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Der "Komiker" Dieudonné M’Bala M’Bala

Von Danny Leder

Das klingt abstrus. Aber genau diese Vorstellung bestärkt in Frankreich der beliebte schwarze Komiker und Bühnenautor Dieudonné M’Bala M’Bala. Der Sohn eines Vaters aus Kamerun und einer Mutter aus der Bretagne, der für einen bedeutenden Teil der franko-afrikanischen und franko-karibischen Bevölkerung, und inzwischen auch für viele Franko-Araber, zu einer Art Bannerträger geworden ist, suggeriert dies bei seinen gut besuchten One-Man-Shows: Die Juden würden den Schwarzen den Weg zur Anerkennung ihrer Leidensgeschichte und Erlangung ihrer Gleichberechtigung verstellen. Das kommt, unter anderem, in vorgeblichen Witzen über die Bühne, also wenn er etwa den zuvor erwähnten Essayisten Alain Finkielkraut als durchgedrehten jüdischen Professor persifliert, der so nebenbei die Sklaverei wieder herbeiwünschen würde.

Das ist besonders infam, weil die meisten Intellektuellen und Persönlichkeiten im Kulturbereich, die aus jüdischen Familien stammen, sich seit Jahrzehnten gegen rassistische Diskriminierungen engagiert hatten. Die Antirassismus-Vereine, die vielfach von Juden mitgegründet worden waren, widmeten sich in den siebziger und achtziger Jahren fast ausschließlich der Bekämpfung des anti-arabischen und anti-schwarzen Rassismus. Holocaust und Antisemitismus spielten im Auftreten dieser Bewegungen eine eher untergeordnete Rolle. Im Gegensatz zu heute waren ja damals antijüdische Übergriffe eine Seltenheit, während sie heute zwei Drittel aller Taten ausmachen, die von den französischen Behörden als "rassistisch" eingestuft werden.

Der Verweis auf den Holocaust diente in den achtziger Jahren allenfalls dazu, die damals aufstrebende "Front national" des Rechtsaußen-Tribuns Jean-Marie Le Pen, etwas versimpelt, als Erbin der französischen Nazi-Kollaboration zu ächten und ihr die Aufnahme in das Spektrum der demokratisch akzeptablen Parteien zu verwehren. Le Pen hatte zu Beginn seiner ersten Erfolgsphase um einen (anti-arabischen) Schulterschluss mit den Vertretern jüdischer Gemeinden gebuhlt, war aber stets abgewiesen worden. Daraufhin und genau in dem zuvor geschilderten Argumentations-Zusammenhang ("Front national" = Nazi-Kollaborateure) richtete Le Pen eine Zeitlang seine namentlichen Attacken hauptsächlich gegen jüdische Persönlichkeiten.

Die Beschäftigung mit dem Holocaust versperrte also nicht die Sicht auf die Probleme der arabischen oder schwarzen Bevölkerung. Im Gegenteil: die meisten Personen, die sich mit dem Holocaust auseinandersetzten, waren oder wurden zu Gegnern des Rassismus. Und es ist wohl nie vorgekommen, dass Juden, in Gedenken an den Holocaust, die Erforschung und Anprangerung etwa der Sklaverei behindert hätten, wie das M’Bala M’Bala explizit behauptet.

Besonderes Aufsehen errang M’Bala M’Bala im Dezember 2003 als Stargast einer populären TV-Talkshow: während die Zahl der antijüdischen Übergriffe in Frankreich einen neuen Höhepunkt erreichte, trat er verkleidet als orthodoxer Jude auf, der eine Maschinenpistole umgeschnallt hatte und "Isra-Heil" rief. Knapp zuvor hatte er in einem Interview in der Webpublikation "Blackmap.com" bekannt: "Ich denke, die jüdische Lobby hasst die Schwarzen. Weil der Schwarze im kollektiven Unterbewusstsein das Leiden verkörpert, erträgt diese Lobby das nicht, weil das ihr Business ist. Jetzt genügt es, den Hemdsärmel hochzukrempeln, um seine Nummer herzuzeigen, und schon hat man ein Anrecht auf Anerkennung".

Als daraufhin eine Gruppe jüdischer Aktivisten eine seiner Shows zu stören versuchte, erklärte M’Bala M’Bala in einem Interview im Februar 2004 im Massenblatt "Journal du Dimanche": "Das sind alles Sklavenhändler, die sich jetzt aufs Bankenwesen, das Show-Business und den Terrorismus eines Ariel Sharon verlegt haben".

