1933 bis 1945:
Schwabing und Schwabinger Schicksale
Am
13.
März konnte Ilse Macek das Buch "Ausgegrenzt – entrechtet – deportiert.
Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945" vorstellen. Das Buch ist
das Ergebnis der Geschichtswerkstatt zur NS-Geschichte in Schwabing. Unter
den Anwesenden waren auch Charlotte Knobloch und Christian Ude.
Münchens
OB Christian Ude (SPD)
Eingeleitet wurde der Abend durch den
Oberbürgermeister. Danach gab Michael Stephan vom bayrischen Staatsarchiv
einen Überblick über die Forschungslage. Schließlich berichtete Ilse Macek,
die Herausgeberin des Buchs, von der Arbeit der Geschichtswerkstatt.
Ilse
Macek, Herausgeberin
Die Gruppe von Autorinnen und Autoren hat anhand
von Zeitzeugenberichten, Biografien und Bilddokumenten das Leben ehemaliger
Bürger und Bürgerinnen nachgezeichnet, die in der Zeit von 1933 bis 1945
verfolgt wurden.
Schwabinger Juden, Kinder und Familien, ganze Berufsgruppen wurden
drangsaliert, entrechtet, ausgeplündert, vertrieben, in Wohnungen
zusammengepfercht und in den Tod deportiert. Die Schwabinger Zeugen Jehovas
wurden verhaftet und in Gefängnisse und Konzentrationslager gebracht, viele
ihrer Glaubensgenossen wegen Wehrdienstverweigerung zum Tode verurteilt.
Politisch Andersdenkende, Schwabinger Kommunisten und Sozialdemokraten
wurden verfolgt, in den Untergrund oder zur Flucht ins Ausland getrieben, in
Haftanstalten und Konzentrationslagern gefoltert und umgebracht. Schwabinger
Homosexuelle wurden in den Lagern gequält und ermordet; kranke, schwache und
behinderte Schwabingerinnen und Schwabinger wurden zwangssterilisiert oder
in Tötungsanstalten verbracht.
Werner
Grube, Zeitzeuge
Das 640 Seiten starke Buch beschreibt aber nicht
nur die NS-Zeit selbst, sondern beleuchtet auch die Entwicklung des
einstigen Literaten- und Künstlerviertels Schwabing zu einem Stadtteil, der
1933 eines der höchsten Wahlergebnisse für die NSDAP in München auswies.
Danach war Schwabing Tatort. Die Verbrechen an Schwabinqer Bürqerinnen und
Bürqern, die das nationalsozialistische System zu Feinden erklärt hatte,
geschahen nebenan und für alle offensichtlich.
Das Bild von Schwabing, das die Herausgeberin Ilse Macek mit dem
Autorenkollektiv zeichnet, ist authentisch, bewegend, erhellend und auf das
Heute weisend zugleich.
Abb.:
Einige der Autoren
Die Autoren:
Sabine Behrendt, Helga Dilcher, Franziska Eck, Brigitte Gmelin, Cornelia
Göbel, Werner Grube, Kristina Kargl, Willibald Karl, Albert Knoll, Ilse
Macek, Anna-Jutta Pietsch, Christina Rausch, Holger Schelpmeier, Stella
Schlösser, Sigrid Schlüter, Brigitte Schmidt, Verena Schneeweiß, Andrea
Weber, Janne Weinzierl, Waltraut Wertheimer, Benedikt Weyerer, Christoph
Wilker.
Ilse Macek über das Buch:
"Über Schwabing in der NS-Zeit zu lesen, zerstört den Mythos, der sich um
diesen berühmtesten Stadtteil Münchens rankt, ändert das Bild, das viele von
Schwabing haben.
Dieses Buch ist innerhalb einer Geschichtswerkstatt der Münchner
Volkshochschule von einer Gruppe von 21 Autorinnen und Autoren verfasst
worden. Es handelt sich einerseits um einen Beitrag zur Geschichte der
Verfolgten des Naziregimes in Deutschland und andererseits um einen Beitrag
zur Ortsgeschichte, der bisher nicht oder nur in Teilaspekten untersucht
wurde. Die verfolgten Menschen sollen nicht vergessen, ihre Spuren sollen
sichtbar gemacht und in das „kulturelle Gedächtnis" dieser Stadt wieder
zurück geholt werden.
Sechzehn Kapitel erhellen Teilbereiche der NS-Zeit von 1933 bis 1945, der
unmittelbaren Vorgeschichte und — nur schlaglichtartig — der Nachkriegszeit.
Zur Sprache kommen Makro- und Mikroebene, reichsweite Entwicklungen sowie
einzelne Geschehnisse und Schicksale vor Ort, das NS-Verfolgungs- und
Mordsystem und — einmal mehr - Münchens Vorreiterrolle.
