LeJosef, Schalom! Zu
Ihrer Kritik
an meinem Artikel: Verstärkte Aktivitäten von Polizei und Staatsschutz eingeleitet:
Diffamierung, Hetze, Gewaltandrohung...
Es ist gewiss Ihr gutes Recht, nicht mit obengenanntem
Artikel übereinzustimmen und selbstverständlich steht es ihnen frei ihr
Entsetzen in unserem Forum kundzutun. Problematisch finde ich allerdings
Ihre immer wieder zu tage tretende Tendenz, Ihnen missliebige Aussagen
als unjüdisch zu disqualifizieren.
Es ist kein Geheimnis, dass die im redaktionellen Teil
von haGalil onLine vertretenen Ansichten eher im linken Drittel des
israelisch-jüdischen Meinungsspektrums einzuordnen sind. Es ist sicher
auch legitim, die von Ihnen vertretenen Positionen im rechten Drittel
anzusiedeln.
Trotz dieser (ich hoffe nachvollziehbaren) Vereinfachung
der Darstellung, geht daraus hervor, dass wir in vielen Punkten
unterschiedliche oder entgegengesetzte Positionen und Lösungsansätze
vertreten.
haGalil ist trotz unserer persönlichen Motivation ein
pluralistisches Medium. Der redaktionelle Inhalt wird von mehreren
Personen gestaltet, die 'Offenen Foren' stehen jedermann offen. Wie auch
Ihnen bekannt ist, wird diese Offenheit sogar zur Verächtlichmachung und
Diffamierung von haGalil onLine, vorzugsweise am Schabath, und zur
persönlichen Bedrohung unserer Familie missbraucht.
Der pluralistische Ansatz macht uns selbstverständlich
angreifbar - aus mindestens ebensovielen Richtungen, wie in haGalil
onLine vertreten sind. Die Herausgeberin der 'Illustrierten Neuen Woche'
hält uns für zu orthodox, Reb Yonassan Gershom (Braslav) findet haGalil
ganz toll, mit Thoragedanken, Feiertagen u.v.m., wenn wir ihm auch
insgesamt eher zu "konservativ und militaristisch" sind. Wieder andere
meinen, wir seien "eher liberal", brächten "zuviel über die
Vergangenheit", andere meinen, wir bringen darüber zu wenig... und
vermutlich haben sie alle irgendwo recht.
Wir haben uns niemals angemasst, für mehr zu stehen als
für unsere persönliche Meinung und unsere persönliche Offenheit, die es
uns ermöglicht, Informationen auch dann anzubieten, wenn diese nicht
unserer persönlichen Meinung entsprechen. Im Editorial steht: "An dieser
Stelle muessen wir noch einmal darauf hinweisen, dass die Offenheit von
haGalil onLine unsere persoenliche ist. Wir repraesentieren niemanden -
ausser uns selbst".
Ihr "Appell an die juedischen Leser nochmals die
Berichterstattungen und einige Beitraege engagierter Leser doppelt zu
pruefen und sich auch anderweitig zu informieren" steht damit
durchaus im Einklang, erübrigt sich aber auch. Insbesondere die
Anmerkung: "Beitraege engagierter Leser doppelt zu pruefen" ist
absurd. Im Forum weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass "die im Forum
zum Ausdruck gebrachten Meinungen nicht die Ansichten der Redaktion
spiegeln". Dies ist in allen freien Medien so, in ganz besonderer Weise
gilt dies aber gerade für ein Online-Magazin. Das Medium Internet bietet
zur Verknüpfung oder auch Gegenüberstellung unterschiedlicher Ansichten
ganz neuartige Möglichkeiten. Das Medium ist neuartig und sowohl
Herausgeber als auch Leser lernen immer wieder hinzu.
Die Ermahnung "Beitraege engagierter Leser doppelt
zu pruefen" müsste sich im übrigen auch auf Ihre Beiträge beziehen.
