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Persönliche Erinnerungen:
Deutsch-israelische Beziehungen

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

1965 nahmen die Bundesrepublik und Israel diplomatische Beziehungen auf. Ich war 15 Jahre alt und besuchte als einziger Deutscher eine Schule für Diplomatenkinder in Sèvres bei Paris. Ein Viertel meiner Klassenkameraden waren zufällig Israelis. Der Umgang mit ihnen war ungezwungen, normale Jugendfreundschaften, auch wenn die Eltern eines Freundes erklärten: "Du bist der erste Deutsche, der unser Haus betritt."

Die deutsch-israelischen Beziehungen waren so mit unserem ersten Besuch in Israel 1968 und der Fortsetzung des in Deutschland begonnenen Studiums der Theologie auch ein Teil des eigenen Lebens geworden. Ganz subjektiv erwähnen wir hier einige miterlebte "Höhepunkte" dieser komplizierten Beziehung.

Die erste Einladung in die Residenz des deutschen Botschafters in Herzlija-Pituach nördlich von Tel Aviv erhielten wir 1968, während einer dreimonatigen Rundreise durch Israel. Der einarmige ehemalige Wehrmachtsoffizier Rolf Pauls war Botschafter. Zu seinen Gästen zählte der "große" Staatsgründer David Ben Gurion. Der stellte sich ein knapp 1,60 m kleiner Zwerg heraus. Mosche Dayan mit der schwarzen Augenklappe stahl allen anderen hochrangigen Gästen die Show. Er war der Held des ein Jahr zuvor gewonnenen "Blitzkriegs" von 1967. Viele Jahre später, mit Schlips und Anzug verkleidet wie ein Diplomat, sollten wir als Journalist versehentlich am Gespräch einer offiziellen deutschen Delegation bei Außenminister Dayan teilnehmen. Nach dem Besuch war die Rede von einem "offenen Gespräch in positiver Atmosphäre". Doch hinter verschlossenen Türen schwärmte Dayan vom demokratischen Deutschland im Zentrum Europas, von engen militärischen Beziehungen, vom Vertrauen Israels in die deutschen Partner. "Ich wäre dafür, dass Deutschland, wie es seiner Position und Stellung gebührt, eine Atommacht sein sollte."

Franz-Josef Strauß kam zu seinem letzten Besuch nach Israel. Der hatte die heimlichen Waffengeschäfte mit Israel eingefädelt. Ihr wahrer Umfang ist nie veröffentlicht worden. Bis heute ergehen sich die Verantwortlichen in Andeutungen. Strauß begeisterte sich über die israelische Technologie der Drohnen. Als wir danach eingeladen waren, eine Cargomaschine mit israelischen Blumen und Erdbeeren nach Köln-Wahn und Volkswagen nach Israel zu begleiten, wurden in Deutschland auch längliche Kisten ausgeladen. Auf Hebräisch stand auf den Kisten: "Drohnen". Die hätten wir nicht sehen dürfen.

Für einen Israel-Korrespondenten ist die Tagesschau eine tägliche Revue "persönlicher Bekannter". Von Willy Brandt über Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Johannes Rau, Horst Köhler und bis Angela Merkel macht es sich fast jeder deutsche Politiker zur Pflicht, Israel zu besuchen.

Menachem Begin, der Holocaust-Überlebende, war als Oppositionschef auf die Barrikaden gegen die Wiedergutmachungsabkommen gegangen. 1977 hatte er aber geschworen, als gewählter Ministerpräsident "alle Israelis" zu repräsentieren. Seine persönliche Antipathie gegen Deutsche wollte er verbergen. Ausgerechnet dem ehemaligen Bundespräsidenten und ex-Wehrmachtssoldaten Karl Carstens drückte er als erstem Deutschen die Hand. Begin überwand sich. Als wir aber danach Begin eine Frage stellten und uns als "deutscher Journalist" vorstellten, verweigerte er allerdings die Antwort.

Die letzte akute Krise zwischen Israel und Deutschland wegen der Vergangenheit ereignete sich in den Tagen Begins, als Schmidt Bundeskanzler war. Ausgerechnet am israelischen Holocaustgedenktag, der wegen des jüdischen Kalenders an wechselnden Daten stattfindet, kehrte Schmidt aus Saudi Arabien zurück und verkündete, dass Deutschland Leopard-Panzer an das extrem israel-feindliche Wüstenkönigreich verkaufen werde. Bei Begin brannten alle Sicherungen durch. Er bezichtigte Schmidt, Gegner des Hitler-Regimes mit "Klaviersaiten" aufgehängt zu haben.