Es gelang, auch neue Quellen zu erschließen. Gerade der lokalhistorische
Blickwinkel und die exemplarische Betrachtungsweise machen die Stärke dieser
Beiträge aus.
Eine „Hierarchisierung der Opfer", ein Diktum von Paul Spiegel bezogen
auf die Wertigkeit der Verfolgungserfahrung, wurde unbedingt vermieden. Das
Schicksal der Juden in Schwabing wurde zum Schwerpunkt der Untersuchung auf
Grund ihres Anteils innerhalb der verfolgten Bevölkerungsgruppen dieses
Stadtteils und auf Grund der Aktenlage.
Zu der im Zentrum stehenden Frage nach der Lebenswelt und den Erfahrungen
der als Gegner der NS-Macht definierten Menschen haben einige Überlebende
Zeugnis abgelegt. Oral history und Erkenntnisse aus gedruckten Quellen sind
zu einem Ganzen verwoben, das Erlebte, Erinnerte mit dem Dokumentierten
verknüpft oder einander gegenübergestellt. Viele aus der NS-Zeit und
unmittelbaren Nachkriegszeit stammende Quellen wurden herangezogen wie
Briefe, Zeitungsartikel, Bestände des Staats- und des Stadtarchivs, wie
Arisierungs-, Steuer-, Personalakten, Entschädigungsakten aus den so
genannten „Wiedergutmachungsverfahren", Verhörprotokolle aus Strafverfahren,
Zeugenvernehmungen, Polizei- und Staatsanwaltschaftsakten, Datensätze über
NS-Opfer sowie Autobiographien und Biographien über Verfolgte des
Naziregimes. Es wurden Schularchive und Pfarrarchive besucht. Von den
Nachschlagewerken war das Opus magnum des Stadtarchivs München, das
Biographische Gedenkbuch der Münchner Juden, die wichtigste Quelle.
Die hier präsentierte Studie hat einen schwerpunktmäßig an Fakten reichen
dokumentarischen, keinen analytischen Charakter. Lediglich einzelne Passagen
im einleitenden Kapitel, etwa die kurz dargelegten Ansätze der neueren
sozialgeschichtlichen Forschung über die Beziehung zwischen der deutschen
jüdischen Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft, über den Antisemitismus
vor 1933 oder die Analyse zum Wählerverhalten vor und Anfang 1933 sowie
Thesen zur politischen Geschichte liefern einige Überlegungen in der Replik
auf den aktuellen Forschungsstand.
Die Vorgeschichte der NS-Zeit in Schwabing, das alte Schwabing, der
Schwabing-Mythos, das Anwachsen des Antisemitismus und die Situation der
jüdischen Minderheit vor 1933 werden gespiegelt mit den Erinnerungen eines
in Jerusalem lebenden, heute 97-jährigen Schwabingers aus einer bekannten
Münchner Familie. Er schildert Eindrücke aus der Zeit vor und nach dem
Ersten Weltkrieg, aus seiner Kindheit und Jugend bis 1933 in diesem
Stadtteil — lebendig, humorvoll und mit unerschütterlicher Zuneigung zu
München.
Die fälschlich so bezeichnete "Machtergreifung" wird anhand von
Datenmaterial, insbesondere über die Märzwahl 1933, und Schilderung der
Ereignisse rund um das "Ermächtigungsgesetz" beleuchtet. In Schwabing
votierten mehr Wähler als im Stadtdurchschnitt für die
nationalsozialistische Partei und die Deutschnationale Volkspartei."...
[BESTELLEN?]
"Ausgegrenzt – entrechtet – deportiert"
Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945
Volk Verlag München
www.volkverlag.de
Schwabing in der NS-Zeit:
Ausgegrenzt – entrechtet – deportiert
Das Buch beleuchtet die Entwicklung des einstigen Literaten-
und Künstlerviertels zu einem Stadtteil, dessen Bürgerinnen und Bürger in
der Märzwahl 1933 deutlich mehr für die Nazi-Partei als im Stadtdurchschnitt
votierten...
Ausgegrenzt – entrechtet – deportiert:
Schwabing 1933 bis
1945
Jüdische Kinder und Familien, Kranke, Behinderte,
Homosexuelle, Bibelforscher, politisch Engagierte, die sich nicht
'gleichschalten' ließen. Sie alle wurden isoliert, ausgeraubt, weggesperrt,
vertrieben, in Konzentrationslager verschleppt und ermordet...
"Die Nazis werden scheitern":
Olga Benario
Olga Benario wurde am 12. Februar 1908 in München in eine
bürgerliche jüdische Familie geboren, beginnt bereits als Jugendliche sich
politisch zu engagieren, in den Polizeiakten aus der Zeit der Weimarer
Republik wird sie als "kommunistische Agitatorin" geführt... |