätter" von Franz Blei, die er
später selbst herausgab. 1916, als der Druck der Reichsregierung zu groß
wurde, wurde die Redaktion in die Schweiz verlegt. 1932 emigrierte er,
als sich die politische Entwicklung abzeichnete, nach Südfrankreich.
- 1 Alfred Walter von Heymel, 1878 geboren in Dresden, 1914 gestorben
in Berlin, wohnte in der Leopoldstraße 4 und in der Gabelsbergerstraße
10b.
- (Rudolf) Alexander Schröder, 1878 geb. in Bremen, 1962 gest. in Bad
Wiessee, Schriftsteller, Übersetzer, Architekt, Maler, liebte die
bayerischen Berge und ließ sich 1935 im Chiemgau nieder, Freundschaften
mit Alfred Walter von Heymel, Hugo von Hofmannsthal und Rudolf Borchardt
sowie Begegnungen mit Rainer1. Kapitel Schwabing vor 1933
- Maria Rilke, Gerhart Hauptmann und andern Schriftstellern der Zeit.
Er pflegte auch Kontakte zu Stefan George.
- 61 Hugo von Hofrnannsthal, 1874 geb. in Wien, 1929 gest. in Rodaun
bei Wien, jüdischer Urgroßvater Isaak Löw Hofmann wurde geadelt,
Großvater Emil von Hofrnannsthal konvertierte zum Katholizismus, Hugo
August Peter, Edler von Hofrnannsthal, sein Vater, studierte Jura, wurde
Bankdirektor und verlor beim Börsen krach sein ganzes Vermögen, Hugo sah
sich als katholischer Aristokrat, hatte antisemitische Attitüden,
heiratet Gerty Schlesinger, die zum Katholizismus konvertierte;
Freundschaften zu Max Reinhardt, Rudolf Alexander Schröder, Rudolf
Borchardt; Sohn Franz beging im Alter von 26 Jahren Suizid, daraufhin
erlag Hugo von Hofmannsthal zwei Tage später einem Schlaganfall. Nach
dem "Anschluss" Österreichs musste die Familie emigrieren, Gerty lebte
ab 1939 in Oxford, starb 1959 in England.
- 62 Rainer Maria Rilke, 1875 geb. in Prag, 1926 gest. in Val Mont bei
Montreux, wohnte in der Blüten- 8, Kefer-11 und Ainmillerstraße 34.
- 63 Robert Walser, 1878 geb. in Biel, Kanton Bern, 1956 gest. in
Herisau, Kanton Appenzell, über Franz Blei kan er zur "Insel", wo er
Kontakte zu Frank Wedekind, Max Dauthendey und Otto Julius Bierbaum
bekam. Lebt« auch kurze Zeit in München. Ein Bruder starb in der
Psychiatrie, ein zweiter Bruder nahm sich das Leben, Walser starb auf
einer Wanderung durch den Schnee, lebte bis zuletzt in der "Heil- und
Pflegeanstalt" Herisau
- 64 Jakob Wassermann, 1873 geb. in Fürth, 1934 gest. in Altaussee,
Schriftsteller, Theaterkritiker, wohnte als junger Mann in der Pension
Fuchs, Heßstraße 34, Ecke Luisenstraße. 1901 heiratete Jakob Wassermann,
lebt« abwechselnd in Wien und Altaussee in der Steiermark, trennte sich
1919 von seiner Frau Julie Speyer, eine Schwester von Agnes Ulmann,
siehe Anm. 35, und ließ sich 1926 nach langen Streitereien, die ganz
Schwabit beschäftigten, scheiden, bekanntestes Werk ist seine
Autobiographie.
- 65 Georg Carl Steinicke, Buchhändler, Buchhandlung in der
Amalienstraße 15, Kleinkunstbühne in der Wernecl straße 13; dort wurden
Faschingsfeste gefeien.
