Dass in Bayern auch Milde,
Gastfreundschaft und Grosszügigkeit mit Sozialgeldern möglich ist, zeigt der
Fall des 'Schönen Toni' auch bekannt als SS-Malloth.
SS-Malloth, Mörder:
Der Mann muß nicht nur gute, sondern auch einflußreiche
Freunde und Gönner haben
Herr Beckstein, Innenminister von Bayern, ist einer der
profiliertesten Vertreter der Forderung nach scharfem Durchgreifen und
unnachgiebiger Strenge, speziell im Falle 'krimineller Ausländer'. Der Ruf
nach härteren Gesetzen und zügiger Vollstreckung wird spätestens seit dem
letzten CSU-Parteitag vor den Wahlen immer lauter. Nach Wortschöpfungen wie
'Wirtschafts-Flüchting', 'Schein-Asylant' und 'Sozial-Betrug'
haben die 'geistigen Brandstifter' der CSU ein neues Wortpaar kreiert und
hämmern auch dieses nun täglich in die Hirne der aufnahmebereiten
Bevölkerung des Freistaates.
Dass
in Bayern aber eben nicht nur Härte und Strenge sondern auch Milde,
Gastfreundschaft und Grosszügigkeit mit Sozialgeldern möglich sind, zeigt
der Fall des 'Schönen Toni' auch bekannt als SS-Malloth.
Dieser, obwohl des Mordes beschuldigt, wurde von bayerischen
Landeskriminalamt, trotz mehrfacher Bitte um Amtshilfe (durch die
Staatsanwaltschaft Dortmund) seit 1990 nicht einmal verhört. Die einfache
Auskunft des Altenheims über den unveränderten Gesundheitszustand des
Beschuldigten reicht - in diesem speziellen Falle - als Rechtfertigung für
die polizeiliche Untätigkeit aus.
Der heute 85jährige, der als Wachmann in der Kleinen Festung
Theresienstadt an der Mißhandlung und an der Ermordung von Gefangenen
beteiligt gewesen sein soll, lebt seit 1990 unbehelligt mit
Sozialhilfe-Unterstützung im Seniorenheim am Wiesenweg in Pullach bei
München. Dort ist es Ehrensache, Herrn Malloth von allen unliebsamen
Störungen abzuschirmen. Von der Empfangsdame bis zur Heimleiterin Frau
Kammlah scheinen alle verschworen und wild entschlossen, den kriminellen
Ausländer Malloth zu schützen.
Warum
Malloth, der in der Tschechoslowakei in Abwesenheit wegen
Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt worden war, bisher nicht von der
Polizei verhört werden konnte, erklärt Innenminister Beckstein so: "Die
Staatsanwaltschaft Dortmund führt seit 1970 ein Ermittlungsverfahren
gegen Anton Malloth wegen Verdacht des Mordes. Nach Bekanntwerden der
Einreise des Anton Malloth am 10. 8. 1988 in München Riem wurde hiervon
die Staatsanwaltschaft Dortmund informiert. In der Folgezeit wandte sich
die Staatsanwaltschaft Dortmund mehrfach mit Vernehmungsersuchen an das
Bayerische Landeskriminalamt (BLKA). Letztmalig wurde am 4. 3. 1996 mit
dem Altenheim, in welchem Herr Malloth wohnt, Kontakt aufgenommen, wobei
bestätigt wurde, daß sich der Gesundheitszustand des Malloth weder
verbessert noch verschlechtert hat."
Wir wissen also, dass der Gesundheitszustand Malloths sich seit
1988 nicht verändert hat. Damals war sein Befinden recht ordentlich. Er
reiste gerne, verlegte seinen Wohnsitz, vom politisch weniger
verlässlichen Italien nach Deutschland, genauer gesagt in's schöne
Isartal, bat um eine Sozialrente und um Aufnahme in ein sauberes und
gutgeführtes Seniorenheim. Er besaß zwar keine deutsche
Staatsangehörigkeit, war aber immerhin verdienter SS-Veteran.
Für die Landtagsabgeordnete Sophie Rieger (Die Grünen)
entsprechen die Ausführungen des Innenministers dem Eingeständnis, daß
im Falle des beschuldigten SS-Mannes der Aufklärungswille der Behörden,
trotz des schwerwiegenden Mordvorwurfs, sehr gering ist.
Sophie Rieger: "Es ist ein unglaublicher Skandal, daß sich die
Polizei bei laufenden Ermittlungen wegen Mordes durch ein einfaches
ärztliches Attest über sieben Jahre hinweg ausbremsen läßt. Es geht
wohlgemerkt um die angeblich nicht gegebene Vernehmungsfähigkeit des
Beschuldigten. Bei derart schweren Schuldvorwürfen besteht immer die
Möglichkeit, die Vernehmungsunfähigkeit amtsärztlich überprüfen zu
lassen. Das ist in diesem Fall jedoch über sieben Jahre hinweg
offenkundig nicht geschehen. Statt dessen wird gelegentlich im Altenheim
angerufen und eine einfache Auskunft von dort reicht, um die
Ermittlungsakten wieder zur Seite zu legen. Kein Wunder, wenn sich die
Opfer der Mißhandlungen, die Malloth vorgeworfen werden und die
Nachkommen der Mordopfer von den deutschen Ermittlungsbehörden geradezu
verhöhnt fühlen."