Der erste Besuch von Kohl in Israel war eine Katastrophe. In Außenpolitik noch unerfahren kam er mit der "Gnade der späten Geburt" nach Israel, nichtsahnend, dass am Abend vorher David Witztum, Redakteur des israelischen Fernsehens, einen Filmschnipsel zeigte, wie Kohl in der Heide Panzerschützen besuchte und protzte, als Fünfzehnjähriger bei der Flak mitgekämpft zu haben. Sein Pressesprecher Peter Bönisch marschierte im schwarzen Ledermantel im "SS-Stil" durch die Altstadt und beklagte sich über eine israelische "Instrumentalisierung des Holocaust". Der heutige Botschafter in Wien, Dan Ashbel, wollte nicht glauben, dass Boenisch das gesagt habe. Beim Staatsempfang in Tel Aviv führten wir ihn zu Boenisch. Ashbel fragte und Boenisch bestätigte.

Bemerkenswert war die Reaktion der israelischen Presse auf diesen verfehlten Besuch. Radio, Fernsehen und die meisten Zeitungen ignorierten ihn. Die linksgerichtete Zeitung Haaretz brachte an dem Wochenende nur ein Foto von Kohl auf dem Tempelberg, umringt von muslimischen Geistlichen. Die Bildunterschrift lautete: "Der deutsche Bundeskanzler mit dem Mufti von Jerusalem, dessen Vorgänger mit Hitler über die Endlösung der Juden konferierte." Zehn Jahre danach absolvierte der gleiche Bundeskanzler Kohl unter Ministerpräsident Jitzhak Rabin souverän einen weiteren Staatsbesuch, der ihm viel Hochachtung und Respekt einbrachte, ohne jegliche Fettnäpfchen.

Seitdem hat es eigentlich keinen echten Skandal mehr gegeben, der die ansonsten vorzüglichen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel überschattet hätte. Einmal wurde dem deutschen Botschafter vorgeworfen, am Fastentag Yom Kippur ein "lautstarkes Abendessen" für eine deutsche Delegation veranstaltet zu haben. Als Außenminister Genscher während des ersten Golfkriegs nach Israel kam, um einen Scheck für den Wiederaufbau von israelischen Stadtvierteln zu überreichen, die irakische Scudraketen zerstört hatten, demonstrierten israelische Jugendliche mit umgeschnallten Butangasflaschen auf dem Rücken mit der Aufschrift "made in Germany". Gleichwohl war Botschafter Otto von der Gablenz einer der wenigen Diplomaten, der trotz akuter Raketengefahr ihre Stellung am Kaminfeuer in der Residenz hielt und so Pluspunkte für Deutschland in Israel sammelte.

Nach etwa dreißig Jahren Aufenthalt als Deutscher in Israel ist die Bilanz überwiegend positiv. Die Bundespräsidenten Herzog, Rau und Köhler absolvierten Staatsbesuche, ohne auch nur in ein einziges Fettnäpfchen zu treten. Köhlers deutsche Rede in der Knesset wurde in Deutschland zu einem "unerhörten Skandal" hochgespielt. Die Israelis ordneten es eher als medienträchtige Profilierung von zwei oppositionellen Hinterbänklern in der Knesset ein. Deutsche Besucher, Politiker, Schülergruppen und Touristen werden mit einer Unbefangenheit empfangen, die jedes Mal von Neuem die eher verklemmten Deutschen überrascht. Was vielleicht in Deutschland am ehesten überrascht: Der Brand in der Synagoge in Lübeck, die Kontroverse zwischen Möllemann und Friedman, die antisemitischen Äußerungen von Hohmann zum "Tätervolk" und die Erwähnung jüdischer "Heuschrecken" wurden in Israel kaum oder gar nicht wahrgenommen. Auch ohne es offen einzugestehen, gilt Deutschland bei den meisten Israelis als ein "normales und freundlich gesinntes Land", das neben den USA seinesgleichen sucht.

Dossier:
40 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland-Israel

Am 12. Mai 1965 haben Israel und die Bundesrepublik Deutschland offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen. "Aus der Geschichte lernen - die Zukunft gestalten" lautet das Motto dieser Verbindung, die nun schon 40 Jahre andauert...

Diplomaten-Veteran:
Gespräch mit Motti Levy

Motti Levy ist der Veteran unter den israelischen Diplomaten: ganze 17 Jahre hat er in unterschiedlichen Funktionen in Deutschland gedient...

hagalil.com 11-05-2005

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