- 66 Franziska zu Reventlow, 1871 geb. in Husum, 1918 gest. in
Locarno, Schriftstellerin, wohnte in zahllosen Wohnungen, manchmal auch
nur sehr kurz, das kürzeste Mal nur für einen Tag in der Theresienstraße
54, weil sich ein paar alte "Hausweiber" über sie beklagt hatten,
deshalb sind hier nur die wichtigsten Wohnungei aufgelistet, 1897-98 in
der Georgenstraße 29, bis 1899 in der Hohenzollernstraße lc Rgb., dann
auf Nr. 5 im Gartenhaus, 1899 — 1901 in der Werneckstraße 17, 1902 in
der Herzogstraße 1 und in der Keferstraße 11. 1903 in der
Dietlindenstraße 1, ab 1903 in der Kaulbachstraße 63 , das "Eckhaus" in
"Herrn Dames Aufzeicl nungen", das keines war, 1908-1909 in der
Helmtrudenstraße 5, von 1910 an in der Leopoldstraße 41, 19L gründet sie
den "Schwabinger Beobachter", hatte einen Sohn Rolf.
- 67 Dr. jur. Wilhelm Rosenthal, Justizrat, Anwalt, 1870 geb. in
Fürth, 1933 gest. in München, 1929 zweite Heira mit Maria, geb.
Schremsdörfer. Erste Frau Lisette, geborene Billmann, 1874 geb. in
München, 1927 gest. in München. Sohn Emil Emanuel, Künstlername Kurt
Rosen, wurde 3.6.1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet, zu
Kurt Rosen vgl. das Kapitel im vorliegenden Band von Ilse Macek: Judith
Hirsch, heute Juo Rosenberg: J^iemand hielt es auf, niemand schaute
hin, niemand stellte Fragen" Sohn Karl Ernst, geb. 1901 im München,
emigrierte 1933 nach Jerusalem, Tochter Grete, geb. 1902 in München,
meldete sich im März 192 nach Berlin ab.
- 68 Mann, Thomas: Doktor Faustus, S. 273, zit. nach Frühwald,
Wolfgang: Zwischen Arkadien und Babylon. Münchner Literatur in der Zeit
des Prinzregenten Luitpold, in München-Musenstadt, a.a.O., S. 360, Anm.
II
69 Stefan George wohnte in der Pension Fuchs, Heßstraße 34, und war
Zimmernachbar von Ludwig Klages, dai bei Karl Wolfskehl, Leopoldstraße
51, ein Jahr in der Belgradstraße 57, dann wieder bei Wolfskehl,
Römerstraße 16 (Kugelzimmer und 1. Stock).
70 Max Dauthendey, 1867 geb. in Würzburg, 1918 gest. auf Java,
Dichter, Maler, wohnte in der Kaulbachstraße 35, "Wandertrieb", stirbt
auf der 2. Weltreise auf Java, wo er interniert wurde und an Malaria
erkrankte.
71 Peter Paul Althaus, 1892 geb. in Münster, 1965 in München,
Schauspieler, Kabarettist, Hörspieldramaturg, Dichter, wurde in den
legendären Tukan-Kreis aufgenommen, 1934 Gründung des literarischen
Kabaretts "Der Zwiebelfisch", 1951 erschien "In der Traumstadt", wohnte
in der Tengstraße 26, Gartenhaus, Ramberg-3, Königin- 24, Kaiser- 54,
Königin- 69, Trautenwolfstraße 8.
72 Die bekannten "geistigen Grenzen" sind: Die Gabelsberger- und
Schönfeldstraße im Süden, die Schleißheimo Straße im Westen, der
Würmkanal im Norden und der Englische Garten im Osten
73 Rene Prevot, 1880 geb. in Moosch, Elsaß, 1955 in München, wohnte
am Pündterplatz 2, in der Kaiser- 47, Bauer- 20, Hohenzollern- 81,
Amalien- 65, Krumbacher Straße 9, Bauerstraße 31.1.1 Das Ende des
Schwabing-Mythos |
' Prevot, Rene: Seliger Zweiklang. Schwabing/Montmartre, München
1946, S. 11 f.
Vgl. zu diesem Abschnitt Krauss, Marita: Schwabingmythos und
Bohemealltag. Eine Skizze, in: München — Musenstadt a.a.O., S. 292 ff.