Sie sind hier ebenso engagierter Leser, wie viele andere auch.
Es ist definierendes Merkmal des von ihnen erwähnten "mündigen
Lesers", verschiedene Standpunkte einzuholen und selbstverständlich
sind wir uns darüber im Klaren, dass es uns - selbst wenn wir dies
wollten, niemals gelingen könnte, zu allen Themen alle vertretbaren
Ansichten darzustellen. Diesem Anspruch kann allerdings auch kein
anderes Medium dieser Welt genügen (auch nicht der von ihnen stets als
Leitgrösse dargestellte - am Rande der Illegalität operierende -
Siedlersender "Aruz 7").
Sie bemängeln immer wieder, dass haGalil onLine sich
nicht eindeutig zur "Geulah", zur "Erweckungsbewegung" bekennt. Nun,
damit stehen wir nun wirklich nicht alleine, und da sich diese Bewegung,
zumindest in der von Ihnen vertretenen Ausprägung, eindeutig vom
Friedensprozess distanziert, ist es klar, dass wir nicht unbedingt als
deren Propagandisten auftreten werden. Es handelt sich hier um eine
kleine extremistische Minderheit, die durchaus Mittel und Wege findet,
für sich selbst zu sprechen.
In unserem (von Ihnen erwähnten)
Editorial heisst es: "Wir wollen zeigen,
- dass ein bedeutender und grosser Teil des juedischen Volkes
in Israel und in der ganzen Welt um den Frieden sehr bemueht ist.
- dass das Judentum in der Welt und im Staat Israel untrennbar
verbunden sind
- dass unsere Vielfalt uns zu allen Zeiten gestaerkt hat -
waehrend uns die zur Zeit wachsende Tendenz zu intoleranter Ab- und
Ausgrenzung nur schwaechen kann".
Da es für Sie noch immer unklar zu sein scheint, hier ganz
deutlich: Wir stehen eindeutig auf der Seite der Friedensbewegung. Der
allererste Artikel in haGalil onLine
stand unter dem Eindruck der Ermordung des israelischen Premierministers
General Jizhak Rabin (s.l.). Auch heute noch stehen wir unter diesem
Eindruck. Als Shlomo Hillel (Joschew Rosch haHistadruth) in der Münchner
Synagoge sprach und rief: "Wir haben es gehört - und wir haben
geschwiegen! Wir haben es gesehen - und wir hatten Angst!", da sprach er
in der Tat auch mir aus dem Herzen. Ich erinnerte mich an Emil Grünzweig
und an das Schweigen, an die Verwünschungen der "Pulsa deNurah" und an
all die hasserfüllten Lügen und Verächtlichmachungen, die so viele in
Israel und der Welt erschrockenen verstummen liessen. Wir haben Jizhak
Rabin alleine gelassen. Wir haben ihm vertraut und ungläubig bestaunt,
wie er um den Frieden und unsere Hoffnung kämpfte.
Der Herausgeber des "Jewish Telegraph" berichtete damals, er sei
zu Mincha/Ma'ariw in seiner NewYorker Schul gewesen, als die Nachricht
von Rabins Ermordung bekannt wurde. Er hörte wie jemand zu seinem
Nachbarn sagte: "Viele werden ihm hier nicht nachweinen!". Der Erzähler
sagte nichts. Er ging zum Bücherschrank, nahm sich das 'Sefer Ejcha',
setzte sich in eine abgelegene Bank und weinte.
Warum sagte auch er nichts? Er war wie so viele eingeschüchtet
von der fanatischen Entschlossenheit der Gegner des Friedensprozesses.
Die Uneinsichtigkeit der Rechten hat viele mutlos werden lassen. Faire
Diskussionen waren schon seit Jahren kaum mehr möglich. Vor einer
ähnlich fanatischen Entschlossenheit wird die sogenannte "Linke", bzw.