Am 29.Dezember 2004 feierte M’Bala M’Bala mit der letzten Darbietung seiner Show "Mes excuses" (Meine Entschuldigungen) einen Triumph. Der "Zenith", eine der größten Pariser Konzert-Hallen, war mit über 5000 Besuchern zum Bersten gefüllt. Immer wieder von dröhnendem Gelächter und anhaltendem Applaus unterbrochen, präsentierte sich M’Bala M’Bala als Opfer hinterhältiger Angriffe, für die er das "auserwählte Volk" und "die Zionisten" verantwortlich machte. Zum Abschluss gratulierten ihm der Judo-Champion Djamel Bourras ("Ich danke Dieudonné, er ist ein freier Mann. Es gibt gewisse Mächte, die uns Böses antun wollen") und der ebenfalls besonders populäre franko-marokkanische Komiker und Filmstar Djamel Debouzze ("Dieudonné sagt laut, was wir alle denken"). Die Journalistin Anne-Sophie Mercier, ursprünglich ein Fan des Komikers, bezeichnete in einem Enthüllungsband über M’Bala M’Bala (1) dieses Spektakel als "die größte antisemitische Versammlung in Paris seit 60 Jahren" (in Anspielung auf die antijüdischen Massenkundgebungen unter dem Kollaborationsregime von Philippe Pétain).

In der Folge unternahm er intensive Bemühungen um einen Schulterschluss mit islamischen Fundamentalisten (obwohl er sich gleichzeitig als Gegner "aller Religionen" präsentierte) und dem radikalsten Flügel des arabischen Nationalismus. Im Februar 2005 hatte er bejubelte Auftritte in Algier, ein Großteil der algerischen Presse feierte ihn als ein "Opfer der Zionisten". Bei seinen Bühnenauftritten verglich er sich mit Jesus, weil doch dieser von "der selben Lobby" verfolgt worden sei. Auf einer abschließenden Pressekonferenz in Algier bezeichnete er die öffentliche Beschäftigung mit dem Holocaust in Frankreich als "memorielle Pornographie".

In einem Gespräch, das der franko-arabische Radiosender in Paris, "Beur FM", im März 2005 ausstrahlte, verriet M’Bala M’Bala, er habe die Seiten, die sich mit dem Holocaust beschäftigen, aus den Schulbüchern seiner Kinder "herausgerissen". Daraufhin äußerten erstmals prominente schwarze Intellektuelle Ablehnung gegenüber Dieudonné M’Bala M’Bala. Die meisten französischen Medien traten ihm vehement entgegen.

Dieudonné schwenkt zu Le Pen, Hooligans funken dazwischen

Allerdings erntete M’Bala M’Bala öffentlichen Zuspruch von Seiten des Vizechef der "Front national", Bruno Gollnisch. Dieser enge Vertraute von Le Pen hatte die Existenz der Gaskammern in den NS-Vernichtungslagern angezweifelt und musste sich dafür vor Gericht verantworten.

Bereits 2004 hatte sich M’Bala M’Bala auch direkt in die politische Arena als Gründer der Bewegung "Euro-Palestine" begeben. Diese Bewegung vereinigte einen Teil der französischen Palästina-Solidaritätskomitees und kandidierte als eigene Liste bei den EU-Wahlen in der Region um Paris. Insgesamt erhielt sie nur 1,83 Prozent der Stimmen, in einigen Siedlungen mit hohem franko-arabischen Bevölkerungsanteil kletterte sie aber auf bis zu zehn Prozent Wähleranteil.

Bei der Wahl der drei wichtigsten schwarzen Persönlichkeiten, die eine Net-Publikation schwarzer Aktivisten ("Africa-Maat.com") im März 2005 organisierte, erlangte Dieudonné M’Bala M’Bala mit 8000 Stimmen den Spitzenplatz. Seine Kampagne für eine von ihm beabsichtigte eigene Kandidatur bei den französischen Präsidentenwahlen 2007 scheiterte aber bereits im Vorlauf.

Als Trost für diesen Rückschlag und um medial weiter präsent zu bleiben, vollzog M’Bala M’Bala einen Schwenk zu Jean-Marie Le Pen. Dem alljährlichen Parteifest der "Front national" am Pariser Stadtrand im November 2006 (bei dem übrigens auch NPD und FPÖ vertreten waren) erstattete M’Bala M’Bala einen ebenso überraschenden wie spektakulären Besuch. Bei einer kurzen Begegnung, die den Anschein der Zufälligkeit hatte, aber, wie sich später herausstellte, beidseitig wohl vorbereitet war, reichten sich Le Pen und M’Bala M’Bala die Hand. "Ich bin entzückt Sie hier zu sehen," säuselte ein strahlender Le Pen und erläuterte später: "Wenn Dieudonné hergekommen ist, dann wohl weil er uns gar nicht so fern steht. Wenn mir eine Stimme fehlen sollte, um gewählt zu werden, wäre ich sehr zufrieden, wenn die Stimme von Dieudonné käme."