6 Prof. Dr. Alfred Pringsheim, 1850 geb. in Ohlau, Niederschlesien,
1941 gest. in Zürich, Schweiz; entstammte einer wohlhabenden jüdischen
Kaufmannsfamilie, hochbegabt in Musik und Mathematik, Studium der
Mathematik und Physik in Berlin und Heidelberg, 1875 nach München, 1877
Promotion, 1886 außerordentlicher, 1901 ordentlicher Prof. der
Mathematik, Mitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften bis
1938, fünf Kinder mit der Schauspielerin Hedwig Dohm, eines davon Katja,
erste Abiturientin Münchens. Wohnte im so genannten Palais Pringsheim in
der Arcisstraße 12. NS-Verfolgung bis zur völligen Ausbeutung, Ausreise
verweigert, Flucht Oktober 1939 nach Zürich. Das Haus, 1933 "arisiert",
wurde abgerissen, an dieser Stelle der Verwaltungsbau der NSDAP
errichtet.
~ Ludwig Klages, 1872 geb. in Hannover, 1956 gest. in Kilchberg bei
Zürich, wohnte in der Heßstraße 34, Leopold- 119 (bis 1910 hieß sie
Schwabinger Landstraße 30), Destouches- 3, dann wieder in der
Leopoldstraße 153 (Schwabinger Landstraße 59), zog 1915 in die Schweiz.
8 Alfred Schuler, 1865 geb. in Mainz, 1923 gest. in München, wird
als "Seher", "Visionär" und "Mystagoge" charakterisiert, er selbst
betrachtet sich als wiedergeborenen Römer, was er einem bösartigen Dämon
verdanke; wohnte in der Luisenstraße 38a und 69.
' Zit. nach Huch, Roderich: Alfred Schuler, Ludwig Klages und Stefan
George. Erinnerungen an Kreise und Krisen der Jahrhundertwende in
München-Schwabing, Amsterdam 1968, S. 87, der wiederum nach Bohringer,
Robert: Mein Bild von Stefan George, München 1951, S. 109.
*° Zit. nach Haas, Willy: Ein literarischer Ahnherr des Münchener
Antisemitismus, in: Lamm, a.a.O., S. 260. Ob dies stimmte, was
Boehringer behauptet, dass Wolfskehl ihm gesagt haben soll, kann
bezweifelt werden, meint jedenfalls Roderich Huch. Das Gerücht, Hitler
sei Schuler im Haus von Else Bruckmann begegnet, habe sich schon
"rein datenmäßig als Nonsens erwiesen", vgl. Huch, a.a.O., S. 55.
? Prof. Dr. Friedrich Gundolf, eigentlich Friedrich Leopold
Gundelfinger, 1880 geb. in Darmstadt, 1931 gest. in Heidelberg,
Literaturwissenschaftler und Dichter, Sohn eines jüdischen
Mathematikers, gehörte dem Kreis um Stefan George an und veröffendichte
in den "Blättern für Kunst", er wohnte in der Viktoriastraße 3, 1916
außerordentlicher Professor, 1920 ordentlicher Professor für Germanistik
in Heidelberg.
'" Prof. Dr. Ernst-Hartwig Kantorowitz, Historiker, 1895 geb. in
Posen, jüdischer Herkunft, schloss sich dem George-Kreis an, seine
Verherrlichung des Mittelalters und des Königtums in der Gestalt
Friedrich II
brachte ihm viel Kritik auch von jüdischer Seite ein, die ihm
sogar nationalsozialistische Tendenzen vorwarf. 1935 musste er die
Universität Frankfun verlassen, blieb bis 1938, wanderte nach England
aus, kurz in Oxford, dann an der University of California, Berkeley,
tätig.
~3 Prevot, a.a.O., S. 76.
" Reventlow, Franziska: Herrn Dames Aufzeichnungen, Passau 2006, S.
132.
-" Dr. Ludwig Thoma, 1867 geb. in Oberammergau, 1921 gest. in
Rottach am Tegernsee, wohnte in der Türkenstraße 36, Franz-Joseph-Straße
9 und Leopoldstraße 71.
"" Heinrich Lautensack, 1881 geb. in Vilshofen, 1919 gest. in
Eberswalde bei Berlin, kam um die Jahrhundertwende nach München, um an
der TH zu studieren, schloss sich aber der Schwabinger Boheme und den
"Elf Scharfrichtern" an, ging 1907 nach Berlin.