"Mahaneh haSchalom", aber auch durch den eigenen Zweifel abgehalten:
"Können wir vertrauen - dieser Welt - und insbesondere der arabischen
Welt?"
Leute wie Sie sind der Meinung, im Besitz einer 'Heilslehre' zu
sein. Sie sind hundertprozentig von der Richtigkeit der Aussagen Ihrer
Leitfiguren überzeugt. Dies macht die Rechte so mobilisierbar und
fanatisch. Dies macht sie gegen Selbsthinterfragung immun und verleiht
ihr die Entschlossenheit und die Gewissheit, Gewalt sei als Argument
legitim. Aus diesem Grunde fällt meine Darstellung prominenter Akte
politischer Gewalt der letzten Jahre derart einseitig aus. Angehörige
der Arbeitspartei bzw. der Friedensbewegung haben Andersdenkende in
dieser Form tatsächlich nicht geschädigt. Es gibt weder zu Rabin, noch
zu Grünzweig Gegenbeispiele, ebensowenig für de Haan oder Arlozorow.
Ein weiteres beunruhigendes Resultat dieser Gesinnung ist die
völlig unzulässige Monopolisierung mit der Sie das Judentum in Beschlag
nehmen.
Sie berichten beispielsweise ein Gericht habe die Amulette für
unbedenklich erklärt und fragen dann mich, "wie koennen nun solche
Zeilen folgen" in denen berichtet wird, dass auch die "Einflußnahme
auf politisches Ansehen mittels Amuletten" in den Aufgabenbereich der
Polizeiarbeit falle. Sie fahren fort: "Ueber die Halacha Lashon Hara
zu diesem Thema ganz zu schweigen, von dem ethisch/moralischen Aspekt
einmal abgesehen. Vielleicht sind es auch die Segenssprueche, die
stoeren ?"
Sie unterstellen mir "die Absicht zur Hetze gegen alles was
die Basis der Religion des Judentums" sei. Ich sehe in der
Anzweiflung der Wundertätigkeit von Amuletten und Geheimsprüchen zwar
nicht die Basis des Judentums bedroht, dies ist hier aber auch nicht
Thema. Die von Ihnen beanstandeten Zeilen berichten nämlich nur über die
Aussage des Vorsitzenden der staatlichen Kommision, dass eben auch das
Thema der Amulette hier aufgegriffen werden soll.
Sie erwecken hier den Eindruck, als sei ich persönlich für diese
Aufgabenzuteilung verantwortlich. Lieber Herr Werner, Sie sind nicht der
erste, der haGalil onLine grandios überschätzt. Diese Meldung konnten
Sie nicht nur in haGalil empfangen, sondern auch in 'Galej Zahal' hören,
bzw. in der 'angesehenen Tageszeitung haArez' vom Montag dieser Woche
nachlesen. Es waren nicht wir, die die Spezialabteilung für politische
Gewalt gefordert haben. Wir haben lediglich über deren Einsetzung und
Zielsetzung sowie einige Hintergründe, die zur Einsetzung der Kommision
führten, berichtet. Dass ich diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft
des Staates Israel begrüße, macht mich noch nicht zum Verräter am
Judentum.
Weiter fragen Sie: "Wo befinden wir uns eigentlich, sind
hier Kenntnisse vom Judentum vorhanden? Was hat es mit der politischen
Einflussnahme zu tun, ist Einfluss erlaubt und wem ?"
Nun im Herbst letzten Jahres äußerte sich, wie im Artikel
beschrieben, David Levi, prominenter Vertreter der von Ihnen als im
Staate Israel "schon genug diskriminiert" beschriebenen
Minderheit in noch viel eindeutigeren und ausführlicheren Worten zu
diesem Thema. Auch er (immerhin bis vor Kurzem Außenminister des Staates
Israel) ohne jede Ahnung wovon er spricht? Ohne Kenntnisse vom Judentum?