Eine Umfrage bescheinigte Le Pen im November 2006 einen potentiellen Wählerstand von 17 Prozent – also genau so viel wie bei den Präsidentenwahlen 2002, als der Rechtstribun ein Politerdbeben auslöste, indem er im ersten Wahlgang den sozialistischen Kandidaten und Premier Lionel Jospin knapp übertraf und in die Stichwahl gegen Jacques Chirac gelangte. Bei einer weiteren Umfrage im Dezember 2006 erklärten sich gar 26 Prozent "einverstanden mit den Ideen von Jean-Marie Le Pen" – ebenfalls ein Rekord.

Nicht unerheblich dabei ist der Umstand, dass der Beraterstab des Rechtstribuns sich neuerdings bemüht, auch Jungwähler aus arabischen, afrikanischen und franko-karibischen Familien zu ködern. Dazu wurde sogar ein Wahlplakat gestaltet, auf der eine junge Schwarze für Le Pen wirbt.

"Le Pen reicht den Franzosen ausländischer und vor allem afrikanischer Abstammung die Hand", versicherte seinerseits M’Bala M’Bala. Er rufe zwar "noch nicht dazu auf, Le Pen zu wählen," man müsse aber "aufhören, diesen Mann zu verteufeln." Und: "Wenn Le Pen nach links geht, wie es den Anschein hat, sehe ich nicht ein, weshalb ich ihm nicht folgen sollte,"

Eine Wende hin zu Le Pen vollzog knapp darauf auch Ahmed Moualek, ein franko-arabischer Vertrauter von M’Bala M’Bala, der als Chef einer nicht unbedeutenden Internet-Publikation ("La banlieue s’exprime", sinngemäß: Die Vororte melden sich zu Wort) über einen gewissen Einfluss unter Jugendlichen aus Migrantenfamilien und in der Vororte-Szene verfügt. In einem Interview in der rechtsradikalen Zeitung "Minute" erklärte Moualek: Es sei "vorteilhafter mit einem klugen Rassisten als mit einem idiotischen Antirassisten zu diskutieren. Und Le Pen ist weder ein Idiot noch ein Rassist… Er ist ehrlich".

Der eigentliche gemeinsame Nenner zwischen diesen Hetzern und dem Kern ihrer jeweiligen Anhängerschaft ist ihr, mehr oder weniger eingestandener Judenhass. Diese Art von unterschwellig antijüdischem Brückenschlag könnte freilich durch einen dramatischen Vorfall Ende 2006 auf Seiten der schwarzen Bevölkerung Frankreichs in Verruf geraten sein.

Bei einem Fußballmatch in Paris, im November 2006, zwischen der Pariser Mannschaft PSG und der "Hapoel" aus Tel Aviv bezwangen die Israelis mit 4 zu 2 die Gastgeber. Nach Ende des Spiels provozierten und schlugen hunderte Pariser Hooligans vereinzelte jüdische Zuschauer. Ein jüdischer Jugendlicher, der von dutzenden Hooligans verfolgt worden war, konnte sich dank des Einsatzes eines – schwarzen – Polizisten retten. Der ebenfalls isolierte und in Zivilkleidung auftretende Polizist hatte erst versucht die Meute mit einer Tränengasbombe in Schach zu halten, war aber zu Boden gestürzt und gab schließlich mit seiner Dienstwaffe einen Schuss ab: ein Angreifer starb, ein weiterer wurde verletzt. Die Menge hatte anfänglich "Dreckiger Jude" gegrölt, war aber bei Anblick des schwarzen Polizisten auf Rufe wie "Dreckiger Neger", "Le Pen Präsident" und "Frankreich den Franzosen" umgesattelt.

Der Vorfall, der die französische Öffentlichkeit schwer erschütterte, rückte die rechtsextrem infizierte Pariser Hooligan-Szene ins Rampenlicht. Diese hatte seit Jahren schwarze Spieler mit nachgeahmten Affenlauten geschmäht und immer wieder nach Spielschluss schwarze und manchmal auch arabische Passanten tätlich angegriffen. Erst Anfang November waren zwei PSG-Fans zu unbedingten Haftstrafen verurteilt worden, weil sie anlässlich eines Auswärtsspiels in der Stadt Le Mans einen Franko-Senegalesen schwer misshandelt hatten.

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hagalil.com 20-12-2006

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