Einen "argumentativen Eiertanz" führt der bayerische
Innenminister hinsichtlich der strittigen Frage der deutschen
Staatsangehörigkeit Malloths auf, die ihn bisher vor einer
Auslieferung nach Tschechien rettete. Da spielt es keine Rolle, daß
Malloth 1949 die italienische Staatsbürgerschaft zurückerhielt, daß
Bestätigungen italienischer Behörden aus den Jahren 1952, 1988 und 1995
vorliegen, daß er italienischer Staatsangehöriger sei. Rechtsanwalt
Beckstein argumentiert so geschickt und engagiert, als sei er Malloths
persönlicher Rechtsbeistand: ''Das italienische Optionsdekret aus dem
Jahre 1948 hat Naziverbrecher vom Wiedererwerb der italienischen
Staatsangehörigkeit ausgeschlossen und deshalb ist die über viele Jahre
hinweg bestehende, italienische de-facto-Staatsangehörigkeit Malloths
rückwirkend unwirksam. Deshalb hat Malloth, der bis 1988 keinen Wohnsitz
in Deutschland hatte, 1949 die italienische Staatsangehörigkeit quasi
nicht wiedererworben, deshalb ist dann auch seine deutsche
Staatsangehörigkeit damals eigentlich nicht untergegangen."
Nicht beantworten wollte das Innenministerium die Frage, ob den
bayerischen Behörden bei der Zuteilung von Sozialhilfeleistungen an
Anton Malloth bekannt gewesen sei, daß dieser in Italien über
Immobilienbesitz
verfügte.
Sophie Rieger:
"Der Fall des ehemaligen SS-Mannes Anton Malloth belegt eindrucksvoll,
wie schwer sich die deutschen Behörden heute noch mit der Verfolgung von
Nazi-Verbrechen tun. Das läßt sich aus der Antwort des Innenministers
Beckstein (CSU) deutlich ablesen, die von Erklärungen, warum man etwas
nicht tun muß, nur so strotzt.
Die eigentliche Antwort bleibt Beckstein den Bürgern dieses Landes
schuldig, nämlich was man aktiv tut, um den gesetzlichen Auftrag
zur Aufklärung und Verfolgung von nicht verjährten Verbrechen zu
erfüllen."
Während die Justiz weiter Papierberge wälzt und Malloth
unbehelligt läßt, kam der Fall zu internationaler Bekanntheit, auch auf
Bühne und Leinwand: Der Kölner Autor Peter Finkelgruen hat durch
jahrelange Recherchen die Ermordung seines Großvaters durch Anton
Malloth belegt. Seine Dokumentation "Haus Deutschland - Die Geschichte
eines ungesühnten Mordes" brachte Joshua Sobol als Theaterstück "Schöner
Toni" auf die Bühne. Auch im Film ''Unterwegs
als sicherer Ort'' (Regie: Dietrich Schubert) wird die
Suche nach dem Mörder des Großvaters thematisiert.
Bayerns Behörden sehen zu und schweigen:
Kriegsverbrecher genießt Lebensabend auf
Staatskosten
Staatsangehörigkeit: 1988
wurde Malloth aus Italien nach Deutschland abgeschoben. Angeblich erhielt
er vom Münchner Kreisverwaltungsreferat die deutsche Staatsbürgerschaft,
um so die Auslieferung an die Tschechoslowakei zu verhindern. Seitdem
lebt er in Pullach und wird dort von der Tochter Heinrich Himmlers im
Auftrag der rechtsextremen Hilfsorganisation ''Stille Hilfe für
Kriegsgefangene und Internierte e.V.“ betreut.

Casa Malloth, Meran
©Sec. Cons. Gold
ari Mai'98Sozialhilfe und
Mieteinnahmen: Finanziert wird der
Aufenthalt vom Sozialamt des Landkreises München, obwohl der angeblich
mittellose Malloth notariell beglaubigt über die Einnahmen aus einem
Mehrfamilienhaus in Südtirol (Merano, Via Petraca 30) verfügt, das er vor
kurzem seiner Tochter geschenkt hat.
Die grüne Landtagsabgeordnete
Sophie Rieger griff schon im Herbst '97 in einer Anfrage an die
Staatsregierung den ihrer Meinung nach skandalösen Fall auf: "Da erhält ein
rechtskräftig verurteilter Kriegsverbrecher die deutsche Staatsbürgerschaft,
die er 1949 aus Angst vor Verfolgung abgelegt hat und verbringt auf
Staatskosten einen ruhigen Lebensabend. Und die bayerischen Behörden, die
die Hintergründe des Falles kennen, sehen zu und schweigen."
Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt seit 1970 mit längeren
Unterbrechungen gegen Anton Malloth und andere wegen Mordes und Beihilfe
zum Mord, die Ermittlungen seien bis jetzt immer noch nicht
abgeschlossen (45/Js 25/70).
Recherche im Archiv:
Stichwort Malloth
haGalil onLine Mai-98 |