Meine Güte, Herr Werner, wollen Sie uns das Judentum als HokusPokus
verkaufen? Ist dies Ihre Vorstellung davon, wie wir "eine Hilfe fuer
Jehudim in Deutschland eine Verbindung zur Religion der Vaeter zu finden"
sein sollen?
Wie gesagt, es steht Ihnen frei, Ihr Bild vom Judentum zu
verbreiten. Es steht Ihnen auch frei, hierzu die 'Offenen Foren' von
haGalil onLine zu nutzen. Es steht aber auch uns zu, unsere Ansicht der
Dinge darzulegen. Ebenso hat auch Frau Alice Schwarz-Gardos,
Chefredakteurin der deutschsprachigen israelischen Tageszeitung
"Chadschoth Israel", das Recht, ihre Ansichten zum Thema
"Nationalreligiöse Schulbildung" kundzutun. Auch deren
Artikel haben Sie nämlich in Ihren böswilligen
Unterstellungen gleich mit einbezogen.
Ihre Schilderung der katastrophal undemokratischen und
zensorischen Zustände im Staate Israel geht weiter: "Man merkt schon
seit einiger Zeit, daß alle moeglichen Mittel gegen die Religion
aktiviert werden um eine demokratische Veraenderung zu verhindern.
Radiosender sollen geschlossen werden, nicht nur Aruz 7..."
Sie teilen kräftig aus, Herr Werner, und vor "Lashon hara"
scheinen auch Sie nicht gefeit. Es ist dies alles menschlich. Sie wollen
Ihren Standpunkt untermauern, genauso, wie ich den meinen. Ein etwas
weniger verbissener Blick in die Vielfalt israelischer Presse, Rundfunk
und Fernsehberichterstattung dürfte Ihre Darstellung schnell in's rechte
Licht rücken. Leider werde ich aber das Gefühl nicht los, dass es mit
dieser Vielfalt nach den von Ihnen erhofften "demokratischen
Änderungen" nicht mehr soweit her sein dürfte.
Doch weiter im Text. Sie schweifen ab in die Darstellung der
allgemeinen Entwicklung der Kriminalitätsstatistik und können sich auch
hier kräftige Seitenhiebe nicht verkneifen: haGalil "taeuscht über
die wahre Bedrohung hinweg"... Diese erblicken Sie im nicht streng
religiös organisierten Schulwesen. Dieses war nun aber einfach nicht
Gegenstand der Meldung, und deshalb erwähnte ich nichts von Kinder- und
Jugendkriminalität. Sie werfen mir aber vor, die Tatsache "dass die
wahre Bedrohung, die Kriminalitaet, in Israel leider nicht unerheblich
ist" gezielt zu unterschlagen. Zum Glück klären Sie uns nun aber
auf: "Die Schulen und die statistischen Zahlen der Schulbehoerde
beweisen den nichthaltbaren Zustand. Hier werden taeglich Kinder
gequaelt, geschaendet, Bewachungsgelder gefordert bis hin zur
Waffengewalt. Das Erziehungsproblem scheint nicht angehbar zu sein.
Religioese Schulen sind von dieser Problematik nicht in dem Masse
betroffen".
Soweit Ihre Schilderung des Schulwesens des Staates Israel. Die
Nachricht, dass "hier taeglich Kinder gequaelt und geschaendet
werden", ist sicher nicht dazu angetan "Jehudim zur Alijah in's
Land der Väter" zu bewegen, zumindest nicht jene mit schulpflichtigen
Kindern. Würden diese Zeilen von mir stammen, möchte ich nicht wissen,
welch niedere Beweggründe Sie mir unterstellen würden.
Wie gesagt, ich begrüße Ihre Berichte, als Beiträge zu einer
breiten Meinungsvielfalt, ausdrücklich.
Dass ich Ihre Ansichten nicht teile, ist legitim, Sie haben nicht
den geringsten Grund eine Gleichschaltung mit Ihrer Sicht der Dinge
einzufordern.
David
haGalil onLine -
Donnerstag 18-03-99 |