Friedensdienst:
ASF feiert in Jerusalem
Von Ulrich Sahm, Jerusalem
Auf dem frisch geteerten Bürgersteig vor dem Haus des
Schöpfers der Hebräischen Sprache, Eliezer ben Yehuda, prüften standesgemäß
uniformierte Sicherheitsleute die Ausweise und Taschen der Gäste. Auf der
anderen Straßenseite standen Polizeijeeps mit Blaulicht. Die Sorge galt der
Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste (ASF).
Sogar der Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupoljanski, Avi Primor und
natürlich Botschafter Rudolf Dressler waren gekommen, die Einweihung eines
neuen Gästehauses mit Seminarsräumen für die seit 1961 in Israel wirkenden
Freiwilligenorganisation zu feiern. Zur Zeit leisten 25 junge Deutsche einen
einjährigen Freiwilligendienst in Gedenkstätten, Altersheimen für
Holocaustüberlebende oder bei behinderten Kindern.
"Man wird sich als Deutscher bewusster während eines Aufenthaltes in
Israel", sagt Sabine Lohmann, derzeitige Leiterin von ASF in Israel.
Die Eltern des ultraorthodoxen Jerusalemer Bürgermeisters waren aus
Karlsruhe und Frankfurt ins Land gekommen. Lupolianski war voll des Lobes
für jene Tausenden ASF-Freiwilligen, die "keinen Wind machten, sondern in
aller Ruhe wie ein Fruchtbaum schweigend Früchte hervorbrachten". Der
ehemalige Botschafter Avi Primor erzählte von den Anfängen der
deutsch-israelischen Beziehungen. Die Wiedergutmachungszahlungen seien von
Konrad Adenauer und David Ben Gurion "aus eiskalten staatlichen Interessen"
gegen den Willen der israelischen Bevölkerung beschlossen worden.
Israelische Pässe trugen damals den Aufdruck "gültig für alle Länder außer
Deutschland". Primor sagte: "Uns störte, dass die Deutschen die
Vergangenheit verdrängten." Das sei die Stimmung in Israel gewesen, als im
Rahmen von Aktion Sühnezeichen die ersten jungen Deutschen kamen, um
ausgerechnet mit Holocaustüberlebenden Kontakt zu suchen. "Sie wurden schwer
beleidigt, denn Nazis gab es in Israel nicht, an denen diese Opfer ihre Wut
auslassen konnten", berichtete Primor und meinte: "Sie brachen das Eis mit
den Menschen, nicht auf Staatsebene."
Johannes Gerster, Vertreter der Konrad Adenauer Stiftung in Jerusalem,
betrachtete mit großer Sorge die künftige Entwicklung. Die Distanz zwischen
Israel und Europa werde immer größer. Jene deutschen Politiker sterben aus,
die von einer besonderen Verantwortung für Israel getrieben waren. Die
Berichterstattung über Israel sei "unfair und nicht ausgewogen".
Reiseveranstalter hätten fast ausnahmslos Israel aus ihren Katalogen
gestrichen.
Aber, so Gerster, Deutschland habe eine "dauerhafte Verpflichtung, für das
Lebensrecht Israels einzustehen und nicht mit Häme und Kritik billige
Vorschläge zu machen, was Israel tun sollte, damit es Frieden für die
Palästinenser gebe." Dazu sei der Konflikt viel zu kompliziert und
vielschichtig. Unter Applaus schloss Gerster: "Wenn es ASF nicht schon gäbe,
hätten wir ausgerechnet heute jeden Grund, diese Organisation neu zu
erfinden."
Persönliche Erinnerungen:
Deutsch-israelische Beziehungen
1965 nahmen die Bundesrepublik und Israel
diplomatische Beziehungen auf. Ich war 15 Jahre alt und besuchte als
einziger Deutscher eine Schule für Diplomatenkinder in Sèvres bei Paris...
Dossier:
40 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland-Israel
Am 12. Mai 1965 haben Israel und die Bundesrepublik Deutschland offiziell
diplomatische Beziehungen aufgenommen. "Aus der Geschichte lernen - die
Zukunft gestalten" lautet das Motto dieser Verbindung, die nun schon 40
Jahre andauert...
hagalil.com 12-05-2005 |