■ Georg Queri, 1879 geb. in Frieding bei Andechs, 1919 gest. in
München, war bekannt für seine deftigen Mundartgedichte und seine
Beiträge in der "Jugend". Wegen seines Buches "Kraftbayrisch. Ein
Wörterbuch der erotischen und skatologischen Redensarten der Altbayern"
(1912), 2003 neu herausgegeben von Michael Stephan, kam es zum Prozess
wegen "Verbreitung unzüchtiger Schriften". Mit Hilfe des (jüdischen)
Rechtsanwalts Max Bernstein (vgl. Kapitel im vorliegenden Band von Ilse
Macek: Juden im Münchner Kunsdeben und in der "Künsderkolonie"
Schwabing, Anm. 12) und Ludwig Thomas als Gutachter, der — juristisch
geschult - den volkskundlichen Wert des Buches nachwies, gewann Queri
den Prozess. Queris erste Wohnungen in München waren in der
Hohenzollernstraße 73 und Belgradstraße 15.
Dr. Cossmann Werner, Rabbiner, 1854 geb. in Rogasen, 1918 gest. in
München. Geprägt durch sein Elternhaus - sein Vater war der Talmudist
und Hebräist Philipp Werner - besuchte er das Rabbinerseminar in Breslau
und hone gleichzeitig Vorlesungen an der dortigen Universität. 1877
promovierte er in Leipzig. Nach dem Tod von Joseph Perles wählte ihn die
Münchner Kultusgemeinde im Jahr 1894 zu ihrem neuen Gemein-1. Kapitel
Schwabing vor 1933
derabbiner. Im Jahr 1906 stiftete er seine wertvolle Bibliothek der
Kultusgemeinde, die sie als "Cossmann-Werner-Bibliothek" der
Öffentlichkeit zugänglich machte.
89 Vgl. München - Musenstadt, a.a. O., S. 274, Anm. 90.
90 Vgl. Kapitel im vorliegenden Band von Ilse Macek: Der
Antisemitismus Münchner Prägung formiert sich.
91 Die Wahlergebnisse stammen aus: Handbuch der bayerischen
Geschichte. Hrsg. von Max Spindler. 4 Bde. München 1967-1974/75. Hier:
Ergebnisse der Landtagswahlen (Heiner Haan), Band IV,
S. 1296f.
[BESTELLEN?]
1933 bis 1945:
Naziherrschaft in München
Nirgendwo trat der Charakter des Naziregimes so unverhüllt
zutage wie in den Untaten gegenüber Kindern im Zeichen des Rassenhasses. Die
jüdischen Überlebenden, damals noch Kinder, äußern sich über den einstigen
manchmal noch unbeschwerten, dann immer stärker albtraumhaften, kaum zu
beschreibenden Alltag...
München 1933 bis 1945:
Schwabing und
Schwabinger Schicksale
Am 13. März konnte Ilse Macek das Buch "Ausgegrenzt –
entrechtet – deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945"
vorstellen. Das Buch ist das Ergebnis der Geschichtswerkstatt zur
NS-Geschichte in Schwabing. Unter den Anwesenden waren auch Charlotte
Knobloch und Christian Ude...
"Die Nazis werden scheitern":
Olga Benario
Olga Benario wurde am 12. Februar 1908 in München in eine
bürgerliche jüdische Familie geboren, beginnt bereits als Jugendliche sich
politisch zu engagieren, in den Polizeiakten aus der Zeit der Weimarer
Republik wird sie als "kommunistische Agitatorin" geführt...
Schwabing in der NS-Zeit:
Ausgegrenzt –
entrechtet – deportiert
Das Buch beleuchtet die Entwicklung des einstigen Literaten-
und Künstlerviertels zu einem Stadtteil, dessen Bürgerinnen und Bürger in
der Märzwahl 1933 deutlich mehr für die Nazi-Partei als im Stadtdurchschnitt
votierten...
Ausgegrenzt – entrechtet – deportiert:
Schwabing
1933 bis 1945
Jüdische Kinder und Familien, Kranke, Behinderte,
Homosexuelle, Bibelforscher, politisch Engagierte, die sich nicht
'gleichschalten' ließen. Sie alle wurden isoliert, ausgeraubt, weggesperrt,
vertrieben, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet... |