Es sei mittlerweile eindeutig erwiesen, daß
Malloth die deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe und staatenlos
sei, erklärte Bayerns Innen-Staatssekretär Hermann Regensburger am
Freitag in München. Das bayerische Innenministerium hat damit seine
bisher vertretene Ansicht korrigiert, daß Malloth seit 1940
ununterbrochen deutscher Staatsangehöriger gewesen sei.
Diese Auffassung habe sich auf ein Gutachten
des Münchner Kreisverwaltungsreferats (KVR - Referenten z.B.: Gauweiler
und Uhl) gestützt.
Die Rechtslage war angeblich kompliziert. Der
in Südtirol aufgewachsene Malloth wurde nach dem Ersten Weltkrieg
italienischer Staatsbürger, optierte dann 1939 für die Zugehörigkeit zum
Deutschen Reich und meldete sich zur SS. Nach seiner Flucht vor den
tschechischen Behörden, stellte er 1949 wiederum Antrag auf die
italienische Staatsangehörigkeit. Das Münchner KVR erklärte diese
''Reoption'' für unwirksam, weil Malloth zu einem Personenkreis gehört
habe, der vom Wiedererwerb der italienischen Staatsangehörigkeit
ausgeschlossen gewesen sei. Spätestens hier hat sich das KVR weit aus
dem Fenster gelehnt und sich in die Auslegung italienischen Rechtes
begeben. Für ein deutsches KVR wäre an sich eher ein Festhalten an
deutschen Rechtsnormen angesagt: Das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz
sieht vor, dass jeder Bürger, der die Staatsangehörigkeit eines anderen
Staates beantragt, mit deren Erwerb die deutsche Staatsangehörigkeit
automatisch verliert.
§ 25 Abs. 1 RuStAG lautet: "(1)Ein
Deutscher, der im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden
Aufenthalt hat, verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer
ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag
oder auf den Antrag . . . des gesetzlichen Vertreters erfolgt..."
Ein unabhängiges Gutachten hatte bereits im
April diese Jahres ergeben, daß Malloth kein Anrecht auf die deutsche
Staatsangehörigkeit habe. Nach starkem internationalen Druck bat 1998
Staatssekretär Regensburger seinen römischen Kollegen Sinisi um eine
„authentische Klärung“ der Frage von Malloths Staatsangehörigkeit. Diese
widerspricht nun ebenfalls der fragwürdigen Konstruktion der bayerischen
Behörden. Malloth hat die italienische Staatsangehörigkeit erst 1956
endgültig verloren. Er hat heute als staatenlos zu gelten.
Am Freitag erklärte ein Sprecher des
bayerischen Innenministeriums, man müsse jetzt erst einmal eine Prüfung
der Frage, welche Folgen das für das Aufenthaltsrecht Malloths in der
Bundesrepublik hat, in die Wege leiten. Staatenlose könnten jedenfalls
nur dann abgeschoben werden, wenn es einen Staat gebe, der zu ihrer
Aufnahme bereit sei. Dafür käme die Tschechische Republik in Frage, die
aber bisher - zumindest nach Kenntnis des bayerischen Innenministeriums
- keinen Auslieferungsantrag gestellt hat. Ein solcher offizieller
Antrag war allerdings auch sinnlos, solange Malloth als Deutscher galt,
weil das Grundgesetz die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger
verbietet. Inoffiziell hat die Tschechische Republik allerdings bereits
mehrfach und eindeutig ihr Interesse an der Verfolgung des SS-Mannes
Malloth bekundet.
Schon 1947 (also noch vor der kommunistischen
Machtübernahme) war Malloth wegen Kriegsverbrechen im Lager Terezin von
einem tschechischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.
Dieses Gericht sah es als eindeutig erwiesen an, dass Malloth, während
seiner Tätigkeit in Theresienstadt mehrere Häftlinge zu Tode geprügelt
habe.
Bei Kriegsende hatte Malloth sich nach
Italien abgesetzt. Auch in Österreich bestanden Haftbefehle aus den
Jahren 1958 und 1963. Spätestens seit 1968 war bekannt, daß er sich in
Meran aufhalte. Die deutschen Behörden interessierten sich nicht für
ihn. Von der tschechischen Strafverfolgung schützte Malloth der 'Eiserne
Vorhang'. Einer seiner Kameraden wurde in der damaligen DDR verhaftet
und ebenfalls zum Tode verurteilt. Im August 1988 wurde er in Meran
festgenommen. Die Italiener machten ihm allerdings nicht den Prozess,
sondern schoben ihn per Flugzeug nach Deutschland ab. Hier
beantragte er - völlig unbehelligt - erst einmal 'ordentliche deutsche
Papiere' und Sozialhilfe. Alles wurde ihm
gewährt.
Schleppende Ermittlungen brachten zu
wenig Material
In Deutschland werden die Ermittlungen gegen
Malloth von der Zentralstelle für die Verfolgung von NS-Verbrechen in
Dortmund geführt. Die Ermittlungen verlaufen seit vielen Jahren sehr
schleppend. In den letzten zehn Jahren ist es noch nicht einmal
gelungen, Herrn Malloth zu vernehmen. Der Leiter der
Zentralstelle, Oberstaatsanwalt Klaus Schacht, sagte am Freitag zur
Süddeutschen Zeitung, es gebe noch immer kein ausreichendes Material, um
gegen Malloth einen Haftbefehl wegen des Verdachts des Mordes zu
erlassen. Alle anderen Verbrechen, wie etwa Totschlag oder
Körperverletzung mit Todesfolge, sind verjährt.
Die Ermittlungen seien aber noch nicht
abgeschlossen, sagte Schacht. Er habe kürzlich einen Zeugen in Prag
vernommen, der Hinweise auf weitere Zeugen gegeben habe, „die wir bisher
für tot hielten“. Auch die von Simon Wiesenthal, dem Leiter des
jüdischen Dokumentationszentrums in Wien, benannten Zeugen seien
vernommen worden, hätten aber nichts mitgeteilt, „worauf man eine
Anklage stützen könnte“.
Der Staatssekretär im bayerischen
Innenministerium hat inzwischen immerhin die zuständige Paßbehörde
angewiesen, den deutschen Ausweis von Malloth einzuziehen. Man wolle
damit dem Eindruck vorbeugen, die bayerischen Verwaltungsbehörden würden
sich schützend vor Malloth stellen.
SZ/dpa/haGa